Profilbild von Archer

Archer

Lesejury Star
offline

Archer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Archer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.11.2017

Vom Unterhosenträger zum Millionär

Das Geheimnis der Psyche
0

Leon Windscheid ist ein Macher. Er kann einem sympathisch sein oder nicht, das ändert nichts daran, dass er bei Jauch eine Million abgeräumt hat, weil er cool geblieben ist, sich intensiv vorbereitete ...

Leon Windscheid ist ein Macher. Er kann einem sympathisch sein oder nicht, das ändert nichts daran, dass er bei Jauch eine Million abgeräumt hat, weil er cool geblieben ist, sich intensiv vorbereitete und natürlich auch das nötige Quäntchen Glück hatte. Als Psychologiestudent hat er vielleicht einen kleinen (psychologischen) Vorsprung den anderen Kandiaten gegenüber, denn eins ist mal Fakt: Er weiß ansatzweise, wie Menschen ticken. Weil er das im Studium gelernt hat und weil er sich dafür interessiert.

Falls jemand so dumm war zu glauben, er bekäme mit diesem Buch eine Anleitung "Wie gewinne ich eine Million bei Jauch", wird er vielleicht enttäuscht. Auch wird er nicht viel über Jauch in Unterhosen erfahren - oder vielleicht doch. Jauch ist jedenfalls kein großes Thema. Dafür wird hier locker-lässig ein bisschen an der psychischen Oberfläche gekratzt und man lernt zum Beispiel auch das ein oder andere, wenn man aufpasst. Zum Beispiel, das einfache Rechenaufgaben auf Grundschulniveau vielleicht gar nicht so Grundschulniveau sind. Oder dass unser Gehirn ein bisschen anders arbeitet, als wir das gern hätten. Ab und zu gibt es für meine Begriffe ein bisschen zu viel Leon Windscheid und zu wenig Tiefe, aber wer das populärwissenschaftliche Buch eines über Nacht berühmt gewordenen Psychologiestudenten liest, sollte vielleicht nicht neue Erkenntnisse eines Nobelpreisträgers erwarten. Von daher kann ich es als interessante Lektüre für zwischendurch gut empfehlen; Spaß zu lesen macht's allemal.

Veröffentlicht am 13.11.2017

Schildkröten bis nach unten

Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
0

Aza Holmes ist sechzehn und nicht mit Sherlock verwandt, auch wenn sie zum Schluss einen Fall löst, der (k)einer ist. Aza hat auch kein Drogenproblem wie der große Detektiv, dafür leidet sie unter einer ...

Aza Holmes ist sechzehn und nicht mit Sherlock verwandt, auch wenn sie zum Schluss einen Fall löst, der (k)einer ist. Aza hat auch kein Drogenproblem wie der große Detektiv, dafür leidet sie unter einer Angststörung. Wobei "einer" Angststörung das falsche Wort ist, denn sie hat ständig Angst, und die Gedanken, die dann anfangen, sie wie in einer Spirale enger und um enger um sie zu drehen und sie völlig zu vereinnahmen, löschen alles andere aus. Dass ihre beste Freundin Daisy sie überredet, nach dem verschwundenen Milliardär Pickett zu suchen, ist nicht die einfachste Methode, damit klarzukommen. Und auch Liebe ist etwas, das Angst macht.

Zwangsneurosen und Angststörungen sind das Thema diesen Buches, und bestimmt sind das wichtige Themen unserer Zeit. Bestimmt ist das Buch auch gut, gar brillant geschrieben und dieses eine Mal ist es allein meine Schuld, dass ich mich zu Tode gelangweilt habe. Ich fand so gar keinen Zugang - nicht zu Aza, nicht zu ihren Problemen, nicht zur Handlung. Für mich war es eine Abfolge langweiliger Gedanken und noch langweiliger Handlungen. Meine emotionale Intelligenz reicht nicht aus, um wieder und wieder dasselbe zu lesen, was in Azas Kopf vorgeht. Ich kenne auch keine Sechzehnjährigen, die so unglaublich coole Sprüche auf Lager haben - einmal, ok. Zweimal auch ok. Aber dauernd, dazu mit der Weisheit von Yoda gesegnet, erschienen mir die Protagonisten hier so unauthentisch wie möglich. Ich war froh, dass das Buch kurz war, nicht mal 300 Seiten und ich weiß nicht, ob ich diese Lektüre an Leute mit ähnlichen Problemen empfehlen soll oder nicht: Betätigt man dadurch Trigger oder verstehen sie einfach die Message des Gelesenen besser? Ich weiß es nicht, nur so viel: nicht meins.

Veröffentlicht am 11.11.2017

Es war einmal ...

Rosen & Knochen
0

Schneeweißchen und Rosenrot sind eigentlich nur Decknamen, damit die Familien von Rosalie und Muireann nicht in Gefahr sind: Die beiden verdienen sich als Bad Ass Dämonen- und Hexenjägerinnen ihr Geld/Gold/ihren ...

Schneeweißchen und Rosenrot sind eigentlich nur Decknamen, damit die Familien von Rosalie und Muireann nicht in Gefahr sind: Die beiden verdienen sich als Bad Ass Dämonen- und Hexenjägerinnen ihr Geld/Gold/ihren Lebensunterhalt. Ihr neuester Fall bringt sie zu einer Hexenhütte mitten im Wald, den Weg dahin wiesen ihnen Geisterkinder. Eigentlich sollen sie nur dafür sorgen, dass der Geist einer toten, fiesen Hexe nicht weiter spukt, doch schnell müssen sie feststellen, dass es nicht ganz so einfach ist, einen Geist aus- oder zu vertreiben. Und welche Rolle spielen die Geisterkinder? Muireanns Visionen? Und die vielen, vielen Knochen im Brunnen?

Holla, die Waldfee, das ist mal ein Märchen, das ein disneygestähltes Prinzessinnenkind wohl nicht so leicht wegsteckt. So kurz die Geschichte ist, hat sie es doch in sich. Eine kanibalische Serienkillerin, hundsgemeine Halluzinationen, Visionen, und eine Athmosphäre, die so düster wie fesselnd ist. So gehen also Märchen? Cool, mag ich. Ich mag auch, dass die beiden Frauen jede auf ihre Weise stark und mutig ist und sich auch nicht um 180 Grad, weil ein Märchenprinz auftaucht. Noch besser ist, dass die sich nicht mal um 180 Grad drehen würden, wenn ein Märchenprinz auftauchen würde. Klasse Geschichte, kurz, knackig, mit einem Hauch von Grauen. Im Anhang eine richtig gute Kurzgeschichte und ein paar Erklärungen, die fast so spannend wie das Buch ist, Also: mehr davon!

Veröffentlicht am 09.11.2017

Tierisch groß

Der Große Zoo von China
0

CJ Cameron ist die coolste Frau der Welt. Die Alligator- und Krokospezialistin, die seit einer kleinen Rauferei mit einem Krokodilbullen ein paar Narben im Gesicht hat (Warnung für den Rest des Buches: ...

CJ Cameron ist die coolste Frau der Welt. Die Alligator- und Krokospezialistin, die seit einer kleinen Rauferei mit einem Krokodilbullen ein paar Narben im Gesicht hat (Warnung für den Rest des Buches: nur nicht nachdenken!) bekommt die Chance ihres Lebens. Zusammen mit ihrem coolen afghanistan- und irakerfahrenen Journalistenbruder Hamish darf/soll sie nach China fliegen und eine Reportage abliefern. Erst dort angekommen erfährt sie auch, worüber: den größten Zoo der Welt. China hat 40 Jahre zuvor ein paar Drachen gefunden und angefangen, sie zu züchten. Zuerst ist alles super und mega in dem Zoo, besonders mega sind die Drachen, von denen es drei verschiedene Größen gibt. Die Kleinen: um die sechs Meter. Die mittleren: so zwischen 20 und 30 Meter. Und die Großen: Sechzig Meter. Bitte lasst euch erst einmal diese Größenverhältnisse durch den Kopf gehen. Hebt euren Kopf und messt euer Wohnzimmer aus und dann vergleicht diese Angaben mit denen der Drachen. Soweit alles klar?

Logischerweise geht natürlich kurz nach der Ankunft in dem Zoo alles schief. Die Drachen proben ... beinahe hätte ich geschrieben: einen Zwergenaufstand. Aber dem ist natürlich nicht so. Die Drachen sind nicht nur gigantisch groß, sie denken auch groß. Ausbrechen kann jeder, Drachen machen es stilvoll. Sie reißen sich die eigenen Ohren raus (um diverse Störsender nicht mehr hören zu können) und werfen lustig-lässig mit Tankzügen, Teilen eines (wenige Minuten zuvor) Luxusrestaurants durch die Gegend. Weil nur Drachen ein bisschen langweilig sind, gibt es in einigen Ecken des Parks auch noch Krokos, alle so um die sechs Meter lang. Drachen sind nicht nur intelligent, sondern die wissen auch, dass es besser ist, erst mal die chinesischen Protagonisten auszurotten. Ist ja auch besser so, von denen gibt es ja so um die zwei Milliarden, während die Amisuperheros inzwischen den Rest der Welt retten. Spätestens wenn die Drachen ihren Spaß haben, muss man sich entscheiden: Hirn ausschalten und einfach Popcorn essen? Ja, kann Spaß machen, schnell gelesen ist es ja. Reilly hält sich nun wirklich nicht damit auf, der Story eine Tiefe zu verpassen.

Schwierig wird es nur in den Momenten, wenn man sich nicht mehr darauf konzentrieren kann, das Hirn auszuschalten. Es war ein immerwährender Kampf Popcorn versus Gehirn, und leider gewinnt bei einem durchschnittlich intelligenten Menschen das Popcorn nicht immer. Viele Sachen sind nur dadurch erklärlich, dass amerikanische Superheros unbewusst einen Megaschutzschild mit sich herumtragen, weil sie sonst schon ein Dutzend Mal mitsamt der überflüssigen chinesischen Elitesoldaten draufgegangen wären. Es spielt auch schon keine Rolle mehr, dass eine 1,68 m große, schlanke Person einen großen, schweren Kerl mitschleppt und ihn (Zitat) "über einen Tisch wirft" (in Sicherheit, so was machen Superheros). Oder selbst wenn wir die gute Frau mal auf zwei Meter aufrunden: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich gegen einen 70-Meter-Supermega-Drachen behauptet? Doch genau das tut sie; mit dem Äquivalent eines Nasenstübers und der Tapferkeit von jemandem, der eine Steinschleuder gegen Goliath noch für übertriebene Notwehr hält. Ich fasse diese Story mal in Drachensprache (vergaß ich zu sagen, dass die natürlich kommunizieren können?) zusammen: groß groß Unsinn ... viel viel Popcorn. 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 08.11.2017

Schneewittchen-Gang und das Aggro-Problem

Rotkäppchen und der Hipster-Wolf
0

Im Märchenwald herrscht Aufruhr. Die Prinzen der vier Prinzessinnen sind verschwunden. Die Prinzessinnen, darunter Schneewittchen und Aschenputtel, machen sich zusammen mit Rotkäppchen auf die Suche. Wobei ...

Im Märchenwald herrscht Aufruhr. Die Prinzen der vier Prinzessinnen sind verschwunden. Die Prinzessinnen, darunter Schneewittchen und Aschenputtel, machen sich zusammen mit Rotkäppchen auf die Suche. Wobei zusammen nicht wörtlich zu nehmen ist - Rotkäppchen aka Red lässt einen Hipster-Wolf für sich schnüffeln, während die Schneewittchengang erst Leute umbringt und sie dann fragt, ob sie was über ihre Ehemänner wissen. Dass das nicht funktioniert, ist klar. Dann verliebt sich Red auch noch in zwei Typen und Jasemin aus dem Morgenland erklärt den Prinzessinnen und somit dem Märchenwald den Krieg.

Auf dieses Buch hatte ich mich gefreut. Ich meine, wie cool ist die Idee, Märchenfiguren total modern darzustellen mit Facebook, Selfiestick und Überwachungsspiegel? Dazu die vielen begeisterten Rezensionen, die von megawitzig und prustendem Lachen sprachen. Dann ging's mir wie nach einer wirklich heftigen Nacht. Ich wurde schlagartig nüchtern, und das tat weh. So richtig. Gehe ich zum Lachen in den Keller? Glaub nicht. Aber lustig finde ich die ständigen "Ups, ich habe der Hexe mit dem Selfiestick den Schädel eingeschlagen" nicht zum Lachen. Allgemein kann ich nicht lachen, wenn jemand umgebracht wird - bin da anscheinend eher altmodisch und übelst retro. Dann diese angeblich supercoole Red. Erst denkt sie darüber nach, den Wolf umzubringen (huch, wie lustig!), dann griff ich zu meiner Cola, und als ich meine Augen dem Buch zuwandte, war sie bis über beide Ohren in den Wolf verliebt. Was?! Wo kam das her? Aber ein Typ reicht nicht, ein zweiter musste her, Hook verwandelte sich innerhalb eines Augenblicks von Bad Ass zu Kicked Ass. Nicht mal zu einem müden Lächeln reichte auch die Dummheit sämtlicher Beteiligten, die auch, nachdem es ihnen schon in Großbuchstaben in die Ohren gebrüllt worden war, nicht kapierten, wo die Prinzen sind. Was soll's. Not my cup of tea. Für die Idee gibt's noch Punkte, den Rest sollte man lieber ganz lustig mit dem Selfiestick erschlagen. 1,5/5 Punkten.