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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.10.2024

Größtenteils spannend, wenn auch nicht immer glaubwürdig

The Institution
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Tara, Krankenschwester im Hochsicherheitsgefängnis und hochschwanger, wird ermordet an ihrem Arbeitsplatz aufgefunden. Und nicht nur das: Das Ungeborene wurde als Geisel mitgenommen.
Profilerin Dr. Connie ...

Tara, Krankenschwester im Hochsicherheitsgefängnis und hochschwanger, wird ermordet an ihrem Arbeitsplatz aufgefunden. Und nicht nur das: Das Ungeborene wurde als Geisel mitgenommen.
Profilerin Dr. Connie lässt sich einweisen und beginnt mit ihren verdeckten Ermittlungen. Die Zeit spielt gegen sie. Wird sie es schaffen, das Baby lebend zu finden?

Das Setting von “The Institution” erinnert ein wenig an “Shutter Island”: ein Hochsicherheitsgefängnis für psychisch kranke Verbrecher, abgeschieden auf einer Insel, draußen ein tosender Sturm und drinnen ein grausames Verbrechen.
Also erstmal höchst spannend. Der Anfang beginnt brisant, nach einer kurzen Leichenschau lässt sich unsere Protagonisten Dr. Connie schon gemeinsam mit ihrem Kollegen in die Institution einweisen. Hier lernen wir die Insassen und Mitarbeiter*innen kennen und können erste Vermutungen aufstellen.
Besonders gelungen sind dabei meiner Meinung nach die Therapiegespräche, die Dr. Connie führt; die Straftäter und ihre Hintergrundgeschichten fand ich dabei gleichermaßen spannend und überzeugend.
Im Mittelteil gab es allerdings auch einige Längen, hier kommt die Story nicht so richtig in Fahrt und die Suche nach dem Baby bleibt etwas auf der Strecke.
Im letzten Drittel überrollen sich die Ereignisse dann auf einmal, hier war es mir von allem etwas zu viel. Hier überwiegt die Action/ Brutalität und die Glaubwürdigkeit der Handlung lässt nach.
Dennoch war der Thriller größtenteils sehr unterhaltsam und ich mochte es, wie man gemeinsam mit der Profilerin Theorien aufstellen konnte und (teils wortwörtlich) im Dunkeln getappt ist. ⭐️3,5/5⭐️

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Veröffentlicht am 19.09.2024

Interessante Idee, flache Umsetzung

Die Mitternachtsbibliothek
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Was wäre, wenn es zwischen Leben und Tod eine Bibliothek gäbe?
In der jedes Buch ein Leben beinhaltet, das du führen würdest, hättest du dich an einem bestimmten Punkt anders entschieden.
Und nun hast ...

Was wäre, wenn es zwischen Leben und Tod eine Bibliothek gäbe?
In der jedes Buch ein Leben beinhaltet, das du führen würdest, hättest du dich an einem bestimmten Punkt anders entschieden.
Und nun hast du Zugriff auf all diese Bücher.

Matt Haig schickt seine Protagonistin Nora in genau dieses Gedankenexperiment: Nach ihrem Suizid findet sie sich in der sogenannten Mitternachtsbibliothek wieder.
Ich fand die Idee dahinter sehr spannend, die Frage “Was wäre, wenn …?” hat sich wohl schon jeder einmal vor großen Entscheidungen gestellt.
Auch Nora wird gezwungenermaßen mit dem Schmetterlingseffekt konfrontiert, sie entdeckt, dass schon die kleinsten Abweichungen die größten Veränderungen bewirken können.
Leider fand ich den Teil, in dem Nora verschiedene Versionen ihres Lebens ausprobiert, irgendwann ziemlich zäh. Der Autor hat es nicht geschafft, uns richtig mit abtauchen zu lassen, die Beschreibungen sind zu oberflächlich.
Auch die Charaktere sind eher flach und zweckmäßig als lebendig dargestellt. Gerade Nora nimmt man nicht ab, dass sie Mitte 30 sein soll. Sie liest sich wie eine Jugendliche, höchstens junge Erwachsene. Die Dialoge (vor allem mit der Bibliothekarin) wirken sehr gestellt und zielführend.
Das ganze Buch erinnert eher an einen Jugendroman und als solchen würde ich es auch empfehlen. Für Menschen, die sich gerade in der Selbstfindungsphase befinden, ist er sicherlich inspirierend, für andere sind die philosophischen Ausflüchte maximal Küchenweisheiten.
Das Ende war vorhersehbar, passte aber gut zur ganzen Geschichte.

Insgesamt also ein Buch, welches zwar ein interessantes Grundthema hat, sich aber eher für Leserinnen von Jugendromanen eignet. Vor 10-15 Jahren hätte es mir sicherlich sehr gut gefallen, gerade auch die Botschaft, aus heutiger Sicht kann ich dem seichten Schreibstil und der oberflächlichen Behandlung von Charakteren und Thematik leider nicht mehr allzu viel abgewinnen. ⭐️3/5⭐️

Übersetzt von Sabine Hübner

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Spannend und emotional

Die Entführung
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Unternehmerstochter Leni und ihre beste Freundin Ronja werden entführt. Die Lösegeldforderung: drei Millionen Mark. Obwohl die Familien alles tun, was die Entführer verlangen, fallen Schüsse.
Siebzehn ...

Unternehmerstochter Leni und ihre beste Freundin Ronja werden entführt. Die Lösegeldforderung: drei Millionen Mark. Obwohl die Familien alles tun, was die Entführer verlangen, fallen Schüsse.
Siebzehn Jahre später scheint der Fall längst gelöst zu sein, als eine skelettierte Leiche aufgefunden wird und alle damaligen Ermittlungen infrage stellt.

Petra Johann hat mich mit “Die Entführung” mal wieder komplett überzeugt. Auf gut 500 Seiten führt sie ihre Leserinnen an der Nase herum und überrascht mit einer absolut unvorhersehbaren Auflösung.
Die Charaktere sind gut gezeichnet und nahbar. Ich mochte es sehr, dass wir auch einen Einblick in das Privatleben der Ermittler
innen bekommen.
Den ersten Teil fand ich persönlich etwas stärker als den zweiten, hier werden die Emotionen enorm gut dargestellt; sowohl die der beiden entführten Mädchen, als auch die der Familien. Der Fokus wurde darauf gelegt, was das Verbrechen mit den Angehörigen macht. Die Situation war so nervenaufreibend, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.
Aber auch der zweite Teil ist spannend, denn hier eröffnen sich gefühlt mit jedem weiteren Kapitel neue Fragen, auf deren Beantwortung man bis zum Schluss warten muss.

Insgesamt ist “Die Entführung” ein Krimi mit Sogwirkung, der ohne blutige Gewaltdarstellungen auskommt, dafür ein überraschendes Ende hat. Die Charaktere wachsen einem ans Herz, Familie und Freundschaft spielen eine große Rolle. ⭐️4,5/5⭐️

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Till Eulenspiegel im Dreißigjährigen Krieg

Tyll
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Der Dreißigjährige Krieg hält Europa in Atem, als der Vater des jungen Tyll Ulenspiegel wegen Hexerei verurteilt wird.
Gemeinsam mit einer Freundin aus dem Dorf flieht Tyll von zu Hause. Sie schließen ...

Der Dreißigjährige Krieg hält Europa in Atem, als der Vater des jungen Tyll Ulenspiegel wegen Hexerei verurteilt wird.
Gemeinsam mit einer Freundin aus dem Dorf flieht Tyll von zu Hause. Sie schließen sich einem Gaukler an, um dessen Künste zu erlernen.
Und trotz Hunger, Schnee und Armut gelingt es Tyll, sich in ganz Deutschland einen Namen zu machen.

Unschwer erkennbar hat sich Daniel Kehlmann für seinen Protagonisten den bekannten Schelm Till Eulenspiegel zum Vorbild genommen und ihn etwa zweihundert Jahre in die Zukunft versetzt, mitten in den Dreißigjährigen Krieg.
Dieser Krieg ist auch das eigentliche Thema des Buches. Tyll ist dabei zwar Dreh- und Angelpunkt, aber mitnichten der einzige Protagonist. Die Handlung erfahren wir aus verschiedenen Perspektiven und so entsteht ein ziemlich ganzheitliches Bild des Krieges.
Der Erzählton ist dabei manchmal rau, manchmal zart, manchmal spöttisch und manchmal klug; was ihn eint, ist die Tatsache, dass der Text auf knapp 500 Seiten wirklich gut und flüssig lesbar ist und die Worte Kehlmann leicht von der Hand gegangen zu sein scheinen.
Ich persönlich hätte mir ein bisschen mehr Tyll und ein bisschen weniger Politik gewünscht, aber das ist ja Geschmackssache. Der Roman ist allen Leser*innen von Historien und Neuerzählungen zu empfehlen. ⭐️4/5⭐️

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Veröffentlicht am 17.09.2024

Schweres Thema, leichte Literatur

Als Großmutter im Regen tanzte
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Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann zieht Juni in das Haus ihrer verstorbenen Großeltern.
Hier entdeckt sie ein Foto ihrer norwegischen Großmutter mit einem deutschen Soldaten. Wer ist der unbekannte ...

Auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann zieht Juni in das Haus ihrer verstorbenen Großeltern.
Hier entdeckt sie ein Foto ihrer norwegischen Großmutter mit einem deutschen Soldaten. Wer ist der unbekannte Mann?
Auf ihrer Reise in die Vergangenheit muss Juni feststellen, dass es in ihrer Familie so einige ungelüftete Geheimnisse gibt.

“Als Großmutter im Regen tanzte” ist ein Roman, der in zwei Zeitebenen spielt: Juni in der Gegenwart und ihre Großmutter Tekla ab 1945. Während ich Teklas Geschichte durchaus fesselnd fand, kam mir Juni etwas blass vor. Der komplette Handlungsstrang mit Georg hätte meiner Meinung nach nicht sein müssen und ihre gemeinsamen Szenen haben sich dadurch sehr nach Schmonzette angefühlt.
Tekla hingegen vertritt die Frauen, die im Krieg als “Deutschenmädchen” ihre norwegische Staatsbürgerschaft verloren haben. In ihren Kapiteln erfährt man viel über Nachkriegsdeutschland, die Tragödie von Demmin im Speziellen. Solche emotionalen Berichte rufen einem immer wieder ins Gedächtnis, was für schreckliche Zeiten Menschen auch nach dem Krieg noch durchleben mussten. Trotz aller Grausamkeiten trifft Tekla auf ihrer Reise immer wieder auf Personen, die das Positive in unscheinbaren Dingen sehen und gerade diese kleinen Lichtblicke fand ich sehr berührend.
Als sehr interessant habe ich noch das Thema des Generationentraumas empfunden, welches sich von Tekla bis zu ihrer Enkelin Juni zieht und den Kreis schließt.

Der Roman ist flüssig, aber nicht anspruchsvoll geschrieben und lässt sich gut weglesen. Er hat mich unterhalten und mir noch einmal die persönlichen Tragödien vor Augen geführt, die sich während und unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg tagtäglich abgespielt haben. Trotz des schweren Themas würde ich ihn eher als leichte Literatur einstufen. Wer danach sucht, bekommt eine klare Empfehlung. ⭐️3,5/5⭐️

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