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Veröffentlicht am 04.11.2016

Die gewöhnliche Miss Middleton

Mord in der Mangle Street
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1882: March Middleton ist jung, reizlos, mittellos und jetzt auch noch Vollwaise. Da sie ihr Elternhaus nicht mehr halten kann, trifft es sich gut, dass ihr Pate ihr anbietet, bei ihm zu leben. Sie hat ...

1882: March Middleton ist jung, reizlos, mittellos und jetzt auch noch Vollwaise. Da sie ihr Elternhaus nicht mehr halten kann, trifft es sich gut, dass ihr Pate ihr anbietet, bei ihm zu leben. Sie hat ihn noch nie getroffen, aber viel von ihm gehört, denn es handelt sich um niemand Geringeren als den berühmten Privatdetektiv (Persönlicher Berater!!!) Sidney Grice. Grice ist genauso, wie sein Name klingt, ein stacheliger Kaktus ist noch streichelbar dagegen. Just zu dieser Zeit wird er zu einem Mordfall gerufen, bei dem er die Unschuld eines Mannes beweisen soll, welcher seine Frau erstochen haben soll. Während Grice davon überzeugt ist, dass der Mann schuldig ist, ist March vom Gegenteil überzeugt - und zwei starke Persönlichkeiten und wache Geister treffen aufeinander, von denen sich beide irren und doch beide recht haben.

Schnell taucht man bei diesem Buch in das dreckige, stinkende London am Ende des 19. Jahrhunderts ab. Ein Menschenleben ist wenig wert in einer Gesellschaft, in welcher die Oberschicht die vollkommene Macht hat, Frauen als minderwertig und dumm angesehen werden und man eher ein Messer zwischen die Rippen bekommt (sofern sich der Mörder ein wenig auskennt) als ein Danke von Sidney Grice. Dieser entpuppt sich übrigens als egoistischer, geldgieriger, scharfsinniger Unsympath, doch auch March ist nicht das naive Mädchen vom Lande, im Gegenteil, sie hat ihre eigenen Leichen im Keller (scheinbar wortwörtlich). Dass ihr Vater in der Schweiz beim Absturz in einen Wasserfall ums Leben kam, gibt zu denken, genauso wie das Auftauchen eines Arztes namens Conan Doyle (war der aber nicht eigentlich Augenarzt?). Sowohl Grice als auch March haben es faustdick hinter den Ohren, und obwohl ich die Lösung des Falles nicht 100%ig überzeugend fand, bin ich doch genug am Haken, um Nachfolger lesen zu wollen. Empfehlung meinerseits.

Veröffentlicht am 02.11.2016

Das Mädchen von der Lichtung

Fire Girl - Gefährliche Suche
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Hazel ist die Tochter einer Hexe. Um sie zu schützen, hat ihre Mutter dafür gesorgt, dass sie ihr ganzes Leben lang auf einer Lichtung lebte, geschützt von einer mehr oder weniger magischen Hecke. Hazel ...

Hazel ist die Tochter einer Hexe. Um sie zu schützen, hat ihre Mutter dafür gesorgt, dass sie ihr ganzes Leben lang auf einer Lichtung lebte, geschützt von einer mehr oder weniger magischen Hecke. Hazel hat also noch nie andere Leute getroffen außer ihrer Mutter, sie weiß nichts vom Leben da draußen oder seinen Gefahren. Das ändert sich, als ihre Mutter von einem Dämon entführt wird: Sie will sie retten, was auch immer es kostet. Zusammen mit ihrem Vertrauten, einer Haselmaus, bricht sie auf und trifft unterwegs auf einen Hexenjäger und dessen Lehrling. Zusammen mit den beiden gerät sie in viele Gefahren, denn der Dämon, der ihre Mutter kidnapte, hört auf einen schwarzen Magier ...

Ein netter Auftakt einer Reihe mit ein paar Schwächen, die relativ unnötig waren. Es stimmt zwar, dass es sich um ein Kinder- oder Jugendbuch handelt, aber die Geschichte spielt im 17. Jahrhundert. War es da echt nötig, die Leute völlig modern reden zu lassen? Ich habe bei Hazel fast noch erwartet, dass sie mal mit "Alter!" oder ähnlicher Jugendsprache auffährt. Die Kapitel waren extrem kurz und brachen manchmal mitten innerhalb einer Szene ab, um dann im nächsten Kapitel ohne Bruch weitergeführt zu werden. Hazel ist zwar sympathisch, aber viel zu cool und wissend für jemanden, der sein ganzes 12jähriges Leben abseits aller anderen Menschen verbracht hat. Ansonsten war es flüssig zu lesen und spannend genug, um auch den Nachfolger lesen zu wollen.

Veröffentlicht am 30.10.2016

Vor über vierzig Jahren ...

Im Wald
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Mehr als 40 Jahre vorher: Der beste Freund von Oliver von Bodenstein, der elfjährige Artur, verschwindet spurlos, zusammen mit dem zahmen Fuchs Maxi. Unfall? Verbrechen? Unbekannt.

Heute: Auf einem Campingplatz ...

Mehr als 40 Jahre vorher: Der beste Freund von Oliver von Bodenstein, der elfjährige Artur, verschwindet spurlos, zusammen mit dem zahmen Fuchs Maxi. Unfall? Verbrechen? Unbekannt.

Heute: Auf einem Campingplatz brennt es. Eine Leiche wird gefunden. Unfall? Selbstmord? Mord? Für Bodenstein und Pia Sander beginnen die Ermittlungen, und plötzlich befindet sich Bodenstein in der prekären Lage, gegen alte Schulfreunde und Bekannte aus Rupppertshain ermitteln zu müssen. Immer mehr Tote und schwer Verletzte tauchen auf, es sieht aus, als wollte jemand hinter sich aufräumen. Dazu kommt ein Jugendlicher auf der Flucht, der seine hochschwangere noch jungendlichere Freundin dabei hat. Die heutigen Spuren führen in die Vergangenheit Bodensteins, der plötzlich gezwungen ist, Tatsachen ins Auge zu sehen und zu erkennen, dass manche Freunde niemals solche waren und manche, die man immer schlecht behandelt hatte, nichts davon verdient hatten.

Die Leseprobe fand ich spannend und auch vom Klappentext her versprach dieser Krimi ordentliche Hausmannskost. Eigentlich finde ich auch den Schreibstil ganz gut, aber Neuhaus verstrickt sich immer wieder in Nebensächlichkeiten, die wahrscheinlich auf falsche Spuren führen sollen, jedoch nur dazu dienen zu langweilen. So manches Mal, wenn wieder mal die bis zum Gehtnichtmehr ausführliche Beschreibung der Mutter oder Großmutter eines der Tatverdächtigen erfolgte, habe ich damit kämpfen müssen, das Buch weiterzulesen. Extrem gestört haben mich auch immer wieder die abgebrochenen Szenen. Wahrscheinlich sollten damit Cliffhanger und Spannung erzeugt werden, mich machten sie nur ärgerlich. Und mir fehlte oftmals die Logik. Spätestens als klar wurde, dass die neuen Verbrechen mit dem damaligen zu tun hatte, war doch auch klar, dass man unter den alten Bewohnern suchen muss. Oder Bodenstein und alle anderen, die sich plötzlich an Sachen von vor 40 Jahren erinnern - wie wahrscheinlich sind denn viele der Erinnerungen, jedenfalls von den belanglosen? Überhaupt Bodenstein: die Idealisierung dieses Protagonisten war schon nervig, schon in seiner Jugend war er perfekt (loooogisch, war ja auch ein Adliger, während die dummen Bauernjungs alle mies, fies und grausam waren). Bodenstein ist so perfekt, der kann sogar mit gebrochenem Fuß und Bänderrissen noch einen Mörder stellen. Voll krass. Whatever. Wäre das Buch um 200 Seiten kürzer gewesen, hätte es bestimmt mehr Spaß gemacht, so verlor es sich zu oft in endlosen und die Handlung nicht vorantreibenden Erzählsträngen und Unwahrscheinlichkeiten.

Veröffentlicht am 28.10.2016

Trio mit vier Hörnern

Demon Road (Band 1) - Hölle und Highway
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Amber ist sechzehn, hat in der Schule Stress mit ihrer Rektorin und nachmittags in ihrem Job mit Kunden. Allein mit den Hormonen, die ein pubertierender Teenager so mit sich schleppt, wäre das eine teuflische ...

Amber ist sechzehn, hat in der Schule Stress mit ihrer Rektorin und nachmittags in ihrem Job mit Kunden. Allein mit den Hormonen, die ein pubertierender Teenager so mit sich schleppt, wäre das eine teuflische Mischung, doch dann sind da noch ihre Eltern: elegant, cool und mörderisch gut drauf. Letzteres darf man durchaus wörtlich nehmen, denn sie wollen Amber töten und auffressen. Offensichtlich machen das liebevolle Dämoneneltern so. Amber muss sich nicht nur damit abfinden, dass ihr selbst unter Druck eine hübsche rote Haut und Hörner und Macht und Kraft erwächst, sondern dass sie einen Deal mit einem Höllenfürsten hat, sich auf der Flucht vor ihren Eltern befindet, in einem semilebenden Auto mit einem oder zwei komischen Typen unterwegs ist. Alles nicht so einfach, aber das ist die Pubertät ja nie ...

Das hätte ein ernsthaft cooler Kracher sein können. Die Schreibweise ist mega gut und die Seiten fliegen nur so dahin. Trotzdem konnte es mich nicht wirklich packen. Die Dialoge und die meisten auftretenden Personen gingen mir auf die Nerven, und obwohl sich Amber wirklich weiterentwickelt, hat sie die Tendenz, große Dummheiten zu begehen, ohne die das Buch nicht funktionieren würde, denn dann wäre es zu zeitig zu Ende oder nicht halb so dramatisch. Es verfügt über gewisse Horrormerkmale und für ein Jugendbuch zeichnet es sich durch wirklich grausame Szenen aus. Das wird mir manchmal zu leicht abgehandelt, es berührt nicht wirklich jemanden der Protagonisten und kann deshalb auch nicht den Leser berühren. Natürlich endet die Story mit einem Cliffhanger, so dass man selbst, wenn man nicht ganz überzeugt wurde, weiterlesen möchte. Ich hoffe, dass Landy sich dann ab und zu ein wenig Zeit nimmt, mehr zu erklären, denn so gut die Actionszenen sein mögen, nehmen sie manchmal überhand, ohne dass sie die Handlung vorantreiben. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 26.10.2016

Eine Mischung aus Schneekönig(in) und Tausendundeiner Nacht

Die silberne Königin
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Emma lebt in Silberglanz, einer eisigen Welt, die nur Schnee und Kälte kennt. Ihre Mutter hat sie nie kennengelernt, ihr Vater ist ein Säufer und von ihr abhängig. Nach dem Einsturz der Mine, in der sie ...

Emma lebt in Silberglanz, einer eisigen Welt, die nur Schnee und Kälte kennt. Ihre Mutter hat sie nie kennengelernt, ihr Vater ist ein Säufer und von ihr abhängig. Nach dem Einsturz der Mine, in der sie arbeitete, findet sie zu ihrem Glück eine Aufgabe bei Madame Weltfremd, welche die Chocolaterie betreibt und eine begnadete Märchenerzählerin ist. Eines Tages beginnt sie eine Geschichte, die mit Emmas Herkunft selbst verwoben ist - und Emma trifft auf Casper, den König von Silberglanz, einen eiskalten, herzlosen Tyrannen, dem sein Volk mehr als egal ist. Emma gerät in Lebensgefahr, bedroht durch finstere Mächte, dunkle Schatten und böse Magie bleibt nur noch die Liebe, um dem eisigen Tod zu entkommen.

Diese Geschichte ist in einem märchenhaften Stil geschrieben und vermischt meiner Meinung nach die Schneekönigin (hier vertreten durch Casper) mit Tausendundeiner Nacht (Sheherazade = Emma, gepuscht durch Madame Weltfremd). Gegen den Schreibstil ist wenig einzuwenden, man spürt die ewige Kälte, den Schnee und das Eis sehr gut. Allerdings war mir die Geschichte zwischendurch ein wenig zu zäh, ehe die Handlung mal ein wenig ins Rollen kommt, ist schon mehr als ein Drittel vorbei. Auch konnte ich weder die Angst vor dem König, die zu Beginn nur auf Erzählungen beruhte, noch die sich später entwickelnde Liebesgeschichte nachvollziehen. Es war so: Ok, ich werde dich töten, aber erzähl mal ruhig, ich finde dich mega heiß, auch wenn ich nicht weiß, warum ich so auf dich abfahre. Ich bin nicht Emma und nicht in der Gewalt eines kaltherzigen Psychopathen, aber in mir würden wohl keine romantischen Gefühle erwachsen bei einem Typen, von dem ich weiß, dass er mich eiskalt (hehehe!) umbringen will und der mich bereits genauso eiskalt niedergeschlagen hat. Ja, ja, dafür gibt's natürlich Gründe. Aber wenn man diese Gründe nicht weiß, wie soll man sich dann in jemanden verlieben, von dem man fast nur schlechte Seiten sieht? Das ist mir zu hoch. Ich habe sowieso das Gefühl, dass Bücher oft als romantisch empfunden werden, wenn sich die Liebe mehr oder weniger aus einer Stockholmsyndromsituation heraus entwickelt. Wo bleiben die Stories, in der sich die Protagonisten auf Augenhöhe begegnen und sich eine Liebesbeziehung natürlich entwickeln kann?