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Veröffentlicht am 11.06.2019

Altrevoluzzer und Anarchisten

Wilder Winter
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Die 80iger Jahre irgendwo in Osttexas: Hap Collins und Leonard Pine sind Freunde und als solche recht ungewöhnlich, ganz besonders unter den Rednecks da unten. Hap ist weiß, hetero und Kriegsdienstverweigerer, ...

Die 80iger Jahre irgendwo in Osttexas: Hap Collins und Leonard Pine sind Freunde und als solche recht ungewöhnlich, ganz besonders unter den Rednecks da unten. Hap ist weiß, hetero und Kriegsdienstverweigerer, während Leonard schwarz, schwul und Vietnamveteran ist. Und doch halten sie zusammen wie Pech und Schwefel, auch und gerade als Trudy, Haps Ex-Frau wieder einmal auftaucht. Trudy sorgt immer für Ärger und auch dieses Mal bahnt sich einer an. Sie braucht Hap für das Auffinden der Beute aus einem Banküberfall, doch Hap geht nirgendwo hin ohne Leonard. Und plötzlich fliegen Kugeln und Tote pflastern ihren Weg.

Wahrscheinlich ist dieses Buch nicht jedermanns Sache. Es wird sich gegenseitig beschimpft und geflucht, als gäbe es kein Morgen und wenn man Lansdales Bücher nicht kennt, könnte man meinen, er sei ein sexistischer Hund. Ich habe mittlerweile jede Menge Lansdale-Bücher gelesen und bin der Meinung, dass das nicht zutrifft, aber wäre dieses hier mein erstes gewesen, hätte es mich auch ziemlich irritiert. Was man hier findet, ist eine kurzweilige, heftige, brutale Geschichte. Es ist nicht das Beste aller Lansdale-Bücher, es ist nicht mal das Beste aller Hap- und Leonard-Bücher, aber es ist schon in dem typischen, rotzfrechen Stil verfasst, der die Werke dieses Autors ausmacht. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 10.06.2019

Diese unerträgliche Person!

Clans of London
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"Diese unerträgliche Person!", rief ich entnervt, bevor ich das Hörbuch abbrach. Ich hätte am liebsten auch noch um der Dramatik Willen die Arme hochgerissen, aber das ging nicht, ich saß am Steuer. Ich ...

"Diese unerträgliche Person!", rief ich entnervt, bevor ich das Hörbuch abbrach. Ich hätte am liebsten auch noch um der Dramatik Willen die Arme hochgerissen, aber das ging nicht, ich saß am Steuer. Ich habe ja schon einige stressige, minderbemittelte, naive oder furchtbare Protagonistinnen - gerade in Jugendbüchern oder Liebesgedöns - gehört oder gelesen, aber diese hier schlägt wohl 99,7 Prozent aller anderen. Gegen sie wirkt selbst Bella Swan sympathisch, clever und schlagfertig.

Worum geht's? Um Caroline, die Kopfschmerzen hat. Immer, ständig, und in Situationen, die jeder auch nur semiintelligente Mensch entschärft hätte, wenn es in seiner Macht läge. In ihrer lag es oft genug, aber sie muss sich wegen ihrer Mitbewohnerin Sachen wie Disco antun. Oder Jungs. Und Jungs gehen ja gar nicht. Schon gar nicht Womanizer wie Ash. (Gibt es irgendwo eine Vorschrift, dass die Badboys in Jugendbüchern alle wie das Abfallprodukt von Kohle heißen müssen? Ist schon mindestens das dritte mit diesem Namen, das mir auffällt.) Ash ist ein Badboy weil ... wegen ... ach so. Caroline sagt das. Und was sie sagt, muss schließlich stimmen. Oder ... vielleicht doch nicht. Sie sagt ja auch, dass sie nicht zickig ist. Dabei müsste im Duden unter dem Begriff "zickig" einfach nur als Erklärung "Caroline aus dem Hexenbuch" stehen.

Ash zeigt seine Badboy-Qualitäten, indem er furchtbar nett zu Caroline ist, die ihm gleich mal erklärt, dass sie nicht mit ihm ins Bett gehen wird. So völlig aus dem Kalten, die hatten noch keine drei Worte miteinander gewechselt. Finde ich total normal, so ein Verhalten.
Nicht.
(Ihr vielleicht? Ist das neuerdings ein Gesprächseinstieg? "Hi, wie geht's?" "Ich gehe nicht mit dir ins Bett!")
Ash ist trotzdem nett. Hilft ihr in jeder Hinsicht. Sie revanchiert sich dafür, indem sie ihn permanent anfährt, für ihre Situation verantwortlich macht (er kann nichts dafür) - oh, und im Augenrollen ist sie großartig. Geradezu Weltmeisterin. Sie ist die undankbarste Protagonistin, die mir je untergekommen ist.

In dem Buch müssen übrigens Magier aktiviert werden. Werden sie nicht aktiviert, sterben sie an ihrem 18. Geburtstag, weil ... wegen ... isso. Zum Aktivieren brauchen sie übrigens auch was von ihren Eltern. Tja, schade, liebe Waisen und Halbwaisen. War nett, euch kennengelernt zu haben. Und tschüs.

Im Übrigen wurde jedes, aber auch jedes schreckliche Klischee verarbeitet, das jemals in irgendeinem Jugendbuch benutzt wurde. Dazu müssen Leute nicht nur ständig Augen rollen, sondern auch tief Luft holen oder seufzen. Wobei ich Ashs Seufzen durchaus nachvollziehen konnte, der Kerl hatte die Geduld eines Heiligen. Zumindest blieben die Sätze kurz und einfach, damit sich niemand beim Lesen oder Hören überfordert fühlte.

Richtig leid tat mir übrigens die Sprecherin. Ich fürchte fast, sie war ZU gut, denn sie hat die Zickigkeit dieser unerträglichen Person noch so richtig herausgearbeitet. Klasse Sprecherin, die ein schlechtes Buch durch ihre Genialität (kein Witz!) noch schlechter machte. Hatte ich auch noch nie. Wie auch immer. Noch mehr Lebenszeit - selbst beim Autofahren - mit diesem Buch zu verschwenden, erscheint mir als ... nun ja. Verschwendung. Abbruch. Tiefes Aufatmen. Kein Seufzen.

Veröffentlicht am 09.06.2019

Seht mal, ein Rätsel!

Ellingham Academy (Band 1) - Was geschah mit Alice?
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Die Ellingham Academy in den Bergen von Vermont ist ein außergewöhnliches Internat für begabte Schüler. Solche, die sich auf gewisse Weise schon irgendwo hervorgetan haben, seien sie You-Touber, Autoren, ...

Die Ellingham Academy in den Bergen von Vermont ist ein außergewöhnliches Internat für begabte Schüler. Solche, die sich auf gewisse Weise schon irgendwo hervorgetan haben, seien sie You-Touber, Autoren, Schauspieler oder in andersweitig besonders. Stevie Bell gehört neuerdings zu ihnen. Sie beschäftigt sich mit Kriminalfällen und möchte daher einen alten Fall lösen, der sich ausgerechnet in Ellingham zugetragen hat - allerdings 80 Jahre vorher. Doch dann geschieht ein echtes Verbrechen und Stevie muss sich fragen, ob der Job eines Detektivs nicht gefährlicher ist als angenommen.

Das ist der erste Teil einer Trilogie und ich bin mit nicht sonderlich hohen Erwartungen herangegangen, da mich die Autorin vor ein paar Jahren mit ihren Schatten von London nicht abholen konnte. Hier jedoch hat sie mich überrascht. Natürlich gibt es die relativ typische Internatsstoryhintergründe mit ihren typischen Bewohnern. Und doch war es gut und lässig genug geschrieben, dass es mich bei der Stange hielt, die Klischees samt Liebesgedöns hielten sich angenehm dezent im Rahmen und der Fall/die Fälle waren angenehm komplex. Eigentlich habe ich insgesamt auch nur zwei Beschwerden. 1.) Es gab keinen vernünftigen Abschluss für diesen ersten Band und 2.) Wer zum Teufel hat sich diesen dummen Untertitel ausgedacht? Nichts gegen die arme Alice, aber man weiß, was mit ihr geschah und sie ist eigentlich auch die am wenigsten erwähnte und vor allem relevante Person des ganzen Buches. Untertitel-Kreativer, sechs, setzen! Ansonsten bin ich tatsächlich gespannt, wie es im nächsten Buch weitergeht.

Veröffentlicht am 09.06.2019

Es war einmal in China ...

In tiefen Wäldern Träumen lauschen - Band 1
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Mitten in den Bergen, in einem verlassenen Kloster, während eines heftigen Gewitters, begegnen sich eine junge Frau und ein Mann mit einer Affenmaske. Um die Zeit zu vertreiben erzählt Affe der Frau eine ...

Mitten in den Bergen, in einem verlassenen Kloster, während eines heftigen Gewitters, begegnen sich eine junge Frau und ein Mann mit einer Affenmaske. Um die Zeit zu vertreiben erzählt Affe der Frau eine Geschichte, die fast ein bisschen märchenhaft anmutet, nämlich die einer Prinzessin, die sich durch ihre Stellung einen Gatten kaufen kann.

Es war einmal eine Prinzessin, die alles durfte, was sie wollte. Eines Tages entdeckte sie auf dem Markt einen jungen Mann von überirdischer Schönheit und beschlosss auf der Stelle, ihn zu heiraten. Dank ihres Vaters, des Kaisers, wurde ihr der Wunsch auch gewährt. Sie erhob die Familie ihres Angebeteten A Jiu und nahm ihm zum Mann. Doch A Jiu ist anders als alle anderen. Nicht nur von ätherischer Schönheit, besitzt er übermenschliche Kraft, Kenntnisse von Heilkräutern, ist zu allen gut und sanft. Doch während der Hochzeit ist er vor allem eines: stumm. Er kann nicht reden, lediglich in seinem Gesicht liest man Melancholie. Ob die beiden glücklich werden können?

Nicht nur die Frau im Kloster fragt sich das bisher. Am Ende des ersten Bandes tappt man genauso im Dunkeln wie sie. Durch die Graphic Novel bekommt man einen guten Einblick in das China der Tang-Dynastie und die Zeichnungen sind einfach extrem gut und detailreich. Keine Falte in der Kleidung bleibt verborgen, kein Gesichtsausdruck entkommt dem Leser/Betrachter. Man kann bereits aufgrund einiger Hintergrundinformationen gewisse Spekulationen anstellen und ist neugierig, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Eine ruhige, angenehme Erzählung, die eher durch ihren Flow als durch Action zu fesseln weiß.

Veröffentlicht am 06.06.2019

Pfanne-Topf-Blech

Die One-Pot-Challenge
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Der Titel ist vielleicht ein bisschen irreführend. Bei one pot stellt man sich ja eigentlich immer einen Topf vor, in den alle Zutaten geworfen werden und der dann hexenküchenmäßig vor sich hin brodelt ...

Der Titel ist vielleicht ein bisschen irreführend. Bei one pot stellt man sich ja eigentlich immer einen Topf vor, in den alle Zutaten geworfen werden und der dann hexenküchenmäßig vor sich hin brodelt und köchelt. Tatsächlich gibt es hier jedoch drei Köche, die jeweils mit einem Küchenelement arbeiten: dem Topf, der Pfanne und dem Blech. Dabei bleiben sie auch und wechseln nicht durch.

Moderiert wird das Ganze von Jumbo Schreiner, der auch die Vorgaben macht. Eigentlich sagt er nur die Hauptzutat an und die Köche machen was draus. Ich war anfangs skeptisch, gerade wenn es darum ging, Nudeln im Ofen zu backen oder Linsen. Und die ganzen Fischrezepte habe ich von vornherein ignoriert, das ist so gar nicht mein Ding. Aber am Ende gab es für mich Überraschungen: Lieblingsrezepte, zum Beispiel ausgerechnet bei Linsen, die ich immer langweilig fand bis dahin.
Die meisten ausprobierten Rezepte haben geschmeckt, außer einmal, als mir das Chili ausgekommen ist - das sehe ich aber als meinen Fehler an.

Was mich auf Dauer als Einziges genervt hat, war Jumbo Schreiner. Ich kenne weder ihn noch die Kochprofis und vielleicht ist das das Problem, denn ich bin kein Fan. Aber außer dass er viel gequatscht und die Zutaten in den Raum geworfen hat, hatte er keine Funktion. Und diese Funktion fand ich überflüssig. Mir wäre es lieber gewesen, wenn es mehr Rezepte und weniger oder gar keinen Jumbo gegeben hätte. Ansonsten ist das ein Superkochbuch, mit dem ich noch lange nicht fertig sein werde.