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Veröffentlicht am 26.03.2019

Wie Götter in Frankreich

Gold und Schatten
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Als Diplomatenkind ist es die sechzehnjährige Livia gewohnt, ständig umzuziehen. Jetzt ist sie also in Paris gelandet und fast an ihrem ersten Tag begegnet sie dort dem geheimnisvollen Maél, der sie nicht ...

Als Diplomatenkind ist es die sechzehnjährige Livia gewohnt, ständig umzuziehen. Jetzt ist sie also in Paris gelandet und fast an ihrem ersten Tag begegnet sie dort dem geheimnisvollen Maél, der sie nicht nur in die Katakomben mitnimmt, sondern ihr auch gehörig den Kopf verdreht. Als wäre es damit nicht genug, kann sie seit einiger Zeit hören, wie Pflanzen mit ihr sprechen, ein irrer Bettler prophezeit komische Dinge - und dann wäre da noch die Kleinigkeit, dass sie plötzlich eine Menge griechischer Götter und Halbgötter kennenlernt, die es sich in Paris gutgehen lassen. Und was will eigentlich dieser Badboy Maél von ihr?

Ich mochte die meisten Leute, die sind echt gut entwickelt worden. Probleme hatte ich ausgerechnet mit Maé, weil er tatsächlich Livia von vorn bis hinten ausnutzt und trotz seiner eigenen Regeln die Finger nicht von ihr lassen kann. Da sträuben sich mir die Nackenhaare und die dümmliche Erklärung, dass er sich wegen ... und ... aus Gründen nicht in sie verlieben darf, macht es nicht besser. Man kann nicht verhindern, sich zu verlieben, besonders, wenn man nicht mal Abstand halten kann. Da haperte es also ein bisschen an der Logik. Allerdings kann ich in dem Fall meistens drüber hinwegsehen, weil ich die meisten Nebenfiguren cool fand, besonders Livias neue Freundinnen und Hephaistos. Und klar, die Riesenmotte. Die nicht zu erwähnen, wäre eine Gemeinheit. Fassen wir also zusammen: Witzig, mit originellen Ansätzen, aber auch extrem viel Klischees und Liebesgedönshin- und her. Ich werde den Nachfolger lesen. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 25.03.2019

Jagd auf magische Artefakte

Land of Stories: Das magische Land – Die Suche nach dem Wunschzauber
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Alex und ihr Zwillingsbruder Conner könnten nicht unterschiedlicher sein. Während sie introvertiert ist und gerne lernt, ist er eher lernfaul, hat dafür Freunde in der Schule. Vor einem Jahr haben sie ...

Alex und ihr Zwillingsbruder Conner könnten nicht unterschiedlicher sein. Während sie introvertiert ist und gerne lernt, ist er eher lernfaul, hat dafür Freunde in der Schule. Vor einem Jahr haben sie ihren Vater verloren, ein Verlust, der bis jetzt nicht verwunden ist. Als ihre Großmutter ihnen zu ihrem 12. Geburtstag ein besonderes Märchenbuch schenkt, passiert das Unfassbare: Sie werden hineingezogen und landen mitten in der Welt von Schneewittchen, Rotkäppchen, Dornröschen und allen, die sie so gut zu kennen glaubten. Um zurückkehren zu können, müssen sie sieben Artefakte finden, doch hinter denen ist auch die Böse Königin mit dem Rudel böser Wölfe her ...

Ich bin kein Coverkäufer, aber wow! Bei dem Cover und der Ausgangslage - kann da was schiefgehen? Es kann. Colfer beweist es. Er schreibt wahnsinnig langweilig, sodass ich mich bis zur Hälfte richtig, richtig gequält habe, um das Buch nicht abzubrechen. Dazu kommt, dass diese Kinder ein Vokabular besitzen, wie ich es selten bei Abiturienten erlebt habe, geschweige denn in der Unterstufe. Die wirklich wichtigen Sachen fallen ihnen - oh, wie märchenhaft - in den Schoß. Das Mädchen kann übrigens nicht normal sprechen, trotz ihrer guten Ausdrucksweise. Da wird geseufzt, gequietscht, gekreischt, geweint, dass man sie schütteln möchte. Der männliche Gegenpart hingegen ist ... männlich. Kurz angebunden, meistens grob, gelegentlich dumm-dreist. Dafür jedoch, dass eigentlich Alex, das Mädchen, als die Intelligente beschrieben wird, ist es immer der Junge, der auf die richtigen Ideen kommt. Der würde übrigens lieber bei den Trollen und Kobolden als Sklave verrecken, als einem gleichaltrigen Trollmädchen einen Kuss zu geben. Ich meine, wir sprechen hier nicht von einem French Kiss, um das klarzustellen, sondern nur einem unschuldigen Kinderküsschen. Stattdessen ekelt er sich demonstrativ und lautstark vor dem armen Kind. Coole Message. Nicht.
Im Übrigen ist die Oma der Kinder das Letzte. Ihre Enkelkinder und Schwiegertochter kämpfen sich Monat für Monat gerade so über die Runden, und sie, die ja eigentlich dafür da ist, allen zu helfen, kriegt das bei ihrer eigenen Familie nicht auf die Reihe? Noch coolere Message. Nicht. Zwischendrin ließ auch die Logik mal zu wünschen übrig, aber das hat dann auch nicht mehr gestört.
Schade. Sämtliches Potenzial verschenkt.

Veröffentlicht am 19.03.2019

Gebunden

Die verborgenen Stimmen der Bücher
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Emmett Farmer ist genau das: ein Bauer. Und eigentlich will er eines Tages den Hof seines Vaters übernehmen, doch dann wirft ihn ein heftiges Fieber monatelang nieder. Als eine Buchbinderin ihn als Lehrling ...

Emmett Farmer ist genau das: ein Bauer. Und eigentlich will er eines Tages den Hof seines Vaters übernehmen, doch dann wirft ihn ein heftiges Fieber monatelang nieder. Als eine Buchbinderin ihn als Lehrling haben will, zögern seine Eltern nicht, ihn wegzuschicken - dabei werden Buchbinderinnen wie Hexen betrachtet, denn sie stehen im Verdacht, Seelen von Menschen zu stehlen und in Büchern zu speichern. Niemand will mit ihnen zu tun haben, doch Emmett bemerkt schnell, dass es nicht so einfach ist. Und dann begegnet er eines Tages dem adligen Lucian und nichts ist mehr so, wie er es zu wissen glaubte.

Das ist mal wieder eines der Bücher, bei denen ich hin- und hergerissen bin, wie ich sie am besten beschreibe. Es hat mir gefallen, so viel steht fest. Es ist eine Lektüre, die entschleunigt. Nicht langweilig, aber es nimmt sich Zeit für die Geschichte. In drei Teile gegliedert zeichnet es erst ein Porträt von Emmett und seiner Lehrstelle, geht in Teil 2 zurück in die Vergangenheit und lässt uns in Teil 3 an Lucians Perspektive teilhaben. Es behandelt Triggerthemen wie Missbrauch und Selbstmord; manchmal - gerade wenn es in der Stadt spielt - ist es unerwartet düster. Mit dem Ende bin ich nicht ganz glücklich. Man muss mir nicht alles vorkauen, aber wenn sich jemand Zeit nimmt für alle Einzelheiten einer Handlung, erwarte ich nicht, zum Schluss im Regen stehen gelassen zu werden. Mir wäre also ein runderer Abschluss lieber gewesen, aber im Großen und Ganzen ist das ein durch und durch empfehlenswertes Werk.
Dieses Cover könnte arg fehlleiten, finde ich. Es vermittelt den Eindruck eines leichten, mal so eben wegzulesenden Buches, aber es ist viel mehr und könnte gewisse Leser überfordern. Zum Beispiel diejenigen, die glauben, Homosexualität sei eine Krankheit oder auch diejenigen, die nicht schlafen können, wenn unter ihren zwanzig Matratzen eine Erbse liegt.

Veröffentlicht am 16.03.2019

Macht und Magie

Witchmark. World Fantasy Award für den besten Fantasy-Roman des Jahres 2019
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Es war einmal ...

Eine viktorianisch angehauchte Welt, in der die Reichen Magie wirken durften, während die Armen dafür verfolgt und in Sanatorien eingesperrt wurden.
Und dann kam Miles Singer.
Miles ...

Es war einmal ...

Eine viktorianisch angehauchte Welt, in der die Reichen Magie wirken durften, während die Armen dafür verfolgt und in Sanatorien eingesperrt wurden.
Und dann kam Miles Singer.
Miles stammt aus einer hochadligen Familie. Seine Schwester ist Sturmsängerin, er selbst "nur" Sekundant, das heißt, seine magischen Fähigkeiten werden als geringer eingeschätzt. Sekundanten werden als Art Batterie für die Sturmsänger eingesetzt, sie sind sozusagen Magier zweiter Klasse und werden gebunden. Miles flieht und geht zur Armee, um Medizin zu studieren. Dafür ändert er seinen Namen, verpflichtet sich für sieben Jahre und gerät in den Krieg und in Gefangenschaft. Als er wiederkommt, wird er Psychologe in einem Kriegskrankenhaus und dann bringt ihm ein außergewöhnlicher Mann einen Sterbenden. Er kann ihn nicht retten, doch er schwört, dessen Mörder zu finden. Tristan, der seltsame Mann, hilft ihm und verbirgt ebenfalls das ein oder andere Geheimnis.

Es ist gar nicht so einfach, diese Rezension zu schreiben, denn die Autorin hat hier eine komplexe Welt geschaffen, die sich erst nach und nach erschließt. Man steht erst einmal mitten drin, dreht sich im Kreis, sieht sich um und ist verwirrt. Das macht aber nichts, denn Miles und die anderen Protagonisten sowie die Handlung tragen die Geschichte sehr gut, und wer sich darauf einlässt, wird mit einer tollen Story belohnt. Es geht um Intrigen und Politik, fast wie im wahren Leben, aber nicht so langweilig verpackt. Außerdem ist hier einiges umgedreht; tatsächlich geht es selbst bei den sich an ihre Macht krallenden Hochadligen um Leistung: Wenn also eine Frau die Sturmsängerin ist, muss sich der Sekundant, in dem Fall Miles, ihr beugen und sich versklaven lassen. Er ist verpflichtet, immer zwei Schritte hinter ihr zu gehen und sie so viel von seiner Magie abziehen zu lassen, wie sie braucht. Dabei sind auch schon Sekundanten gestorben, was "für das größere Wohl" in Kauf genommen wird. Jemand, der sich auflehnt, gilt als Rebell und wird gejagt. Ich kann das Buch nicht für Homophobiker empfehlen und auch nicht für jene, die ständig denselben Einheitsbrei lesen. Alle anderen werden ihren Spaß haben. Ich jedenfalls freue mich schon auf Band 2, auch wenn er erst nächstes Jahr erscheint.

Veröffentlicht am 15.03.2019

Die Gefährten des Siegels

Das gefälschte Siegel
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Prinz Tymur war schon als Kind ein seltsamer Kerl, der unbedingt Dinge tun musste, die eigentlich verboten waren. Zum Beispiel die steinernen Wächter stören, zu denen Lorcan gehört, der mehr Zuneigung ...

Prinz Tymur war schon als Kind ein seltsamer Kerl, der unbedingt Dinge tun musste, die eigentlich verboten waren. Zum Beispiel die steinernen Wächter stören, zu denen Lorcan gehört, der mehr Zuneigung zu Tymur verspürt, als ihm eigentlich zusteht. Dann ist da noch der versoffene, heruntergekommene, aber einstmals geniale Fälscher Kevron und die junge Magierin Enidin. Diese vier haben eine klassische Heldenreise vor sich, denn sie müssen herausfinden, ob das Siegel, in das vor langer Zeit ein Dämon eingesperrt war, noch intakt ist oder nicht und dafür müssen die Zauberin von Alfeyn aufsuchen, das geheimnisumwitterte Nebelvolk.

Der Einstieg war fesselnd und man merkt auch gleich, dass es keine Helden im Sinne von edel, gut und immer bereit, das Richtige zu tun, ist. Mir gefiel der etwas undurchsichtige, ewig plappernde Prinz mit der eigenen Agenda, der ständig trunkene Fälscher mit schwerer Vergangenheit, der "junge" Wächter, der sich Gefühle erlaubte und die Magierin, die anfangs so frisch daherkam. Das Problem mit dieser Art von Fantasy ist, dass wir nicht mehr in der Zeit von Tolkien leben, und was bei ihm noch klassisch wirkte, ist jetzt einfach nur langatmig. Dieses Buch wurde immer zäher, weil auch nicht wirklich was voranging, ständig die Reibereien der einzelnen "Gefährten", dazu die Verliebtheit, die besser zu einem Jugendbuch gepasst hätte. So gab es zwar zum Ende hin einen krassen Cliffhanger, der auch neugierig gemacht hat, aber meine ursprüngliche Begeisterung ist ziemlich verhallt.