Profilbild von Archer

Archer

Lesejury Star
offline

Archer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Archer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Kater Brown spielt Snooker

Kater Brown und das Testament der Madame Maupu
0

Alexandra Berger ist Reisejournalistin und hauptberuflich Streichlerin und Fütterin von Kater Brown, der Samtpfote mit Riecher für Verbrechen. Ihr neuester Auftrag führt sie nach Belgien, wo Alexandra ...

Alexandra Berger ist Reisejournalistin und hauptberuflich Streichlerin und Fütterin von Kater Brown, der Samtpfote mit Riecher für Verbrechen. Ihr neuester Auftrag führt sie nach Belgien, wo Alexandra über eine große Pralinenmesse berichten soll. Doch auf dem Weg dorthin entwischt ihr Kater Brown, und anstatt auf der Messe landen die beiden auf einem großen Schloss, auf dem gerade eine Testamentseröffnung stattfindet. Madame Maupu ist gestorben und sie hinterlässt jedem ihrer zahlreichen Erben etwas, das zumindest auf den ersten Blick wertlos ist. Dabei spricht sie über eine Videoaufnahme mit ihren Verwandten und beweist, dass sie zu Lebzeiten mehr über die Machenschaften einzelner wusste, als diese ahnten ... Alexandra und der Kater stolpern mitten hinein in ein Verbrechen und müssen sogar um eines oder zwei der neun Katzenleben bangen.

Hierbei handelt es sich um einen Kurzkrimi, von daher ist es einerseits verständlich, dass es wenig in die Tiefe geht. Andererseits ist es trotzdem störend, denn abgesehen von den verschiedenen Namen hatte niemand (höchstens noch die uralte, senile Tante) irgendwelche Alleinstellungsmerkmale, die sie erkennbar machten. Der Fall ist ziemlich konstruiert - schon allein, dass die Journalistin mal so eben eingeladen wird, auf dem Schloss zu übernachten, erscheint mir nicht sehr wahrscheinlich -, die Schreibweise recht einfach und manchmal naiv. Einige Sachen sind amüsant beschrieben, das Verbrechen hatte einen interessanten Hintergrund (wobei man sich da fragen konnte, wie der zum Schluss gewusst werden konnte) und Kater Brown ist zumindest niedlich. Was für zwischendurch, jedoch nichts, das im Gedächtnis bleiben wird.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Mann, eine Frau, ein Alligator und der Hahn

Albert muss nach Hause
0

Elsie und Homer sind ein junges Ehepaar, das im trostlosen Coalwood, Westvirginia lebt. Homer ist Bergarbeiter, wie alle Männer in der Umgebung im Bergwerk arbeiten und sterben. Elsie möchte eigentlich ...

Elsie und Homer sind ein junges Ehepaar, das im trostlosen Coalwood, Westvirginia lebt. Homer ist Bergarbeiter, wie alle Männer in der Umgebung im Bergwerk arbeiten und sterben. Elsie möchte eigentlich nur weg von hier - und möglicherweise auch von Homer. In ihrem Haushalt lebt noch ein Alligator namens Albert, der Elsie von ihrer alten Flamme zur Hochzeit geschenkt wurde. Irgendwann wird es Homer zu viel und er stellt ein Ultimatum: der Alligator oder ich. Widerstrebend gibt Elsie nach und sie beschließen, Albert nach Hause, zurück nach Florida zu bringen. Es wird ein Roadtrip, auf dem sie Bankräubern, Schriftstellern und Kommunisten begegnen, Serienkillern, Alkohol- und Diamantenschmugglern, guten Menschen, bösen, irgendwas dazwischen. Es wird eine Reise der Erkenntnisse - und was hat eigentlich der Hahn in der Geschichte zu suchen?

Ich bin wirklich zerrissen, was diese Geschichte angeht. Einerseits ist sie wie eine Art Tom Sawyer und Huckleberry Finn 2.0 in erwachsen, andererseits fehlt mir die Wärme, welche diese Bücher ausstrahlten. Und damit komme ich hier zum entscheidenden Punkt, was mir sehr oft diese Geschichte, die teilweise auch etwas vom Baron Münchhausen an sich hatte, extrem vergällt hat: Elsie. Elsie ist neben Homer und Albert (und dem Hahn!) die Hauptperson der Geschichte, und ich habe sie mit Inbrunst verabscheut. Ich konnte diese Frau auf den Tod nicht ausstehen. Sie hat jung geheiratet, ok. Aber eigentlich liebt sie ihren Mann nicht, denn sie liebt den Traum, den sie von einem anderen Mann hat(te). Und sie macht Homer das Leben wirklich zur Hölle. Der Kerl ist grundanständig, versucht ihr wirklich, alles recht zu machen, reißt sich für sie den Arsch auf und alles, was er jemals zurückbekommt, ist Kälte und Undankbarkeit. Ich finde es gut, dass Elsie sagt, sie will sich selbst verwirklichen, aber was auch immer sie tut, tut sie gar nicht aus diesem Grund, sondern weil sie einfach Homer eine reindrücken will. Homer hat sicher seine Fehler, aber dass er seine Frau schlecht behandelt, gehört nicht dazu. Das hat mich so oft so geärgert, dass ich vieles nicht richtig genießen konnte, obwohl das Buch eigentlich Spaß hätte machen können. Zum Schluss dachte ich nur noch: Jetzt hast du immer einen auf Rebell gemacht, um zum Schluss dann doch nur eine Hausfrau in einem dreckigen Kohlenest zu werden? Armselig. Und an Homers Stelle hätte ich mich lieber für Albert als diese Frau entschieden. Wenn das Liebe ist, ist das keine Liebe, die ich jemals kennenlernen möchte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Moral und Motiv

Bevor ich verschwinde
0

Hunter Forbes ist ein ziemlich normaler achtzehnjähriger amerikanischer Junge. Er spielt Baseball, hat relativ gute Noten, steht kurz vor dem Abschluss, hat einen besten Freund und eine hübsche Freundin. ...

Hunter Forbes ist ein ziemlich normaler achtzehnjähriger amerikanischer Junge. Er spielt Baseball, hat relativ gute Noten, steht kurz vor dem Abschluss, hat einen besten Freund und eine hübsche Freundin. Ein Sportstipendium für eine Universität winkt ihm auch noch. Das einzige Problem, das er hat, sind seine Eltern, mit denen er ziemlich viel streitet. Er hat das Gefühl, dass seine Mutter zu wenig hinter ihm steht und sein Vater ihn nur beachtet, wenn er Scheiße baut - also tut er das gelegentlich. Als es wieder einmal zu einem Mordsstreit kommt und sich außerdem seine Freundin von ihm trennen möchte, ist er verzweifelt. Und plötzlich verschwunden. Die Polizei glaubt die meiste Zeit, dass er von sich aus abgehauen ist, doch Caleb, sein bester Freund, und sein Vater Paul denken nicht daran, sich mit dieser Erklärung zufrieden zu geben. Sie sind sich sicher, dass ein Verbrechen passiert sein muss.

Ich hatte anfangs ein wenig Schwierigkeiten, in das Buch reinzukommen. Hunter empfand ich als meistens unsympathisch und egoistisch, alles in seinem Leben drehte sich nur um ihn. Später wurde mir klar, dass wir fast alle mit 18 so waren, und es gelang mir besser, mich in ihn einzufühlen. Die Geschichte entwickelt sich allmählich zu einem beklemmenden Kammerspiel, das droht, hoffnungslos zu enden - wenn da nicht Caleb wäre. Dieser Junge ist einfach der beste Freund, den man sich vorstellen kann, und wenn es Hunter geschafft hat, so einen Jungen zum Freund zu haben, dachte ich, muss er eigentlich auch ziemlich schwer in Ordnung sein. Mir gefiel zum Schluss nicht die Entscheidung seines Vaters - sie ist verständlich, aber rechtlich oder moralisch einwandfrei bestimmt nicht. Trotzdem eine interessante Story mit interessanten Protagonisten, die jeder ein eigenes Motiv verfolgten. Just like the real life.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Hölle liegt im Meer

Hell-Go-Land
0

Hell-go-land haben die Engländer diesen Felsen im Meer genannt, als sie anfingen, ihn im II. Weltkrieg zu bombadieren. Geht zur Hölle, haben sie gesagt, und sie hatten immerhin ihr Ziel für ein paar Jahrzehnte ...

Hell-go-land haben die Engländer diesen Felsen im Meer genannt, als sie anfingen, ihn im II. Weltkrieg zu bombadieren. Geht zur Hölle, haben sie gesagt, und sie hatten immerhin ihr Ziel für ein paar Jahrzehnte geschafft, die Insel war unbewohnbar. Doch mittlerweile gibt es wieder 1000 bis 1500 Einwohner, von den Touristen im Sommer gar nicht zu reden. Hier ist Anna Krüger aufgewachsen, und sie ging fort, als ihr etwas Furchtbares passierte. Heute, als Polizistin, kehrt sie zurück - nur um mit einem makabren Päckchen begrüßt zu werden: Wer schickt ihr einen menschlichen Daumen? Und warum? Während die Winterstürme es unmöglich machen, vom Festland die Kripo mit anständiger Ausrüstung zu schicken, müssen Anna und ihre beiden neuen Kollegen einen Wettlauf gegen die Zeit starten, denn irgendwo wird ein Mensch gefoltert und nach Ablauf von elf Tagen wird dieser Mensch tot sein. Doch Anna hat nicht nur mit den Dämonen ihrer Vergangenheit zu kämpfen, sondern auch mit Migräne und Grippe, nicht die besten Voraussetzungen für eine Ermittlung.

So schön immer Morde, voraussichtliche Morde oder Verbrechen allgemein auf einem abgeschiedenen Fleck sind, es gibt meistens ein Problem: die Verdächtigen sind überschaubar. So auch hier und einem erfahrenen Krimileser ist sehr schnell klar, wer hinter der ganzen Sache steckt. Zu eindeutig ist das Verhalten des Täters, zu speziell sind die Dinge, die eben nur er tun kann. Da nützt es auch nichts, einen Nebenstrang mit einer neugierigen Putzfrau zu entwerfen, die einem Verbrechen auf der Spur zu sein scheint (wobei mir diese Nebenhandlung meistens sogar interessanter vorkam als der eigentliche Fall). Als eher störend empfand ich auch die ständigen "mysteriösen" Andeutungen, was Anna damals passiert ist (wiederum: einem erfahrenen Krimileser ist das sofort klar) und ihr ewiger Kampf mit der Migräne nervt irgendwann einfach nur noch. Gut gefiel mir der Schreibstil und die Idee an sich, doch die Umsetzung war teilweise zu langgezogen und offensichtlich.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Mann, der verschwindet

Vierundzwanzig Stunden
0

Als Arthur Costello als einziges Erbe seines vermögenden Vaters den heruntergekommenen Leuchtturm erhält, ahnt er nicht, dass sich im Inneren eben jenes Gebäudes ein Geheimnis verbirgt. Ein Geheimnis, ...

Als Arthur Costello als einziges Erbe seines vermögenden Vaters den heruntergekommenen Leuchtturm erhält, ahnt er nicht, dass sich im Inneren eben jenes Gebäudes ein Geheimnis verbirgt. Ein Geheimnis, das ihn dazu zwingen wird, die nächsten vierundzwanzig Jahre in jeweils vierundzwanzig Stunden abzuhandeln. Er wird seinen Großvater aus der Psychiatrie befreien, eine Frau kennen- und liebenlernen, sich ständig in neuen und manchmal gefährlichen Situationen wiederfinden und am Ende ... wird er am Ende alles gewinnen oder alles verlieren?

Eigentlich eine spannende Sache. Für jedes Jahr seines Lebens stehen ihm nur genau vierundzwanzig Stunden zur Verfügung (außer den letzten paar, aber darauf gehe ich jetzt nicht ein). Was macht man also in diesen vierundzwanzig Stunden? Versucht man, das ganze Leben zu packen und so viel wie möglich draus zu machen? Dass Arthur zunächst verwirrt ist, ist logisch. Und dass er Antworten sucht und das manchmal auch den ganzen Tag dauert, genauso. Aber später, so fand ich, hat er viel Zeit verschwendet mit sinnlosen Eifersüchteleien und einer Art, die ihn ziemlich unsympathisch machte. Irgendwie dachte er die meiste Zeit wirklich immer nur an sich. Ja, er hat's schwer, aber dass es eigentlich seine Familie viel schwerer hat, weil die das ganze Jahr erleben, während er immer nur einen Tag hat ... Das finde ich viel schwerer. Zwischendurch wird der Roman interessant, denn Musso hat viel Zeitgeschichte verpackt, aber auch da hätte man viel mehr draus machen können meiner Meinung nach. Stattdessen wiederholt er sich zu viel, verbringt viel Zeit damit, Essen zu beschreiben oder seinen Protagonisten in immer wieder ähnliche Situationen zu verfrachten. Das hat zwischendurch gelangweilt, und um ehrlich zu sein, das Ende hat mich enttäuscht.