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Veröffentlicht am 21.05.2017

Die Rückkehr des Henkers

Wer Furcht sät
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Ein Youtube-Video bricht sämtliche Rekorde: In ihm wird gezeigt, wie ein Mann erhängt wird. Doch der Mann ist nicht irgendwer - er ist Mitglied eines Pädophilenrings und hat sich der Vergewaltigung von ...

Ein Youtube-Video bricht sämtliche Rekorde: In ihm wird gezeigt, wie ein Mann erhängt wird. Doch der Mann ist nicht irgendwer - er ist Mitglied eines Pädophilenrings und hat sich der Vergewaltigung von Kindern schuldig gemacht und nur eine geringe Strafe dafür bekommen. Dieses Video wird nicht das einzige bleiben. Als nächstes hängt einer, der ein Kind überfahren, dann ein Junkie, der wegen seiner Sucht einen alten Mann fast getötet hat. Als schließlich ein islamistischer Hassprediger entführt wird, kochen nicht nur die Emotionen in der Bevölkerung hoch, auch Max Wolfe und das Londoner Ermittlungsteam kommen in Bedrängnis. Irgendwer verkleidet sich mit Masken des letzten englischen Henkers und verlangt die Wiederführung der Todesstrafe.

Ich bin hin- und hergerissen, echt jetzt. Einerseits bin ich absolut gegen Selbstjustiz. Andererseits werden meine Sympathien und Abneigungen in dem Buch klassisch ausgespielt. Natürlich kotzt es mich an, dass die Justiz Kinderschänder oder Mörder mit Samthandschuhen anfasst. Aber das ist unsere Rechtsprechung (in dem Fall die englische). Recht sprechen und Gerechtigkeit ist nicht zwingend ein und dasselbe. Allerdings kann ich es nicht ab, manipuliert zu werden, und das versucht Parsons auf für mich negative Weise. So wird behauptet, dass der Hassprediger wegen seiner sechs Kinder im Jahr 50.000 Pfund Sozialhilfe abfasst. Darf ich mal lachen? Warum geht dann überhaupt noch jemand in England arbeiten? Das ist Bullshit, knallhart gesagt. Und es wird genügend Leute geben, die den Humbug glauben, all die Bildleser und Wirtshausinformierten. Muss das sein? Genauso wenig kann ich es leiden, wenn Soldaten in Afghanistan oder Irak als Verteidiger ihrer Länder dargestellt werden. Klar, die haben England auch am Hindukusch verteidigt. Cool. Nicht. Sorry, das gibt Abzüge in der Kür, obwohl die Pflicht super ausgeführt war und das Buch Spaß beim Lesen machte.

Veröffentlicht am 19.05.2017

Gegen den Sturm

Stormheart 1. Die Rebellin
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Aurora ist die Königstochter von Pavan und man erwartet von ihr, dass sie, wie alle Königlichen, das Volk vor den Stürmen beschützt, die immer wieder aufziehen und das Land zerstören. Doch Aurora hat keine ...

Aurora ist die Königstochter von Pavan und man erwartet von ihr, dass sie, wie alle Königlichen, das Volk vor den Stürmen beschützt, die immer wieder aufziehen und das Land zerstören. Doch Aurora hat keine magischen Fähigkeiten, was niemand erfahren darf. Der einzige Ausweg scheint eine Heirat mit dem Prinzen eines anderen Reiches, doch dann erfährt sie etwas, das ihr ganzes Leben lang vor ihr verborgen wurde. Aurora beschließt zu fliehen, und sie schließt sich einer Gruppe von Sturmjägern an. Dabei findet sie nicht nur besondere Fähigkeiten in sich, sondern verliert auch noch ihr Herz.

Diese Sache mit den Stürmen ist interessant entwickelt und originell, denn Stürmen ein eigenes Bewusstsein zu geben und Magie ins Spiel zu bringen, finde ich ganz cool. Richtig nervig finde ich jedoch diese kitschigen Beschreibungen von Leuten - alle sind immer meeeeeeega schön und soooo hot oder muskulös oder sonstwas, dass man gern mal den Kopf an die Wand hauen möchte. Auch finde ich die Sache mit den Prinzen aus Lock nicht gut durchdacht; jeder hätte wissen können, wer da Erstgeborener oder Zweiter ist. Für den mysteriösen Stormlord habe ich auch schon eine Vermutung, hoffentlich erweist sich die als falsch. Das Buch hat Potenzial, das jedoch nicht gänzlich ausgeschöpft wurde, vielleicht wird das in den nächsten beiden Bänden genutzt.

Veröffentlicht am 18.05.2017

Glaube, Prostitution und Langeweile

Glaube Liebe Tod (Ein Martin-Bauer-Krimi 1)
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Martin Bauer ist Polizeiseelsorger und anfangs denkt man noch, er ist eine coole Type. Als sich ein Polizist von einer Brücke stürzen will, springt er selbst, weil er glaubt, dass eben jener Polizist ihn ...

Martin Bauer ist Polizeiseelsorger und anfangs denkt man noch, er ist eine coole Type. Als sich ein Polizist von einer Brücke stürzen will, springt er selbst, weil er glaubt, dass eben jener Polizist ihn retten wird. Er glaubt richtig, doch wenig später ist der suizidgefährdete Polizist trotzdem tot - angeblich hat er sich von einem Parkhaus gestürzt. Bauer kann ausnahmsweise mal nicht glauben, dass das stimmt und er versucht, die Wahrheit herauszufinden. Dabei tritt er ein paar Menschenhändlern zu nahe und auch die Familie des toten Polizisten macht Stress. Zum Glück ist Bauer ein protestantischer Pfarrer, so dass er Halt bei seiner Familie finden kann - vorausgesetzt, er führt nicht ein paar Verbrecher mitten in sein Haus.

Wie geschrieben dachte ich anfangs noch, dass es ein cooles Buch sein könnte. Dass der Pfarrer mal so eben sein Leben riskiert, um das eines anderen zu retten, scheint super, doch wenn man drüber nachdenkt, ziemlich unlogisch. Warum sollte sich ein Selbstmörder darum scheren, ob sich ein anderer in Lebensgefahr begibt? Und wie glaubwürdig ist es, dass ein ehemaliger Schwimmchampion sich von einer Brücke ins Wasser stürzt, um sich umzubringen? Nach dieser Aktion war auch die mühsam aufgebaute Spannung raus aus dem Buch. Es war zwar routiniert geschrieben, aber der Fall so langweilig wie der Name des Pfarrers. Zu viel Familiendrama und Blabla. Es wird immer wieder vom Fall abgeschweift, und ich habe ernsthaft fünf Tage gebraucht, um das Buch zu lesen, weil es mich einfach nicht fesseln konnte. Nächstes Jahr kommt der nächste Seelsorgerkrimi raus, aber ich glaube, zwischen dem Pfarrer und mir war das nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 13.05.2017

Lebende Tote auf dem Kreuzzug

Lyssa
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In einem Leipziger Gerichtssaal zückt auf einmal der Richter eine Pistole und tötet den Angeklagten, einen Kronzeugen, zwei verbrecherische Biker und einen anwesenden Unterweltler. In Berlin tötet eine ...

In einem Leipziger Gerichtssaal zückt auf einmal der Richter eine Pistole und tötet den Angeklagten, einen Kronzeugen, zwei verbrecherische Biker und einen anwesenden Unterweltler. In Berlin tötet eine Frau einen korrupten Politiker. In der Nähe von Potsdam sterben nach einem Amoklauf ein älteres Ehepaar. Noch mehrere solcher scheinbar nicht zusammenhängenden Morde passieren, doch Tycho Krämer, genannt der "Geheimnis-Krämer", findet eine Verbindung. Alle Mörder waren totkrank, alle Opfer waren Täter und die Attentäter hatten sowohl ein Symbol (grünes Kreuz) als auch eine Aussage (Gott mit uns) gemeinsam. Stecht vielleicht sogar ein mittelalterlicher Orden dahinter? Krämer kommt einer gewaltigen Sache auf die Spur und gerät dabei einige Male in Lebensgefahr.

Das absolut Geilste vorneweg: der Sprecher! Uve Teschner ist das Beste, das diesem Buch passieren konnte. Ich habe noch nie einen Sprecher erlebt, der nicht nur souverän und dabei relativ schnell und deutlich gelesen hat, sondern auch absolut genial zwischen allen möglichen Dialekten und Akzenten zu wechseln vermochte, ohne dass sich auch nur einer gestellt anhörte. Wienerisch, sächsisch, berlinerisch, Pottlerslang, russischer Akzent - alles kein Problem für den Mann. Und das ist auch gut so, dass er so megaklasse ist, denn so spannend und gut das Buch auch anfing, so schwach endete es. Selbst wenn noch Fortsetzungen geplant sein sollen, so schien es am Schluss, als hätte Heitz einen Abgabetermin verpasst und beschlossen, einfach mal ein halbes Dutzend Erzähl- und Logikstränge unter den Tisch fallen zu lassen. Das fand ich nervig, denn sonst hätte das Buch Potenzial für einen echten Kracher gehabt. Buch also 3,5/5, Sprecher volle Punktzahl und mehr.

Veröffentlicht am 11.05.2017

Die Helden sind alt und müde

Sherlock Holmes und der Vampir im Tegeler Forst
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Im Jahre 1888 schlachtet ein Mann im Londoner East End Huren ab, bekannt wird er unter dem Namen Jack the Ripper. Weil Lestrade zu spät Holmes und Watson hinzuzieht, kann der Ripper entkommen. Zwei Jahre ...

Im Jahre 1888 schlachtet ein Mann im Londoner East End Huren ab, bekannt wird er unter dem Namen Jack the Ripper. Weil Lestrade zu spät Holmes und Watson hinzuzieht, kann der Ripper entkommen. Zwei Jahre später gibt es eine erneute Chance, den Ripper zu stellen, auf Helgoland, das vom Vereinigten Königreich an Deutschland übergeben wird. Wieder entkommt er und dann wird es Jahrzehnte lang ruhig um ihn. Doch kurz nach dem Ende des 1. Weltkriegs legt es der Ripper auf eine Konfrontation an und Holmes steigt ein. Zusammen mit Watson macht er sich auf den Weg nach Deutschland, zum Filmdreh von Nosferatu und dieses Mal wird sich erweisen, wer dem anderen überlegen ist.

Meine Erwartungen waren hoch. Die Messlatte liegt allerdings auch hoch, denn Conan Doyle hat einen Schreibstil, welcher der Brillanz seines Helden in nichts nachsteht. Den zu treffen, ist schwer. Und hier gelang es so gut wie nie. Das Holmes-und-Watson-Feeling kam so selten auf, dass man schon die berühmte Lupe des Detektivs hernehmen musste, um es zu finden. Das Problem ist wohl, dass es der Autor zu gut gemeint hat. Er hat fleißig recherchiert. Zu Helgoland, zu der Post-WK1-Zeit, zu den Filmemachern in der Zeit. Hätte er einen eigenständigen Roman darüber geschrieben, hätte es was Gutes werden können. So jedoch musste er alles, was er erfahren, erlesen, herausgefunden hatte, irgendwie auf Biegen und Brechen in dem Buch unterbringen, so dass Holmes und Watson die zweite Geige spielten. Der Ton zwischen diesen beiden und im allgemeinen Umgang mit anderen wurde bemüht, aber selten getroffen. Nett war, dass endlich mal alte Leute eine Rolle spielten, ob ich jedoch einen Monolog Watsons über seine Inkontinenz brauchte, bezweifle ich. Und Holmes war so schwerfällig von Begriff, dass es ein Wunder ist, wie sich der Fall zum Schluss auf anderthalb Seiten löste. Dem Buch fehlte alles, was einen Sherlock-Holmes-Roman ausmachte und es kann nur durch seine Recherche und die Infos, die für mich neu waren, punkten. Empfehlen würde ich es dennoch - auf gar keinen Fall an Conan Doyles Fans, aber an geschichtlich Interessierte, die hier ein paar Mal auf ihre Kosten kommen.