Profilbild von Archer

Archer

Lesejury Star
offline

Archer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Archer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gute, aber nicht herausragende Anthologie

Steampunk Akte Deutschland
0

Nachdem ich vor kurzem erst Steampunk 1851 gelesen hatte, das vom selben Verlag (ArtSkript) war und mir sehr gut gefiel, nahm ich mir auch diese Anthologie vor. Und im direkten Vergleich zu 1851 fällt ...

Nachdem ich vor kurzem erst Steampunk 1851 gelesen hatte, das vom selben Verlag (ArtSkript) war und mir sehr gut gefiel, nahm ich mir auch diese Anthologie vor. Und im direkten Vergleich zu 1851 fällt diese Geschichtensammlung ein wenig ab, sowohl in der Originalität als auch im Schreibstil.

Wie schon bei der ersten Anthologie gebe ich eine kurze Beschreibung zu den einzelnen Geschichten ab.

Der Mechanische Mann (Detlef Klever): Zombies vs. Cyborgs. Im deutsch-französischen Krieg kämpft man mit allen Mitteln um den Sieg und Bismarck ist kein einfacher Mensch. (So oder so nicht.) Aber Flobert-Waffen? Wirklich? Meines Wissens nach wurden die nicht im Krieg eingesetzt, zu schwache Wirkung.

Die Geister, die ich rief (Corinna Schattauer): Eric und Cleo bauen eine Maschine, die etwas Schlimmeres erweckt als neue Erkenntnisse.

Erasmus Emmerich & der Messing-Türknauf: Was passieren kann, wenn ein dilletantischer Detektiv die falschen Fragen stellt, richtige Antworten erhält und aus Versehen die Welt dadurch rettet.

Proterius' Konservendose (Daniel Huster): Eine recht verwirrende Geschichte über einen Erfinder und seine Schöpfung.

Seelenverzehrer (Daniela Herbst): Ein Setting in der Zukunft mit Ansichten und Technologie des 19. Jahrhunderts mit übernatürlichen Wesen und einem Mann, der in seine eigene Falle läuft.

Wolfsjäger (Kim Christine Wiefelspütz): Die schwächste Geschichte über einen mit Steampunktechnik ausgerüsteten Werwolfsjäger.

Die Tücken der Technik (Dennis Frey): Ein Mechaniker in Geldnöten baut mit Hilfe teuflischer Mächte für einen alten Soldaten eine Uniform, die ihn unbesiegbar machen soll.

Archibald Leach und der Plan des Kaisers (Markus Cremer): Eine weitere Geschichte über Leach, den man schon bei 1851 kennenlernen durfte; weiterhin Auftritte haben Karl May und Cyborgs, Dr. Moreau und der Rhein, der sich plötzlich um Magdeburg schlängelt. ^^

Der Geist in der Maschine (Marion Fischl): Eine Maschine, die gut und böse unterscheiden kann, bekommt die Macht, die "Bösen" zu exekutieren.

Der Plan des Grafen von B. (Adrian Sommerfeldt): Ein teuflischer Plan, den dieser Graf da ausheckt, um mit Hilfe von diversen Maschinen und "Freiwilligen" seine Tochter zu retten.

Der Wunsch (Ashley Kalandur): Und wieder ist es eine Maschine und das, was sie enthält, die etwas bewirken soll - in dem Fall die Verjüngung und das ewige Leben.

Das einfallsreiche Fräulein Helena Roth (Isabelle Wallat): Die geschickte und kluge Helena, die auch Mechanikerin ist, rettet ihre Freunde und Nachbarn vor einem uralten Wesen.

Der Mann in Schwarz (Fabian Dombrowski): Zeitreisen und ihre Auswirkungen, Steam Punk war das eher nicht, obwohl es eine interessante Geschichte war.

Der Parasiteur (Andrea Bienek): Ein Kommissar findet am Ort eines Verbrechens nicht nur geheimnisvolle Maschinen und Fallen, sondern auch seine Bestimmung.

Der Gehilfe des Puppenmachers (Daniel Schlegel): Der Sohn eines berühmten Puppenmachers geht einen Pakt mit dem Teufel ein, um die Fähigkeiten seines Vaters zu übertreffen und schreckt auch vor Mord nicht zurück.

Ich finde, weniger wäre mehr gewesen, hätte der Anthologie mehr Präsenz und Eindruck verschafft. So geht alles ein bisschen unter, zumal die meisten Geschichten eher durchschnittlich und manchmal ähnlich sind.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Welt aus Rot und Silber

Die rote Königin (Die Farben des Blutes 1)
0

Was mir schon einmal sehr gut gefallen hat: Die Autorin verschwendet keine Zeit, uns ihre Welt groß zu erklären. Mit dem ersten Satz sind wir drin, werden sozusagen als Nichtschwimmer ins Becken geworfen ...

Was mir schon einmal sehr gut gefallen hat: Die Autorin verschwendet keine Zeit, uns ihre Welt groß zu erklären. Mit dem ersten Satz sind wir drin, werden sozusagen als Nichtschwimmer ins Becken geworfen und sollen zusehen, ob wir instinktiv paddeln können. Ich konnte, aber bestimmt ist das nicht jedermanns Sache.

Wir treffen hier auf Mare, die eine Rote ist. Die Roten sind kaum mehr als billige Arbeitskräfte für die Silbernen, welche die Welt beherrschen aufgrund ihrer überragenden Technologie - und als wäre das nicht genug, beherrschen sie auch noch Magie. Und zwar nur sie, die Silbernen, die Roten nicht. Zumindest ist es das, was Mare ihr ganzes Leben lang erzählt wurde und was sie geglaubt hat. Denn dass das nicht so ganz stimmen kann, wird klar, als sie in Lebensgefahr gerät. Als ein paar Rote mehr oder weniger des Spaßes wegen sie opfern wollen, entkommt sie mit Hilfe von Magie. Natürlich kann die herrschende Familie das so nicht durchgehen lassen, sie kidnappen Mare, nehmen sie mit und geben sie für eine verschollene Verwandte aus. Auf gar keinen Fall darf herauskommen, dass sie keine Silberne ist, denn im Roten Volk brodelt bereits jetzt Rebellion, und wenn jeder wüsste, dass auch sie zu Magie fähig wären ... nicht auszudenken für die Silbernen. Deshalb verloben sie Mare sogar mit dem jüngeren Prinzen, alles, um den Schein zu wahren. Doch man kann ein Volk nur so und so lange unterdrücken, bis es sich auflehnt, und plötzlich sitzt Mare zwischen allen Stühlen.

Eine sehr interessante Welt, die hier entworfen wird. Einerseits kommt es einem fast mittelalterlich vor, zumindest, wie die Roten leben müssen, andererseits sind die Silbernen durchaus mit Technik ausgerüstet. Darauf muss man sich einlassen, auch dass es hier keine märchenhaften Geschehnisse sind. Da wird intrigiert, gehasst, Mordversuche unternommen. Das Buch ist durchaus fesselnd geschrieben mit nur wenigen Längen, die sich für mich meist aus der Interaktion mit dem älteren Prinzen ergaben. Das typische Ich-liebe-ihn-ich-hasse-ihn-ich-liebe-ihn, na ja, ist ja ein Jugendbuch, das muss so wahrscheinlich.

Immerhin war nicht alles völlig vorhersehbar, zumindest ich habe die Wendung zum Schluss so nicht kommen sehen, das war clever. Zusammengefasst: Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und werde auch den Folgeband lesen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Dieses Kind nervt einfach nur

Flavia de Luce 1 - Mord im Gurkenbeet
0

Flavia de Luce ist elf und liebt Chemie. Ich sag's gleich noch mal: Sie liebt Chemie. Vielleicht werde ich es im Verlauf der Rezension noch so drei bis sechs Mal wiederholen. Warum? Weil es im Buch auch ...

Flavia de Luce ist elf und liebt Chemie. Ich sag's gleich noch mal: Sie liebt Chemie. Vielleicht werde ich es im Verlauf der Rezension noch so drei bis sechs Mal wiederholen. Warum? Weil es im Buch auch dauernd erwähnt wird. Leider ist das nicht das Einzige, das sich dauernd wiederholt.
Flavia findet eines Morgens eine Leiche in spe in ihrem Beet. Die zukünftige Leiche schafft es noch, ihr etwas zuzuhauchen, bevor sie ihr Leben aushaucht und eine gescheite Leiche wird. Was das Gehauchte war, weiß Flavia nicht, aber sie entscheidet sich, es herauszufinden, denn 1.) wird ihr Vater des Mordes verdächtigt und von der Polizei mitgenommen und 2.) sind eh alle viel zu dumm, diesen Fall zu lösen.

Außerdem liebt sie Chemie. Was das mit der Sache zu tun hat? Na, nichts, ich wollte es aber auch nicht unerwähnt lassen.

Jedenfalls macht sie sich auf die Suche nach dem richtigen Täter. Dabei muss sie sich leider ständig mit Leuten herumärgern, die im Gegensatz zu ihr völlig verblödet sind. (Also eigentlich alle.) Flavias Gedankenwelt könnte eigentlich wirklich witzig sein, ist es aber nicht. Denn statt Sarkasmus bekommen wir nur arrogantes Geschwafel und statt witziger Szenen (und Konstellationen dafür gäbe es zuhauf) höchstens mal ein müdes Lächeln.

Aber Flavia liebt immerhin Chemie. (Das wisst ihr jetzt aber, denke ich.)

Man merkt es an meiner alles andere als begeisterte Rezension: Flavia war mir unsympathisch. Dabei mag ich eigentlich kindliche Ermittler, selbst oder ganz besonders solche, die hochintelligent sind. Ich kann es nur nicht leiden, wenn sich jemand selbst als hochintelligent beschreibt, dann aber den Beweis dafür nicht erbringt, und so wie sich Flavia zum Schluss in Gefahr brachte, hätte das nicht einmal ein zweijähriges Kleinkind gemacht.

Schade. Schöne Ausgangsbasis, nicht viel draus gemacht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zu viel Internat, zu wenig Spannung

Die Schatten von London
0

Rory ist Amerikanerin, die mit ihren Eltern nach England kommt. Dort soll sie im altehrwürdigen Internat in Wexford ihr Schuljahr verbringen. Noch am selben Tag ihrer Ankunft geschieht ein Mord - und er ...

Rory ist Amerikanerin, die mit ihren Eltern nach England kommt. Dort soll sie im altehrwürdigen Internat in Wexford ihr Schuljahr verbringen. Noch am selben Tag ihrer Ankunft geschieht ein Mord - und er erinnert verblüffend an eine Tat von Jack the Ripper. Obwohl in ganz London Kameras jeden Schritt aller Einwohner aufnehmen, gelingt es dem Täter, weiter zu morden und immer weiter. Und immer sind es Opfer, die in einer Verbindung zu den Opfern des Rippers stehen, meistens Namensähnlichkeiten.

Warum sind auf den Überwachungskameras nur die Morde, nie der Täter zu sehen? Rory wird es noch unheimlicher, als auf dem Gelände von Wexford eine Tote gefunden wird und sie sich daran erinnert, einen Mann getroffen zu haben, den jedoch außer ihr niemand gesehen hat. Was hat es damit auf sich? Wird sie verrückt oder gibt es andere Erklärungen?

Ihr könnt es euch denken, natürlich gibt es andere Erklärungen und Rory stößt auf Leute, die nicht nur genauso wie sie sind, sondern auch sie in ihre Truppe aufnehmen wollen. Und dann wird der Ripper-Mörder auf sie aufmerksam und stellt ihr ein Ultimatum.

Eigentlich alles ziemlich spannend, wenn ... ja, wenn es nicht so viel typisches Internatsgewäsch gäbe. Teilweise liest sich das Ganze wie Hanni und Nanni hardcore, ich finde das einfach uninteressant. Und dass sich gleich wieder eine Liebelei ergibt - dazu für mich nicht nachvollziehbar beschrieben -, macht es auch nicht fesselnder. Der Schreibstil ist einfach und gut, die Figuren könnten ein bisschen weniger klischeehaft sein.

Alles in allem nett, aber wie heißt das Sprichwort: Nett ist der kleine Bruder von langweilig.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Alice, Wittgenstein und die Philosophie der Morde

Der Tote im Moor
0

Alice ist fast zwölf, und das ist schon der zweite Band, in dem sie einen Fall lösen muss. Nachdem sie am Ende von Buch eins ihre Schule verlassen musste, ist sie gezwungen, sich mit neuen Mitschülern ...

Alice ist fast zwölf, und das ist schon der zweite Band, in dem sie einen Fall lösen muss. Nachdem sie am Ende von Buch eins ihre Schule verlassen musste, ist sie gezwungen, sich mit neuen Mitschülern und einer neuen Schule herumzuärgern. Die Einzige, mit der sie Kontakt hat, ist die künstlerisch begabte Lisa Bork, und ausgerechnet die wird eines Tages beschuldigt, ihren eigenen Vater umgebracht zu haben. Die Beweise scheinen klar zu sein: Man hat sie regelrecht auf frischer Tat ertappt, das blutige Messer noch in der Hand. Fall erledigt.

Fall erledigt? Nicht für Alice. Zusammen mit ihrem einzigen Freund, dem dicken, aber treuen Tom, ermittelt sie wieder einmal auf eigene Faust, unterstützt nicht nur von Toms Computerkenntnissen und ihrem eigenen scharfen Verstand, sondern auch von dem Philosophen Wittgenstein, der zwar seit Jahrzehnten tot ist, aber für den das kein Grund ist, nicht mit Alice zu reden.

Klingt alles ein bisschen abgedreht? Klar, ist es auch. Immerhin spielt es im Allgäu (no offence, liebe Allgäuer!), im hinterletzten Dorf der hinterletzten Gemeinde. Und wie das in so abgeschiedenen Dorfgemeinschaften ist, hat dort jeder Zweite eine Leiche im Keller - hier geradezu im wahrsten Sinne des Wortes. Die Geschichte wird aus Alice Sicht erzählt, und die Gedanken des Mädchens zu lesen, war ein wahrer Genuss. Gleichzeitig kindlich und doch extrem frühreif, scharfsinnig bis zur Hochbegabung, selbstverständlich missverstanden von denen, die ihr geistig das Wasser nicht reichen können (also prinzipiell von fast allen!) kommt sie mit ihrer locker-flockig-cleveren Attitüde wirklich hässlichen Verbrechen auf die Spur.

Prädikat: Empfehlenswert, besonders für Leute, die sich bei der großmäuligen Göre Flavia de Luce nur gelanweilt haben.