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Veröffentlicht am 25.07.2021

Interessant, aber zu große Datenflut und nur teilweise auf Europa übertragbar

Fair gehandelt?
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In ihrem Buch “Fair gehandelt – wie unser Konsumverhalten die Gesellschaft spaltet“ schreibt die Soziologin und Stadtplanerin Elizabeth Currid-Halkett über die Entwicklung unseres Konsumverhaltens vorwiegend ...

In ihrem Buch “Fair gehandelt – wie unser Konsumverhalten die Gesellschaft spaltet“ schreibt die Soziologin und Stadtplanerin Elizabeth Currid-Halkett über die Entwicklung unseres Konsumverhaltens vorwiegend im Laufe des letzten Jahrhunderts.

Während sich die Eliten früher vor allem durch demonstrativen Konsum, d. h. den Kauf teurer Luxusgüter, wie Autos, Geschirr, Designerkleidung auszeichnete, ist diese Art der Identifizierung einer Schicht in den Hintergrund gerückt worden, da es heute auch den unteren Gesellschaftsschichten möglich ist, diese Güter zu kaufen. Die „neue Elite“ zeichnet sich vielmehr durch unsichtbaren Konsum, wie Bildung, Beschäftigung von Haushaltshilfen o. ä aus. Aus Sicht der Autorin trägt diese Entwicklung zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaftsschichten bei, da die Oberschicht z. B. durch Ausgaben in Bildung weiter zu ihrem Aufstieg beiträgt.

Das Buch enthält viele interessante Informationen zu unserem Konsumverhalten. Was ich als schwierig empfinde, ist die Tatsache, dass sich das Buch ausschließlich auf die USA bezieht und meines Erachtens nicht 1:1 auf andere Länder übertragbar ist. Allein die großen Unterschiede im Bildungssystem halte ich für einen Faktor, der es unmöglich macht, die Thesen als global gültig darzustellen. Außerdem fehlen mir Lösungswege, die die beschriebene Spaltung der Gesellschaft aufhalten oder umkehren können, wenn die grundlegenden Faktoren für die Konsumentscheidungen der Elite an sich nicht verwerflich sind.

Aufgrund der hohen Datendichte lässt sich das Buch stellenweise schwer lesen. In manchen Abschnitten wird der Leser mit Zahlen bombardiert, die den Lesefluss hemmen. Interessant und gut lesbar fand ich dagegen die Anekdoten z. B. zu Unternehmensgründungen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und das veränderte Konsumverhalten (der Eliten) zu nutzen wissen.

Currid-Halketts Buch enthält interessante Informationen und beleuchtet spannende Entwicklungen unseres Konsumverhaltens, der reine Bezug auf die USA machen es allerdings nur bedingt für Europa relevant und die Datenflut im Fließtext beeinträchtigt den Lesefluss stellenweise zu stark

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Veröffentlicht am 22.07.2021

Gefühle einfach erklärt und toll illustriert

Wenn dein Herz spricht - Die große Welt der Gefühle
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Allein das Cover von „Wenn dein Herz spricht – Die große Welt der Gefühle“ reizt ja schon zum Kauf. Cristina Núnez Pereira und Rafael R. Valcárcel haben ein Lexikon der Gefühle für Jung und Alt veröffentlicht.

Schon ...

Allein das Cover von „Wenn dein Herz spricht – Die große Welt der Gefühle“ reizt ja schon zum Kauf. Cristina Núnez Pereira und Rafael R. Valcárcel haben ein Lexikon der Gefühle für Jung und Alt veröffentlicht.

Schon die Anordnung der einzelnen Gefühlszustände spricht für das Herzblut, das in dieses Buch geflossen ist. So werden die Gefühle nicht alphabetisch angeordnet, sondern wie „eine Reise durch die Welt der Gefühle“. Dazu gibt es auf den ersten Seiten einen „Lageplan bzw. Wegweiser“, um auch gezielt ein bestimmtes Kapitel herauszusuchen.

Für jedes Gefühl gibt es einen Text, der dieses in kurzen Worten verständlich beschreibt. Auf eineinhalb Seiten wird dieses Gefühl dann illustriert. Und diese Bilder sind eine Augenweide. Vorwiegend durch Tiere und die Natur werden die Gefühle dargestellt, wobei sich der Stil der einzelnen Bilder stark unterscheidet weil sie von unterschiedlichen Künstler:innen geschaffen wurden, sodass keine Langeweile entsteht. Die Bilder sprechen sowohl Kinder als auch Erwachsene an und machen die Lektüre zu einem spannenden Auf und Ab zwischen Euphorie und Mutlosigkeit, Melancholie und Langeweile, Reue und Schuld.

Ja, es sind viele Gefühle dabei, die man schwierig erklären kann, für die die Autor:innen aber erstaunlich einfache und einleuchtende Erklärungen gefunden haben. Außerdem wird die Reise durch eine Weiterleitung von Gefühl zu Gefühl am Ende jedes Textes schön begleitet. So lernen auch die Kleinsten schon, dass es von einem Gefühl zum nächsten gar nicht so weit ist und wie eine Achterbahnfahrt der Gefühle entstehen kann.

Ich kann dieses Buch wärmstens empfehlen. Es ist wunderschön aufgemacht und mit so viel Liebe geschrieben und gestaltet, dass es sowohl dem (Vor-) Leser als auch dem Zuhörer Freude macht.

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Veröffentlicht am 21.07.2021

Interessant, aber langatmig

Die goldene Ananas
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Denis Kornblum hat das Asperger-Syndrom und in seinem autobiografisch geprägten Debut-Roman „Die goldene Ananas“ die mit seiner Krankheit einhergehenden Schwierigkeiten im Alltag verarbeitet.

Das Asperger-Syndrom ...

Denis Kornblum hat das Asperger-Syndrom und in seinem autobiografisch geprägten Debut-Roman „Die goldene Ananas“ die mit seiner Krankheit einhergehenden Schwierigkeiten im Alltag verarbeitet.

Das Asperger-Syndrom ist eine Form des Autismus, welche durch „Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation“ und „veränderter Wahrnehmung und Reizverarbeitung“ gekennzeichnet ist. Der Endzwanziger Elias zieht nach Aufenthalten in Klinik und Wohnheim in die erste eigene Wohnung. Nachdem sein Alltag bisher hauptsächlich dem Gitarre Üben galt, lernt Elias durch den zunehmenden Kontakt mit seinen Nachbarn und seine soziale Entwicklung, dass er es nur für „die goldene Ananas“ macht, wenn er sich nicht traut, endlich aus sicher herauszugehen und in der Öffentlichkeit zu spielen.

Das größte Manko dieses Romans ist die Länge. Man hätte den Inhalt locker auf die Hälfte der Seiten kürzen können, ohne dass es der durchaus interessanten Story einen Abbruch getan hätte. Einige Passagen, vor allem über Musik oder Fitness ziehen sich, auch einige Gesprächs- und Gedankengänge wiederholen sich, vor allem in der ersten Hälfte des Buches.

Der Protagonist gibt einen authentischen Blick auf die Gefühls- und Gedankenwelt eines Asperger-Autisten preis. Gerade das macht den Roman interessant. Die übrigen Figuren sind mir ein bisschen zu stereotyp angelegt, um ihrer Funktion im Gesamtgefüge gerecht zu werden. Sprachlich ragt das Buch nicht heraus. Hier und da fehlt doch ein wenig der Feinschliff.

Wer einmal in die Welt eines Autisten eintauchen möchte, der kann das mit diesem Buch, braucht aber gerade im ersten Teil ein bisschen Durchhaltevermögen.

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Veröffentlicht am 19.07.2021

Interessanter Roman über die Geschichte der Rechtslage zur Homosexualität

Mut. Machen. Liebe.
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Heute erscheint bei Ueberreuter mit „Mut. Machen. Liebe.“ von Hansjörg Nessensohn ein Roman darüber, was es hieß in den 50er und 60er Jahren in unserem Land schwul zu sein.

Der 19-jährige Paul begibt ...

Heute erscheint bei Ueberreuter mit „Mut. Machen. Liebe.“ von Hansjörg Nessensohn ein Roman darüber, was es hieß in den 50er und 60er Jahren in unserem Land schwul zu sein.

Der 19-jährige Paul begibt sich auf eine Pilgerreise durch Italien, um zu sich selbst zu finden und schließt dort Freundschaft mit der über 80-jähirgen Liz, die ihm die Geschichte von Helmut erzählt. Dieser lebt in den 50er-Jahren in Köln und verliebt sich in den Italiener Enzo. Von der Gesellschaft geächtet und von der Polizei verfolgt, steht ihre Liebe unter keinem guten Stern.

Nessensohn schafft es, ein authentisches Bild eines Homosexuellen in den deutschen Nachkriegsjahren zu zeichnen. Zu der drohenden Gefahr aufgrund des § 175, der Homosexualität unter Strafe stellte (bis 1994!), kommt die Ausgrenzung durch die Gesellschaft, was wiederum zu schwersten psychischen Problemen und Selbstzweifeln bei Helmut führt. Der Leidensdruck ist für den Leser durchweg spürbar und nachvollziehbar.

Während Helmut und Liz gut dargestellt wurden, finde ich zu Paul keinen Zugang. Obwohl das Buch aus seiner Sicht geschrieben ist, bleibt er für mich unnahbar. Der Schreibstil ist recht eingängig und wechselt bei Pauls Passagen merklich zu einem flippigeren Ton als bei den Rückblenden, in denen von Helmuts Lebensweg erzählt wird.

Helmuts Geschichte ist spannend und behandelt ein wichtiges Thema der jüngeren deutschen Geschichte, dessen sich viele heutzutage nicht mehr so bewusst sind. In Zeiten, in denen das Internet in Regenbogenfarben erstrahlt, ist es wichtig, daran zu erinnern, dass auch bei uns bis vor wenigen Jahren noch Personen, die sich heute der LGBTQIA-Community zugehörig fühlen, ziemlich alleine dastanden und zum Teil sogar politisch verfolgt wurden.

Das Manko an dem Buch ist für mich die Rahmenhandlung mit Paul und Liz‘ Pilgerreise. Sie ist zu unglaubwürdig, zu klischeehaft, zu vorhersehbar und auch das Ende kommt mir zu gewollt daher. Wenn man das in Kauf nimmt, bekommt man aber ein schönes Zeitdokument der starren Gesellschaftsstrukturen der 50er-Jahre.

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Veröffentlicht am 16.07.2021

Keine bahnbrechenden Erkenntnisse

Vier Kinder und eine Selbstständigkeit
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In ihrem autobiografischen Sachbuch „4 Kinder und 1 Selbständigkeit“ schreibt Svenja Hirsch über ihre Mutter, die sich als Alleinerziehende noch einmal selbständig gemacht hat.

Im Alter von 42 Jahren ...

In ihrem autobiografischen Sachbuch „4 Kinder und 1 Selbständigkeit“ schreibt Svenja Hirsch über ihre Mutter, die sich als Alleinerziehende noch einmal selbständig gemacht hat.

Im Alter von 42 Jahren beschließt die Mutter von 4 Kindern, nach der Trennung von ihrem Ehemann, sich mit einer Großtagespflege auf dem eigenen Grundstück in die Selbständigkeit zu begeben. Die Autorin umreißt diese Geschichte knapp in verschiedenen Einschüben und leitet draus sechs Lebensprinzipien ab, die dem Leser helfen sollen, seinen eigenen Weg zu gehen und insbesondere zeigen sollen, dass Familie und Beruf miteinander vereinbar sind. Die Geschichte über einen persönlichen Schicksalsschlag soll zeigen, dass Rückschläge kein Grund zum Aufgeben sind.

Die vorgestellten Lebensprinzipien können eine Inspiration sein und dem ein oder anderen Mut machen, sind aber nichts wirklich Neues. Hilfreich hingegen finde ich den Fragenkatalog am Ende des Buchs, mit Hilfe dessen sich der Leser tiefer mit seinen eigenen Wünschen beschäftigen kann.

Was das Buch meines Erachtens nicht erfüllt, ist der Anspruch, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufzuzeigen. Das funktioniert in diesem Fall, weil der Beruf die Betreuung von Kindern umfasst und damit die Betreuung der eigenen Kinder inbegriffen ist. Außerdem ist es der Mutter möglich ihre Tagespflege auf dem eigenen Grundstück zu eröffnen. Konkrete Einblicke und Ratschläge, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vonstattengeht, bleibt die Autorin schuldig, da die Erzählungen hier sehr vage sind.
Für die meisten Menschen und deren Träume wird das vorgestellte Konzept nicht aufgehen. Wenn es mein Traum ist Bergsteiger zu werden, kann ich das nicht zuhause verwirklichen und auch wenn ich ein Kosmetikstudio eröffnen will und das zuhause unterbringe, muss ich dennoch während der Arbeitszeit die Kinder unterbringen.

Das Buch kann also Mut machen, seine eigenen Träume zu verwirklichen, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hält es aber keine allgemeingültigen Ratschläge parat.

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