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Veröffentlicht am 02.03.2018

Ein Glas voller Steine

Ein mögliches Leben
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Franz und Martin machen sich auf eine Reise in die USA, doch eigentlich ist es eine Reise in die Vergangenheit von Franz. Der Alte, immer wieder ist es der Alte, um die 90 ist er jetzt, der die Impulse ...

Franz und Martin machen sich auf eine Reise in die USA, doch eigentlich ist es eine Reise in die Vergangenheit von Franz. Der Alte, immer wieder ist es der Alte, um die 90 ist er jetzt, der die Impulse gibt auf dieser Reise. Er will nach siebzig Jahren wieder die Gegend sehen, in welcher er in Kriegsgefangenschaft war, und Martin ... was will Martin, sein Enkel, eigentlich? Nicht viel, alles, das, was eigentlich jeder will. Wissen, was man will, erreichen, was man will. In seinem Fall ist das Judith, sein ONS, und Laura, das ONS-Ergebnis. Und diesen Fremden kennenlernen, diesen Alten, der sein Großvater ist. Auch eine Annäherung an Barbara, die Tochter des Alten, Martins Mutter scheint möglich, wenn Franz endlich die Erinnerungen zulässt, sich ihnen stellt.

Eine krasse Geschichte. Nicht weil sie so schreckliche Erlebnisse aus der Kriegszeit oder Gefangenschaft berichtet - im Vergleich zu den Lagern der Russen oder Japanern ist das in den USA ein Ferienaufenthalt. Es sind die Menschen, die uns begegnen, nicht nur Franz, Barbara und Martin, sondern vor allem die aus der Vergangenheit. Wenn sich selbst in Kriegsgefangenschaft die Nazis formieren und bis zum bitteren Ende und darüber hinaus an den Endsieg glauben. Wenn sie dafür prügeln, gar töten, und dieser völlig verkorkste Mannschaftskorpsgeist verbietet, den Amerikanern davon zu erzählen. Wenn selbst aus den wenigen "Guten" Mörder werden, wenn die Seele derjenigen, die noch "vernünftig" sind, schwarz wird und zu einer Mördergrube. Und all das erzählt in einer ruhigen, ungemein packenden Schreibweise, mit Sprüngen in Vergangenheit und Gegenwart, zu erkennen daran, dass die Vergangenheit im Präsens und die Gegenwart als dichterische Vergangenheit erzählt wird. Dieses Buch gehört so gar nicht zu meinem Beuteschema, eigentlich. Denn eigentlich ist es egal, weil es einfach nur gut ist.

Veröffentlicht am 28.02.2018

Der Dichter zweyter Streich

Die Affäre Carambol (Goethe und Schiller ermitteln)
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Goethe hat Schiller nach Franckfurt eingeladen, seine Heimatstadt. Schon die Reise dorthin steht unter keinem guten Stern, vier Kutschen brauchen sie wegen Defekten und Unfällen, und einen Tag zu spät ...

Goethe hat Schiller nach Franckfurt eingeladen, seine Heimatstadt. Schon die Reise dorthin steht unter keinem guten Stern, vier Kutschen brauchen sie wegen Defekten und Unfällen, und einen Tag zu spät erreichen sie ihr Ziel. Dann jedoch entwickelt sich ihr Aufenthalt zu einer angenehmen Erfahrung, bis zu dem Tag, an dem sie abreisen wollen. Genau dann bitten ein paar Stadträte um ihre Hilfe. Wie es scheint, versucht jemand, die Stadt mit aller Gewalt zu einem Krieg mit Napoleon zu zwingen, und das, obwohl sich Franckfurt durch seine Reparationszahlungen an Frankreich ohnehin nichts mehr leisten kann. Jemand geht über Leichen, skrupellos, und nur Goethe und Schiller scheinen in der Lage, ihn aufzuhalten. Schon bald befinden sich die Dichter in höchster Lebensgefahr.

Ich gehe nicht oft auf Cover oder Handling ein, aber in dem Fall mache ich eine Ausnahme. Das Buch ist klein und das Cover in einem altmodischen Stil gehalten, wie auch die echten Bücher der Dichter hätten aussehen können, finde ich eine coole Idee, zumal der Verlag ein Nachfolger von Cotta ist, dem Herausgeber sowohl Goethes als auch Schiller.
Wie auch im ersten Abenteuer um diese beiden wird hier zum Teil die alte Schreibweise beibehalten, auch der Stil ist ganz im Sinne des späten 18./sehr, sehr frühen 19. Jahrhunderts anzusiedeln. Dass ich nicht volle Punktzahl vergebe, ist dem Schluss geschuldet, der für mich ein wenig lahm gestaltet war, ansonsten wusste das Büchlein wieder sehr gut mit kurzen Kapiteln, aberwitzigen Geschehnissen und beiläufigen Informationen um die berühmtesten deutschsprachigen Dichter zu unterhalten.

Veröffentlicht am 26.02.2018

Traue niemandem

Der Mond des Vergessens
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Nail ist ein Waisenjunge, der bei seinem gestrengen Mentor Shawcraft aufwächst. Tala und Jondralyn sind die Töchter eines in der Schlacht gefallenen Königs, deren Bruder Jovan sich zu einem Tyrannen entwickelt ...

Nail ist ein Waisenjunge, der bei seinem gestrengen Mentor Shawcraft aufwächst. Tala und Jondralyn sind die Töchter eines in der Schlacht gefallenen Königs, deren Bruder Jovan sich zu einem Tyrannen entwickelt hat. Dann gibt es noch Aeros, den Engelsprinzen, der mit seiner Streitmacht auf brutalste Art und Weise Länder überfällt und erobert. Während die Adligen ihre eigenen Ziele intrigant verfolgen, will Nail eigentlich nur anerkannt werden und das Mädchen küssen, in welches er verliebt ist. Doch die Eroberer machen auch nicht vor seinem Dorf halt, sie metzeln alles nieder und nehmen den Rest der Bevölkerung als Sklaven. Nail und ein paar der Dörfler können fliehen, doch das ist erst der Anfang einer Odyssee, deren Ausgang alles andere als in Stein gemeißelt ist, egal, was die Priester und Geistlichen dazu sagen.

Ich bewundere die Welt, die erschaffen wurde. Sie mag nicht megakomplex sein, man steigt schnell durch, aber sie hat Substanz. Jeweils vor den einzelnen Kapiteln gibt es Auszüge aus den verschiedenen religiösen Schriften, und man weiß, wer an was glaubt und was dieser Glaube aussagt. Womit ich jedoch gar nicht klar kam, waren eigentlich fast alle Protagonisten. Ich fand sie alle mega unsympathisch und gerade die, die als die wichtigsten vorgestellt wurden, mega dumm. Ständig wurde mir erzählt, wie stark und gut im Schwertkampf Nail ist - zwei Seiten weiter wird er gleich von zwei Dörflern per Schwert verprügelt. Jondralyn, so wurde mir mitgeteilt, sei mega schlau und voll die Schwertkämpferin - wieder zwei Seiten weiter lässt sie sich per Schwert von ihrem Bruder verprügeln, dem König, der wohl wenig Zeit zum Trainieren hat. Außerdem waren alle ihre Handlungen so dermaßen dumm und genau das Gegenteil dessen, was ein kurz mitdenkender Zeitgenosse tun würde, dass ich sie nur absolut nicht ausstehen konnte. Das galt für 90 Prozent aller Beteiligten hier, sodass mir am Ende eigentlich auch egal war, was aus ihnen wurde. Das bibelstarke Buch von fast 900 Seiten lässt sich schnell lesen, der Schreibstil ist angenehm, aber da mir das Schicksal aller so derart gleichgültig ist, werde ich die Nachfolger nicht lesen. 3,5/5 Punkten.

Veröffentlicht am 22.02.2018

Zeit ist Geld

Everless 1. Zeit der Liebe
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Jules lebt in einer Welt, in der man sein Blut abzapfen lassen, es zu Gold prägen kann und dadurch Lebenszeit verliert. Die Ärmsten der Armen haben nichts anderes als das, viele sterben ausgezehrt vor ...

Jules lebt in einer Welt, in der man sein Blut abzapfen lassen, es zu Gold prägen kann und dadurch Lebenszeit verliert. Die Ärmsten der Armen haben nichts anderes als das, viele sterben ausgezehrt vor ihrer Zeit. Auch Jules und ihr Vater gehören dazu, und selbst für die Miete ihrer heruntergekommenen Kate muss Jules Vater zu Ader gelassen werden. Um ihre Situation aufzubessern, lässt sich das Mädchen als Dienerin auf Everless anheuern, da die Hochzeit des jüngeres Sohnes der Familie Gerling mit dem Mündel der Königin ansteht. Als Kind hat sie bereits auf dem Schloss gelebt, und sie weiß, dass diese adlige Familie aus blutsaugenden Ausbeutern besteht, doch sie hat keine andere Wahl. Und dann kommt sie hinter ein Geheimnis - ihr Geheimnis - das Menschenleben kosten wird.

Eine richtig originelle Idee! Ich mochte den Einstieg in diese Welt, auch die Protagonisten waren mir anfangs sympathisch. Mit dem Fortlauf der Geschichte musste ich allerdings einsehen, dass ich nicht viel mit Jules gemeinsam habe, ich verstand sie meistens gleich mal gar nicht, ihre Handlungen und Denkweise wurden mir immer suspekter. Irgendwo ab der Mitte wurden einige Ereignisse vorsehbar, doch dann wiederum gab es Dinge, die sogar mich überrascht haben, obwohl ich viele Bücher dieser Art gelesen habe. Auf jeden Fall ein Pluspunkt! Manches war too much. Sie ist immer noch einen Jungen verliebt, mit dem sie als Siebenjährige gespielt und zehn Jahre nicht gesehen hat? Really? Von solchen Sachen abgesehen fand ich es spannend, in diese gleichzeitig bekannte, mittelalterlich angehauchte und doch so fremde magische Welt einzutauchen.

Veröffentlicht am 20.02.2018

Mutig voran!

Nevermoor 1. Fluch und Wunder
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Morrigan Crow ist ein kleines Mädchen, das nicht gerade scharf darauf ist, seinen elften Geburtstag zu feiern. Sie weiß, sie ist verflucht und wird um Mitternacht dieses Tages sterben. Doch dann passiert ...

Morrigan Crow ist ein kleines Mädchen, das nicht gerade scharf darauf ist, seinen elften Geburtstag zu feiern. Sie weiß, sie ist verflucht und wird um Mitternacht dieses Tages sterben. Doch dann passiert etwas gar Wundersames an ihrem Geburtstag. Ein großer, rothaariger, skurriler Mann taucht auf und rettet sie - und zwar vor der unheimlichen Rauchhundejagd. Außerdem bringt er sie nach Nevermoor, einem Land, von dem sie noch nie gehört hat. Der Mann heißt Jupiter North und er ist eines der angesehenen Mitglieder der Wundersamen Gesellschaft und auch Morrigan soll seiner Meinung nach Mitglied werden. Dafür muss sie drei Prüfungen bestehen, doch die eigentliche Prüfung ist ganz anderer Art ...

Ja, es gibt oberflächige Ähnlichkeiten mit Harry Potter. Jupiter könnte der erwachsene George Weasley sein, Morrigan wird in ihrer Familie wie Dreck behandelt, das Alter von elf Jahren spielt eine Rolle. Doch dieses Buch geht einen ganz eigenen Weg, entwickelt eine eigene originelle Welt, in der nachwachsende Kronleuchter, riesige sprechende Katzen und winzige Vampire Normalität sind. Eigene Arten des zauberhaften Transports, eigene Prüfungen. An diesem Buch könnten sich die Autorinnen von Magisterium mal ein Beispiel nehmen, denn so sieht es aus, wenn sich jemand wirklich Gedanken macht über eine eigene magische Welt. Ich habe gern Zeit in Nevermoor verbracht, war befreundet mit den Guten, verabscheute die Bösen, wie es sich gehört. Und ich kann es kaum erwarten, dass es weitergeht mit Morrigan und ihren Freunden.