Profilbild von Archer

Archer

Lesejury Star
offline

Archer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Archer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.11.2019

Für Eve

Eve of Man (I)
0

Fünfzig Jahre lang wurden auf der ganzen Welt keine Mädchen mehr geboren - und dann kam sie: Eve. Dieses Kind ist der kostbarste Schatz der Menschheit, denn auf ihr ruht die Hoffnung, dass eben diese überlebt. ...

Fünfzig Jahre lang wurden auf der ganzen Welt keine Mädchen mehr geboren - und dann kam sie: Eve. Dieses Kind ist der kostbarste Schatz der Menschheit, denn auf ihr ruht die Hoffnung, dass eben diese überlebt. Die Männer haben natürlich völlig die Macht an sich gerissen, Frauen zur Brut verdammt, den Planeten vor die Hunde gehen lassen. Stürme sind an der Tagesordnung, das Klima ist kaputt. Doch Eve wächst behütet und abgeschirmt von allem in einem 4000 Meter hohem Turm auf, wird von alten Frauen behütet, unterrichtet und sportlich gehalten. Junge Männer, so genannte Piloten, schlüpfen regelmäßig in eine Art Avatar, um ihr als "Holly", der besten Freundin, Gesellschaft zu leisten. Einer davon ist Bram, der Sohn des Wissenschaftlers, der hinter allem steht, was hier passiert. Doch sowohl Eve als auch Bram merken irgendwann, dass es nicht mehr nur um die Rettung der Menschheit geht, sondern nur noch Macht, und sie beschließen, sich aufzulehnen ...

Okay. Ich weiß nicht wirklich, was ich erwartet habe. Vielleicht etwas mehr logischer wissenschaftlicher Hintergrund? Ich meine, selbst wenn Eve in der Lage wäre, nur Mädchen zu gebären, sie allein könnte die Menschheit mit ihren Nachkommen nicht retten. Das müsste auch den Protestierenden und allen anderen Regierungen, die sich anscheinend der Organisation, die Eve besitzt, klar gewesen sein. Doch selbst wenn wir das mal außen vor lassen, bleibt von der Geschichte nicht viel Substanz. In der ersten Hälfte zeichnen sich die beiden Protagonisten dadurch aus, dass sie immer genau das tun, was das Dümmste ist, obwohl sie genau wissen, dass sie permanent überwacht werden. Ab der zweiten Hälfte kommt dann Action hinzu, allerdings so furchtbar pathetisch und unlogisch, dass es schwer fällt, dabei zu bleiben. Was ist also übrig von dem Buch? Jedenfalls auf meiner Seite nicht das Bedürfnis, noch mehr Bände dieser Trilogie zu lesen.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Teenie-Apokalypse

Lovely Curse, Band 1: Erbin der Finsternis
0

Aria ist sechzehn und hat ihre Eltern bei einem Unfall verloren. Deshalb zieht sie von New York nach Texas zu ihrer Tante auf eine Ranch. Das Leben im texanischen Kaff fällt ihr nicht leicht und auch in ...

Aria ist sechzehn und hat ihre Eltern bei einem Unfall verloren. Deshalb zieht sie von New York nach Texas zu ihrer Tante auf eine Ranch. Das Leben im texanischen Kaff fällt ihr nicht leicht und auch in der neuen Schule hat sie's schwer. Eine Mädchenclique um die örtliche Schulkönigin mobbt sie. Zum Glück gibt es gleich zwei Ritter in schimmernden Rüstungen, die sich sofort um sie bemühen: den absolut perfekten Sunnyboy Simon und den mindestens genauso perfekten Bad Boy Dean. Während Aria versucht, sich einzuleben, geschehen seltsame Dinge. Eine Alge vergiftet das Wasser und damit die Tiere, Arias Haare färben sich über Nacht, ein paar Leute sind der Meinung, sie müssten ihr unbedingt ihre tiefsten Geheimnisse anvertrauen. Die Apokalypse ist vorprogrammiert!

Dass der Untergang der Welt in Texas beginnt, war spätestens klar, als Bush senior an die Macht kam. Ich hatte allerdings nicht erwartet, dass er so banal und langweilig daherkommen würde und dass das größte Problem darstellen würde, sich zwischen zwei Jungs zu entscheiden. Der eine von beiden ist ein Christian-Grey-Abklatsch, der am liebsten das Mädchen 24/7 kontrollieren würde, der andere ein ganz, ganz schlimmer Bad Boy, der allerdings ständig zu Hilfe eilt und die Protagonistin mit Respekt behandelt. Natürlich ist er auch ein ganz, ganz schlimmer Frauenverführer, bei dem ein Blick aus seinen dunklen Augen genügt, die Knie weich werden zu lassen. Vielleicht muss die Protagonistin auch einfach mal einen Orthopäden aufsuchen, normal ist das nicht. Vielleicht bin ich auch einfach zu alt, um einen sechzehnjährigen Casanova ernstnehmen zu können. Ansonsten plätscherte die Geschichte mit den typischen Teenie-Dramen dahin, ohne auch nur Ansätze von Spannung zu erzeugen - es sei denn natürlich, man knabbert an den Fingernägeln, wenn man liest, wie jemand Kerzen herstellt. Die Protagonistin konnte mich auch nicht überzeugen. Sie ist eher der lethargische Bella-Swan-Typ (okay, bei der hat's ja auch mit zwei Jungs geklappt) ohne besondere Merkmale, die deutlich machten, warum sich die Helden um sie bemühten. Viele Dialoge klangen bemüht cool, als hätte sie sich vorher Sprüche auf Instagram angesehen und auswendig gelernt. Jedenfalls trieft das Buch vor lauter Kitsch und Klischees und langweilt auf 400 Seiten, bis auf den letzten 20 endlich mal was passiert. Kann ich nicht weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 30.09.2019

Willkommen zurück auf der Insel der Willkür

Die Schule der Alyxa. Morvans Erbe
0

Finn kehrt zurück nach Alyxa (warum auch immer). Bevor sein Bruder und er wieder zur Insel fahren, besuchen sie mit ihrer Mutter das Grab ihres Vaters, wo er eine Vision von Morwan hat. In der Schule sind ...

Finn kehrt zurück nach Alyxa (warum auch immer). Bevor sein Bruder und er wieder zur Insel fahren, besuchen sie mit ihrer Mutter das Grab ihres Vaters, wo er eine Vision von Morwan hat. In der Schule sind wegen der Vorfälle im letzten Trimester Wachleute und Angehörige dieses ominösen Ordens zu finden, die alle Anzeichen des sechsten Sinns auslöschen wollen. Natürlich behält Finn seine Erlebnisse mit dieser speziellen Gabe für sich. Trotz der verschärften Sicherheitsmethoden passieren seltsame Dinge: Finns Zimmernachbar wird von einem Skorpion angegriffen und hat seltsame Gedächtnislücken, schließlich werden selbst die Hüter angegriffen. Finn braucht seine Freunde, um sich dieser erneuten Bedrohung stellen zu können.



Okay, eigentlich möchte ich schon wissen, wie die Geschichte weiter- oder ausgeht. Sie ist also nicht unspannend. Leider ist das neben dem mega Sprecher so ziemlich der einzig positive Punkt, der sich hier finden lässt. Mal von reinen Lektoratsfehlern abgesehen - es wird mehrmals betont, dass es Herbst ist, aber dann schneit es wie wild (wohlgemerkt auf einer Insel bei England, nicht irgendwo in der Antarktis), bei dieser seltsamen Jagd trägt Finn jedoch anscheinend nur ein T-Shirt, denn die Schnüre des Netzes drücken sich tief in seine nackte Haut). Die Kinder werden wie Gefangene behandelt. Wenn sie nicht auf der Stelle kuschen, werden sie mit einer Art Stromstoß traktiert, der extrem wehtut und bis zur Ohnmacht führen kann. Der Dekan selbst schreckt nicht vor Mord zurück. Er verschleppt Finn in sein Büro, um ihn mal so eben mit einem Lügendetektor zu befragen (das ist allerdings so ziemlich das Harmloseste, was er anstellt). Ansonsten ist er permanent brutal: packt den Jungen hart an, drückt ihn gegen Wände, bedroht ihn ständig. Echt, mir ist absolut nicht verständlich, warum nicht alle Kinder mit ihren überragenden Fähigkeiten versuchen a) entweder ihre Lehrer zu beseitigen oder b) von dieser Nazi-Insel zu fliehen. Die Zustände da sind unhaltbar. Nachdem ich ohnehin von den Methoden des "Ordens" nicht begeistert bin, die ebenfalls einfach mal so Leute töten, die ihnen nicht in den Kram passen, bin ich höchstens überrascht, warum Morwan nicht viel mehr Anhänger hat.

Noch etwas fällt auf. Es gibt absolut keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kinder irgendetwas lernen, was man als Erwachsener gebrauchen kann, außer vielleicht, wie man heftige Prügel mit einem Langstock einsteckt oder aus Angst um das eigene Leben Autoritätspersonen belügt. Der Autor hat leider auch null Ahnung vom Bogenschießen, machte sich aber auch nicht die Mühe, dieses zu recherchieren, obwohl es ab und zu eine Rolle spielt. Es gibt auffällige Parallelen zu Harry Potter, aber so schlecht umgesetzt, dass es lediglich zum allgemeinen Ärger beiträgt.

Veröffentlicht am 17.09.2019

Dirty Harry

Messer (Ein Harry-Hole-Krimi 12)
1

Harry Hole ist ganz unten angekommen. Seine Frau hat ihn rausgeworfen, er säuft wie ein Loch (Punch intented) und überhaupt ist alles doof. Doch es kommt noch schlimmer. Jemand ermordet diejenige, die ...

Harry Hole ist ganz unten angekommen. Seine Frau hat ihn rausgeworfen, er säuft wie ein Loch (Punch intented) und überhaupt ist alles doof. Doch es kommt noch schlimmer. Jemand ermordet diejenige, die ihm am liebsten ist. Und ist es ein Zufall, dass ein Verbrecher, der nur "Der Verlobte" genannt wird, wieder auftaucht? Harry ist der Einzige, der ihn je festnehmen konnte, und er hat seinen Sohn erschossen. Also Auge um Auge, Zahn um Zahn? Suspendiert, abgebrannt, selten nüchtern ermittelt Harry in seinem persönlichsten Fall.

Man soll ja auch bei abwertenden Rezensionen immer das Positive nennen, was einem auffällt. Also, hier ist es: guter Schreibstil, auch spannend und im Gegensatz zu vielen anderen skandinavischen Schriftstellern nicht eine Sekunde langweilig. Aber um ehrlich zu sein, das, was Nesbo vorne aufbaut, reißt er mit dem Rest wieder ein. Allein sein Protagonist, dieser megaberühmte Harry (Ass)Hole ist eigentlich nur anstrengend. Seine stets verkündete Brillanz äußerte sich in der Regel durch ein Bauchgefühl - dabei hatte er gar keine Regel ... (sorry, this punch was intented, too). Dazu säuft er wie ein Loch, bespringt jede Frau, die bei drei nicht auf dem Baum ist und zeichnet sich auch ansonsten durch viel Feingefühl aus.
Nicht.
Ein Täter ist ein siebenundsiebzig Jahre alter Knacker mit Spiderman-Fähigkeiten, der mit Bären tanzt und dermaßen fit ist, dass diverse Supersportler nur neidisch werden könnten.
In diesem Buch sind alle auftauchenden Frauen in einen ungepflegten, unsozialen, nach Alk stinkenden Säufer verliebt; sobald der auftaucht, fliegen die Höschen. Schlimmer als in jedem YA, den ich je gelesen habe. Ich möchte mir lieber keine Gedanken über die feuchten Träume des Autors machen.
Der Rest ist - um es auf ein Shakespearsches Niveau zu heben - eher Schweigen.

Veröffentlicht am 16.06.2019

Sprechende Bücher

BookLess 1. Wörter durchfluten die Zeit
0

Entgegen des Klappentextes macht die Studentin Lucy kein Praktikum in der Londoner Nationalbibliothek, sondern jobbt dort. Als die Archivarin einen längeren Urlaub antreten will, wird Lucy damit betraut, ...

Entgegen des Klappentextes macht die Studentin Lucy kein Praktikum in der Londoner Nationalbibliothek, sondern jobbt dort. Als die Archivarin einen längeren Urlaub antreten will, wird Lucy damit betraut, sich in den unheimlichen Gewölben der ältesten und wertvollsten Bücher anzunehmen. Plötzlich vermeint sie, die Bücher sprechen zu hören, auch ihr seltsames Tattoo, das sie seit ihrer Kindheit trägt, fängt an zu brennen. Dann verschwinden auch noch bekannte Klassiker und außer ihr scheint es niemand zu bemerken. Zu diesem Zeitpunkt taucht auch noch der mega gutaussehende Nathan de Tremaine nicht nur in der Bibliothek, sondern auch in ihrem Privatleben auf. Sie wird in eine gefährliche Intrige gezogen und beschließt, den falschen Leuten zu vertrauen.

Wo fange ich an? Das Positive: Die Idee war schon mal cool. Nicht neu, aber ich mag sie. Möglicherweise noch der Prolog. Der war vielversprechend. Danach ging's den Wörterfluss hinunter. Eine Aneinanderreihung von Klischees, die mich zu Tode langweilten. Das unbeholfene Mädchen. Der wahnsinnig gut aussehende Typ. Ein Schurke, der sogar mehrmals mit Schurkenlachen aufwartet, Mord für eine legitime Angelegenheit hält und böse um des Böseseins ist. Glaubte man, die Hauptfiguren wären wenig ausgearbeitet, so waren die Nebenprotagonisten so flach, dass sie noch stehend unter ein Blatt Papier gepasst hätten. Die Mitbewohnerinnen Lucys unterschieden sich nur vom Namen her. Lucy selbst ist nicht gerade die hellste Kerze auf dem Kuchen. Anstatt sich denjenigen anzuvertrauen, die ihre Freunde sind, plappert sie all ihre Geheimnisse jemandem gegenüber aus, den sie weder kennt noch vertraut, ganz im Gegenteil. Aber er ist hübsch, dann muss es ja gut sein. Die Hintergrundgeschichte, warum der Orden oder die Hüterinnen machen, was sie machen, fand ich so unüberzeugend, dass ich den Rest des Buches leider gar nicht mehr ernstnehmen konnte. Mich überfluteten nach Beendigung der Lektüre folgende Worte: Never ever lese ich den Rest der Triloge.