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Veröffentlicht am 28.07.2017

Ein nicht ganz gewöhnlicher Mörder

Das Eulenhaus
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Ins Eulenhaus zu Lady Angkatell kommen sie gern: ihre Cousinen und Cousins, Neffen, Nichten, Verwandte. Sie ist zwar äußerst skurril, die gute Lady, aber so charmant, dass man ihr auch die taktlosesten ...

Ins Eulenhaus zu Lady Angkatell kommen sie gern: ihre Cousinen und Cousins, Neffen, Nichten, Verwandte. Sie ist zwar äußerst skurril, die gute Lady, aber so charmant, dass man ihr auch die taktlosesten Bemerkungen mit einem Lächeln verzeiht. Aber dieses Mal hat sie wohl nicht nur den Takt, sondern auch den Sinn für die richtige Mischung ihrer Gäste verloren, denn wie sonst ist es zu erklären, dass ausgerechnet der beliebte Dr. Christow ermordet wird? Wobei die Tat klar zu sein scheint - man hat seine etwas unscheinbare, naive und in Denkprozessen etwas langsame Frau mit einem Revolver in der Hand über den sterbenden Mann gefunden. Einfach aufzuklären, denkt Inspector Grange, doch dann ist da noch Hercule Poirot, und er weiß eines: Wenn alles aussieht wie bei einem Theaterstück inszeniert, so ist es das in der Regel auch.

Immer, wenn ich ein Buch von Agatha Christie lese, bin ich überrascht, wie modern mir diese vorkommen. Gut, niemand zieht ein Smartphone aus der Tasche und macht ein Selfie von sich und der Leiche, aber die Handlungen und Taten könnte man problemlos in die heutige Zeit übertragen. Und das ist auch die große Stärke der Autorin, denke ich. Sie schafft Protagonisten, die einen hautnah heranlassen, ob man sie jetzt mag oder nicht. Das Eulenhaus oder The Hollow, wie es eigentlich heißt, ist nicht einmal eines ihrer besten Bücher, und doch blitzt allein im Aufbau und Logik dieses Falles eine Genialität auf, von denen viele heutige Krimiautoren nur träumen können. Während ich bei den meisten Krimis sehr schnell auf Mörder und Motiv komme, so bin ich mir bei A. C. bestenfalls "sicher", auf der richtigen Spur zu sein. Und deshalb verzeihe ich ihr auch gern die gelegentlichen Längen, zu denen sie sich hinreißen lässt und werde immer wieder zu einem ihrer Bücher greifen.

Veröffentlicht am 26.07.2017

Zeitreise

Käuzchenkuhle
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Mit diesem Buch begibt man sich in zweierlei Hinsicht auf eine Zeitreise. Zuerst einmal in die DDR (schätzungsweise Mitte der Sechziger, weil der Krieg anscheinend seit etwas über 20 Jahren vorbei ist) ...

Mit diesem Buch begibt man sich in zweierlei Hinsicht auf eine Zeitreise. Zuerst einmal in die DDR (schätzungsweise Mitte der Sechziger, weil der Krieg anscheinend seit etwas über 20 Jahren vorbei ist) und dann führt ein Teil der Handlung zurück in eben jenen Krieg (2. WK).

Jamboll heißt eigentlich Jean Paul Fontanon und ist stocksauer. Weil er sich vor kurzem den Arm gebrochen hat, darf er nicht mit seinen Klassenkameraden an die Ostsee fahren, denn das Toben, so sagte sein Arzt, wäre eher kontraproduktiv. So fährt er in den Ferien zu seinen Großeltern in ein kleines Dorf, abgeschoben fühlt er sich, weil seine Eltern auch noch eine Dienstreise nach Moskau machen. Doch zum Glück hat er aus vergangenen Ferien Freunde dort, Schraube, der stets und ständig an seiner alten Zündapp rumwerkt, Kristan, der unter einem saufenden Vater zu leiden hat und neu dazu ein Mädchen, Linde. Diese Freunde kann er auch gut gebrauchen, denn er bemerkt, dass sein Großvater sich verändert hat. Er steht in einem versteckten, doch hasserfüllten Streit mit einem Fremden mit der leisen Stimme, den Jampoll schon am ersten Abend kennengelernt hat. Was verbindet diese beiden Männer? Hat es was damit zu tun, dass sich der Großvater immer in seine Kammer einschließt, fieberhaft schreibt und eine alte Mütze umklammert? Jampoll kommt einer Sache auf die Spur, die sich in den letzten Kriegstagen zugetragen hat und er erfährt, dass selbst jetzt noch Nazis versuchen, unschuldigen Menschen etwas anzutun.

Ein unfassbar cooles Buch irgendwie. Klar, manche Sachen kommen einem schon irgendwie komisch vor. Ich würde nicht in meinen Ferien einem ehrgeizigen Lehrer helfen, in der Schule was aufzubauen, um ehrlich zu sein. Und nichts entschuldigt, dass besagter Lehrer einem seiner Schüler eine Ohrfeige verpasst. (Er entschuldigt sich dafür, aber es war irgendwie so komisch gelöst, so nach dem Motto, der Schüler meinte selbst, er hätte es provoziert.) Trotzdem ist es eine Zeitreise, und ich mochte die meisten Leute, und die, die ich nicht mochte, kamen mir authentisch vor, waren nicht einfach böse, um sich als Antagonist an die Brust zu trommeln, widerlich zu lachen und zu brüllen: Ich bin böse, weil ich es kann! Ich habe ein paarmal Wikipedia bemüht, weil es mich einfach interessiert hat, worauf manche Sachen basieren, und das war fast so spannend wie der Kriminalfall, der sich entwickelte. Dicke Empfehlung also von mir.

Veröffentlicht am 24.07.2017

Die Eitelkeit des Teufels

Der Nebelmann
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Ein Mädchen verschwindet in einem abgelegenen Bergdorf in Italien. Anna Lou ist sechzehn, ein schwieriges Alter, aber sie stammt aus einer hochreligiösen Familie und hat mit Jungen nichts am Hut. Nach ...

Ein Mädchen verschwindet in einem abgelegenen Bergdorf in Italien. Anna Lou ist sechzehn, ein schwieriges Alter, aber sie stammt aus einer hochreligiösen Familie und hat mit Jungen nichts am Hut. Nach zwei Tagen trifft der römische Sonderermittler Vogel ein, und er glaubt nicht daran, dass das Mädchen getürmt ist; er ist überzeugt davon, dass ein Verbrechen vorliegt. Doch es finden sich weder Spuren noch Zeugen, zumal die Hälfte der Bewohner dieser religiösen Bruderschaft angehören, die das ganze Dorf kontrollieren. Vogel weiß sich nicht anders zu helfen, als eine groß angelegte Medienshow aus dem Verschwinden des Mädchens zu inszenieren, und er nimmt es auch in Kauf, dass eine Hexenjagd auf Unschuldige passiert. Zweiundsechzig Tage nach dem Verschwinden von Anna Lou wird Vogel plötzlich völlig verwirrt und blutverschmiert aufgefunden, und er hat dem zu Rate gezogenen Psychologen einiges, zum Teil Unfassbares, zu erzählen ...

Vorneweg: Lest NICHT den Klappentext. Der ist nicht nur verwirrend, sondern auch irreführend und spoilernd. Kein Plan, was sich der Verlag dabei gedacht hat. Ansonsten ist das Buch durchaus lesenswert, zeigt es doch auf beklemmende Weise, wie sehr sich jeder Einzelne von uns doch manipulieren lässt, durch Medien vor den Karren von karrieregeilen Oportunisten spannen lässt. Im Laufe der Handlung schafft es der Autor, mehrmals falsche Spuren zu legen, auch wenn man sich zumindest einen Teil des Geschehens schon ziemlich zeitig denken lässt. Was fast noch schlimmer ist als das Verschwinden des Mädchens ist eigentlich die ganze Inszenierung drumherum - man fragt sich, wer ist hier eigentlich Täter, wer Opfer? Das eigentliche Opfer, Anna Lou, spielt irgendwann fast keine Rolle mehr, weil sich jeder nur zu gern aufhetzen und von den Medien Müll erzählen lässt. Ein faszinierendes Spiel um Wahrnehmung und Wirklichkeit, das noch gute Zeit im Gedächtnis bleiben wird.

Veröffentlicht am 23.07.2017

Die magischen Zwanziger

Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind: Das Originaldrehbuch
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Wir schreiben das Jahr 1926, und ein linkischer, junger Mann steigt in New York von Bord eines Überseedampfers. Er trägt einen abgewetzten Koffer mit sich, ansonsten nur ein scheues Lächeln und einen blau-gelben ...

Wir schreiben das Jahr 1926, und ein linkischer, junger Mann steigt in New York von Bord eines Überseedampfers. Er trägt einen abgewetzten Koffer mit sich, ansonsten nur ein scheues Lächeln und einen blau-gelben Schal, den Kenner sofort als hufflepuffisch identifizieren. Solche Kenner gibt es unter den No-Maj vom Zoll nicht, deshalb darf er problemlos die Stadt betreten. Doch so problemlos geht es dann nicht weiter. Aus dem Koffer des Mannes namens Newt Scamander entkommen magische Tiere - und ausgerechnet Tina Goldstein vom Macusa erwischt ihn dabei: Ein Verbrechen, denn das Einführen magischer Tiere ist in den USA verboten. Doch es gibt Schlimmeres als Newts entkommene Tierwesen, und die beiden müssen sich zusammenraufen, um einer drohenden Gefahr ähnlich Voldemorts zu begegnen.

Wo fange ich dieses Mal an? Vielleicht mit einem ungewöhnlichen Tipp: Es ist bestimmt besser, wenn man ausnahmsweise zuerst den Film gesehen hat. Bei mir war das der Fall, deshalb hatte ich großes Kopfkino beim Lesen. Ob das für Nichtkenner des Films zutrifft, kann ich echt nicht beurteilen. Gerade bei den genialen Tierwesen, die sich J. K. ausgedacht hat, kann man sich noch einmal die Filmszenen vergegenwärtigen. Sonst würde ich sagen, muss man sich rein darauf konzentrieren, sich von der super Besetzung des Buches mitnehmen zu lassen. Fast noch mehr als bei den Harry-Potter-Büchern, vielleicht, weil es doch schon sehr erwachsen ist, gibt es hier tolle Protagonisten, die einfach nur in seine "Sammlung der beliebtesten Protagonisten und wo sie zu finden sind" aufnehmen möchte. Zwischen Newt, Jacob, Queenie und Tina besteht eine so krass gute Chemie, dass man sie nur ungern wieder ziehen lässt. Um ehrlich zu sein, hegte ich auch gewisse Sympathien für Grindelwald, weil ich seiner Meinung eigentlich zustimmen muss, mir gefällt nur einfach seine Art der Umsetzung nicht. Trotz all dieser tollen Features muss ich im Endeffekt einen Punkt abziehen - schon aus Prinzip. Warum muss man uns das Drehbuch vor die Nase halten und nicht ein richtig cooles echtes Buch, das man viel, viel lieber wieder- und wieder- und wiederlesen möchte?

Veröffentlicht am 20.07.2017

Murphy's Law

Hundert Lügen
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Kris ist 17 und hat Probleme. In der Schule, im Sozialverhalten, ganz allgemein. Da hilft ihm auch sein Psychologe nicht viel, der den berühmten Namen Murphy trägt. Denn Kris' Vater ist ein menschlicher ...

Kris ist 17 und hat Probleme. In der Schule, im Sozialverhalten, ganz allgemein. Da hilft ihm auch sein Psychologe nicht viel, der den berühmten Namen Murphy trägt. Denn Kris' Vater ist ein menschlicher Hai, einer, der Firmen aufkauft, kaputt macht, teuer weiterverkauft. Er ist reich, er ist bekannt, er bekommt Drohbriefe. Aufgrund dieser ernstzunehmenden Drohbriefe holt er die Kinder seiner ersten Ehe zu sich in die Schweiz, und Kris und seine Schwester Manon sehen sich nach zwei Jahren das erste Mal wieder. Es ist Zeit, Murphy's Law zu befolgen: Stell dich deiner Angst. Als Kris und Manon diesen Ratschlag beherzigen, brechen alte Wunden auf, Erinnerungen durch und Lügen ein. Was ist wirklich vor 10 Jahren passiert?

Das ist wirklich mal ein Buch, das zu fesseln weiß. Die Geschichte von Kris und Manon, die in ihrer frühesten Kindheit ein extremes Trauma durchmachen mussten und darüber zehn Jahre lang belogen wurden, so dass sie nie eine Chance hatten, es aufzuarbeiten, ist einfach nur gut geschrieben. Ich habe sowohl mit Kris als auch Manon, die abwechselnd zu Wort kommen, absolut mitleiden können, habe ihren Vater und den Oberaufseher Alex gehasst, Wachmann Claudio verachtet und tatsächlich Sympathie für Kidnapper empfunden, die sich nicht mehr anders zu helfen wussten. Die Liebesgeschichte, die vorkommt ist genial dezent und geht niemandem mit Gedöns und Gesülze auf die Nerven, und eine Message ohne erhobenen Zeigefinger ist auch zu finden. Ein Klassebuch, das aus dem Jugendbucheinheitsbrei herausragt.