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Veröffentlicht am 11.10.2024

Boldt taucht ab

Verborgene Fabelwesen der Meere
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Konstantin O. Boldt, der bekannte (Er)Forscher verborgener Fabelwesen, taucht dieses Mal ab. Und zwar ganz im Stile von Jules Verne 20.000 Meilen unter dem Meer. Bismarck selbst hat ihm befohlen, sein ...

Konstantin O. Boldt, der bekannte (Er)Forscher verborgener Fabelwesen, taucht dieses Mal ab. Und zwar ganz im Stile von Jules Verne 20.000 Meilen unter dem Meer. Bismarck selbst hat ihm befohlen, sein Refugium für verborgene Wesen zu verlassen, und dem Eisernen Kanzler kann er sich natürlich nicht widersetzen. Obwohl er nicht der Leiter der Expedition ist, ist er natürlich die Hauptperson und er berichtet uns von seinen faszinierenden Begegnungen mit unbekannten, oftmals gefährlichen Kreaturen, die im Meer leben. Dass in der Crew so unterschiedliche Individuen aufeinandertreffen, sorgt ebenfalls für Spannung und Reibung, aber auch für romantische Anwandlungen.

Obwohl ich den Vorgänger nicht kenne (mir den aber jetzt auf jeden Fall besorgen werde), gab es für mich keine Verständigungsschwierigkeiten. Es handelt sich zwar um den Nachfolger, aber nicht so direkt, dass sie unbedingt aufeinander aufbauen müssen. Das Buch zeichnet sich nicht nur durch die unglaubliche Außengestaltung aus, die allein als Eye-Catcher dient, sondern auch dadurch, dass der Innenteil wie das Tagebuch eines Reisenden des 19. Jahrhunderts gestaltet ist. Dabei kommen Fotos, alt und zerknittert wirkend, ebenso Dokumente oder Karten zum Einsatz und allein das lässt schon innehalten. Ich habe wahnsinnig viel Zeit damit verbracht, über die Zeichnungen der verborgenen Fabelwesen zu grübeln und mir auszumalen, was wäre, wenn sie tatsächlich existierten und in der heutigen Zeit eine Rolle spielten. Das Buch ist also in sich selbst nicht nur ein Abenteuer, das einfach Spaß macht, sondern regt tatsächlich dazu an, selbst Abenteuer auszudenken. Und ich finde, das ist eines der größten Komplimente, die man einem Buch machen kann. Volle Empfehlung!

Veröffentlicht am 10.10.2024

Sündenspiegel

Empire of Sins and Souls 1 - Das verratene Herz
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Die junge Zoe lebt verarmt mit ihrer kranken und dementen Mutter in einem bruchfälligen Haus. Um sie beide über Wasser zu halten, ist sie gezwungen zu stehlen und sich zu prostituieren. Als eines Tages ...

Die junge Zoe lebt verarmt mit ihrer kranken und dementen Mutter in einem bruchfälligen Haus. Um sie beide über Wasser zu halten, ist sie gezwungen zu stehlen und sich zu prostituieren. Als eines Tages ein Freier versucht, sie umzubringen, wehrt sie sich und tötet stattdessen ihn. Da ihr das als Mord ausgelegt wird, köpft man Zoe - und damit landet ihre Seele in Xanthia, der Vorhölle, dort, wo alle SünderInnen landen. Der Herr über diese Vorhölle, Graf Alejei, macht ihr ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann: Wenn sie ihm drei Relikte stiehlt, schickt er sie zurück in die Menschenwelt. Doch nicht nur das Stehlen der Relikte in Xanthia ist gefährlich, auch seine Bewohner sind es. Und welches Spiel treibt Alexei mit ihr?

Ich fand den Beginn des Buches richtig stark, besonders wenn man bedenkt, dass es sich um Romantasy handelt. Aber Zoe wurde erstmal als eine toughe junge Frau eingeführt, die alles tut, um zu überleben und ihre kranke Mutter zu versorgen. Leider ging die Stärke Zoes in dem Moment krachen, als sie in der Vorhölle auf Alexei trifft. Beinahe instant verwandelt sie sich in ein typisch hilfloses Dummchen, das dem Grafen hinterherhechelt. Auch ist das gesamte Konzept der Vorhölle äußerst wirr und unlogisch aufgebaut, was sich immer dann, wenn Zoe dabei war, ein Relikt zu stehlen, offenbarte. Wie holte Alexei sie aus diesen Situationen? Warum fragt Zoe nicht genau nach, in was sie da verwickelt wird? Viele Dinge werden einfach nicht erklärt. Anfangs gefiel mir auch der Schreibstil ganz gut, bis ich entweder empfindlicher oder er überladender wurde. Sätze wie "Mit jedem Schritt, den ich machte, strömte er (ein bestimmter Duft) tiefer in meine Lungen, wallte in meiner Brust auf wie die stürmische See, mein Herz ein herrenloses Boot, das darauf trieb" waren eher die Regel als die Ausnahme.

Was mich ebenfalls gestört hat: Zoe, die sich selbst verteidigt und um ihr Leben gekämpft hat, wird hier als Mörderin hingestellt und als Sünderin und das in keiner Form reflektiert wird. Mir ist klar, dass die zu der Zeit bzw. in dieser Welt so denken, aber dass das auch für die LeserInnen als allgemeine Wahrheit vermittelt wird, finde ich schrecklich. Ebenso, dass sie sich immer für Sachen entschuldigt hat, die nicht ihre Schuld oder in ihrem Ermessen lagen. Von daher werde ich diese Trilogie nicht weiterverfolgen oder empfehlen.

Veröffentlicht am 04.10.2024

Crucible

The Games Gods Play – Schattenverführt
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In einer modernen Welt, in der die Götter trotzdem sehr präsent sind, werden alle hundert Jahre tödliche Spiele durchgeführt, bei denen menschliche Champions für ihre Götter darum kämpfen, wer von denen ...

In einer modernen Welt, in der die Götter trotzdem sehr präsent sind, werden alle hundert Jahre tödliche Spiele durchgeführt, bei denen menschliche Champions für ihre Götter darum kämpfen, wer von denen zum König wird. Lyra, die seit ihrem dritten Lebensjahr zur Diebesgilde gehört, rechnet nicht damit, auserwählt zu werden. Dennoch passiert nicht nur das, sondern ausgerechnet auch noch durch Hades, der einzige Gott, der eigentlich nie teilnimmt. Doch Hades hat seine Gründe und je mehr die Spiele fortschreiten, desto mehr bricht er auch die Regeln - doch tut er das für seine Ziele oder doch um Lyras Willen? Für sie steht bald schon mehr als nur das blanke Überleben auf dem Spiel, denn der düstere Gott hat sich längst in ihr Herz geschlichen.

Zum Glück ist das keine klassische Romantasy, bei der die Heldin sofort den Verstand verliert, nur weil der Held so mega sexy ist (und in dem Fall ist er das natürlich, weil Götter nun mal nicht alt und hässlich sind, egal was Marvel euch über Odin erzählt). Allerdings ist Enemies-to-lovers sowie Slow Burn ein bisschen weit hergeholt, denn die beiden fahren quasi von Minute eins, in der sie sich kennenlernen, aufeinander ab und Feinde sind sie auch nicht. Trotzdem ist das Buch trotz seiner 700 Seiten angenehm zu lesen. Der Schreibstil ist flüssig, Lyra hat ein schnoddrig-lässiges Mundwerk ohne Filter und sie lässt sich auch von Göttern nicht sonderlich einschüchtern. Bei Hades hätte ich mir ein paar mehr Ecken und Kanten gewünscht (nicht nur was das Aussehen betrifft), aber er ist wenigstens keine red flag und darüber bin ich in Verbindung mit Hunger-Games-Vibes und griechischer Mythologie schon mehr als glücklich. Die kurzen Kapitel halten das Tempo hoch, sodass auch in den ruhigeren Passagen keine Langeweile aufkommt und das Ende verspricht gute Action im nächsten Band.

Veröffentlicht am 03.10.2024

Ein Psycho kommt selten allein

Bunny McGarry und der Mann mit dem Allerweltsgesicht
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Paul Mulchrone ist ein junger Mann, der absichtlich an der Armutsgrenze lebt, um seiner toten Tante eins auszuwischen. (Fragt nicht.) Dafür arbeitet er im sozialen Bereich und dank seines völligen Allerweltsgesichts ...

Paul Mulchrone ist ein junger Mann, der absichtlich an der Armutsgrenze lebt, um seiner toten Tante eins auszuwischen. (Fragt nicht.) Dafür arbeitet er im sozialen Bereich und dank seines völligen Allerweltsgesichts glauben immer wieder Leute, ihn zu kennen. Als daher ein dementer alter Mann auf ihn losgeht und versucht, ihn umzubringen, ist das eher Pech und Zufall. Als dann ein gar nicht dementer Mensch versucht, ihn mit einer Sprengladung im Auto hochzujagen, ist das volle Absicht. Und plötzlich wird Paul gejagt, selbst bei der Polizei ist er nicht sicher. Nur noch Brigit - eine Krankenschwester - und ausgerechnet der Alkoholiker und Aggressionsproblemhaber Bunny McGarry halten zu ihm.

Was für ein herrlicher Lesespaß - aber haben wir von McDonnel was anderes erwartet? Natürlich nicht. Auch wenn das Buch erst jetzt auf Deutsch erscheint, ist es vor den Stranger Times Büchern erschienen und schon hier kann man dem Autor skurrile, schräge Typen, eine absurde, witzige Handlung und einen wirklich angenehmen Schreibstil assistieren. Ein paar Sachen sind natürlich ein bisschen vorhersehbar, andere dafür wieder so herrlich komisch und abwegig, dass man aus dem Schmunzeln nicht mehr rauskommt. Alles in allem eine wunderbare Lektüre und obwohl gerade die titelgebende Person oft genug durch Abwesenheit glänzt, wird er zu dem Zeitpunkt nicht vermisst und mehr als würdig durch die anderen Charaktere vertreten. Bin auf Teil 2 sehr gespannt! 4.5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 27.09.2024

Elisabeths Vermächtnis

Royal Institute of Magic. Die Hüter der verborgenen Königreiche
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Ben Greenwood ist gerade einmal vierzehn Jahre alt und muss bei seiner Stiefoma leben, denn seine Eltern sind vor zwei Jahren spurlos verschwunden. Als die Polizei die Suche nach ihnen aufgibt und ihm ...

Ben Greenwood ist gerade einmal vierzehn Jahre alt und muss bei seiner Stiefoma leben, denn seine Eltern sind vor zwei Jahren spurlos verschwunden. Als die Polizei die Suche nach ihnen aufgibt und ihm ihre Sachen wieder ausgehändigt werden, fällt ihm und seinem besten Freund Charlie ein seltsames Kästchen in die Hände und damit ein Hinweis auf ein seltsames Gebäude in London. Durch dieses erreichen sie eine geheime, magische Welt, die verborgenen Königreiche. Ben erfährt, dass seine Eltern hier für das Royal Institute of Magic gearbeitet haben, jetzt aber wegen Hochverrats gesucht werden und auch die Dunkelelfen hinter ihnen her sind. Ben, Charlie und das Halbelfen-Mädchen Nathalie machen sich auf die Suche nach ihnen, gejagt sowohl vom Institute als auch von den Dunkelelfen.

Eigentlich könnte das eine wirklich richtig coole Geschichte sein. Sie ist spannend und fantasievoll, wenn auch immer wieder einige Dinge an Harry Potter erinnern. Aber um ehrlich zu sein, habe ich einige Male schlucken müssen. Es fängt schon mal damit an, dass Eltern einfach so ihren minderjährigen Sohn zurücklassen - wohlgemerkt, Eltern, die von gefährlichen Wesen gejagt werden. Wie kommen die darauf, dass ihr Sohn nicht von diesen gefährlichen Wesen gejagt wird? Diese Eltern sind für mich echt das Letzte, was sich auch beim Showdown rausstellt (mehr kann ich wegen Spoilergefahr nicht sagen). Aber alle so: Yeah, die haben das eben durchschaut. Schon okay, dass ihretwegen der Sohn und seine Freunde beinahe gestorben wären. Genauso Bauchschmerzen bereitet haben mir die beiläufigen Anmerkungen, dass die Verborgenen Königreiche oder zumindest ein großer Teil davon einfach mal so von Elisabeth I. erobert wurden. Ja, ist doch normal, England erobert halt und hat Kolonien. Die Verborgenen wollten bestimmt erobert werden. Wollten bestimmt die ganzen Kolonien damals auch. Ich meine, hallo: Wer lässt sich denn nicht gern versklaven? Immerhin hat man dann eine Queen, vor der man in Ehrfurcht erstarren kann.

Majestätische Wesen wie Drachen werden als Zug"pferde" missbraucht. Kobolde dürfen so anspruchsvolle Jobs erledigen wie am Bahnhof Auskunft zu geben. Interessant auch: Dass die jungfräuliche Elisabeth die Königreiche erobert, war völlig okay. Aber als der fiese Dunkelelfkönig dasselbe macht, ist er ... genau: der fiese Dunkelelfkönig. Im Übrigen war mir Ben ziemlich oft ziemlich unsympathisch. Wie er über Mädchen denkt, ist ja schon ein absoluter Abtörner, da helfen ihm seine ach-so-blauen Augen, sein charmantes Lächeln und die blonden Haare auch nichts. Und dass er seinen Freund Charlie (übrigens der übliche übergewichtige, nerdige, schlaue Sidekick und damit der eigentliche Held und auch der netteste Typ ever) ständig in Lebensgefahr bringt und nicht einmal ein Danke kommt dafür: mööööp. Mieser Freund. In Bezug auf Frauen eher red flag. Alles in allem kein Held, den ich groß mochte, hoffentlich hat ihn der Autor so angelegt, damit er sich weiterentwickeln kann.

Das Ende hat mich auch eher verstört. Da wird gekämpft, da gibt es Tote und was machen die vom Institute? Setzen die Kids mal eben in den nächsten Zug und sagen Ciao. Okay. Es gibt ja auch absolut keine Bedrohung mehr ... wait: Was? Die gibt's noch? Und jetzt sind die vielleicht auch noch richtig sauer? Ach, wen interessiert's.

Ja, das ist ziemlich viel Meckern und Ärgern, weil ich finde, dass gerade in der heutigen Zeit diese ganzen Sachen sensibel und reflektiert gehörten. Auch wenn der Autor verstorben ist, kann ein Buch in der Hinsicht vernünftig lektoriert werden. Als Hörbuch war das Ganze immerhin sehr kurzweilig und der Sprecher hat einen wirklich, wirklich genialen Job gemacht und vieles rausgerissen.