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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.03.2023

New Valley

Equilon
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In einer nahen Zukunft nach nicht näher beschriebenen Naturkatastrophen lebt der Großteil der Menschheit unter ärmlichen Verhältnissen. Nur wer seinen Wert beweist und Scores punktet, hat eine Chance auf ...

In einer nahen Zukunft nach nicht näher beschriebenen Naturkatastrophen lebt der Großteil der Menschheit unter ärmlichen Verhältnissen. Nur wer seinen Wert beweist und Scores punktet, hat eine Chance auf ein besseres Leben. Jenna Mills gehört zu diesen Leuten. Ein Algorithmus hat sie ausgewählt, um in New Valley zu leben, der Welt der Privilegierten. Dorian hingegen ist am Ende. Sein Score ist low, sein Lebenswille ist low. Da trifft er auf Hanna, die ihm Maggie anvertraut, ein kleines Mädchen, und den Schlüssel zum Zerstören der Elite. Beide müssen auf ihre Weise versuchen, für ein besseres Leben zu kämpfen.

Zuerst einmal, was mir gut gefallen hat: die Themen. Klimakatastrophe, der Umgang damit, Genderidentität, Zerstörung eines funktionierenden Sozialsystems. Allerdings ließ die Umsetzung zu wünschen übrig. Dafür, dass Jenna als hochintelligent beschrieben wurde, hat sie ständig das Dümmste gemacht, was in dieser Situation angebracht wäre. Zu erwähnen wäre da ihre ständige Sauferei und Heulerei. Und wie es Maggie mit Hilfe von Dorian so weit geschafft hat, war auch eher unglaublich. Er zeichnete sich nicht gerade als Problemlöser aus - musste er auch nicht, Hanna hat ihm selbst auf dem Totenbett noch alles vorbereitet. Und das Ende war so was von unglaubwürdig und unrealistisch: Stellt euch vor, jemand zieht in der mega modernsten Anlage der Welt einfach einen Stecker und überall gehen die Lichter aus und die Schurken sind besiegt. So ungefähr hat sich die Autorin das ausgemalt. Es war geradezu lächerlich und unrealistisch, zumal der "Schlüssel" nach all der Zeit nicht mehr hätte funktionieren dürfen. Gibt ja so was wie gewisse Prozesse, die das einfach unmöglich machen.

Abgesehen von Nebenfiguren, die keine große Rolle spielten, war mir der gesamte Cast unsympathisch und vor allem ohne Tiefe. Und nicht nur, was die Logik und den Spannungsverlauf angeht, hätte das Lektorat mehr tun müssen, auch bei den Inquits wurde klar, dass am Autorenhandwerk noch gearbeitet werden muss. Alles in allem: nette Idee, aber subobtimal umgesetzt.

Veröffentlicht am 25.03.2023

Edinburgh Nights

Die Bibliothek von Edinburgh
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Ropa ist vierzehn, lebt in einer nicht allzu entfernten dystopischen Zukunft in Edinburgh und hat die Schule abgebrochen, um Geisterseherin zu werden. Sie kommuniziert mit Geistern, die noch unerledigte ...

Ropa ist vierzehn, lebt in einer nicht allzu entfernten dystopischen Zukunft in Edinburgh und hat die Schule abgebrochen, um Geisterseherin zu werden. Sie kommuniziert mit Geistern, die noch unerledigte Aufgaben haben, und überbringt deren Botschaften an die Hinterbliebenen. So verdient sie den Lebensunterhalt für ihre kleine Schwester und mittlerweile fast blinde Großmutter. Als eines Tages ein weiblicher Geist bei ihr auftaucht und sie bittet, nach ihrem kleinen verschwundenen Sohn zu suchen, lehnt sie zuerst ab, denn weder der Geist noch dessen Hinterbliebenen können bezahlen. Doch als immer mehr Kinder verschwinden und manche auf grausige Weise wieder auftauchen, macht sich Ropa doch auf die Suche. Und dabei stolpert sie über eine geheime Bibliothek der Toten und Magie ...

Die erwähnte Bibliothek spielt übrigens keine große Rolle, abgesehen davon, dass sie dort ein Hilfsmittel im Kampf gegen etwas Böses erhält. Und zugegeben, mir fiel es anfangs ein bisschen schwer, in die Geschichte zu kommen, denn manche Sachen sind im Schreibstil gewöhnungsbedürftig. Doch wenn man sich drauf einlässt, erhält man eine spannende Geschichte mit Geistern, einem dystopischen Edinburgh, das vom König regiert wird, und einer cleveren jungen Protagonistin, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Ropa, ihre Familie, der ganze Cast haben mir sehr gut gefallen und für ein paar arg jugendliche Begriffe, die gelegentlich vorkamen, entschädigt.

Veröffentlicht am 24.03.2023

Entwurzelt

Would You Trust Me?
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Alia ist fünfzehn, ihre Eltern haben sich getrennt und sie wurde von ihrer Mutter in ein völlig neues Leben verschleppt. Nicht genug damit, dass sie ihre Freunde, ihren Vater und ihren Bruder zurücklassen ...

Alia ist fünfzehn, ihre Eltern haben sich getrennt und sie wurde von ihrer Mutter in ein völlig neues Leben verschleppt. Nicht genug damit, dass sie ihre Freunde, ihren Vater und ihren Bruder zurücklassen musste, lebt sie jetzt bei dem neuen Freund ihrer Mutter. Und der hat einen Sohn, Colin, etwas älter als sie, der alles andere als begeistert über die neue Situation ist. Das lässt er sie auch mobbenderweise spüren. Zum Glück trifft sie bald auf Leute, die sie mit offenen Armen aufnehmen: Oder vielleicht doch nicht? Denn plötzlich erhält sie Drohbriefe, die von Mal zu Mal schlimmer werden und sie fertigmachen. Wem kann sie überhaupt trauen?

Ich konnte mich von Anfang an gut in Alias Situation versetzen. Bin zwar keine fünfzehn mehr, aber das Gefühl der Ohnmacht, das sie beherrscht, daran erinnere ich mich sehr gut. Die Autorin hat sowohl Alias als auch den Charakter des anderen Personals gut ausgearbeitet. Wenn man sieht, wie wenig Alia gerade von ihrer Familie Rückhalt erhält, kann man nur wütend werden. Zu den Drohbriefen gibt es ein paar falsche Fährten, die jedoch auf Dauer immer mehr auf eine Person deuten. Was mir bei Heidrun Wagner immer gut gefällt, ist, dass sie nichts von Kitsch und Gefühlsduselei hält. Die Emotionen hier sind authentisch und die Handlungen der Protagonisten, bedenkt man ihr Alter, durchaus nachvollziehbar. Fette Empfehlung im Jugendthrillerbereich!

Veröffentlicht am 22.03.2023

Verglubscht

Crater Lake
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Lance und der Rest der sechsten Klasse sind gerade auf dem Weg zur Klassenfahrt im neueröffneten Camp Crater Lake, als sie kurz vor Erreichen ihres Ziels auf einen blutüberströmten Mann auf der Straße ...

Lance und der Rest der sechsten Klasse sind gerade auf dem Weg zur Klassenfahrt im neueröffneten Camp Crater Lake, als sie kurz vor Erreichen ihres Ziels auf einen blutüberströmten Mann auf der Straße treffen. Das ist nicht das einzig Ungewöhnliche, was ihnen passiert. Im Camp angekommen, scheint es kein Personal außer dem Campleiter zu geben. Ist das Blut auf seinem T-Shirt? Als wäre das nicht genug, werden die Jugendlichen nachts eingesperrt, außer Lance, der als "Kind mit besonderen Bedürfnissen" ein Einzelzimmer hat. Als er seine Freunde und Klassenkameraden befreit, stellen sie fest, dass alle, die eingeschlafen sind, mit seltsamen Glubschaugen und ohne eigenen Willen wieder aufwachen. Was immer hier passiert, ihnen wird schnell klar: Sie dürfen auf gar keinen Fall einschlafen!

Also, das war mal ein richtig schöner, amüsanter Kindergrusel, wie ich es liebe. Was mir hier extrem gut gefallen hat, ist wie sehr diese Kids zusammenhalten und nichts über ihre Freundschaft kommen lassen. Ich fand zwar Lances Gründe, seine Freunde nie zu sich nach Hause einzuladen, nicht so recht nachvollziehbar, aber okay, ich bin auch keine zwölf mehr. Es war jedenfalls echt cool zu hören, wie sie versuchen, sich gegen diese Bedrohung zur Wehr zu setzen, ich habe ihren Einfallsreichtum und ihre Moral. Anscheinend hat es dem Sprecher auch sehr viel Freude bereitet, die Geschichte zu lesen, denn er hat das sehr gut gemacht und den jugendlichen Slang perfekt rübergebracht.

Veröffentlicht am 20.03.2023

Habia una vez

Die letzte Erzählerin
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Das Ende der Welt, wie wir sie kannten, ist nah. Der Halleysche Komet ist von seiner Flugbahn abgekommen und wird auf der Erde einschlagen. Nur drei riesige Raumschiffe schaffen es, die Erde rechtzeitig ...

Das Ende der Welt, wie wir sie kannten, ist nah. Der Halleysche Komet ist von seiner Flugbahn abgekommen und wird auf der Erde einschlagen. Nur drei riesige Raumschiffe schaffen es, die Erde rechtzeitig zu verlassen. Anstelle der Superreichen, für die diese Raumschiffe ursprünglich gebaut wurden, sind jetzt Wissenschaftler und Terraformer an Bord. Petra Pena ist die Tochter eines solchen Wissenschaftlerpaars und deshalb dabei. Sie wird in eine künstliche Stasis gelegt, doch als sie Hunderte Jahre später wieder aufwacht, hat sich vieles verändert. Zwar sind sie am Zielplaneten angekommen, doch die Überlebenden sind jetzt in einem Kollektiv vereint, für das nur noch Gehorsamkeit und Nutzen wichtig ist. Abgesehen von Petra erinnert sich auch niemand mehr an Geschichten ... Geschichten, die ihr ihre Oma erzählt hat und die sie heimlich weitererzählt.

Das Buch ist wirklich wunderbar geschrieben. Es gibt immer wieder Rückblenden zu Petras altem Leben auf der Erde und besonders zu ihrer Großmutter, die ihr die Liebe zum Geschichtenerzählen vererbt hat. Und es gibt wirklich viele traurige Stellen, denn natürlich sterben alle, die auf der Erde zurückgelassen wurden, und das sind nicht die Einzigen. Hier stehen sich das effiziente und gefühlskalte Kollektiv und Petras warmherzige Art und Individualität im starken Kontrast gegenüber. Einerseits sind die verbal formulierten Ziele des Kollektivs ja eigentlich ganz korrekt, aber wie schon Petras Vater gesagt hat: Sie machen es auf die falsche Art und Weise. Was mir nicht so gefallen hat, war der Schluss, der mir ein bisschen zu schnell und abrupt kam, und die Tatsache, dass eine Jahrhunderte weiterentwickelte Gesellschaft noch so relativ rückständige Technik verwendete. Ansonsten ist das Buch ein echter Geheimtipp.