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Veröffentlicht am 02.12.2017

Da waren's nur noch ...

Isoliert
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Schweden in der nahen Zukunft gehört zu einem kommunistischen Verbund Skandinaviens, und weil es kommunistisch ist, ist alles trostlos, hoffnungslos und mit überalterter Technik. Anna Francis ist ein Rädchen ...

Schweden in der nahen Zukunft gehört zu einem kommunistischen Verbund Skandinaviens, und weil es kommunistisch ist, ist alles trostlos, hoffnungslos und mit überalterter Technik. Anna Francis ist ein Rädchen im Getriebe, und als sie aufgefordert wird, bei einer Stellenauswahl Beobachterin zu sein, sagt sie nicht Nein. Man setzt sie unter Druck wegen einer alten Sache, deshalb lässt sie sich darauf ein, ihren eigenen Tod vorzutäuschen und dann die Kandidaten bei ihrer Reaktion zu beobachten. Zusammen mit diesen kommt sie auf eine abgeschiedene Insel und tut, was man von ihr verlangt. Dann stellt sie fest, dass etwas Unvorhergesehenes passiert und sie muss sich entscheiden, ob sie ihren Beobachterposten aufgibt und einschreitet oder zusieht, wie sich ein Mörder unter den Kandidaten aufhält.

Mich reizte der Verweis auf Agatha Christie und die alt bekannte Sache mit der abgeschiedenen Insel und einem Mörder, dem man nicht entkommen kann. Hätte sich die Geschichte darauf konzentriert, wäre es vielleicht gelungen, Athmosphäre zu schaffen und Spannung aufzubauen. Da hier aber eine völlig unnütze Zukunftsvision, die weder in irgendeiner Form erklärt noch ausgearbeitet wurde, vorhanden war, und alles, was geschah, mehr oder weniger "der Partei" in die Schuhe geschoben wurde, glänzte die Geschichte vor allem mit Langeweile. Die Protagonisten waren unsympathisch, die Handlung zäh, die Schlussfolgerung eher im Sinne von "weil wir's können" oder "isso". Da sich auch der Schreibstil nicht hervorzuheben vermochte, kann ich für dieses Buch keine Empfehlung geben.

Veröffentlicht am 30.11.2017

Keine Klageweiber. Keine Beerdigungen.

Das Lied der Krähen
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Ketterdam ist eine pulsierende Hafenstadt, die fest in der Hand diverser Banden liegt. Kaz Brekker ist die Nummer 2 einer dieser Banden, sie nennen ihn Dirtyhands und sein Ruf ist tadellos - als einer, ...

Ketterdam ist eine pulsierende Hafenstadt, die fest in der Hand diverser Banden liegt. Kaz Brekker ist die Nummer 2 einer dieser Banden, sie nennen ihn Dirtyhands und sein Ruf ist tadellos - als einer, der jeden dreckigen Job übernimmt und lebendig herauskommt. Doch der neueste Auftrag könnte selbst ihn überfordern: Sie sollen einen Wissenschaftler aus dem best gesicherten Ort der Welt herausholen - und SIE sind lediglich eine Bande Jugendlicher, keiner älter als 18: Kaz, der Dieb, der Stratege, der Einbrecher, der Chef. Inej, das Phantom, die Spionin, die Kletterin. Matthias, der Ex-Grischa-Jäger, Jesper, der Scharfschütze, Wylan, der abtrünnige Sohn eines reichen Krämers. Nina, die Grischa. Unter ihnen gibt es feindselige Strömungen, Misstrauen und sogar Hass und doch schmiedet sie etwas zusammen: dass jedem von ihnen etwas angetan worden ist, das sie rächen wollen. Kann es schlechtere Voraussetzungen geben? Jedenfalls keine besseren.

Ich war skeptisch und die ersten Seiten bestätigten diese Skepsis, denn von der Grischa-Trilogie hatte ich bis jetzt bestenfalls am Rande gehört. Von daher musste ich mich erst einmal in die Begriffe und deren im Fließtext erkennbaren Erläuterungen einfinden, aber wenn man in der Lage ist, seine Konzentration mal zehn Minuten lang aufrecht zu erhalten, ist es kein Problem. Ab dann ist es wie ein Sog, denn Bardugo schafft es auf ungewöhnliche Weise, originelle Protagonisten zu entwerfen, die einen so mitnehmen auf ihre Reise, dass das relativ dicke Buch in einem Rutsch durchgelesen wird. Die Dynamik zwischen diesen verschiedenen Typen ist mega gut gestaltet, die immer wieder um drei, vier, fünf Schachzüge vorausdenkene Person des Kaz so brillant wie teilweise abstoßend. Trotz aller Querelen und schlechten Eigenschaften lassen sich bei jedem der sechs (ok, außer Matthias, der ist einfach ein Arsch) etwas Sympathisches finden. Natürlich hätte ich normalerweise die Kritik angebracht, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass Jugendliche in dem Alter so abgebrüht sind, aber dieses Buch ist eines der wenigen Fälle, wo mein innerer Kritiker sich grinsend zurücklehnte und dachte: Sch... drauf. Ist cool. Macht Spaß. Recht hat er.

Veröffentlicht am 28.11.2017

Lizenz zum Töten

Scythe – Die Hüter des Todes
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In einer Zukunft, in der es keine Kriege, keine Krankheiten und eine Medizin gibt, die so hochentwickelt ist, dass man fast jeden Toten wiederbeleben kann, in welcher der Thunderhead - das virtuelle Gehirn ...

In einer Zukunft, in der es keine Kriege, keine Krankheiten und eine Medizin gibt, die so hochentwickelt ist, dass man fast jeden Toten wiederbeleben kann, in welcher der Thunderhead - das virtuelle Gehirn der Menschheit -, dafür sorgt, dass es jedem Menschen gut geht, wächst die Bevölkerung natürlich ins Unermessliche. Um sie einigermaßen stabil zu halten, gibt es die Scythe, die Hüter des Todes, die Einzigen, die das Recht und die Pflicht zum Töten ausgewählter Menschen haben. Rowan und Citra, beide äußerst unterschiedliche Jugendliche, aber mit einem tiefen Sinn für Recht und Gerechtigkeit, werden von Scythe Faraday ausgewählt, seine Lehrlinge zu sein. Doch auch in einer fast perfekten Welt ist nicht alles in Ordnung, und Citra und Rowan geraten in einen Mahlstrom zwischen zwei verschiedene Gruppierungen der Scythe. Am Ende ihrer Lehrzeit, erfahren sie, wird einer den anderen töten müssen - es kann nur einen geben ...

Ich habe erst vor kurzem Homo Deus gelesen, auch ein paar andere Bücher, in der mögliche Zukunften besprochen werden. Von daher finde ich die vorgestellte Welt nicht gar so abwegig, wie man glauben möchte. Mir hat diese Fast-schon-Utopie gefallen; natürlich war ich abgestoßen vom Gedanken, dass eine Gruppe über dem Gesetz stehender Menschen andere offiziell hinrichten darf. Denn das ist das Problem, immer da, wo Menschen sind, wird Neid, Missgunst, Hass, Boshaftigkeit und generell auch negative Eigenschaften geben. Diese wurden hier gut verkörpert durch Scythe Goddard und seine Junior-Scythe, die gewissenlos Menschen abschlachteten und Spaß daran hatten. Dass die Scythe, die sich durch ihre Gebote fast dazu verpflichten mussten, wie Mönche zu leben, ohne Familienbande, Geliebte, abseits von Hedonie und Leichtigkeit, macht es ihnen nicht leichter, und diejenigen, die ohnehin instabil sind, werden leichter in Versuchung geführt, ihre Macht nach Gutdünken auszuüben. Ein wirklich interessantes Gedankenspiel, das uns Shusterman hier vorführt, vielleicht ab und zu ein bisschen zu schwarz-weiß und vorhersehbar, aber durchaus ein Lichtblick und etwas zum Nachdenken im Jugendbuchbereich. Die Sprecher waren das I-Tüpfelchen der Geschichte, allen natürlich voran der Hauptsprecher, aber auch die anderen waren sorgfältig ausgesucht und machten ihre Sache hervorragend.

Veröffentlicht am 27.11.2017

Roadtrip ins Spiegel-Dämmerland

Alice - Follow the White
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Alice und ihre Freundinnen Chloe und Betty sind Mutare - Menschen mit besonderen Fähigkeiten, die deshalb auch in Internaten weggesperrt werden. Eines Tages stirbt Betty und während der Beerdigung schießt ...

Alice und ihre Freundinnen Chloe und Betty sind Mutare - Menschen mit besonderen Fähigkeiten, die deshalb auch in Internaten weggesperrt werden. Eines Tages stirbt Betty und während der Beerdigung schießt eine Schülerin des Internats auf ihren Sarg. Dummerweise steigt Betty wieder aus dem Grab auf, untot und hungrig und die drei Freundinnen beschließen zu fliehen. Betty ist nicht die erste Untote, die zurückkommt, aber so ziemlich die Erste, die ihren Verstand behalten hat. Auf der Flucht bekommen sie Hilfe von einem weißen Kaninchen und gelangen ins Spiegel-Dämmerland, wo sie sich auf einen Roadtrip begeben. Sie müssen erkennen, dass die Untotenseuche nicht nur in ihrer Welt überhand genommen hat.

Der Anfang war cool, zumindest bis dahin, wo die drei Freundinnen ihre Flucht antreten. Dann wurde es wirklich langweilig. Ist ja schön, dass sie erst noch rumwandern müssen, um in den Palast von Kaninchens Chefin zu gelangen, aber der Stress mit den Untoten hätte gern auch spannend sein können. Allgemein fand ich das Buch viel zu langatmig, die Dialoge oftmals unnötig und in die Länge gezogen, und meine anfängliche Begeisterung für die Geschichte wandelte sich herzhaften Gähnen und dem schnellen Einschlafen während des Lesens. Wirklich interessant waren nur der Anfang und die Idee, der Rest war entweder an den falschen Stellen zu zäh und ausgiebig oder an den richtigen Stellen zu kurz und husch-husch. Man hätte aus der Sache was machen können, aber so blieb es leider beim Versuch.

Veröffentlicht am 22.11.2017

Hektisch

Die Henry Frei-Thriller / Böses Kind
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Es beginnt mit einem Mord in einem nicht sehr hochpreisigen Hotel, als die Frau eines Fernsehpredigers tot aufgefunden wird. Allerdings wird der Erzählstrang nicht wirklich wieder aufgegriffen bis zum ...

Es beginnt mit einem Mord in einem nicht sehr hochpreisigen Hotel, als die Frau eines Fernsehpredigers tot aufgefunden wird. Allerdings wird der Erzählstrang nicht wirklich wieder aufgegriffen bis zum Schluss, weil Frey und sein Team mit einem weiteren Mord konfrontiert werden. In einem sanierungsbedürftigen Gebäude findet man einen gefolterten und verstümmelten Toten. Dass dann einer alleinerziehenden und gestressten Mutter die vierzehnjährige Tochter abhaut, interessiert daher niemanden von der chronisch unterbezahlten Polizei. Doch jemand Irres ist unterwegs und jemand anders endet als Gefangener dieses Irren.

Okay. Ich sag mal aus dem Bauch raus: Wer Fitzek gut findet, wird dieses Buch verschlingen. Ist dasselbe System: viele sehr kurze, sehr hektische Kapitel, die jeweils mit einer Art Cliffhanger enden. Für die einen mag das Spannung aufbauen, ganz besonders, weil der Irre äußerst brutal und abartig vorgeht und auch nicht an Details wie Blutlachen mit Gehirnmasse und Knochensplitter gespart wird, aber jemand, der es vielleicht ein bisschen logischer aufgebaut hätte, wird sich durch diese Art des Erzählens einfach nur gestresst fühlen. Ich zum Beispiel. Auch den Kniff des Autors mit seinen Intermezzi kann man gut oder genial finden oder einfach als Irreführung des Lesers. Ich konnte mit dem Buch nicht viel anfangen und werde wohl Freys weiteren Karrieweg nicht weiter verfolgen. 2,5/5 Punkten.