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Veröffentlicht am 08.10.2017

Als wäre die Zukunft schon da

QualityLand (QualityLand 1)
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Peter Arbeitsloser ist nicht etwa arbeitslos. Er ist höchstens nutzlos, denn obwohl er eine Arbeit hat, liegt er unter 10 Prozentpunkten, womit er zu der Masse der Nutzlosen gehört. Peter lebt in Qualityland ...

Peter Arbeitsloser ist nicht etwa arbeitslos. Er ist höchstens nutzlos, denn obwohl er eine Arbeit hat, liegt er unter 10 Prozentpunkten, womit er zu der Masse der Nutzlosen gehört. Peter lebt in Qualityland - dort, wo alles optimiert und überhaupt besser ist. Algorithmen bestimmen den Tagesablauf, über den perfekten Partner, über das, was du bewusst oder unbewusst wünscht. Drohnen bringen deine Sachen, ein Android stellt sich zur Wahl - willkommen in der schönen neuen Welt, wo Menschen auf alles nur eine Wahl haben - Okay zu drücken. Und die Maschinen menschlicher als Menschen sind.

Natürlich ist das bei Mark-Uwe Kling lustig, zumindest so im ersten Moment. Denn wenn man darüber nachdenkt (und vor allem gerade nebenbei Homo Deus von Harari liest) macht einem die Geschichte eine Heidenangst. Denn das, was Mark-Uwe dort beschreibt, ist leider nicht nur völlig überspitzte Satire, sondern die (nahe!) Zukunft. Schon jetzt können die Algorithmen auf Facebook dich besser einschätzen als deine Freunde und Verwandten, schon jetzt sind die technischen Möglichkeiten so weit wie in Qualityland beschrieben. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis eintrifft, was uns hier auf sehr amüsante Weise präsentiert wird. Es ist ein Buch, das Kling auch noch selbst liest - und das macht er wieder einmal perfekt. Er kann einfach so viele Stimmen bringen und selbst das Känguru hat einen Cameoauftritt - auch wenn es ihm wohl nicht passen wird, dass es in dieser Zukunft Pinky heißt ... Lest es, hört es - und fürchtet euch vor der Zukunft!

Veröffentlicht am 08.10.2017

Hier kommt euer schlimmster Alptraum!

Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr
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Prinzessin Dylia nennt sich selbst Prinzessin Insomnia, denn das ist es, worunter sie leidet: Schlaflosigkeit. Weil sie manchmal bis zu achtzehn Tage lang nicht schlafen kann, gehört das Schloss im Dunkeln ...

Prinzessin Dylia nennt sich selbst Prinzessin Insomnia, denn das ist es, worunter sie leidet: Schlaflosigkeit. Weil sie manchmal bis zu achtzehn Tage lang nicht schlafen kann, gehört das Schloss im Dunkeln ihr, und dann läuft sie treppauf und treppab und denkt darüber nach, welche besonderen Worte sie sinnvoll verwenden kann. Man hat schon alles probiert, um sie von ihrer Krankheit zu heilen, doch nichts hat geholfen. Und dann erscheint eines Nachts Havarius Opal - der alptraumfarbene Nachtmahr - bei ihr und kündigt ihr an, sie in den Wahnsinn treiben zu wollen. Vorher jedoch fordert er sie auf, sich mit ihm auf eine besondere Reise zu begeben, und die Prinzessin stimmt zu (sie hat ja eh nichts Besseres zu tun).

Ein absolutes krasses (Hör)Buch! Das ist mein erstes Buch von Walter Moers, aber jetzt weiß ich, dass ich ihm viel zu lange entkommen bin - ich muss einfach mehr von ihm lesen oder hören. Mal davon abgesehen, dass er es schafft, eine echt scheußliche Krankheit so zu verpacken, dass man zwar merkt, wie schlimm das ist, aber gleichzeitig gibt er durch die Prinzessin Hoffnung, auf echt coole Art damit umzugehen. Dylia mag nicht jedermanns Lieblingsperson sein, aber sie gibt nicht auf, lässt sich überhaupt nicht unterkriegen und macht immer das Beste aus der Situation. Opal ist ein Griesgram, wie er im Buche steht, aber eigentlich hat er das Herz am rechten Fleck und er wird einem trotz aller Großmäuligkeit sympathisch. Dazu kommt dieser geniale Sprecher, Andreas Fröhlich, dem man richtig anmerkt, dass er großen Spaß an den Wortkreationen und Neuschöpfungen hat. Mein einziger Kritikpunkt besteht darin, dass gerade dabei manchmal ein wenig übertrieben wurde - wenn man das Gefühl hat, zehn Minuten lang ununterbrochen seltsame Wörter von A - Z zu hören, kann das schon ein wenig ermüdend werden. Das gibt einen halben Punkt Abzug in der Kür, von daher also 4,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 04.10.2017

Munins Rückkehr

Der Klang der Erinnerung
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Jeden Morgen erschüttert ein gewaltiger Klang das Land, eine Musik, die jede Erinnerung gnadenlos auslöscht. Körpererinnerung bleibt, aber ansonsten leben die Menschen eigentlich nur von Tag zu Tag. Sie ...

Jeden Morgen erschüttert ein gewaltiger Klang das Land, eine Musik, die jede Erinnerung gnadenlos auslöscht. Körpererinnerung bleibt, aber ansonsten leben die Menschen eigentlich nur von Tag zu Tag. Sie stehen auf, machen, was sie immer machen und denken auch kaum an die Zukunft, denn ohne Vergangenheit, wer bräuchte da schon eine Zukunft? Die Ordnung hat dieses System eingeführt, die Ordnung schafft Musik und bestimmt das Leben der Menschen. Ihre ersten Opfer waren die Vögel, jetzt leiden nur noch Menschen darunter - doch das wissen sie nicht. Wer sollte sich auch erinnern? Simon ist einer von denen, die Erinnerungen festhalten können, doch auch das begreift er erst, als er zu einem Paktläufer von Lucien wird. Lucien wird nicht nur seine Erinnerungen wecken, sondern auch Gefühle, die er nie kannte, und gemeinsam werden sie sich auf die Suche nach etwas machen, um die Ordnung aufhalten zu können.

Das war mal mit Sicherheit kein Wohlfühlbuch, weshalb es auch von den Rezensenten ziemlich abgewatscht wird. Jemand, der bereit ist, selbständig zu denken, sollte sich von den schlechten Bewertungen nicht abhalten lassen. Ja, für Musikkenner ist es zumindest anfangs Kopfschmerzen verursachend (ein Grund, warum ich wirklich ewig gebraucht habe, um das Buch weiterlesen zu können); man hat aufgrund der bildhaften Beschreibungen das Gefühl, permanent einer gewaltigen Klangkakophonie ausgesetzt zu sein. Doch das Buch geht noch tiefer, denn es verlangt danach, begriffen zu werden, und Begreifen entsteht durch Nachdenken und eventuell durch Kundigmachen. Wie funktioniert das mit der gewaltigen Musik und den Raben/Vögeln, die verschwunden sind? Wie können Schallwellen tatsächlich Erinnerungen löschen? Welche Gemeinsamkeiten hat die Ordnung mit den Nazis? Und wie zufrieden oder dankbar sind Leute, wenn sie keine Erinnerungen haben - also auch nicht über alles Mögliche nachdenken müssen? Abzug bekommt das Buch bei mir nicht, weil ich sonst nur Prinzessinnenbücher lese und somit nicht verstehe, was es mir sagen will, sondern weil zwischendurch eine Prophezeiung auftaucht, die recht unnötig ist und das Ganze zu einer Sache von "Auserwählten" macht. Ansonsten ist das Buch so anders, dass ich es wirklich nicht reinen Gewissens an alle empfehlen kann.

Veröffentlicht am 03.10.2017

Im wahrsten Sinne des Wortes

Die Magie der Lüge
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Ein paar Jahre, als es Tir Passario noch gar nicht gab und er als Nr. 19 irgendwo herumdümpelte, wurde eine junge Frau zu Anderta Passario erklärt. Auch sie verfügt über Wahrheitsmagie, doch sie nutzt ...

Ein paar Jahre, als es Tir Passario noch gar nicht gab und er als Nr. 19 irgendwo herumdümpelte, wurde eine junge Frau zu Anderta Passario erklärt. Auch sie verfügt über Wahrheitsmagie, doch sie nutzt sie etwas spezieller als Tir, könnte man sagen. Tagsüber betätigt sie sich als Wahrsagerin (im wahrsten Sinne des Wortes), nachts steigt sie bei ihren "Tageskunden" ein, von denen sie weiß, dass sie nicht da sind, und klaut ihre Wertsachen. Zusammen mit ihrem Partner Londurs hat sie ein abenteuerliches und finanzstarkes Leben. Das ändert sich abrupt, als sich durch Tir die Welt ändert und nur Anderta durch ihre Wahrheitsmagie weiß, dass sich überhaupt was geändert hat. Sie beschließt, den Schuldigen zu finden und zur Rede zu stellen, doch als ihr das gelingt, muss sie nicht nur mit den Dämonen ihrer Vergangenheit kämpfen, sondern auch mit seinen.

Im Gegensatz zu Tir, der mir im ersten Teil Die Magie der Namen, oft auf die Nerven ging und es mir somit schwer machte, ihn als Hauptperson zu mögen, fand ich sofort Zugang zu Anderta und auch ihrem Partner Londurs. Sie sind rebellisch, haben ihren eigenen Kopf und sehen nicht ein, sich von ihren Namen zu einem Schicksal degradieren zu lassen. Anfangs erweisen sich beide als starke Persönlichkeiten; das hält sich bei Anderta nicht durchweg, weshalb es auch einen halben Punkt Abzug in der Pflicht gibt. Auch die weiteren Charaktere sind durchaus interessant (und einer der "Guten" ist mein absoluter "Lieblings"hasscharakter, eine hervorragende Leistung der Autorin!), einige, wie Tir zum Beispiel, haben sich sogar weiterentwickelt. Mein größter Kritikpunkt besteht im letzten Drittel des Buches. Es geht alles zu schnell, zu einfach und dem ersten Band viel zu ähnlich. Das wirkte auf mich extrem antiklimaktisch, sodass ich hier einen ganzen Punkt abziehen muss, obwohl mir dieser Nachfolger der Magie der Namen besser gefiel als das Ursprungsbuch. Das Ende gibt genügend Stoff für einen dritten Band her, wobei ich hoffe, dass es dabei mal ausnahmsweise keinen Deus ex machina als Lösung geben wird. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 01.10.2017

Sieben

Die Gärten von Istanbul
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Ein Toter wird gefunden an einem historischen Denkmal in Istanbul. Aufgebahrt wie ein Opfer gibt er dem melancholischen Oberkommissar Nevzat und seinem Team, bestehend aus den Kommissaren Ali und Zeynep, ...

Ein Toter wird gefunden an einem historischen Denkmal in Istanbul. Aufgebahrt wie ein Opfer gibt er dem melancholischen Oberkommissar Nevzat und seinem Team, bestehend aus den Kommissaren Ali und Zeynep, Rätsel auf. Der Tote war ein anerkannter Historiker, und es bleibt nicht bei dem einen Toten. Sieben Morde geschehen, sieben Opfer, platziert an historischen Plätzen einer Stadt, die so reich an Geschichte ist. Doch nicht nur die Opfer, auch der Kommissar hat eine Vergangenheit, sind doch seine Frau und seine Tochter bei einem Verbrechen gestorben, das er nicht aufklären konnte.

Man sollte meinen, bei so einem exotischen Schauplatz wie Istanbul, das vor fast drei Jahrtausenden einmal Byzantion hieß, ginge es zur Sache. Und natürlich ist es auch nicht unspannend, wenn es um die geschichtlichen Hintergründe der Stadt und ihrer Bewohner geht - doch sollte es sich hier nicht eigentlich um einen Krimi handeln? Doch der Fall kommt genauso betulich in die Gänge wie der Kommissar, und so interessant wie ich die Exkurse in die Geschichte auch finden mag, so sehr nervt es mich, wenn man in einem Krimi damit Seiten um Seiten füllt, ohne dass es wirklich voran geht. Dazu kommt, dass mir zum Beispiel Ali ziemlich auf die Nerven ging; gut fand ich hingegen, dass mit Zeynep eine weibliche Ermittlerin eingeführt wurde. Wobei ich mich frage, ob das jetzt auch noch möglich wäre - das Buch wurde schließlich 2010 rausgebracht, als die Türkei noch offener und aufgeschlossener war als heute und der angebliche Putsch noch in weiter Ferne lag. So betulich wie Fall und Kommissar war meistens auch die Schreibweise, manchmal sogar irgendwie kindlich; es ist schwer, so etwas zu erklären, zumal man nicht weiß, wie gut deutsche Wörter und Übersetzungen etwas aus dem Türkischen rüberbringen. Als Fazit sage ich: Ja, war ganz nett, aber ich bräuchte keine Nachfolger dieses Buches.