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Veröffentlicht am 10.02.2024

Durchwachsener Thriller

Gehe mit den Toten
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Die Kurzbeschreibung und die hochspannende Leseprobe haben mich neugierig auf den neuesten Thriller von Alexander Hartung gemacht.
„Gehe mit den Toten“ fängt mit einem perfiden Mord an:
ein vermummter ...

Die Kurzbeschreibung und die hochspannende Leseprobe haben mich neugierig auf den neuesten Thriller von Alexander Hartung gemacht.
„Gehe mit den Toten“ fängt mit einem perfiden Mord an:
ein vermummter Täter, der sich offensichtlich sehr gut im Hause des Opfers auskennt, und sein Opfer- der einflussreiche Wirtschaftsboss Döhring, der mit mehreren Messerstichen getötet wurde. Die gut beschriebene Szene wirkt theatralisch: der nichtsahnende Döhring ist allein zu Hause, genervt von der lauten Musik, die er selbst nicht angemacht hatte, erschrocken vom Anblick des Täters – stirbt, während im Hintergrund die letzten Takte der Carmen Oper laufen.

Der Mord sorgt für große Aufruhr, die Frankfurter Kripo beginnt mit den Ermittlungen. Lara Plank, seit fünf Jahren im Dienst, geht dabei sehr motiviert vor. In einigen Alleingängen macht sie Entdeckungen, welche den Mord an Döhring im ganz anderen Licht als vermutet darstellen. Doch ihr Chef warnt sie vor Konsequenzen ihrer Disziplinlosigkeit, droht ihr sogar mit der Suspendierung. Daraufhin bittet Lara ihren vorzeitig pensionierten Kollegen Simon um Hilfe und zusammen ermitteln sie weiter.

Der Mordfall selbst ist sehr spannend. Bei den Ermittlungen tauchen immer wieder neue Indizien auf, die die Spannung eigentlich konstant halten müssten. Auch Lara und Simon stoßen in dem Zusammenhang auf weitere Verbrechen auf, die bisher nicht vollständig aufgeklärt wurden. Diese Wendungen und die ständig wachsende Zahl der neuen Charaktere führen dazu, dass die Handlung leicht unübersichtlich wird und demzufolge an Spannung verliert.
Auch die Gespräche zwischen Lara und Simon, in denen die beiden ihre bisherigen Ermittlungserfolge und neue Entdeckungen besprechen, sorgen nicht gerade für die temporeiche Handlung und Erhöhung der Spannung.
Der Thriller ist insgesamt durchwachsen: mit einigen explosiven Szenen sorgt der Roman für spannende Unterhaltung, während die langatmigen Besprechungen und die wachsende Zahl der Beteiligten das Interesse an der Handlung deutlich mindern.

So empfand ich diesen Thriller als einen verwirrenden Mordfall, der durch die unzählige Menge an Akteuren verkompliziert wurde. Die ehrgeizige und eigensinnige Lara Plank konnte mich nicht wirklich überzeugen, auch Simons Beweggründe bleiben für mich nicht nachvollziehbar.
„Gehe mit den Toten“ ist im Januar 2024 im Verlag EditionM erschienen.

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Veröffentlicht am 29.01.2024

Fesselnder historischer Kriminalroman

Paris Requiem
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Im Jazz Chaud, einem von Besatzern geschlossenen Pariser Jazzclub, findet man eine übel zugerichtete Leiche eines Mannes. Der Täter hat das Opfer an einen Sessel gefesselt und ihm den Mund mit groben Stichen ...

Im Jazz Chaud, einem von Besatzern geschlossenen Pariser Jazzclub, findet man eine übel zugerichtete Leiche eines Mannes. Der Täter hat das Opfer an einen Sessel gefesselt und ihm den Mund mit groben Stichen zugenäht. Inspecteur Giral, der die Ermittlungen übernimmt, kennt den Toten. Es ist ein Krimineller, der eigentlich noch vier Jahre im Gefängnis sitzen sollte. Bald stellt sich heraus, dass viele anderen Insassen aus dem Gefängnis vorzeitig entlassen wurden; es bleibt rätselhalft, wer dies angeordnet hat.
Bei seinen Ermittlungen taucht Eddie Giral in die Welt der Kriminellen ein, die mit Drogen und Lebensmitteln illegal handeln, besucht Jazzclubs, in denen sowohl die illegalen Händler wie auch die Besatzer gerne verweilen, trifft auf beiden Seiten auf alte Bekannte und lernt neue Gesichter kennen. Er gerät dabei mehrmals in Gefahr und kommt nur knapp mit dem Leben davon.
Er versucht auch die zerbrochenen Freundschaften wieder aufleben zu lassen und seine Fehler aus der Vergangenheit wieder gut zu machen.

Eddie Giral ist mir bereits im ersten Roman „Die Toten vom Gare d`Austerlitz“ ans Herz gewachsen. Von den Erfahrungen als Soldat im Esten Weltkrieg und später als Kriegsgefangener der Deutschen gezeichnet, kann er die Unterordnung der französischen Polizei dem deutschen Besatzer nicht wirklich akzeptieren. Das hat zur Folge, dass er ständig in Konflikt mit Wehrmacht und Gestapo gerät, auch die geheime Feldpolizei ist ihm auf den Fersen. Und diesmal hat er auch die organisierten Pariser Kleinkriminellen gegen sich, die scheinbar gemeinsame Geschäfte mit den Deutschen machen.
Sehr spannend, mit vielen Gänsehautszenen, verläuft die aktionsreiche Handlung des Romans. Meisterhaft vermittelt Chris Lloyd die bedrückende Atmosphäre im besetzten Paris, stellt die schwierigen Lebensumstände, Hunger, Angst und Verzweiflung der Menschen glaubwürdig dar. Auch viele von den im Roman enthaltenen Ereignisse sind tatsächlich geschehen; gekonnt wurden sie mit der fiktiven Handlung verwoben.

Es freut mich sehr, dass es eine Fortsetzung der Reihe mit Eddie Giral geben wird (Anmerkungen des Autors S.442). Für das erste Buch aus der Reihe mit dem Titel „Die Toten vom Gare d`Austerlitz“ hat der Autor den Historical Writers` Association Gold Crown Award für den besten historischen Roman des Jahres gewonnen.

„Paris Requiem“ von Chris Lloyd ist ein fesselnder historischer Kriminalroman, interessant und lesenswert! Wärmstens zu empfehlen!

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Veröffentlicht am 23.01.2024

Ermittlungen in Zeiten des Krieges

Die Toten vom Gare d’Austerlitz
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Am 14. Juni 1940 wurde Inspector Èduard Giral zum Ermittler in einem ungewöhnlichen Mordfall: man fand am Gare d`Austerlitz in einem Güterwaggon vier Toten; wahrscheinlich Polen, die mit Chlorgas ermordet ...

Am 14. Juni 1940 wurde Inspector Èduard Giral zum Ermittler in einem ungewöhnlichen Mordfall: man fand am Gare d`Austerlitz in einem Güterwaggon vier Toten; wahrscheinlich Polen, die mit Chlorgas ermordet wurden. Am gleichen Tag begeht ein anderer Mann ein Selbstmord; und auch den Fall sollte Giral übernehmen.
Nur wie soll er ermitteln? Paris ist gefallen, viele Menschen haben die Stadt in Panik verlassen, die französische Polizei wurde der deutschen Besatzung unterstellt. Der Polizeipräfekt besucht alle Polizeireviere in der Stadt und informiert die Polizisten über seine Gespräche mit den hochrangigen Offizieren der Besatzer.
„Solange wir mitspielen, geschieht uns also nichts“(25) – bemerkt Giral danach sarkastisch.

Bald bekommt er die neue Ordnung persönlich zu spüren; Major Hochstetter vom deutschen Militärgeheimdienst steht ihm sofort zur Seite und soll ihn in allen Belangen unterstützen. Im Verlauf der Geschichte stellt man sich oft die Frage, ob es sich gerade um Unterstützung oder eine Falle handelt.

Spannend schildert Chris Lloyd die prekären Lebensbedingungen in der besetzten Stadt, spannend erzählt er über Girals Recherchen in beiden Fällen, die von Anfang an wenig Erfolg auf vollständige Aufklärung versprechen.
Sehr interessant ist die Figur des Inspector Giral, der immer noch unter dem Trauma des ersten Weltkrieges leidet.

„Krieg entfremdet uns von uns selbst…. Und wir kehren nie mehr zurück.“ (89) – ist Giral überzeugt.

Von seiner Familie getrennt lebend, auf dem Polizeirevier respektiert oder gehasst, und auch oft hintergangen, geht Giral in seiner Arbeit als Polizist auf und versucht sein Leben in Griff zu bekommen. Um jeden Preis will er das Vertrauen seines Sohnes Jean-Luc, inzwischen ein Soldat, zurückgewinnen und riskiert alles um ihn vor den Besatzern zu schützen und letztendlich sein Leben zu retten.

Mit großem Interesse habe ich den spannenden Roman mit dem gut recherchierten historischen Hintergrund gelesen. Auf die Fortsetzung mit dem Titel „Paris Requiem“ bin ich sehr gespannt.

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Veröffentlicht am 13.01.2024

Ein Teil der deutschen Geschichte

Josses Tal
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Ostroppa, ein Ort in Schlesien im Jahre 1930. Josef Tomulka ist erst fünf, trotzdem muss er die täglichen Schikanen und sogar Schläge von seinen Großeltern ertragen. Denn er ist für sie ein lebendiger ...

Ostroppa, ein Ort in Schlesien im Jahre 1930. Josef Tomulka ist erst fünf, trotzdem muss er die täglichen Schikanen und sogar Schläge von seinen Großeltern ertragen. Denn er ist für sie ein lebendiger Nachweis der Schande, die seine Mutter Helene über die Familie gebracht hatte. Schwanger und ohne einen Mann an ihrer Seite ist sie aus Breslau nach Hause zurückgekommen. Seitdem muss Helene die ständigen Demütigungen ihrer Eltern ertragen und das Leid ihres Sohnes erdulden. Um dem Spott der Nachbarn zu entgehen zieht die ganze Familie nach Reichenbach um, doch der Umzug ändert nichts an der bisherigen Lage der beiden.
Bis eines Tages ein junger Nachbar Wilhelm eingreift und dem Großvater weitere Misshandlung des Kindes verbittet. Wilhelm beschützt den kleinen Josef, schenkt ihm Zuneigung und ermöglicht ihm die schulische Ausbildung. Der freundliche und verständnisvolle Wilhelm ist aber auch ein überzeugter Nazi und Verehrer des Führers. Geschickt manipuliert er Josef und macht ihn zu seinem Helfer, der die bestimmten nützlichen Informationen an seinen Gönner liefert. Bis eines Tages die sterbenskranke Helena ihrem Sohn das streng gehütete Geheimnis verrät.

So fängt Josses Geschichte an; eine Geschichte, die berührt und bewegt. Das Leid des kleinen Jungen, der seinen Vater nicht kennt und von der Mutter und den Großeltern keine Zuneigung erhält, ist schwer zu ertragen. Umso mehr hat mir am Anfang Wilhelms Fürsorge für Josef gefallen; endlich konnte das Kind Herzenswärme und Anerkennung erfahren.
Aber dieser glückliche Lebensabschnitt endet abrupt. Denn Josefs Lebensgeschichte verläuft so wie das Zeitgeschehen damals: rasend und dramatisch, schmerzhaft und verhängnisvoll.
Realistisch und gefühlvoll erzählt die Autorin über diese turbulente Zeit. Angelika Rehse, die in einem Umfeld von Heimatvertriebenen aufwuchs, hat ausgiebig für ihren Roman recherchiert. Sowohl die Details aus den Gesprächen mit den Zeitzeugen, wie auch die historisch belegten Fakten flossen in die erzählte Geschichte ein. So ist es ein wichtiger Roman entstanden, der einen Teil der deutschen Geschichte authentisch darstellt. Eine starke Stimme, die auf die Gefahren der Manipulation und Propaganda hinweist. Eine wichtige Stimme, besonders in der heutigen Zeit.

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Veröffentlicht am 02.01.2024

Über weibliche Selbstbestimmung – Lesenswert!

Nachts erzähle ich dir alles
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Die 35-jährige Léa kann über die Trennung mit ihrer Lebenspartnerin Toni nicht hinwegkommen. Zuerst sucht sie in der selbständigen Arbeit als Café- Besitzerin Zuflucht. Dann fährt sie auf den Rat ihrer ...

Die 35-jährige Léa kann über die Trennung mit ihrer Lebenspartnerin Toni nicht hinwegkommen. Zuerst sucht sie in der selbständigen Arbeit als Café- Besitzerin Zuflucht. Dann fährt sie auf den Rat ihrer Mutter nach Südfrankreich, um einen längst überfälligen Urlaub zu machen und mit der schmerzvollen Vergangenheit abzuschließen. In einer alten Villa, die seit Generationen zum Familienbesitz gehört, versucht Léa zu sich selbst zu finden.

Doch ein unerwarteter Besuch von Alice, einem Mädchen aus dem Dorf, durchkreuzt Léas Pläne. Denn Léa hat als Letzte mit Alice gesprochen; am nächsten Tag findet man das Mädchen, die schwanger war, tot in ihrem Haus. Émile, der Bruder von Alice, will alle Umstände klären und stellt Léa viele Fragen, die unbedingt geklärt werden müssen.

In den folgenden nächtlichen Gesprächen diskutieren Léa und Émile über Probleme und Themen, die heutzutage oft noch Tabu sind. Selbstbestimmungsrecht der Frauen, Streit und Ungerechtigkeiten in der Familie, Sexualität, Angst vor den Konsequenzen, Schuld- und Schamgefühle, Schweigen und Einsamkeit – sind Themen, die der Autorin des Romans am Herzen liegen, und über die Léa und Émile lange Gespräche führen. Im Vordergrund der Diskussion stehen Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch, die trotz der gesetzlichen Regelungen immer noch sehr unterschiedlich von der Gesellschaft betrachtet werden.

Sehr schön spricht Anika Landsteiner über die Frauenrolle als Mutter:
„du hast mir für eine gewisse Zeit alles aus meinem früheren Leben genommen und dafür dich gegeben“. (258)

Bildhafte Beschreibungen der wunderschönen Landschaft und des heißen Sommers an der Cote d`Azur vermitteln wunderbar das französische Flair. Sonst wirkte der vielschichtige Roman mit den mehreren Handlungssträngen auf mich etwas Themenüberladen.

FAZIT: ein Roman, der zum Nachdenken über brisante Themen anregt. Lesenswert!

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