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Veröffentlicht am 29.09.2017

Die Macht der Träume

Die Stadt der verbotenen Träume
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In einem von einem "Rat" diktatorisch geführten Inselstaat sind Menschen, die träumen können, Außenseiter und Verbrecher. Niemand will mit ihnen Kontakt haben, denn sie könnten ja ansteckend wirken. Die ...

In einem von einem "Rat" diktatorisch geführten Inselstaat sind Menschen, die träumen können, Außenseiter und Verbrecher. Niemand will mit ihnen Kontakt haben, denn sie könnten ja ansteckend wirken. Die fleißige und zurückhaltende Eliana aus dem Haus der Weberinnen - denn alle Menschen gehören einer Kaste an, der sie ihr Leben lang treu bleiben -, ist weder Rebellin noch aufrührerisch veranlagt. Doch auch sie kämpft gegen Träume, aus Angst, geächtet zu werden. Als eines Tages eine verletzte junge Frau ins Haus der Weberinnen gebracht wird, erschüttert das Elianas Weltbild bis in die Grundfesten, und sie muss sich fragen, was ihr wirklich wichtig ist: ihr ruhiges Leben oder Gerechtigkeit.

Der Schreibstil ist wirklich außergewöhnlich. So poetisch wie die Träume, die auf der Insel so verpönt sind. Viel, viel Raum bleibt für Interpretationen - nicht alle Fäden werden aufgewickelt, selbst denken ist durchaus erlaubt oder wird sogar verlangt. Das mag nicht jedermanns Sache sein, so dass ich es auch nicht uneingeschränkt empfehlen würde. Mir gefällt zum Beispiel sehr, dass aus der schüchternen Weberin keine mega Anführerin wird, keine Kampfmaschine, ja nicht einmal die Auserwählte oder wie das so gern in anderen Fantasyromanen zelebriert wird. Bis zum Schluss versucht sie zwar, das Richtige zu tun, aber sie ist weder die Erste noch die Wichtigste. Sie ist eine von vielen, daran ändert dann auch die Macht, die sie bekommt (oder auch nicht, eure Interpretation!) nichts. Ein wirklich literarisches Fantasybuch, das zum Nachdenken anregt und aufgrund der Sprache herausragt.

Veröffentlicht am 28.09.2017

Smells Like Teen Spirit

Aquila
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Nika ist neunzehn, studiert irgendwas in Sienna (zur Info: Das ist in Italien!) und spricht kein Wort Italienisch. Eines Tages wacht sie völlig verwirrt in ihrer WG auf und bemerkt, dass sie einen Filmriss ...

Nika ist neunzehn, studiert irgendwas in Sienna (zur Info: Das ist in Italien!) und spricht kein Wort Italienisch. Eines Tages wacht sie völlig verwirrt in ihrer WG auf und bemerkt, dass sie einen Filmriss von zwei Tagen hat. Ihre WG-Zimmergefährtin Jenny ist spurlos verschwunden, sie selbst ist eingesperrt und sowohl Schlüssel als auch sämtliche ihrer Devices sind verschwunden. Als wäre das nicht genug, wird Jenny plötzlich tot aufgefunden, und alle Anzeichen deuten darauf, dass Nika sie umgebracht hat. Doch hat sie das wirklich? Mithilfe einer von ihr selbst erstellten, codierten Liste und eines gutaussehenden Italieners macht sie sich daran, ihren Blackout zu durchdringen und Stück für Stück die Puzzleteile der Geschehnisse an ihren richtigen Platz zu legen.

Ein wirklich dicker Pluspunkt an der Geschichte ist die Sprecherin. Mal davon abgesehen, dass sie richtig gut Italienisch spricht oder es zumindest für mich so klingt, gibt sie den Leuten auch die absolut passenden Stimmlagen und lässt Untertöne entstehen, die für Gänsehaut sorgen können. Ich denke, hätte ich "nur" das Buch gelesen, wären es wohl sonst nur 2 Punkte geworden, denn es ist eine echt unglaubwürdige Geschichte mit einer Protagonistin, die ich in regelmäßigen Abständen schütteln wollte. Sie ist nicht gerade die Hellste (was man ja schon daran merkt, dass sie in einem fremden Land studieren möchte, ohne überhaupt die Sprache zu sprechen - wer macht denn so was überhaupt?), aber auch so konnten mich die meisten ihrer Reaktionen nicht überzeugen. Auf einer Skala von eins bis zehn, wobei zehn die vernünftigste Handlung und eins die dümmste darstellt, rutschte sie zielsicher meistens auf einer zwei bis drei herum. Ein paar eher seltsame Äußerungen ihrerseits machten es auch nicht besser. (Beispiel: Ein Typ, der ihr nur Ärger bereitet, sie gekidnapt, gefesselt und mit verbundenen Augen in einem Wald herumrennen und fast ertrinken lässt, bezeichnet sie ziemlich zum Schluss als "eigentlich netten Kerl". Hm. Wie gesagt, sie ist nicht die Hellste.) Eigentlich hat mir die Idee des Buches gefallen, aber die Umsetzung ließ zu wünschen übrig. 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 25.09.2017

Auslöschung der Dummheit

Rauhnacht
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Diese Rezension bezieht sich auf das Hörbuch, das hier im Archiv nicht aufgeführt ist.

Alle dreißig Jahre überfällt die Wilde Jagd Tiefenfall, einen abgelegenen Ort in den Alpen. Hexen, Dämonen, Werwölfe, ...

Diese Rezension bezieht sich auf das Hörbuch, das hier im Archiv nicht aufgeführt ist.

Alle dreißig Jahre überfällt die Wilde Jagd Tiefenfall, einen abgelegenen Ort in den Alpen. Hexen, Dämonen, Werwölfe, Lamien und sonstige grausige Wesen töten, verstümmeln und entführen Menschen, sobald sie ihrer habhaft werden. Davon weiß Titus Hardt nichts, der auf Einladung seines alten Freundes Gregor Kranz in den "kleinen" Ort kommt. (Klein schreibe ich deshalb in Anführungszeichen, weil die scheinbar Millionen Einwohner haben, dazu später mehr.) Titus, der als Schriftsteller gerade unter einer Schreibblockade leidet, hofft, hier wieder zu Ideen und Bock aufs Schreiben zu kommen. Gregor, der angeblich Wissenschaftler ist, will hier übliche Gebräuche erforschen, am intensivsten die Rauhnacht, die von allen Einwohnern gefürchtet wird. Bereits am ersten Abend sieht Titus, wie Einwohner am Dorfrand eine Palisade aus geschlagenen Stämmen errichten; auch werden er und sein Freund von dem Bewohnern nicht nur misstrauisch, sondern geradezu feindlich behandelt. Und dann geht das Grauen los ...

... und hört leider bis zum Ende des Buches nicht auf. Das Grauen ist durchaus nicht den Lamien und/oder Hexen, Dämonen und anderen Wesen zuzuschreiben, die wirklich einfach nur ihr Bestes geben. (Nämlich diese unfassbare Dummheit in dem Dorf auszurotten. Go, Witches, go!) Das Grauen betrifft den Aufbau des Buches, die Handlung, die auftretenden Personen. Normalerweise ist man ja auf der Seite der Angegriffenen, hier habe ich jederzeit den Monstern die Daumen gedrückt, alles schnell zu einem Ende zu bringen. Warum? Wo soll man da anfangen? Vielleicht wegen absoluter Sympathielosigkeit sämtlichen Protagonisten gegenüber. Da fängt es nämlich schon mal an. Weder Titus, der eigentlich nur mit seinem Schwanz denkt, noch Gregor, dessen Assistentin, oder Lisa, die Haushälterin, konnten mit irgendwas punkten. Intelligenz war ohnehin nicht vorhanden, denn keiner von ihnen tat mal irgendwas, was jeder andere getan hätte. Zum Beispiel mal Hilfe von Polizei oder Armee zu holen. Wozu auch, hier verschwinden ja nur spurlos Kinder oder werden nachts Leute von Monstern zerrissen.

Dann diese "Dorf"bewohner. Es hieß, Tiefenbach sei ein kleiner, abgelegener Ort. Wie viele Einwohner erwartet man dort? 300 vielleicht? Maximal? Trotzdem werden schon in der ersten der Raunächte über 50 Männer abgeschlachtet, was nichts daran ändert, dass immer noch an allen Ecken und Enden Leute von Hannes, dem menschlichen Antagonisten auftauchen, die irgendwas beobachten können. Meistens noch, während sie auf Leben und Tod mit Monstern kämpfen. Echt aufmerksam, diese Typen, auch wenn sie nicht bis drei zählen können. Überhaupt ist Denken keine Stärke von irgendwem aus dem Buch. Am Abend vor der ersten Rauhnacht fangen sie mal gerade an, eine Palisade am Dorfende zu bauen. Das kann man nämlich nicht schon mal das ganze Jahr über tun - möglicherweise würde das stressfrei abgehen, wer will das schon? Außerdem: Welchen Sinn hat EINE Palisade an EINEM Ende, bitteschön? Es gibt doch vier Himmelsrichtungen? Und die meisten Monster konnten eh fliegen, und selbst wenn die "gesegnete" Palisade sie dort abhält - hey, fliegen wir einfach mal woanders lang, oder? Ich könnte über die unendliche Dummheit in diesem Buch seitenweise referieren. Anfangs habe ich die abwegigen Handlungen und Dialoge auf mein Fieber geschoben - ich habe das Buch während ich krank war gehört -, aber leider war dem nicht so, ich war nicht allein beim Hören, und mir wurde glaubwürdig versichert, dass alles, was ich hörte, auch dem entspricht, was der Sprecher erzählt. Überhaupt, der Sprecher. An und für sich ist er ja nicht schlecht, aber wenn er die Dialoge zwischen den Dorfbewohnern gesprochen hat, war das mit den Stimmlagen, die er wählte, so lächerlich, dass mich manchmal nicht nur das Fieber, sondern auch Lachkrämpfe schüttelten. Empfehlenswert ist also dieses (Hör)Buch nur für Leute, die sich weder um Logik oder Sinn oder auch nur Sprachgefühl scheren und außerdem die meiste Zeit in Absurdistan leben.

Veröffentlicht am 15.09.2017

Here Be Dragons!

Das Erwachen des Feuers
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Drachenblut gilt in dieser Welt als das wertvollste Gut, das jemand besitzen kann, gerade wenn er ein Blutgesegneter ist - wenn er also durch das Blut Magie wirken kann. Dabei sind die verschiedenen Drachenarten ...

Drachenblut gilt in dieser Welt als das wertvollste Gut, das jemand besitzen kann, gerade wenn er ein Blutgesegneter ist - wenn er also durch das Blut Magie wirken kann. Dabei sind die verschiedenen Drachenarten für verschiedene Kräfte zuständig - Schwarz für die Kraft, Grün für den Körper, Rot fürs Feuer und Blau für den Geist. Doch die gezüchteten Drachen werden immer schwächer und anscheinend sterben die wilden Drachen aus. Es gibt ein Gerücht über einen großen weißen Drachen, mit dessen Blut man Außergewöhnliches vollbringen könnte ... doch noch nie hat jemand einen Weißen gesehen. Clay, ein Dieb und Kleinkrimineller wird von seinem Onkel gezwungen, sich auf eine gefährliche Reise in die unerforschten Gebiete Mandinoriens mit zu begeben, um das Drachenblutsyndikat wieder zu alter Größe zu bringen. Auch Lizanne, eine Agentin, wird in diese Mission verwickelt, und Hilemore, ein Schiffsoffizier - diese drei sind die Hauptpersonen der Geschichte, die sie auch mühelos zu tragen vermögen.

Eigentlich gibt's nur ein Wort für dieses Buch: geil. Aber echt jetzt. Das ist Fantasy, bei der Tolkien in Tränen ausgebrochen wäre, könnte er sie lesen, denn so, glaube ich, hätte er eigentlich schreiben können wollen. Eine intelligente Story, in drei Handlungsstränge eingearbeitet, von denen einer interessanter als der nächste war. Ob sich die Agentin gerade mit ihrem Tarnen und Täuschen durch diverse Intrigen arbeiten musste, man den Offizier auf seinem Boot und den Seeschlachten begleitete oder mit Claydon durch den Dschungel stapfte - immer war man mittendrin statt nur dabei. Ganz ohne Fernsehgebüren. Das Teil ist ein 700+ Seiten Wälzer, und keine einzige Seite war verschwendet oder langweilig. Kann es eigentlich nicht erwarten, den zweiten Band in die Hände zu kriegen und wenn die mit der Übersetzung zu lange warten, kaufe ich mir den auf Englisch.

Veröffentlicht am 12.09.2017

Bibliomantische Verwicklungen

Die Spur der Bücher
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Als Adoptivtochter eines Buchhändlers kennt sich Mercy Amberdale nicht nur in der Welt der Bücher, sondern auch der Bibliomanten aus. Doch eines Tages geht bei einem Einbruch im Haus einer chinesischen ...

Als Adoptivtochter eines Buchhändlers kennt sich Mercy Amberdale nicht nur in der Welt der Bücher, sondern auch der Bibliomanten aus. Doch eines Tages geht bei einem Einbruch im Haus einer chinesischen Gangsterchefin alles schief, und Grover, einer ihrer Freunde, stirbt dabei. Mercy konnte ihn selbst durch ihre Bibliomantik nicht retten, also beschließt sie, sie nie wieder zu nutzen, zieht zu Hause aus, bricht den Kontakt zu allen Leuten ab und nimmt nur noch Bücherbeschaffungsaufträge für reiche Sammler am. Doch dann holt sie die Vergangenheit wieder ein: ein Buchhändler am Cecil Court ist ermordet worden - mit Feuer, ohne dass auch nur eines der vielen tausend Bücher um ihn herum Schaden genommen hat. Mercy muss den Spuren der Bücher nachgehen und erfährt dabei auch einiges über sich.

So viel Potenzial. So viele coole Ideen. So ein guter Sprecher (Simon Jäger). Kann doch eigentlich nicht schiefgehen? Direkt schief gegangen ist es nicht. Aber ein Reißer auch nicht. Dafür ist es einfach viel zu langatmig, viel zu dialoglastig, wenn es doch einer Actionszene bedurft hätte. Logiklücken gab's auch hier und da. Philanders Schwester zum Beispiel. Wie konnte ihr aufgelauert werden? Oder wie logisch klingt es, dass jemand nicht die Gabe nutzt, die einem das Leben retten kann als einziger Ausweg, wenn er gefesselt und geknebelt ist? Das war eines der Probleme, die ich mit Mercy hatte. Bis zum Schluss fand ich zu ihrer Denkweise keinen Zugang und meistens war sie mir äußerst unsympathisch. Dazu kam, dass anscheinend alle Antagonisten das Handbuch der Superschurken gelesen hatten und vor dem großen Showdown große Reden schwangen, damit die in Bedrängnis geratenenen Helden in der Zeit Möglichkeiten überlegen oder finden konnten, um einen Ausweg zu ersinnen. Gefallen hat mir der Besserwisser und ein paar der bibliomantischen Ideen und der Bezug zu den Penny Dreadfuls und Simon Jäger, der das Buch immer wieder aufwerten konnte. Ansonsten führt mich die Spur der Bücher hier zum Ende, zumal einige der Ereignisse auch recht vorhersehbar waren und mich die Fortsetzungen nicht reizen. 2,5/5 Punkten.