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Veröffentlicht am 16.02.2022

Das Flüstern der Toten

Violet und Bones Band 1 - Der lebende Tote von Seven Gates
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Violet Veil ist in einer Leichenhalle geboren und wächst auf einem Friedhof auf. Ihr Vater ist der Totengräber vom Seven Gates Cemetery und von daher ist sie den Umgang mit Toten gewöhnt. Nicht gewöhnt ...

Violet Veil ist in einer Leichenhalle geboren und wächst auf einem Friedhof auf. Ihr Vater ist der Totengräber vom Seven Gates Cemetery und von daher ist sie den Umgang mit Toten gewöhnt. Nicht gewöhnt ist sie, dass besagte Tote plötzlich aufstehen und über den Friedhof taumeln, doch genau das passiert mit einem Jungen, der am nächsten Tag beerdigt werden sollte. Oliver - an seinen Namen erinnert er sich - hat keine Ahnung,, was ihm passiert und wie er hier gelandet ist, doch Violet erkennt sofort, dass es einen Zusammenhang geben muss zwischen ihm und den Männern, die in letzter Zeit mit derselben Wunde geliefert wurden wie er. Jemand hat versucht, ihn zu ermorden! Zusammen mit Bones, dem Hund, machen sie sich auf, den Fall zu lösen und Violets Vater vor der Schlinge zu retten.

Hier liegt ein wirklich gut geschriebenes Jugendbuch vor, das uns ins Ende des 19. Jahrhunderts entführt, wo Mädchen nicht frei wählen durften, was sie werden wollten, immer gehorsam und still zu sein hatten. Violet ist ein Freigeist, der sich diesen Regeln nicht beugen möchte und vor allem alles dafür tut, um ihrem neuen Freund zu helfen und ihren Vater zu befreien. Es hätte gern noch ein paar andere Verdächtige geben dürfen als die Person, die es schlussendlich war, und der Hund war eindeutig zu clever, aber die Geschichte selbst hat sich schön lesen lassen und Spaß gemacht. Weitere Fälle von Violet, Bones und Oliver dürfen folgen!

Veröffentlicht am 14.02.2022

Ossis und Wessis

Im Schatten der Wende
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Tobias Falck ist 1988 ein junger Polizist, überzeugt von der DDR und dem Sozialismus. Es erschüttert ihn daher, als ein ABV unter dubiosen Umständen stirbt und alle es als Unfall darstellen. Ein knappes ...

Tobias Falck ist 1988 ein junger Polizist, überzeugt von der DDR und dem Sozialismus. Es erschüttert ihn daher, als ein ABV unter dubiosen Umständen stirbt und alle es als Unfall darstellen. Ein knappes Jahr später, als die Demonstrationen stattfinden gegen die Parteiführung, steht er in der ersten Reihe der Gesetzeshüter, die diese Demonstranten aufhalten sollen. Und dann ist sie plötzlich da, die Wende, im November, und keiner weiß, was jetzt passiert. Nur dass jetzt viel mehr Kriminalität existiert, und auf einmal eine Frankfurter Kommissarin um Amtshilfe wegen eines Serienkillers ersucht.

Das hätte schon ein gutes Buch werden können, wenn sich der Autor hätte entscheiden können, ob er einen Krimi oder eine Art Tatsachenbericht über die letzten Monate der DDR/die Zeit nach der Wende hätte schreiben wollen. So kam nichts Halbes und nichts Ganzes raus, im Gegenteil. Die Ermittlungen waren ein Witz und ich weiß aus ziemlich sicherer Quelle, dass die Kriminalisten im Osten sehr gut geschult und engagiert waren. Auch das ewige DDR-Bashing (Dresden auch 45 Jahre nach Kriegsende immer noch ein reines Kriegsgebiet und Polizisten ständig dabei, junge Leute zu schikanieren und Wohnungen waren grundsätzlich abbruchreif) war nicht nur maßlos übertrieben, sondern schlichtweg einfach nur das: gehässiges DDR-Bashing. Die Lösung des "Falls" dann auch nur eine Frechheit - ach, ich hatte das mal so im Gefühl, ich gebe jetzt mal einen Todesschuss ab; wir DDR-Bullen machen das halt so. No, Herr Goldammer. Das war mal nichts.

Veröffentlicht am 12.02.2022

Ich bin die Sucherin

Radio Silent - Melde dich, wenn du das hörst
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Delia Skinner ist siebzehn und betreibt heimlich und anonym einen der bekanntesten True-Crime-Podcasts im Land. Schuld daran ist, dass vor zehn Jahren in ihrem Beisein ihre beste Freundin Libby entführt ...

Delia Skinner ist siebzehn und betreibt heimlich und anonym einen der bekanntesten True-Crime-Podcasts im Land. Schuld daran ist, dass vor zehn Jahren in ihrem Beisein ihre beste Freundin Libby entführt wurde, und sie sich in der ganzen Zeit noch immer Vorwürfe macht. Mit Hilfe der Laptopdektektive, wie sich ihre Community nennt, hat sie schon einige Male vermisste Personen aufspüren oder der Polizei Tipps geben können. Noch nicht einmal jedoch hat Dee über die Entführung ihrer Freundin geredet; zu nahe ist ihr das Ganze noch immer. Doch dann wird ausgerechnet ein Mädchen entführt: 10 Jahre nach Libby, aus derselben Straße, in der Libby und Dee gewohnt haben. Die Zeit zu schweigen ist vorbei ...

Eine wirklich mega spannende Geschichte, die mich von vorn bis hinten fesseln konnte. Dee ist ein sympathischer, wenn auch zurückhaltender, aber sehr cleverer Charakter, der mich für sich einnehmen konnte, genauso das weitere Personal der Geschichte. Schön eingebettet in die Handlung war eine völlig unaufgeregte, unkitschige queere Lovestory zwischen Dee und Sarah; es war einfach mal so erfrischend, dass hier nicht der Kitsch aus den Seiten tropfte (ja, ich rede von dir, Mister T. J. Klune!), sondern zwei coole Kids ohne Drama ihre Liebe auslebten. Es gab Action, Rückblicke, Intrigen und Podcastscripts und war somit ein rundum gelungenes Gesamtpaket.

Veröffentlicht am 10.02.2022

Dienstbare Geister

The Maid
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Molly Gray ist 25, zeigt Aspergertendenzen und ist daher ein wenig anders als die meisten Menschen. Das stört aber in ihrem Job überhaupt nicht, im Gegenteil. Sie ist Dienstmädchen im Regency Hotel, einem ...

Molly Gray ist 25, zeigt Aspergertendenzen und ist daher ein wenig anders als die meisten Menschen. Das stört aber in ihrem Job überhaupt nicht, im Gegenteil. Sie ist Dienstmädchen im Regency Hotel, einem altehrwürdigen Gebäude, und ihr Bedürfnis, perfekt zu putzen, kommt ihr in diesem Job nur zugute. Natürlich machen sich auch Angestellte und Gäste über sie lustig, aber das kennt sie fast gar nicht anders. Sie hat in Mr Preston, dem Portier, und Juan, dem Tellerwäscher, gute Freunde. Und dann findet sie eines Tages den berühmtesten Gast des Hotels tot auf seinem Zimmer und kurz darauf wird auch noch sie verdächtigt, etwas mit seinem Tod zu tun zu heben. Wie soll sie da wieder rauskommen?

Das hätte wirklich eine Art Cosy Crime werden können mit einer außergewöhnlichen Ermittlerin. Spätestens seit Leander Lost "weiß" man ja, wie gut Asperger als Ermittler funktionieren. Hier jedoch hat mich die ganze Schreibweise, die ewigen Gedankengänge der Protagonistin, wirklich furchtbar gelangweilt. Dazu kommt, dass sie nicht wirklich den Fall löst, schon gar nicht durch ihre ach-so-tollen-Kenntnisse, die ein unsichtbares Dienstmädchen Tag für Tag gewinnt. Wenn man ehrlich ist, säße sie ohne die Deus ex Machina Megaanwältin im Knast und würde da auch nie wieder rauskommen. Am Schluss kam es auch noch zu ein paar Erkenntnissen, die mir die Geschichte dann wirklich verleidet haben und das Bedürfnis, mehr von Molly und ihren Freunden zu lesen, tendiert doch eher gegen null. 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 07.02.2022

Mrs Potts badet nackt

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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Judith Potts ist 77 Jahre alt und wohnt allein in einem großen Herrenhaus. Sie müsste nicht arbeiten, entwickelt aber trotzdem für diverse Zeitungen Kreuzworträtsel. Diese Tätigkeit sowie das Nacktbaden ...

Judith Potts ist 77 Jahre alt und wohnt allein in einem großen Herrenhaus. Sie müsste nicht arbeiten, entwickelt aber trotzdem für diverse Zeitungen Kreuzworträtsel. Diese Tätigkeit sowie das Nacktbaden in der Themse, die direkt am Haus vorbeifließt, halten sie fit. Als sie eines heißen Sommerabends wieder einmal nackt in der Themse planscht hört sie einen Schrei vom Nachbargrundstück, danach einen Schuss. Die Polizei will ihr nicht glauben, dass etwas passiert ist, also sucht sie selbst - und findet die Leiche ihres freundlichen Nachbarn. Als wenig später ein zweiter Toter auftaucht und dann gar noch eine dritte Leiche ist Judith klar: In Marlowe geht ein Serienmörder um und die Polizei braucht ihre Hilfe. Sie selbst rekrutiert eine Mannschaft aus zwei anderen Damen und gemeinsam gehen sie ans Recherchieren.

Ich bin ein absoluter Fan von Agatha Christie und bei den neueren englischen Krimis/Cosy Crimes hat es mir der Donnerstagmordclub angetan - auf dessen Erfolg ziemlich offensichtlich sowohl der Titel als auch die Prämisse aufspringen möchte. Und es hätte natürlich auch klappen können. Allerdings hapert es hier an allen Ecken und Enden. Im ersten Moment hat man das Gefühl, der Autor wollte starke und intelligente Frauenfiguren entwickeln - tatsächlich haben sich die, besonders Judith, ziemlich oft ziemlich dämlich angestellt. Es ist auch nicht hilfreich, dass man sich hier eines bei Krimilesern sehr bekannten Themas bedient, um den Fall zu entwerfen, das wird sehr schnell offensichtlich. Man bekommt nur wenig Zugang zu den Charakteren und gerade die Hauptcharaktere der Geschichte sind entweder blass oder nicht sonderlich sympathisch. Dazu kommt, dass gern innerhalb der Absätze die Perspektive gewechselt wird, was wirklich störend ist.

Aber am schlimmsten war das Ende. Davon abgesehen, dass der Täter normalerweise einfach geschossen hätte anstatt sich stundenlang ein Ohr abkauen zu lassen, sorgt ein umgestürzter Baum dafür, dass man scheinbar auf Tausenden Kilometern nicht mehr weiterkommt und eine Nichtschwimmerin mit Hund olympische Leistungen vollbringt. Alles in allem hätte es eine amüsante, very british Lektüre werden können, wenn die Umsetzung mehr Liebe und Können erfahren hätte. 2,5/5 Punkten.