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Veröffentlicht am 02.12.2019

Mixtape!

13zehn
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Diese Rezension möchte ich mit einem Zitat aus dem Buch beginnen, weil nichts besser dieses Buch beschreiben könnte!

„(...) sodass das Mixtape am Ende in sich abgeschlossen einen Sinn ergibt. Wie ein ...

Diese Rezension möchte ich mit einem Zitat aus dem Buch beginnen, weil nichts besser dieses Buch beschreiben könnte!

„(...) sodass das Mixtape am Ende in sich abgeschlossen einen Sinn ergibt. Wie ein Buch aus mehreren Geschichten, die in sich abgeschlossen Sinn ergeben, aber am Ende, wenn man alle Geschichten gelesen hat, gemeinsam als Ganzes einen neuen Horizont eröffnen.“

Als ich diese Stelle im Buch las, dachte ich: Genau! Das ist es, was Daniel Kohlhaas und Daniel Juhr hier geschaffen haben. Die Welt dieser beiden Autoren besteht aus 4 voneinander unabhängigen und doch zusammen gehörigen Geschichten, in denen sie dem Leser menschliche Abgründe zeigen, in denen sie zeigen, wohin unsere eigene Psyche uns bringen kann. Gleichzeitig berichten sie z.T. über Dinge, die wirklich passierten, die nachvollziehbar bei Google zu finden sind. Dieser Umstand macht ihre Geschichten noch schauriger, die Gänsehaut noch etwas realer. In einer 5. Geschichte, die wirklich unbedingt als letztes gelesen werden sollte, finden die anderen 4 Geschichten ihre Auflösung. Fast hätte man es gedacht, fast konnte man sich alles erklären… aber eben nur fast, bis zu dieser letzten Geschichte. Die Autoren schaffen es, dass der Leser glaubt, zu erkennen wie alles zusammenhängt, nur um dann alles zu Staub zerfallen und eine neue Verbindung auferstehen zu lassen.

Kohlhaas und Juhr entführen den Leser in eine Welt, die irgendwie real und surreal gleichermaßen ist. Sie zeigen dem Leser ihre Welt durch Hinweise, aber findet der Leser diese auch? Erkennt der Leser beim Lesen die Zusammenhänge?

Als ich in der Vorankündigung der Leserunde diesen Satz las: „Mit "13zehn" definieren Daniel Kohlhaas und Daniel Juhr den Mystery-Thriller neu“ habe ich mich gefragt, ob das überhaupt geht. Ja, tut es! Sie vereinnahmen den Leser mit ihren Geschichten, sie lassen ihn nicht mehr los, sie zeigen ihm die Dunkelheit der menschlichen Seele. Das macht es so spannend, so faszinierend diese Geschichten zu lesen. Es ist nicht einfach nur das Spiel mit der menschlichen Angst, sondern die Verbindung zur Realität, die die Gänsehaut auf dem Rücken zum stetigen Begleiter werden lässt.

Der Schreibstil der beiden Autoren ist kurz, abgehackt und das Tempo dadurch hoch, fast zerrend. Manchmal konnte ich nicht so schnell lesen, wie es die Eindringlichkeit der Texte erfordert hätte. Muss man eine Geschichte unterbrechen, steckt man mit den ersten Worten direkt wieder darin. Anfangs ist diese Art zu schreiben sicherlich etwas gewöhnungsbedürftig, aber genauso wie der Leser gewillt sein sollte, sich auf diese Art des Erzählens einzulassen, muss er sich auch auf diesen Schreibstil einlassen können.

Dies ist die erste Rezension, in der ich nichts – wirklich gar nichts – aus dem Inhalt des Buches oder über die Charaktere erzählen möchte, denn jeder noch so kleine Zipfel könnte dieser eine zu viel sein, könnte zu viel verraten. Wer dieses Buch begreifen will, muss es einfach selbst lesen. Es lohnt sich in jedem Fall. Von mir gibt es deshalb eine klare Empfehlung und 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 27.11.2019

Ein Wochenendtrip in die nähere Vergangenheit

Mein Mauerfall
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Das Buch:
Bei diesem Buch handelt es sich um eine wirklich gelungene Mischung aus Theos Erzählung über einen Wochenendtrip mit seinen Eltern in das kleine Dorf Eichsfeld an der ehemaligen deutsch-deutschen ...

Das Buch:
Bei diesem Buch handelt es sich um eine wirklich gelungene Mischung aus Theos Erzählung über einen Wochenendtrip mit seinen Eltern in das kleine Dorf Eichsfeld an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze und der Erläuterung von Fakten.

Die Familie kommt zum 50. Geburtstag der Zwillinge Kathrin und Jana zusammen. Beide sind in der DDR geboren und aufgewachsen, haben jedoch völlig unterschiedliche Ansichten – genau wie ihre Eltern. Aus dieser Familienzusammenkunft und dem Thema DDR entstehen im Laufe des Buches immer wieder kontroverse Diskussionen über „Was war gut?“ und „Was war schlecht?“ und „Wie war es überhaupt?“. Um Fakten zu beschaffen und entsprechende Fragen zu stellen, bedient sich Theo zusätzlich eines Histeos bei Youtube, welches von einem jungen Rollstuhlfahrer gemacht wird.

Mir gefällt das Moderne in der Geschichte. Es wird von Museen berichtet, die man besuchen kann, von der modernen Technik, die heute nicht mehr weg zu denken ist und zeitgleich wird die Vergangenheit beleuchtet. Das ist tatsächlich wunderbarer Geschichtsunterricht, der überhaupt nicht langweilig ist. Ganz im Gegenteil, es finden sich beim Leser selbst ganz sicher weitere Fragen.

Aufmachung:
Das Buch ist hochwertiger aufgemacht. Die Außenumschläge sind robust, sodass auch vielfaches in die Hand nehmen keinen Schaden anrichten sollte. Die Seiten sind glänzend und dicker als in Romanen. Das gefällt mir gut, denn ein solches Buch kann gut als Nachschlagewerk benutzt werden. Der Preis von 15,00 ist meiner Ansicht nach gerechtfertigt.

Die 4 Kapitel befassen sich jeweils mit eigenständigen Themen, wandern dabei jedoch auf dem Zeitstrahl stetig vorwärts. Die Faktensammlung beginnt beim Ende des 2. Weltkrieges und der Teilung Deutschlands und sie endet im Heute, erklärt wie es zum Mauerfall, der Wiedervereinigung und zur Einführung des Euro kam. Dabei kommen neben der durchgängigen Geschichte einerseits Berichte von Zeitzeugen zum Einsatz – die mir beinahe am besten gefallen haben, weil sie die Erklärungen lebendig werden lassen – andererseits gibt es Kästen mit recht kurzen, sehr sachlichen Erklärungen – ähnlich einem Lexikon oder Geschichtsbuch. Aufgelockert wird das ganze Buch durch Fragen und Antworten, die zum Thema passen, und Witzen! Das war ein Schmankerl, dem ich eine Menge abgewinnen konnte – insbesondere, weil zum Teil erklärt wurde, worauf diese Witze basieren. Abgerundet wird das Buch durch Fotos – teilweise persönliche. So kommt das Buch noch einmal näher an eine vertrauliche Erzählung heran.

Eignung für Kinder:
Mein Sohn ist 10 Jahre alt und hat keinerlei Schwierigkeiten, das Geschriebene zu verstehen. Darüber hinaus sind die Fakten wirklich neu für ihn (sofern ich ihm die Dinge nicht bereits erklärt hatte), da das Thema DDR auch 30 Jahre nach dem Mauerfall in der Schule keinen Platz findet. Das finde ich traurig, denn die Geschichte des 2. Weltkrieges wird ja auch gründlich behandelt – warum also nicht auch die DDR? Umso wichtiger finde ich, dass es solche Bücher gibt – Bücher die Spaß machen und bei deren Lektüre man etwas lernen kann. Mir persönlich wurden keine wirklichen Geheimnisse offenbart, da ich selbst in der DDR aufgewachsen bin, aber die Zielgruppe kennt die DDR eben nur vom Hören-Sagen. Es ist ein Land weit vor ihrer Zeit.

In diesem Zusammenhang möchte ich eine Stelle des Buches zitieren, die meiner Meinung nach das eben Gesagte auf den Punkt bringt:

S.138: ... aber für mich fühlte es sich so an, als ob wir von einer langen Zeitreise zurückkamen. Eine Reise in die Vergangenheit, die mir einerseits sehr weit weg und unwirklich erscheint, weil sie nicht mehr existiert. Andererseits aber, sobald Leute davon erzählen oder gar darüber streiten, wird alles ziemlich real. Dann kommt es mir so vor, als ob die verschwundene Mauer noch immer einen Schatten werfen kann.

Die Geschichte:
Das Schöne an Theos Geschichte ist, dass man sie nicht an einem Stück in der richtigen Reihenfolge lesen muss. Zu jedem Thema gibt es eben ein Stück seiner Geschichte. Somit ist es möglich, nach bestimmten Themen im Buch zu suchen ohne das Gefühl zu haben, es würde etwas fehlen, wenn man einen Teil noch nicht gelesen hat.

Auffällig ist, dass es bei den Charakteren 2 Fronten gibt – pro und contra DDR. Dies ist für mich nachvollziehbar, denn es entspricht mit Sicherheit den Tatsachen, wenn man Menschen aus der ehemaligen DDR befragt. Allerdings war mir Opa Hardy manchmal etwas zu sehr pro DDR und brachte etwas zu viele Propagandasprüche ein, die in der heutigen Zeit noch haarsträubender klingen als damals. Vielleicht hat es mich aber auch nur deshalb gestört, weil er neben diesen Sprüchen nur wenige Fakten beizusteuern hatte.

Ansonsten mochte ich die Geschichte sehr – sie war amüsant und lebendig, eben nachvollziehbar. Die Charaktere waren authentisch und es machte mir viel Spaß immer weiter mit ihnen in die Geschichte der DDR einzutauchen. Selbst die alte Krutschke war am Ende nicht mehr so grummelig.

Irgendwie absurd:
Ich habe so herzlich darüber gelacht, dass ich es hier einfach erwähnen muss:

Zitat S. 86: „Da es verboten war, DDR-Mark in den Westen auszuführen, musste die Familie Müller die 339 Mark in der DDR ausgeben.“

Man konnte mit der DDR Mark ausschließlich in der DDR einkaufen, sofern es etwas gab. Auf dem Weltmarkt war sie wertlos. Dennoch war es verboten – nicht unerwünscht oder ungewollt, nein verboten! – DDR Mark auszuführen. Ich habe mich gefragt, warum auch irgendwer dieses Geld hätte mitnehmen wollen. Sobald man die Grenze passiert hätte, wäre es das Papier nicht wert gewesen, auf dem es gedruckt war. Ist es da ein Wunder, dass von Eintrittsgeld gesprochen wurde, wenn man über den Zwangsumtausch sprach?

Fazit:
Ein absolut lesenswertes Buch – sowohl für Kinder, die hier etwas lernen können, als auch für Erwachsene von beiden Seiten der Mauer, die noch mal nachlesen wollen, wie etwas war. Ein Buch voller nachvollziehbarer Erklärungen, aufgelockert durch Zeitzeugenberichte und Witze. Toll! 5 von 5 Sternen

Veröffentlicht am 11.11.2019

Kieler Kommissar angelt 1896 große Fische im Hamburger Hafen

Tod in der Speicherstadt
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Das Buch:
Alles begann damit, dass ich beinahe zufällig in Anja Marschalls Premierenlesung am 25.10.2019 in der Speicherstadt saß und mich auf der Stelle in die Geschichte verliebte. Die Autorin hatte ...

Das Buch:
Alles begann damit, dass ich beinahe zufällig in Anja Marschalls Premierenlesung am 25.10.2019 in der Speicherstadt saß und mich auf der Stelle in die Geschichte verliebte. Die Autorin hatte es geschafft mich mit den Ausschnitten ihres Buches in das Hamburg des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu entführen und es blieb mir gar nichts anderes übrig als den ganzen Roman lesen zu wollen. Wann immer ich beim Lesen an Stellen ankam, die sie vorgelesen hatte, hörte ich wieder ihr zu – wie sie begeistert von Hauke und Sophie, von Zollanwärter Detlefsen und vom Kaffeehändler Bellingrodt erzählte, von ihren Recherchen und vor allem über Kaffee! Kaffee ist eine Wissenschaft, glaube ich, und einen kleinen Teil dieser Wissenschaft verarbeitet die Autorin auch zwischen diesen Buchdeckeln. Eines jedenfalls ist sicher: Guter Kaffee braucht keine Milch!

Das Cover des Buches passt perfekt zur Geschichte. Es zeigt einen Teil der alten Speicher, so wie man sie heute auch noch bewundern kann. Es reiht sich so gar nicht in die Riege der modernen historischen Cover oder jener der Kriminalromane ein. Es fällt aus der Reihe und das gefällt mir sehr, insbesondere da ich Hamburg-Romane sehr gern lese. Die Haptik des Buches ist weich mit erhabenen Buchstaben, sodass man das Buch einfach gern in der Hand hält.

Ein besonderes Schmankerl liefert die Autorin mit ihren Kapitelanfängen. Jedes Kapitel ist mit einem Originalauszug aus Hamburger Zeitungen von 1896 überschrieben. Hin und wieder sind diese Auszüge zum Schmunzeln und manchmal muss man sich schon anstrengen um entweder die alte Rechtschreibung oder auch die Abkürzungen einer Anzeige zu entziffern. Ich kann sagen: Ich habe es geschafft!

Worum geht’s?
Hauke Sötje, Kommissar der Kieler Polizei soll in Hamburg in einem Mordfall im Zusammenhang mit einer Schmugglerbande ermitteln. Hierbei stößt er zunächst auf einigen Widerstand – sowohl durch Polizeirat Roscher als auch durch Oberzollinspektor Jensen, der behauptet dass in seiner Speicherstadt nicht geschmuggelt wird. Jensen stellt ihm einen „Aufpasser“ zur Seite – Zollanwärter Detlefsen – mit dem im Schlepptau Hauke nun seine Ermittlungen führen muss.
Parallel dazu – für sich allein, aber dennoch im gleichen Fall – ermittelt Sophie, Haukes Verlobte, in einem weiteren Mordfall, der zunächst gar nicht zur eigentlichen Ermittlung passen will.
Eine Verbrecherjagd durch die Hamburger Speicherstadt beginnt und mit jedem Puzzleteil, das Hauke und Sophie finden, schließt sich die Schlinge um den Hals des Täters enger zusammen.

Die Charaktere:
Hauke Sötje – ehemaliger Kapitän – und seine Verlobte Sophie sind eindeutig die Sympathieträger in diesem Roman. Mit Ermittlungsmethoden, die in der heutigen Zeit sicherlich als angestaubt gelten können, suchen sie Teil für Teil zusammen. Gleichwohl haben sie sich jedoch an Konventionen zu halten, die die Ermittlungen nicht eben erleichtern. So muss sich Hauke von Polizeirat Roscher immer wieder anhören, dass er nicht einfach die Großen der Wirtschaft, wie z.B. Wilhelm Bellingrodt und seinen Sohn, verhören oder gar vorladen kann, da dieser einen mächtigen Einfluss in der Stadt hat und Roscher das Leben schwer machen kann.
Darüber hinaus ist Hauke als „der Kommissar aus Kiel“ zunächst kein gern gesehener Gast – insbesondere als er Oberzollinspektor Jensen mit dem Kaffeeschmuggel konfrontiert. Man muss ihn einfach mögen, so wie er sich dennoch immer wieder über eben diese Konventionen hinweg setzt und zielstrebig seine Ermittlungen durchführt. Hinzu kommt, dass Hauke mutig ist und sich nicht so schnell einschüchtern lässt.

Sophie passt sich nicht immer an – im Gegenteil, sie hat ein Faible für Ermittlungen, was in dieser Zeit völlig undamenhaft ist. Sie rät ihrem Arbeitgeber sogar, seine Tochter in die Geschicke der Buchhalterei einzuführen und ihr die Firma zu zeigen, damit sie lernt mit Geld umzugehen. Ein sehr gewagter Rat! Diese Eigenschaft macht sie mir so überaus sympathisch. Auch dass sie sich darüber Gedanken macht, dass Frauen generell nicht gerecht behandelt werden. Im Zusammenhang damit, dass dies die Zeit war, in der die Hafenarbeiter streiken und auch die Frauenrechte gestärkt werden sollten, ein nachvollziehbarer Charakterzug, der einmal mehr zeigt, dass Sophie eine starke Frau ist. Manchmal jedoch bringt sie sich, vielleicht durch eine gewisse Unbedachtheit, in Schwierigkeiten, aus denen ihr Hauke aber jedes Mal heraus hilft – und damit ihr Held und der der Leserschaft sein darf.

Neben vielen anderen sympathischen, rüpelhaften oder furchtbar unangenehmen Nebencharakteren, die allesamt so gut beschrieben sind, dass ich sie mir lebhaft vorstellen kann, gibt es auch Zollanwärter Hans Detlefsen. Er ist mit seinen 17 Jahren noch so unbedarft, hat Träume und ist einfach liebenswert. Er vertraut Hauke absolut und will ihm mit allem, was ihm möglich ist, zu Diensten sein. Ihn mochte ich sehr, auch weil er es ist, der dem Leser vieles über die neue, moderne Speicherstadt erzählt. Aus ihm sprach der Stolz auf „seine“ Speicherstadt und das obwohl sein Erbe – nämlich der Laden seines Vaters – dafür weichen musste.

Historischer Hintergrund:
Der historische Hintergrund für diesen Roman ist exzellent recherchiert. Als Leser fühlt man sich ein bisschen so, als würde man genau in diese Zeit zurück versetzt werden und einen Rundgang durch Hamburg machen. Auch ohne die Stadt zu kennen, ist es möglich sich vorzustellen, wie es hier ausgesehen und gerochen haben muss. Der Krach im Hafen, die Gerüche aus der Kaffeerösterei oder den Guano-Speichern.
Schaut man genauer hin, findet man die recherchierte Historie in der modernen Stadt wieder. Die Geschichten, die die Autorin erzählt sind nicht nur liebenswert, sondern auch historisch korrekt. Das gefällt mir ausgesprochen gut, da ich genau dieses Merkmal an historischen Romanen besonders mag. Man lernt etwas, indem man eine spannende Geschichte liest. Bisweilen habe ich sogar im Internet weiter geschaut, wann was gebaut wurde z.B. Es gibt eine Szene, in der schreibt die Autorin „Einen Tunnel gab es ja nicht.“ und bezog sich dabei auf eine Elbquerung. Stimmt, der alte Elbtunnel wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut. Solche kleinen Details sind es, die einen durch die gesamte Geschichte begleiten und diese so glaubwürdig machen.

In einem Anhang bekommt der Leser zudem einen Überblick über reale Historie und Fiktion. Die großen Ereignisse wie z.B. der Hafenarbeiterstreik werden hier erklärt, Gebäude, die tatsächlich existierten oder noch existieren werden erwähnt und wie sie in der Realität genutzt wurden. Es macht Spaß diesen Anhang zu lesen, der dann auch noch durch ein kleines Hamburger Sprachlexikon abgerundet wird.

Schreibstil:
Mit ihrem Schreibstil trifft Anja Marschall die Sprache der Zeit – oder jedenfalls so, wie ich sie mir vorstelle. Wer den Hamburger schon mal Platt schnacken hören hat, kann sich sicher vorstellen, was ich meine. Außerdem lässt sie ihre Figuren – z.B. Quartiersleute, Hafenarbeiter usw. – platt schnacken. Das war einfach so, das sprach man in dieser Zeit. Und trotzdem wird auch jemand, der dieses Dialektes nicht mächtig ist, keine Schwierigkeiten haben, die Inhalte der Dialoge zu verstehen. Erstens: es gibt ja besagtes Sprachlexikon und Zweitens: wenn ein wirklich längerer Dialog stattfindet, arbeitet die Autorin den Inhalt des Dialoges geschickt in die nächsten Zeilen ein, sodass sich der Inhalt spätestens daraus ergibt.

Besonders beeindruckt hat mich, wie Frau Marschall mit Adjektiven, die Situationen oder Menschen beschreiben, Stimmung herauf beschwört oder die Menschen vor dem inneren Auge lebendig werden lässt. Hinzu kommt eine ordentliche Prise Humor!
Zitat S.111: „Schnaufend drehte die Dame sich zurück zum Tisch, beugte sich ein wenig vor und flüsterte ihrer üppig ausgestatteten Freundin, deren Mantel ein Fuchskragen zierte, etwas zu. Das tote Tier über den fleischigen Schultern besagter Freundin starrte aus gläsernen Augen verzweifelt auf den unter vielen Schichten Rüschen verpackten Busen.“

Der Roman wird aus 2 Perspektiven erzählt – Haukes und Sophies. Diese beiden Perspektiven liefern immer mehr Puzzleteile, die am Ende schließlich zu einem Ergebnis zusammen geführt werden. Sehr schön fand ich auch, dass es manchmal so war, dass ich mehr wusste, als Hauke oder Sophie, weil die beiden nicht allzu oft dazu kamen, ihre Ermittlungen miteinander zu teilen. Trotzdem hat der Leser bis zum Ende zwar viele Verdachtsmomente den Täter betreffend, aber erst ziemlich spät wird klar, wer es tatsächlich gewesen ist. Die Auflösung erfolgt dann ohne plakativ präsentiert zu werden im Verlauf der Geschichte.

Auffällig ist immer wieder der Stolz der Hamburger auf ihre (Speicher-)Stadt. Ich liebe es, zumal es heute noch genauso ist. Der Hamburger hat ein ganz besonderes Verhältnis zu seiner Heimat und das macht ihn einfach aus – gestern wie heute.

Fazit:
Mit diesem Roman ist der Autorin eine Liebeserklärung an ihre Heimatstadt und an ihre Figuren gelungen. Sie hat ihre exzellente Recherche zu einem absolut empfehlenswerten Roman verarbeitet. Für Fans historischer Romane und nicht allzu blutiger Krimis ein absolutes Muss. 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 27.10.2019

Eine römische Stadt, ein Vulkan und eine geheimnisvolle Geschichte.

Das magische Baumhaus (Band 13) - Im Schatten des Vulkans
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Das Buch:
Es handelt sich hier um Band 13 aus der Reihe „Das magische Baumhaus“ aus dem Loewe Verlag. Das Buch kann unabhängig von allen anderen Bänden gelesen werden. Wir haben ein Hardcover, welches ...

Das Buch:
Es handelt sich hier um Band 13 aus der Reihe „Das magische Baumhaus“ aus dem Loewe Verlag. Das Buch kann unabhängig von allen anderen Bänden gelesen werden. Wir haben ein Hardcover, welches auch häufigem Lesen und in die Hand nehmen standhält. Das Cover mit dem Vulkan im Hintergrund und den beiden Kindern im Vordergrund passt perfekt zur Geschichte. Auch ist die Haptik des Buches durch die erhabenen Schriftzüge sehr angenehm. Im vorderen und hinteren Buchdeckel findet sich eine Zeichnung von Pepper Hill und dem Baumhaus, auf dem mein Sohn versuchte ausfindig zu machen, welches der Häuser wohl das von Anne und Philipp sein könnte.

Worum geht’s?
Anne und Philipp, die inzwischen zu Meisterbibliothekaren geworden sind, werden von der Zauberin Morgan gebeten aus einer alten Bibliothek eine Geschichte zu retten, die ansonsten für alle Zeit verloren wäre. Dazu übergibt sie den Kindern ein Buch über die Römer und den Titel der zu rettenden Geschichte. Mit dem magischen Baumhaus reisen Anne und Philipp ins Jahr 79 nach Christi in die Stadt Pompeji und sehen sich unversehens dem wohl berühmtesten Ausbruch des Vesuv ausgesetzt. Auf der Suche nach der Geschichte beginnt eine spannende Reise durch diese alte römische Stadt, die als Urlaubsort der Römer bekannt war, und am Ende steht eine wundersame Rettung.

Die Charaktere:
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die beiden Kinder Anne und Philipp, die eine weitere Reise in eine frühere Zeit antreten. Beide Kinder wirken sehr authentisch und sympathisch. Man kann sich gut vorstellen sie als Nachbarskinder zu haben. Mein Sohn findet sie zudem sehr mutig und da hat er Recht. Immerhin reisen sie diesmal in eine Zeit, in der ein großes Unglück passiert. Philipp ist begeistert von den Römern und allem, was sie getan und wie sie gelebt haben. Ich finde es toll, dass er sich, obwohl Eile geboten war, Notizen zu deren Lebensweisen macht. Außerdem ist er es, der in ihrem Buch über die Römer stets die richtigen Stellen heraus findet um sich und Anne weiter durch Pompeji zu lotsen. Anne dagegen hat ein sehr gutes Gespür dafür, wer die richtigen Menschen sind, die man um Hilfe bitten kann.

Eine alte Frau – eine Wahrsagerin – weißt ihnen dann auch den Weg zur Bibliothek und spricht eine unheimliche Voraussage aus. Mir war diese Frau ja nicht wirklich geheuer, ebenso wie Philipp im Übrigen, und auch mein Sohn sagt, dass er sie zunächst nicht wirklich einordnen konnte. Letztlich jedoch hat sie die Wahrheit prophezeit.

Schreibstil und Illustrationen:
Der Schreibstil der Autorin ist leicht zu lesen, die Formulierungen sind altersgerecht für die Zielgruppe. Mir gefällt es, dass es nicht so viele Figuren gibt, sodass sich der junge Leser auf Anne und Philipp konzentrieren kann. Es gibt nur wenige schwierige Worte wie z.B. Papyrusrolle, bei denen mein Sohn Hilfe beim Lesen benötigte. Ebenso werden Begrifflichkeiten entweder verständlich umschrieben oder aufschlussreich erklärt. So liest Philipp z.B. aus dem Buch über die Römer hin und wieder Passagen vor, in denen Begriffe aus dem alten römischen Reich erklärt werden.

Mir gefallen die Umsetzung der korrekten historischen Fakten und die Verknüpfung mit der Realität sehr. So lernen Kinder auf eine sehr unterhaltsame Art Geschichte. Ich gehe davon aus, dass das hier gelesene im Gedächtnis bleibt.

Das Buch verfügt über viele, auch sehr große (manchmal ganzseitige) Bilder, die gut zur Geschichte passen und diese anschaulich illustrieren. Die Bilder sind liebevoll gezeichnet, sodass man sich sowohl die beiden Helden als auch die Orte, an denen sie sich befinden, sehr gut vorstellen kann.

Eignung für Kinder:
Das Buch ist für Kinder ab 8 geeignet. Sowohl der Schreibstil als auch die Aufbereitung der historischen Fakten sind für dieses Alter perfekt. Die große Schrift ist gerade für Leseanfänger toll zu lesen und die vielen Bilder lockern die Geschichte auf. Auch wenn am Ende der Geschichte ein furchtbares Unglück für Pompeji steht, ist die Geschichte nicht grausam und es gibt keinen Grund dieses Buch nicht auch mit jüngeren Kindern zu lesen.

Fazit:
Diese Zeitreise für Kinder ab 8 Jahre ist mit korrekten historischen Fakten belegt, ist auch für Leseanfänger geeignet und macht besonders viel Spaß, wenn man sie sich (von seinem Kind) vorlesen lässt. Liebevolle Illustrationen und ein spannendes Abenteuer halten die Lust am Lesen aufrecht. Gemeinsam vergeben mein Sohn und ich 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 13.10.2019

Intelligenter Humor vom feinsten. Absolut lesenswert!

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen«
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[Theaterstück] „Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ / „Einladung zum Klassentreffen“ - Martin Schörle

Allgemein:
Ich habe das E-book von Martin Schörle zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ...

[Theaterstück] „Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ / „Einladung zum Klassentreffen“ - Martin Schörle

Allgemein:
Ich habe das E-book von Martin Schörle zur Verfügung gestellt bekommen, wofür ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanke – insbesondere aber für die Lachsalven, die die Stücke bei mir auslösten. Es war mein erster Versuch Theaterstücke zu lesen und bin überrascht, wie leicht mir das gefallen ist. Martin Schörle schreibt das Geschehen auf der Bühne so präzise in kurzen Worten, dass man sich als Leser ganz auf das gesprochene Wort konzentrieren kann und sich die Bilder im Kopf beinahe automatisch bilden. Wer mal im Kabarett war, kann sich die Situation ganz bestimmt sehr gut vorstellen. Jedenfalls ging es mir so!

Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten:
Hans Fredenbek ist einfach grandios! Bereits nach dem Studium der Leseprobe musste ich mir die Tränen aus dem Augenwinkel wischen. Hans Fredenbek ist ein Pedant – nicht nur ein kleiner, sondern der Inbegriff eines Pedanten! Sein Radiergummi muss immer auf der gleichen Stelle liegen und natürlich darf es nicht irgendein Gummi sein. An diesem Morgen ist er jedoch verschwunden!
Diese Situation ist der Auftakt zu einer Aneinanderreihung von Themen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und im Grunde das gesamte Leben des Herrn Fredenbek beleuchten. Übergänge zwischen den Themen passieren einfach. Sie werden nicht angekündigt, sie sind einfach da und es ist überhaupt nicht störend, dass das vorhergehende Thema manchmal nicht bis zum Ende erzählt wurde. Andere Themen ziehen sich durch das ganze Stück und finden ihre Aufklärung erst ganz am Ende – sehr zu meiner Freude und mit der Auslösung eines herzlichen Lachens. Z.B. SHz…

Herr Fredenbek erzählt allerdings nicht „einfach so“. Er verstrickt sich in Gedanken und Themen, schweift ab, kommt wieder zurück nur um erneut ein anderes Thema zu beleuchten. Manchmal bricht er mitten im Satz ab um sich einem völlig anderen Thema zuzuwenden. Diese Erzählweise ist so urkomisch, dass man sich dem einfach nicht entziehen kann. Interessanterweise ist das auch gar nicht schwer zu lesen. Im Gegenteil! Ich habe das mit der Erzählweise eines Dieter Nuhr auf der Bühne verglichen. Er bedient sich nämlich des gleichen Stilelements und bringt damit sein Publikum immer wieder zum Lachen. Genauso ging es mir bei Herrn Fredenbek.
Die Hilfsmittel aus dem Off liefern die nötige Kulisse in dieser One-Man-Show, die ich nur allzu gern einmal auf der Bühne sähe – in einem Kabarett, nicht auf einer ernsten Theaterbühne. Aufgeführt von einem Menschen, der glaubwürdig Mimik darstellen kann und die ernsten Passagen so rüber bringt, dass man sich einfach ausschütten muss vor Lachen.

Völlig überzogene, perfekt gesetzte Pointen. Großartig – wirklich empfehlenswert!

„Einladung zum Klassentreffen“
Man könnte auch sagen „Alte Liebe rostet nicht“. Carsten und Marina führen während Marinas Zugfahrt ein Telefonat. Im Grunde genommen etwas, das ich in der heutigen Zeit total verabscheue. Ich mag es nicht, wenn Menschen in der Öffentlichkeit laut und lange telefonieren, ABER… in diesem Fall musste ich so herzlich lachen. Am meisten im Übrigen über die anderen Fahrgäste und ich stellte mir die Frage, ob ich wohl auch meine Mail-Adresse hätte abgeben wollen.
Es ist ein irgendwie typisches Gespräch zwischen Mann und Frau. Ich habe so oft gedacht, na das ist doch mal wieder DER Klassiker. Ich behaupte, wirklich jeder wird sich in der einen oder anderen Passage wieder finden können und muss dann beinahe zwangsläufig darüber lachen.

Der Dialog ließ sich ganz leicht lesen, das Gespräch fliegt förmlich an einem vorbei. Die 3 Rückblenden sind ganz großartig integriert und auch hier kann sich der Leser das Bühnenbild sehr gut vorstellen. Man verheddert sich zwischen den einzelnen Themen überhaupt nicht.

Fazit:
Jeder, der intelligenten Humor mag, ist hier absolut richtig. Es kann hilfreich sein, einmal in einem Kabarett gewesen zu sein um die Atmosphäre zu kennen. Andererseits nimmt einen Martin Schörle einfach mit – mit auf eine Reise durch den Beamtenalltag und mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Ich fühlte mich so gut unterhalten, dass ich beide Stücke gern einmal livehaftig auf einer Bühne sehen möchte. Absolut lesenswert! 5 von 5 Sternen.