"Diese unerträgliche Person!", rief ich entnervt, bevor ich das Hörbuch abbrach. Ich hätte am liebsten auch noch um der Dramatik Willen die Arme hochgerissen, aber das ging nicht, ich saß am Steuer. Ich habe ja schon einige stressige, minderbemittelte, naive oder furchtbare Protagonistinnen - gerade in Jugendbüchern oder Liebesgedöns - gehört oder gelesen, aber diese hier schlägt wohl 99,7 Prozent aller anderen. Gegen sie wirkt selbst Bella Swan sympathisch, clever und schlagfertig.
Worum geht's? Um Caroline, die Kopfschmerzen hat. Immer, ständig, und in Situationen, die jeder auch nur semiintelligente Mensch entschärft hätte, wenn es in seiner Macht läge. In ihrer lag es oft genug, aber sie muss sich wegen ihrer Mitbewohnerin Sachen wie Disco antun. Oder Jungs. Und Jungs gehen ja gar nicht. Schon gar nicht Womanizer wie Ash. (Gibt es irgendwo eine Vorschrift, dass die Badboys in Jugendbüchern alle wie das Abfallprodukt von Kohle heißen müssen? Ist schon mindestens das dritte mit diesem Namen, das mir auffällt.) Ash ist ein Badboy weil ... wegen ... ach so. Caroline sagt das. Und was sie sagt, muss schließlich stimmen. Oder ... vielleicht doch nicht. Sie sagt ja auch, dass sie nicht zickig ist. Dabei müsste im Duden unter dem Begriff "zickig" einfach nur als Erklärung "Caroline aus dem Hexenbuch" stehen.
Ash zeigt seine Badboy-Qualitäten, indem er furchtbar nett zu Caroline ist, die ihm gleich mal erklärt, dass sie nicht mit ihm ins Bett gehen wird. So völlig aus dem Kalten, die hatten noch keine drei Worte miteinander gewechselt. Finde ich total normal, so ein Verhalten.
Nicht.
(Ihr vielleicht? Ist das neuerdings ein Gesprächseinstieg? "Hi, wie geht's?" "Ich gehe nicht mit dir ins Bett!")
Ash ist trotzdem nett. Hilft ihr in jeder Hinsicht. Sie revanchiert sich dafür, indem sie ihn permanent anfährt, für ihre Situation verantwortlich macht (er kann nichts dafür) - oh, und im Augenrollen ist sie großartig. Geradezu Weltmeisterin. Sie ist die undankbarste Protagonistin, die mir je untergekommen ist.
In dem Buch müssen übrigens Magier aktiviert werden. Werden sie nicht aktiviert, sterben sie an ihrem 18. Geburtstag, weil ... wegen ... isso. Zum Aktivieren brauchen sie übrigens auch was von ihren Eltern. Tja, schade, liebe Waisen und Halbwaisen. War nett, euch kennengelernt zu haben. Und tschüs.
Im Übrigen wurde jedes, aber auch jedes schreckliche Klischee verarbeitet, das jemals in irgendeinem Jugendbuch benutzt wurde. Dazu müssen Leute nicht nur ständig Augen rollen, sondern auch tief Luft holen oder seufzen. Wobei ich Ashs Seufzen durchaus nachvollziehen konnte, der Kerl hatte die Geduld eines Heiligen. Zumindest blieben die Sätze kurz und einfach, damit sich niemand beim Lesen oder Hören überfordert fühlte.
Richtig leid tat mir übrigens die Sprecherin. Ich fürchte fast, sie war ZU gut, denn sie hat die Zickigkeit dieser unerträglichen Person noch so richtig herausgearbeitet. Klasse Sprecherin, die ein schlechtes Buch durch ihre Genialität (kein Witz!) noch schlechter machte. Hatte ich auch noch nie. Wie auch immer. Noch mehr Lebenszeit - selbst beim Autofahren - mit diesem Buch zu verschwenden, erscheint mir als ... nun ja. Verschwendung. Abbruch. Tiefes Aufatmen. Kein Seufzen.