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Veröffentlicht am 24.06.2021

Oje

Mr. Parnassus' Heim für magisch Begabte
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Die Behörde für die Betreuung minderjähriger Magischer ist ein riesiger Beamtenapparat, in dem kleine Beamte wie Linus Baker arbeiten. Er besucht Waisenheime, überprüft, wie die Kinder dort behandelt werden ...

Die Behörde für die Betreuung minderjähriger Magischer ist ein riesiger Beamtenapparat, in dem kleine Beamte wie Linus Baker arbeiten. Er besucht Waisenheime, überprüft, wie die Kinder dort behandelt werden und gibt seine Berichte ab. Aufgrund seiner Distanz, Pedanterie und Ehrlichkeit wird er vom Allerhöchsten Management ausgewählt, ein Heim zu überprüfen, das der allerhöchsten Geheimhaltungsstufe unterliegt. Auf einer Insel befindet sich das Heim von Mr Parnassus, in dem die gefährlichsten magischen Kinder der Welt leben. Linus Baker ist angehalten, ganz genaue Berichte über vier Wochen abzugeben und das tut er auch. Zeitgleich lernt er zum ersten Mal Kinder, die betreut werden, richtig kennen, genauso wie den außergewöhnlichen Mr Parnassus.

Mann! Das hätte so, so großes Kino werden können! Der Sprecher ist genial, hatte genau die richtige Intonation für jede Situation und Person. Die Kinder waren mega - zwischen süß und herzerwärmend, witzig und berührend war alles dabei. Diese besonderen Kinder haben eigentlich die ganze Story gerettet. Selbiges kann ich nicht für Linus Baker sagen. Es gab selten Protagonisten, die ich dermaßen verabscheut habe wie diese kleine, unfitte, nervige Beamtenseele. Er war mir in jeder Szene zuwider. Ich habe auch nicht verstanden, was irgendwer - ganz besonders ein Typ wie Arthur Parnassus - an ihm liebenswert oder besonders finden könnte. Und bevor mir jemand Homophobie vorwirft: Nein. Einfach nein. Mir ist es egal, ob Linus und Arthur homosexuell sind, mir ist das grundsätzlich egal. Aber Idioten sind nun mal Idioten und Linus ist der Größte und Nervigste und Unangenehmste von allen.

Tatsächlich ist es eher so, dass ich das Gefühl hatte, Arthur verliebe sich mal so in jeden Mann, der gerade da ist. Erst Charles Werner, dann Linus. Klar, er kommt ja nicht runter von der Insel, was soll er also machen? Aber ob das Liebe ist, wenn er immer die jeweils verfügbare Person anschmachtet? Und mal ehrlich, dieses Anschmachten war dermaßen kitschig, dass ich mich fremdgeschämt habe. Wenn es darum ging, ihre Liebe zu erklären, triefte das Fett von Klischees und Kitsch nur so aus dem (Hör)Buch.

Anstrengend fand ich auch, dass, wann immer Arthur - der eigentlich die coolste Person hätte sein können - den Mund aufmachte, irgendein Glückskeksspruch herauskam, der die Moralkeule mit Gartenzaunpotenzial schwang. Soll ich noch auf das Ende eingehen? Das als happy und siegreich verkauft wird, obwohl das Heim noch immer unter der Fuchtel der BBMM steht und die ihre Meinung und diverse Unterschriften jederzeit ändern könnten?

Oder darauf eingehen, dass der Autor seine eigenen Daten nicht im Kopf hatte? Es wird sehr deutlich darauf eingegangen, dass er am Mittwoch den Termin beim Allerhöchsten Management hatte und direkt am nächsten Tag fahren musste. Da haben wir also Donnerstag. Ankommen tut er aber scheinbar erst am Wochenende, obwohl die Zugreise nur etwa acht Stunden dauert. Auch wird erwähnt, dass das Abenteuer immer an einem Samstag stattfindet, er das letzte Abenteuer aber an einem Freitag mitmacht.

Oder was für eine seltsame Gesellschaft ist das, wo niemand bei Homosexualität mit der Wimper zuckt (mega! so gehört sich das!), aber Leute so religiös sind, dass sie an den Teufel glauben? Und dass Linus Baker nur bei dem Anblick eines Bildes vom Sohn des Teufels in Ohnmacht fällt? Lächerlich, oder?

So gab es jede Menge, was mich richtig angenervt hat. Muss wahrscheinlich erst mal beim Optiker meine Augen wieder richten lassen, die durch das viele Rollen schief stehen. Was für mich das Buch so gerettet hat, dass ich es zumindest bis zum Ende angehört habe, waren die Kinder. Die Ideen, was sie sind und wie sie sich benommen haben - einfach nur mega gut! Die habe ich einfach geliebt und zusammen mit dem genialen Sprecher hielten die mich bis zum Schluss bei Laune.

Veröffentlicht am 20.06.2021

Ermüdend

Triff mich auf der letzten Seite
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Maddie hat vor einem Dreivierteljahr eine unangenehme Trennung von ihrem jetzigen Ex hinter sich. Seitdem lebt sie allein in dem kleinen, kuscheligen Ort Orion und betreibt dort den genauso kleinen, kuscheligen ...

Maddie hat vor einem Dreivierteljahr eine unangenehme Trennung von ihrem jetzigen Ex hinter sich. Seitdem lebt sie allein in dem kleinen, kuscheligen Ort Orion und betreibt dort den genauso kleinen, kuscheligen Buchladen. Außerdem schreibt sie heimlich und unter Pseudonym Bücher und ihr Erstes steht kurz davor zu erscheinen. Da findet sie eine Vorabrezension, in der ihr ein Blogger namens Silver Fox nur 3 Punkte gibt, weil er findet, dass ihre Liebesszenen keine Gefühle haben. Wütend schreibt sie ihm und nach und nach entwickelt sich zwischen ihnen ein Kontakt, der immer freundschaftlicher wird. Im real life hingegen wird alles chaotischer. Maddies Ex nimmt wieder Kontakt zu ihr auf, eine alte Flamme kehrt zurück, ein heißer Professor sitzt jeden Tag in ihrem Büchercafé und dann ist da noch ihr Jugendfreund Max. Ob einer von ihnen der Darcy zu ihrer inneren Elizabeth sein kann?

Mir war bei dem Wetter wirklich mal nach was Leichtem, bei dem man abschalten und sich nur berieseln lassen konnte. Und das hätte eigentlich gut funktionieren können, wenn die Autorin sich auf einen oder zwei Stränge verlassen und nicht versucht hätte, ein halbes Dutzend Dinge unterzubringen, die alle auf dasselbe rauflaufen: Maddie ist ein sexy thing, weiß es natürlich nicht, aber fast alle Männer sind scharf auf sie. Stattdessen sucht sie nach dem perfekten Bookboyfriend. Vorhersehbar geht der Reigen los und auch zu Ende und richtig genervt hat mich, dass Maddie am liebsten jeden der Männer einmal gern besprungen hätte. Hormone müssen schon echt eine Sache sein, die man auf keinen Fall unter Kontrolle haben kann. Jedenfalls war die Geschichte für mich dann doch zu leicht, zu anstrengend und schablonenhaft die Charaktere und die Lösung ging so: DAS geht so auf keinen Fall. Oh? Ach, das geht dann jetzt halt doch. Na dann. 2,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 17.06.2021

Stadt der Gründer

Megaheaven
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Gordon Dunnhil ist ein junger Ermittler in der von vielen Wesen bevölkerten Metropole Panurbia. Als er eines Tages zu einer toten Grauschwinge - einer geflügelten Spezies, die normalerweise nicht in Panurbia ...

Gordon Dunnhil ist ein junger Ermittler in der von vielen Wesen bevölkerten Metropole Panurbia. Als er eines Tages zu einer toten Grauschwinge - einer geflügelten Spezies, die normalerweise nicht in Panurbia lebt - gerufen wird, sagt man ihm gleich, dass er sich nicht weiter um diesen Fall kümmern soll. Doch Gordon ist hartnäckig, er will herausfinden, was der Grauschwinge zugestoßen ist und will die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Dabei stößt er auf eine riesige Intrige, einen jahrhundertealten Konflikt zwischen zwei herrschenden Parteien der Stadt, und er begreift, dass er die endgültige Konfrontation zwischen ihnen verhindern muss oder ganz Panurbia wird untergehen.

Was für eine starke Idee! Und tatsächlich mochte ich die Umsetzung sehr, auch wenn sie manchmal schneller hätte Fahrt aufnehmen können. Gordon und viele der vorgestellten Wesen waren sehr sympathisch und an Ideen mangelt es dem Autor nicht. Allerdings hätte er manche Sachen wirklich besser ausarbeiten müssen, die wurden dann einfach mal als Isso abgetan. Hier hätte ein vernünftiger Lektor viel Gutes tun können - ich glaube, ein richtiges Lektorat hat nicht stattgefunden, sonst gäbe es die Rechtschreibfehler nicht, die mir immer mal wieder aufgefallen sind. Trotzdem hat mich das Buch einnehmen können; es ist originell und beinhaltet viele der Dinge, die ich gerne lese.

Veröffentlicht am 17.06.2021

Ozeane der Zeit

Bram Stoker's Dracula - Comic zum Film
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Dracula. Ein Klassiker. Wer kennt diese Geschichte nicht? Es geht um Vlad Dracula, einen rumänischen Adligen, der im 15. Jahrhundert eine weitaus größere türkische Armee besiegt, aber das Liebste verliert, ...

Dracula. Ein Klassiker. Wer kennt diese Geschichte nicht? Es geht um Vlad Dracula, einen rumänischen Adligen, der im 15. Jahrhundert eine weitaus größere türkische Armee besiegt, aber das Liebste verliert, was er hat: seine Frau Elisabeta. Wütend auf einen Gott, der ihn im Stich ließ, entsagt er sich allem Christlichen und wird zu einem Wanderer in der Zeit. Im 19. Jahrhundert trifft ein junger Anwalt auf ihn, tief in den Karpaten. Er soll ihm Grundstücke in England verkaufen. Jonathan Harker, so der Name des Anwalts, wird noch viel Zeit haben, diese Reise zu bereuen, denn so holt er einen Vampir nach England und bringt damit auch seine Verlobte Mina Murray in höchste Gefahr. Erst als sich Professor van Helsing der Sache annimmt, kommt Licht ins Dunkel ...

Ein bisschen Licht im Dunkel wäre auch bei den Zeichnungen manchmal angebracht gewesen. So sind sie eigentlich wirklich gut gelungen, aber es gab Szenen, wo ich lange hinsehen musste, um zu begreifen, was jetzt dargestellt werden sollte. Und was ich persönlich ärgerlich fand, war das teilweise miese Lektorat. Wenn gleich mal auf Seite 1 Jonathan Harker als Jonathan Hacker bezeichnet wird, lässt das nicht auf nötige Sorgfalt schließen. Ansonsten hat mir die Graphic Novel des Klassikers gut gefallen.

Veröffentlicht am 13.06.2021

So hoch wie zwei Pferde

Der Ickabog
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Es war einmal ...

... ein Königreich namens Schlaraffien. Das wurde von einem schönen, blonden König namens Fred dem Furchtlosen regiert. Der war bei der Bevölkerung sehr beliebt. Allerdings war er auch ...

Es war einmal ...

... ein Königreich namens Schlaraffien. Das wurde von einem schönen, blonden König namens Fred dem Furchtlosen regiert. Der war bei der Bevölkerung sehr beliebt. Allerdings war er auch recht dumm. Und er hatte zwei Freunde, zwei mächtige Lords, die ihn berieten. Diese beiden Lords wurden immer gieriger und gieriger, und um ihre Machtpositionen zu sichern, dachten sie sich das Märchen von einem furchtbaren Ungeheuer aus, das bekämpft werden musste. Immer mehr und mehr Geld floss in ihre Taschen und das Land und die Leute wurden immer ärmer. Doch ein paar Menschen wollten nicht mehr zusehen. Ein paar standen auf und wehrten sich. Ein paar wollten die Wahrheit hören und keine Lügen mehr und aus den paar wurden immer mehr und mehr ... Und der Ickabog? Das grässliche Ungeheuer aus dem Norden war wirklich grässlich. Aber nur äußerlich. Denn innerlich war es wie jedes Ungeheuer im eigenen Herzen: Es ist genau das, was man aus ihm macht. Und wie man es füttert. Gibst du ihm Hass, wird es hassen. Gibst du ihm Liebe, wird es lieben.

Und so muss jeder, nicht nur im Königreich Schlaraffien, für sich selbst entscheiden, wie er die Ungeheuer in sich füttert.

Ich mochte das Märchen. Schön geschrieben, teilweise sogar düster und brutal wie die alten Grimmschen Geschichten, nicht so weichgespült wie von Walt Disney. Hübsche Kinderzeichnungen zu den Ereignissen. Was ich nicht mochte, war die Eindeutschung der Namen. Hört nicht auf die Erbsenprinzessinnen, die im Li-La-Laune-Land aufgewachsen sind und sich über die Grausamkeit des Buches beschweren. Kinder können das ab und echte Märchen beinhalten auch immer einen Hauch von Dunkelheit. Denn Kinder müssen lernen: Es gibt nicht nur Ungeheuer, die so aussehen. Die anderen, die, die man auf den ersten Blick nicht erkennt, die sind viel schlimmer und gefährlicher. Genau das wird hier vermittelt.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Happy End