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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.08.2023

Vollmaschine

Dream Chaser
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Kasim Edebali ist ein Hamburger Jung mit deutsch-türkischen-amerikanischen Wurzeln. Aufgewachsen mit einer alleinerziehenden Mutter, die alles dafür tat, um ihm ein gutes Leben zu ermöglichen, lernte er ...

Kasim Edebali ist ein Hamburger Jung mit deutsch-türkischen-amerikanischen Wurzeln. Aufgewachsen mit einer alleinerziehenden Mutter, die alles dafür tat, um ihm ein gutes Leben zu ermöglichen, lernte er früh, wie man sich durchsetzt. Und er kam auch früh mit American Football in Verbindung, das in Deutschland ja doch eher noch ein Nischenhobby ist. In diesem Buch erzählt er von seinen Anfängen, von seinen Chancen, Möglichkeiten, Niederlagen und Siegen. Er beschreibt seinen Weg bei den Kindern und Jugendlichen im Football in Deutschland und wie er sich im Kader machte. Schnell wurde klar, dass dieser Junge talentiert war - doch würde das reichen, um es in die NFL zu schaffen.

Edebali sagt selbst über sich, dass er nie der talentierteste Spieler auf dem Platz war. Was ihn von anderen, möglicherweise besseren Spielern unterschied, war sein unbedingter Wille, immer 100 Prozent zu geben. Unglaublich motivierend fand ich, dass er immer positiv an alles heranging, was ihm passierte. Er betont auch, dass es seinem Wesen entspricht, immer das Beste anzunehmen und zu geben. Ich bin kein extremer Football-Fan, aber vieles von dem, was er schrieb, konnte ich gut nachvollziehen. Was ich gern mehr gehabt hätte, war die Beschreibung des Collegelebens für einen jungen Deutschen, der noch nicht perfekt Englisch spricht. Auch waren mir die letzten Kapitel ein bisschen too much und weniger interessant für mich und die Interviews, die random immer eingestreut wurden, erschienen mir auf Dauer immer gleich mit ihrem sicherlich verdientem, aber doch sich wiederholendem Lob auf Kasim Edebali. Alles in allem war es mal ein interessanter Einblick in einen in Deutschland relativ wenig beachteten Sport.

Veröffentlicht am 15.08.2023

Strigoi

Die Schwarze Königin
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Um 1400: Der junge Vlad und die ebenso junge Königin Barbara treffen am Hof von König Sigismund in Buda aufeinander. Schon beim ersten Anblick wird beiden klar, dass sie mehr miteinander verbindet als ...

Um 1400: Der junge Vlad und die ebenso junge Königin Barbara treffen am Hof von König Sigismund in Buda aufeinander. Schon beim ersten Anblick wird beiden klar, dass sie mehr miteinander verbindet als reine Anziehungskraft, aber dass es ausgerechnet der Kampf gegen finstere Kreaturen - die Strigoi - handelt, können sie nicht ahnen. Dennoch werden sie über die Jahre alles dafür tun, um die Menschen vor der Dunkelheit zu bewahren, selbst wenn das bedeutet, dass Barbara tief in die Alchemie eintauchen und Vlad den Drachenorden anführen wird, der ihm den Beinamen "Dracul" verleiht ...

Heutzutage: Der junge Len macht eine Busrundfahrt, die ihn unter anderem nach Prag führt. Dort trifft er auf gruselige Wesen, eine Frau, die auf seltsame Art alterslos scheint und die unglaublich schnell nach einer schweren Verletzung regeneriert und erfährt, dass Omas Geschichten, dass er der letzte Nachfahre der Draculesti ist - jemand, der gegen die Blutsauger der Nacht kämpft - mehr Wahrheit als erwartet enthalten ...

Ich mag Heitz' Geschichten gern, denn er verbindet geschickt Geschichte mit Geschichten und hat einen sehr angenehmen Schreibstil. Auch hier hat er mich mit dem Prolog und dem Beginn sehr schnell in den Bann gezogen. Tatsächlich bin ich zwar auch sehr angetan von seiner Interpretation, dass Vlad II., "DER" Urvater der Vampire, eigentlich ebenjene bekämpft hat (das Pfählen spricht für sich!), aber mir waren viele Ausführungen im Vergangenheitsstrang etwas zu ausführlich und eher wie eine Art Geschichtsbuch gehalten. Wesentlich spannender fand ich daher die Ereignisse, die in der Jetztzeit stattfanden. Für Vampirfans eine Warnung oder ein Versprechen: niemand glitzert hier.

Veröffentlicht am 07.08.2023

Resteuropa

Der Vorweiner
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In einer nahen Zukunft ist von der Welt nicht mehr viel übrig. Resteuropa, Restrussland, Restchina werden die Länder genannt, die sich innerhalb der Grenzen befinden, die noch nicht vom Wasser überspült ...

In einer nahen Zukunft ist von der Welt nicht mehr viel übrig. Resteuropa, Restrussland, Restchina werden die Länder genannt, die sich innerhalb der Grenzen befinden, die noch nicht vom Wasser überspült worden sind. Man existiert nur noch so lange, wie es Daten über jemanden gibt. Stirbt jemand, wird seine Asche zerstreut und die gesamte Existenz aufgelöst. Die Oberschicht bezahlt die Niederschicht, um einfache Arbeiten ausführen zu dürfen. Gefühle sind beinahe nonexistent. Deshalb halten sich viele aus der Oberschicht sogenannte Vorweiner - Migranten, die beim Tod des Arbeitgebers bei dessen Beerdigung (Zerstreuung) weinen und die emotionale Trauer übernehmen. Die Oberschicht lässt sich operieren und operieren, die Niederschicht träumt vom Vorweinen. Und A wie Anna? Träumt von Blut wie B wie Bertha, ihre Tochter, davon, Zeit totzuschlagen.

Auch einen Tag nach Beendigung des Buches weiß ich noch nicht genau, was ich davon halten soll. Einerseits ist es einfach zu verstehen. Der Autor hält uns einen Spiegel vor, angeblich von einer nahen Zukunft, aber was hier passiert, sind schon schmerzhaft nahe Einschläge am gelebten Jetzt. Es ist absurd und skurril - kein Wunder, wir leben in einer absurden und skurrilen Zeit und die Wahrscheinlichkeit, dass sich das in den nächsten Tagen, Wochen oder Jahren ändert, tendiert gegen Null. Gleichzeitig ist die Geschichte schräg, brutal und manchmal sogar banal. Lakonisch und abgehackt. Sogar eklig. Und erwähnte ich schon überspitzt? Keine Lektüre, die wirklich Spaß gemacht hätte, aber das sollte sie gar nicht. Irgendwo im Klappentext steht preiswürdig - und preiswürdige Bücher sind nicht dafür ausgelegt, von der Masse gemocht zu werden. Ich glaube, ich habe die Intention des Autors verstanden, aber es gibt Dinge innerhalb der Geschichte, die ich nicht verstanden habe. Vielleicht muss man das aber auch gar nicht. So oder so: ein unbequemes Buch, eines, das zu nahe dran ist, um es genießen zu können.

Veröffentlicht am 05.08.2023

Wenn Nostalgie tötet

Prophet
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Irgendwo in England taucht plötzlich ein hellerleuchtetes amerikanisches Diner auf - doch niemand arbeitet darin, es gibt keinen Strom, keine Zufahrtsstraße. In seiner Nähe findet man in einem Feuer einen ...

Irgendwo in England taucht plötzlich ein hellerleuchtetes amerikanisches Diner auf - doch niemand arbeitet darin, es gibt keinen Strom, keine Zufahrtsstraße. In seiner Nähe findet man in einem Feuer einen toten Militärangehörigen und diese beiden ungewöhnlichen Ereignisse rufen auch ungewöhnliche Ermittler auf den Plan: Alan Rubenstein, der korrekte, zurückhaltende Offizier und sein chaotischer Partner Sunil Rao, der von allem eine Ahnung hat, nur nicht weiß, was Disziplin bedeutet. Sie müssen sich zusammenraufen, um eine Katastrophe, ausgelöst durch Geheimdienste und nach Weltherrschaft strebende Milliardäre, zu verhindern und das ist gleichzeitig für beide das Schwerste und Einfachste der Welt, denn sie kennen einander von verschiedenen Missionen gut - vielleicht zu gut.

Auch nach Beendigung des Buches bin ich mir nicht sicher, ob das Ganze ein absolut grandioser Wurf ist oder schon viel zu abgedreht, um noch ernstgenommen zu werden. Was sicher ist: Die Autorinnen können schreiben. Auch wenn ich manchmal keine Ahnung hatte, warum die Beteiligten so handelten, wie sie handelten, so war die unterschwellige Bedrohung durch Prophet ständig spürbar, ebenso die Skrupellosigkeit gewisser Behörden und Allianzen. Mit den Protagonisten haben sie ein Paar geschaffen, das allein durch ihre Charakterisierung und Dialoge zu fesseln weiß und auch wenn einiges schon arg übertrieben wirkte (ausgerechnet diese beiden haben völlig andere Reaktionen auf gewisse Dinge als alle anderen), so wirkte es natürlich gleichzeitig als Katalysator für alles, was nicht nur zwischen ihnen passierte. Ein Buch, das mir gefallen hat und ich mir durchaus als Miniserie bei Netflix vorstellen könnte.

Veröffentlicht am 27.07.2023

Der unscheinbare Mister Sattisway

Der seltsame Mister Quin 2
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Mister Sattisway, der kleine, reiche, ältere Mann, ist nicht einmal mehr verwundert, wenn er in der Welt der Reichen, Schönen und Künstler auf seinen Bekannten Mister Quin trifft. Denn dieser taucht immer ...

Mister Sattisway, der kleine, reiche, ältere Mann, ist nicht einmal mehr verwundert, wenn er in der Welt der Reichen, Schönen und Künstler auf seinen Bekannten Mister Quin trifft. Denn dieser taucht immer dann auf, wenn Sattisway selbst spürt, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Dabei muss es sich nicht unbedingt um Mord und Totschlag handeln. Auch Betrugsmaschen werden aufgeklärt, Dramen bemerkt und zur Kenntnis genommen, boshafte Intrigen vereitelt. Und so schnell und unbemerkt Mister Quin auftaucht, so schnell verschwindet er meistens auch wieder. Seltsam ist er, in der Tat. Er ist dafür da, den kleinen Sattisway aufmerken zu lassen, Dinge ans Licht zu bringen, während er selbst eher im Schatten agiert.

Im Gegensatz zu dem, was im Klappentext behauptet wird, sind weder Mister Sattisway noch Mister Quin Detektive, schon gar keine Privatdetektive. Der kleine Snob Mister Sattisway wäre sicherlich zutiefst entsetzt, hielte ihn jemand dafür. Ich mochte beide Charaktere noch immer, aber ich hätte es lieber gehabt, wenn wirklich eher wieder echte Kriminalfälle gelöst wurden wären anstatt sich auf die Tragödien des Menschseins zu konzentrieren und mir gefällt auch die Richtung, in die die Identität des Mister Quin gedrückt wird, nicht richtig. Der Sprecher ist noch immer einzigartig gut geeignet für diese Geschichten.