Profilbild von Babajaga

Babajaga

Lesejury Star
offline

Babajaga ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Babajaga über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.09.2020

Sehr dramatisches Thema, nicht ganz leicht zu lesen.

Adresse unbekannt - Nominiert zum Deutschen Jugendliteraturpreis
0

Das Buch:
Nach dem Lesen der Leseprobe war ich sehr gespannt darauf, wie die Autorin dieses wirklich schwere Thema der Obdachlosigkeit kindgerecht aufbereitet hat. Ich bedanke mich für den Gewinn des ...

Das Buch:
Nach dem Lesen der Leseprobe war ich sehr gespannt darauf, wie die Autorin dieses wirklich schwere Thema der Obdachlosigkeit kindgerecht aufbereitet hat. Ich bedanke mich für den Gewinn des Buches beim Verlag und der Autorin.

Worum geht’s?
Der 12jährige Felix und seine Mutter Astrid leben in einem als Wohnmobil ausgebauten Bus. Anfänglich ist alles ein Abenteuer, ein Urlaub, aber bald schon wird klar, dass sich dieser Wohnsitz zur Dauerwohnung entwickelt. Grund hierfür ist unter anderem, dass Astrid keinen Job besonders lange behält und auch keinerlei Anstalten macht, sich an die Sozialbehörden zu wenden, aus Angst davor, dass man ihr ihren Sohn wegnehmen könnte.
Auch seinen Freunden soll Felix nichts von ihrer Misere erzählen. Diese jedoch kommen eines Tages von selbst hinter das Geheimnis und halten trotz allem weiter zu Felix.

Charaktere:
Die drei Freunde Felix, Winnie und Dylan besuchen eine Schule mit Französischleistungskurs. Sie sind ganz normale Fast-Teenager, die man – jeden für sich irgendwie mögen muss. Über Winnie musste ich häufig schmunzeln. In ihrer unnachahmlichen Art hat sie mich an Hermine Granger erinnert. Alles weiß sie besser, hat immer das letzte Wort und will Felix und Dylan irgendwie erziehen. Dennoch ist sie dabei liebenswert. Das bemerkt auch Felix und obwohl sie ihn hin und wieder gewaltig nervt, löst sie in ihm auch warme Gefühle aus, Zuneigung.

Felix mochte ich allerdings besonders. Trotz der wirklich nicht kindgerechten Umstände verliert er nicht seinen Humor. Er ist intelligent und schlagfertig. Oftmals tat er mir allerdings einfach leid, weil seine Mutter in meinen Augen einfach nicht die Reife besitzt, sich um ein Kind zu kümmern. Vielmehr ging sie mir mit ihrem falschen Stolz irgendwann gehörig auf die Nerven. Es ist deutlich wichtiger für sie, nach außen hin ein bestimmtes Bild zu wahren, anstatt sich Hilfe zu suchen. Außerdem finde ich es doch reichlich naiv zu glauben, dass sie sich im Job alles erlauben dürfe und nur ihre Chefs ihr wahres Talent nicht erkennen. Manches Mal habe ich mich ernstlich gefragt, wer von den beiden der Erziehungsberechtigte ist. Darüber hinaus finde ich es schon reichlich seltsam, wenn eine Mutter von ihrem Sohn mit dem Vornamen angesprochen werden möchte. Ich glaube, Astrid lebt in ihrer ganz eigenen Welt, die nicht viel mit der Realität oder Verantwortung zu tun hat. Ebenso ist ihr Konstrukt aus Lügen und Übertreibungen nicht unbedingt der Rahmen für die Erziehung eines 12jährigen.

Umso mehr war ich positiv überrascht über Dylan und Winnie, die es letztlich mit ihrem Einsatz und ihrer Loyalität Felix gegenüber schaffen, die Situation zu entschärfen und mithilfe anderer Menschen Felix und Astrid wieder zu einer festen Bleibe verhelfen. Am Ende des Buches war ich mehr denn je davon überzeugt, dass die 3 Jugendlichen deutlich weiter in ihrer persönlichen Entwicklung sind, als es Astrid je sein wird. Sie wirkt auf mich wie eine Hippiefrau der 60er Jahre.

Schreibstil:
Das Thema des Buches ist zugegeben ein sehr schwieriges und für mich wäre es wohl auch eine Herausforderung, wenn ich meinem Sohn erklären müsste, was Obdachlosigkeit für ein Kind bedeutet. Dennoch wurde ich mit dem Buch die ganze Zeit nicht richtig warm. Mich interessierte der Fortgang der Geschichte durchaus, ich mochte die Jugendlichen und war immer wieder überrascht darüber, wie andere Menschen auf Felix reagiert haben. Aber dennoch hat mich die Geschichte nicht wirklich mitgerissen. Ich könnte hier nicht auf den Punkt sagen, warum genau das so war und möglicherweise sehen andere Leser dies auch völlig anders.

Zwar konnte ich mir die Szenarien vorstellen, die Situationen in denen sich die Figuren bewegten, aber ich fühlte mich oft nur als Zuschauer, wie jemand der unbeteiligt daneben steht.

Was ich jedoch als wirklich positiv hervorheben möchte, ist das Ende des Buches. Hier hat die Autorin Fragen zum Buch formuliert, die nicht ganz so leicht zu beantworten sind und vielleicht als Grundlage für eine Diskussion in größerer Runde dienen können. Da dieses Buch in gewisser Weise auch eine Sozialstudie ist, ein Thema, das Kinder und Jugendliche berühren soll, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass in einem Fach wie Gesellschaft diese Fragen in der Schule diskutiert werden könnten. In jedem Fall jedoch regt Nielsen den Leser zum Nachdenken an.

Neben allen sozialen Aspekten des Buches gelingt es der Autorin meiner Meinung nach wirklich toll, die zwischenmenschlichen Aspekte der Jugendlichen einzufangen. Das aufkeimende Interesse am anderen Geschlecht, die Nervosität, die damit einhergeht, wie wichtig es wird, dass man einen guten Eindruck macht usw. Diese Teile des Buches haben mir durchweg gefallen.

Eignung für Kinder:
Dieses Buch ist definitiv für ältere Kinder bzw. Jugendliche geeignet. Hier gibt es keine Illustrationen mehr und das Thema ist einfach zu schwer, um einfach als Unterhaltung zu dienen. Aus meiner Sicht regt das Thema und die Geschichte zum Nachdenken an, was mir sehr gefällt. Jedoch könnte ich mir vorstellen, dass gerade sensible Kinder durchaus einen Austausch im Anschluss an die Lektüre brauchen könnten. Die Geschichte kommt einer möglichen Realität sehr nahe, finde ich.

Das Buch ist ein Hardcover mit etwas dickeren Seiten, weshalb es einem mehrfachen Lesen durchaus standhalten kann.

Fazit:
Der Leser muss sich auf die Geschichte einlassen wollen. Sie liest sich nicht einfach so weg und dient nicht ausschließlich als Unterhaltung. Vielmehr regt sie zum Nachdenken an. Insbesondere die Fragen am Ende des Buches unterstützen diesen Prozess. Ich kann dieses Buch nicht uneingeschränkt weiter empfehlen, aber wer sich mit diesem schwierigen Thema befassen möchte, ist hier ganz sicher richtig. 3 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.08.2020

Wie aus Unbekannten Freunde werden – ohne es zu merken…

Der beste Notfall der Welt
0

Das Buch:
Der beste Notfall der Welt ist ein Buch für Leser ab 9. Ich habe es im Zuge einer Verlosung bei vorablesen.de gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke – für das Buch und den Spaß am Lesen. Das ...

Das Buch:
Der beste Notfall der Welt ist ein Buch für Leser ab 9. Ich habe es im Zuge einer Verlosung bei vorablesen.de gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke – für das Buch und den Spaß am Lesen. Das Buch hielt, was die Leseprobe versprochen hatte.

Worum geht’s?
Bens Eltern wollen zu zweit in den Urlaub fahren. Eigentlich sollte seine Oma in dieser Zeit auf ihn aufpassen, springt aber kurzfristig ab. Gut, dass Bens Vater einen guten Freund hat, der diesen Job gern übernimmt. Dessen Sohn Gustav ist im gleichen Alter wie Ben und meint, dass die beiden sich schon verstehen würden… Wenn er sich da mal nicht täuscht! Auf dem Weg nach Hause fährt Gustavs Vater eine Maus an, welche Gustav und Ben unbedingt retten und gesund pflegen möchten. Aber ob diese Maus wirklich eine normale Maus ist?

Charaktere:
Ben und Gustav könnten unterschiedlicher nicht sein. Der eine ist der typische Nerd mit Interesse für sein Mikroskop und Bücher, der andere der Draufgänger – sportlich, manchmal vorlaut und draufgängerisch. Ich finde die beiden Jungs toll getroffen und habe mehr als einmal an meinen Sohn und seinen Kumpel gedacht, während ich das Buch las. Beide Charaktere sind wunderbar eingefangen, bleiben natürlich und jeder auf seine Art sympathisch. Auch ihre Probleme miteinander werden großartig lebendig und vor allem dem Alter entsprechend beschrieben. Ich konnte mir die Situationen sehr gut vorstellen – sowohl jene wenn sie gegeneinander agieren, als auch jene, in denen sie miteinander am selben Strang ziehen. Darüber hinaus ist es toll zu sehen, wie sich ihre Beziehung zueinander mehr und mehr entwickelt, sie die Vorzüge des jeweils anderen zu schätzen lernen um am Ende festzustellen, dass sie wohl doch sowas wie Freunde sind.

Gustavs Vater pflegt ein nicht alltägliches Hobby, welches ihn mir auf Anhieb sympathisch machte. Irgendwie dachte ich bei mir, das könnte auch mein Hobby sein. Und ganz sicher können daraus echte Geschichten entstehen. Vielleicht pflegt der Autor selbst dieses Hobby – wer weiß…?

Ein bisschen nervig fand ich das Fabel. Aber ohne es wäre die Geschichte nicht diese Geschichte. Sehr lebhaft beschreibt der Autor wie dieses kleine Wesen Ben und Gustav ärgert und sie manchmal sogar fast auffliegen lässt, einfach weil es Recht haben will. Mit etwas Abstand betrachtet ist das Fabel sogar ganz niedlich, aber mitten in der Geschichte gelingt es dem Autor immer und immer wieder dessen Nervigkeit darzustellen, sodass sich der Leser hin und wieder zusammen reißen muss, um nicht mit den Augen zu rollen. Etwas in den Hintergrund tritt allerdings die Maus, um die sich ja so fast alles dreht. Sie ist der Grund, warum Ben und Gustav überhaupt eine gemeinsame Mission haben, dennoch erfährt man über sie recht wenig. Es bleibt Raum für Spekulation und eigene Interpretation. Das gefällt mir einerseits gut, andererseits hätte ich gern etwas mehr über die Geschichte hinter der Geschichte erfahren.

Schreibstil:
Der Autor schreibt dem Alter angemessen. Es gibt kaum schwierige Sätze, dafür aber herrliche Beschreibungen. Zitat S. 7 „Das traf Gustav wie ein nasser Lappen“. Hier war die Rede von einer Bemerkung, die sein Vater gemacht hatte. Mit solchen Sätzen wird dem Leser sofort klar, was gemeint ist. Das Buch ist gespickt mit solchen bildlichen Beschreibungen, die sehr deutlich machen, wie die Gefühlslage der Person gerade ist. Das finde ich absolut wundervoll.

Auch gelingt es dem Autor Dinge, die vielleicht nicht jedem Kind auf Anhieb bekannt sind, zu erklären ohne oberlehrerhaft zu wirken. Oft erklärt Ben – der Nerd, der eh alles weiß – solche Umstände und zwar so, dass es immer noch nicht von oben herab wirkt. In diesem Zusammenhang ist es Pauli wirklich super gelungen, Kindgespräch mit Wissen zu vereinen. Es macht Spaß Ben dabei „zuzuhören“, wie er seine Welt erklärt.

Ein Name hat mir ganz besonders gefallen. Ich habe schallend gelacht: Frau Koller. Dazu muss man wissen, dass Frau Koller ständig schimpft, Kinder nicht mag und überhaupt eher ruppig daher kommt. Der Name ist einfach perfekt gewählt!

Der Autor ist Schweizer und bisweilen merkt man dies auch in seinen Formulierungen, die in meinen Ohren so typisch schweizerisch klingen. „Hat es noch ein Brot?“ um zu fragen, ob vielleicht noch ein Brot da wäre. Vielleicht könnten Kinder darüber fallen, eben weil es im deutschen Sprachgebrauch nicht ganz so geläufig ist. Aber ich denke, man gewöhnt sich daran und es ist auch recht offensichtlich, was mit solchen Formulierungen gemeint ist.

Alles in allem lässt sich die Geschichte leicht und locker lesen, man kann darin versinken und die Bilder auferstehen lassen, sich manchmal vielleicht etwas hinzudenken oder auch weg lassen, wenn es für einen selbst nicht passt.

Illustrationen:
Die Illustrationen im Buch sind wundervoll. Bereits in der Leseprobe war ich fasziniert davon. Sie sind in schwarz-weiß gehalten und sehen wie Bleistiftzeichnungen aus. Im Gegensatz zu Büchern für Erstleser unterstreichen sie zwar noch die Geschichte, sind aber nicht mehr ganz so häufig zu finden. Es lohnt sich auf jeden Fall, genauer hinzusehen. Ich bin beeindruckt von ihnen.

Tauglichkeit für Kinder:
Bei dem Buch handelt es sich um ein Hardcover mit etwas dickeren Seiten. Die Kapitel sind sehr kurz – nie länger als 5 Seiten – sodass auch Lesemuffel diese Geschichte lesen können oder dieses Buch perfekt als Abendlektüre vor dem Schlafengehen dienen kann. Die Schriftgröße ist ebenfalls sehr kindgerecht. Inhaltlich spricht die Geschichte sicherlich Jungs eher als Mädchen an, immerhin geht es auch um zwei Jungen. Aber abenteuerlustige Mädchen werden hier ganz bestimmt auch ihren Spaß haben.
Durch die Entwicklung der Freundschaft zwischen Ben und Gustav kann die Geschichte vielleicht auch zum Nachdenken anregen. Ist der Andere wirklich doof, nur weil er anders ist? Pauli gelingt es die Individualität des Einzelnen zu vermitteln – auch hier wieder ohne den erhobenen Zeigefinger.

Fazit:
Eine tolle Geschichte über Freundschaft und Einfallsreichtum, witzig und vor allem kurzweilig erzählt. Eine Geschichte, die den Leser zum Lachen und Nachdenken bringt und eine Geschichte, die das Leben eines 9jährigen wundervoll einfängt. Absolut lesenswert! 5 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.08.2020

Mehr Bericht als Krimi

Gerecht ist nur der Tod
0

Das Buch:
Ich habe das Buch im Zuge eines Thriller-Events bei Lovelybooks gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke. Dieses ist das letzte der drei Bücher, das ich gelesen habe, worüber ich im Nachhinein ...

Das Buch:
Ich habe das Buch im Zuge eines Thriller-Events bei Lovelybooks gewonnen, wofür ich mich herzlich bedanke. Dieses ist das letzte der drei Bücher, das ich gelesen habe, worüber ich im Nachhinein betrachtet sehr froh bin. Zunächst kann ich sagen, dass dieses Buch bei weitem kein Thriller ist und auch der aufgedruckten Kategorie Kriminalroman wird das Buch nicht gerecht.

Worum geht’s?
In aller Öffentlichkeit wird ein Kölner Unternehmer erschossen, während er sich auf dem Weg zu seiner Trauung befindet. Die Psychologin Ina Reich soll das Ermittlerteam um Hauptkomissar Schellenberg begleiten und beobachten. Bis auf den Hauptkomissar scheint jedoch niemand Ina Reich willkommen zu heißen. Somit sind Konflikte innerhalb der eigenen Reihen vorprogrammiert.

Charaktere:
Ina Reich ist Psychologin, die mithilfe eines möglichst positiven Berichts das angekratzte Image der Kölner Polizei aufpolieren soll. Sie selbst ist jedoch ein Mensch mit vielen eigenen – vor allem alten, nicht aufgearbeiteten – Problemen und darüber hinaus tablettensüchtig. Die Autorin hat ihr wenig Ausstrahlung mitgegeben, weshalb ich sie nicht wirklich sympathisch finde. Eher erscheint sie mir gefangen in ihrer eigenen Welt.

Hauptkomissar Schellenberg – auch nicht frei von privaten Problemen – ist da schon sympathischer. Streckenweise hatte ich jedoch das Gefühl, dass er mehr ein Lehrer für seine Kollegin Bulut, die zudem scheinbar auch noch in ihn verliebt ist, denn ihr Vorgesetzter ist. Und entweder wollte er den Umstand ihrer Verliebtheit nicht sehen oder er war tatsächlich eher blind – Buluts Eifersucht war allerdings unübersehbar.

Bulut ist mir in ihrer ständigen Ablehnung gegen alles und ihrem permanenten Misstrauen gehörig auf die Nerven gegangen. Klar ein Rebell passt schon ganz gut in einen Krimi, aber irgendwie war Bulut mir zu wenig subtil in ihren Verhaltensweisen. Eher ruppig und vordergründig – ein Mensch, dem ich im wahren Leben auch nicht unbedingt begegnen möchte.

Schreibstil:
Zitat S. 67 „Ich bin nur Zuschauerin in dieser Ermittlung.“ Genau diesen Eindruck hatte ich beim Lesen leider auch. In der Ich-Form erzählt hatte ich über lange Strecken das Gefühl einen Bericht zu lesen. Dialoge sind eher Mangelware, weshalb mir die Geschichte ziemlich zäh erscheint. Die Idee des Buches fand ich anfänglich gut – jemand Außenstehendes taucht in die Polizeiarbeit ein. Die Autorin konnte mich mit dieser Art zu schreiben leider nicht mitreißen, denn ich mag Geschichten, in die ich eintauchen kann, bei denen ich das Gefühl habe, mitten drin zu sein. Hier fühlte ich mich stets außen vor geblieben.

Darüber hinaus hatte ich immer öfter das Gefühl, dass die eigentliche Ermittlung und die Auswirkung der Geschehnisse auf die Ermittler in den Hintergrund rückten. Viel intensiver wurde das zwischenmenschliche Miteinander im Team um Schellenberg beleuchtet. Daher hatte die Geschichte in ihrem Fortgang für mich auch immer weniger den Charakter eines Krimis.

Ich hatte ich mich auch oder gerade wegen der Anmerkung, dass hinter Judith Bergmann eine Bestseller-Autorin stecke, auf einen guten, spannenden Krimi gefreut. Diese Erwartung wurde leider nicht erfüllt.

Fazit:
Es passiert mir wirklich selten, dass ich zu einem Buch so wenig zu sagen weiß. Empfehlen kann ich es nicht. 2 Sterne

Veröffentlicht am 10.08.2020

Hm… was soviel heißt wie „Das dritte Abenteuer“

Snöfrid aus dem Wiesental (3). Das ganz und gar fantastische Geheimnis des Riesenbaumes
0

Das Buch:
In diesem dritten Band um den eigentlich eigenbrötlerischen Snöfrid nimmt der Autor seine kleine und große Leserschaft mit auf die Reise in eine wirklich fantastische Welt rund um die Natur und ...

Das Buch:
In diesem dritten Band um den eigentlich eigenbrötlerischen Snöfrid nimmt der Autor seine kleine und große Leserschaft mit auf die Reise in eine wirklich fantastische Welt rund um die Natur und das Zusammenspiel darin. Es ist nicht unbedingt notwendig die Vorgänger zu kennen, denn wann immer Schmachtl sich darauf bezieht, erklärt er in kurzen Rückblicken die Zusammenhänge.

Worum geht’s?
Genau genommen mag ein Snöfrid Ruhe, Haferbrei und so überhaupt keinerlei Aufregung. Aber wenn ein Snöfrid, so wie dieser hier, erst mal heraus gefunden hat, dass Abenteuer doch überaus großartig sein können, dann passiert es schon mal, dass sich die Abenteuerlust breit macht und er sich wünscht, ein eben solches zu finden. Dass er sich auf dem direkten Weg in ein Abenteuer befindet, als die wütenden Bauern Snöfrid aus dem Wiesental vertreiben wollen, ahnt er nur, aber schneller als er hören kann (sehen kann er nämlich nicht wirklich gut), ist er mitten drin und soll den Fluch über den Lautlosen Wäldern lösen. Eine wirklich, wirklich fantastische Reise beginnt, auf der er allerhand seltsame Wesen trifft – einige nett, andere weniger…

Charaktere:
In dieser Geschichte gibt es herrlich skurrile Geschöpfe, die unterschiedlich sympathisch sind. Snöfrid ist natürlich ganz eindeutig DER Sympathieträger, immerhin ist er der Held der Geschichte. Seine Freunde wachsen dem Leser ebenso schnell ans Herz – und der erfahrene Snöfridleser wird den einen oder anderen Charakter bereits kennen. Laut lachen musste ich über das Einhörnchen, welches sich furchtbar darüber aufregt, wenn es Pony genannt wird. Ebenso findet Björn, der wunderkleine Kauz, es nicht witzig, wenn Snöfrid ihn Björni nennt. Hierin findet der (vermeintlich erwachsene) Leser Reaktionen von Kindern wieder, die ihn definitiv zum Schmunzeln bringen.

Zur nicht so netten Fraktion gehören die Thula – aber auch nur ein Teil von ihnen. Sie sind der Auslöser für so vieles, was in der Welt von Snöfrid passiert. Doch obwohl sie ja quasi die Bösen sind, stellt der Autor sie nicht unveränderbar böse dar. Ja, er gibt ihnen wirklich unschöne Eigenschaften wie z.B. Gier, aber jedweder Schaden, den sie anrichten, kann am Ende wieder korrigiert werden. Dennoch wird man als Leser nachdenklich, wenn man eben dies auf die ganz reale Welt überträgt.

Eben weil alle Charaktere so unwirklich sind, findet sich der Leser in einer reinen Fantasiewelt wieder, aber dennoch sind die Parallelen zur Realität sehr offensichtlich. Das macht das Buch für mich zu einem wirklich guten Kinderbuch. Keine der Figuren erhebt den Finger um eine andere zu maßregeln, vielmehr ziehen z.B. die Snöfride einfach ihre Konsequenzen.

Ganz besonders angetan hat es mir die Beschreibung des Riesenbaumes. Hier ist der Fantasie des Lesers wirklich keine Grenze gesetzt, worum genau es sich vielleicht handelt – je nachdem wie global die Denkweise des Einzelnen ist. Wirklich toll gemacht!

Schreibstil:
Ich liebe ihn! Bereits in den beiden Vorgängern hat es mich fasziniert, mit welch einer Selbstverständlichkeit Schmachtl die Geschichte schreibt, als säße er dem Leser – oder vielmehr einer ganzen Schar von Zuhörern – gegenüber. Er spricht seine Leser direkt an und Vermutungen aus. „Vielleicht habt ihr ja schon einmal davon gehört…“ Damit erreicht der Autor eine wunderbare Lebendigkeit. Liest man zu zweit, kann man hier vielleicht zu einem Austausch ansetzen. Es ist eine Freude sich die Geschichte erzählen zu lassen.

Außerdem ist die bunte Vielfalt an Adjektiven und Adverbien einfach eine Wucht. Allein der Titel macht Lust darauf, wenigstens mal in das Buch hineinzulesen. Der Autor umschreibt mit diesen vielen Adjektiven und Adverbien so gekonnt, dass man sich vieles richtig gut vorstellen kann. So ist Snöfrids Freund nicht einfach ein kleiner Kauz, sondern eben ein wunderkleiner Kauz, der, wenn er sich aufregt, fuppt (sich aufplustert). Mit seiner Wortwahl erreicht der Autor bei weitem nicht nur die Kinder, sondern auch die vorlesenden Erwachsenen.

Der Autor baut Spannung auf, indem er etwas ankündigt. Er unterbricht wenn es am spannendsten ist und wünscht eine Gute Nacht. Einfach herrlich! Ich würde sagen, dieser Autor weiß, wie er Kinder in der Geschichte hält. Ein wichtiger Punkt ist der, dass er die Geschichte so erzählt, als würden er und der Leser den Snöfrid tatsächlich begleiten. So wird aus einem Zuschauer ein Beteiligter… Ich mag das sehr!

Illustrationen:
Die Bilder im Buch sind, wie in den Vorgängerteilen auch, liebevoll und niedlich gezeichnet. Sie passen zur Geschichte und man mag sie betrachten und kann sich dann die fantastischen Wesen besser vorstellen, von denen erzählt wird.
Sie dominieren allerdings nicht, eher dienen sie als Unterstützung der Geschichte und sind teilweise recht klein. Wie in jedem Buch zieht sich oberhalb jeder Seite der Streifen „Wiesental“ durch. Damit haben die Bücher einen sehr, sehr hohen Wiedererkennungswert.

Tauglichkeit für Kinder:
Die Geschichte selbst ist aus meiner Sicht bereits für Kinder im Vorschulalter bestens geeignet, spätestens aber ab der 1. Klasse. Für Selbstleser – wenn sie nicht gerade so richtige Leseratten sind – vielleicht ab dem 2. oder 3. Lesejahr, da die Geschichte mit etwas über 200 Seiten und nicht so großflächigen Illustrationen doch recht lang ist. Auf jeden Fall bietet sie die Grundlage für spannende Diskussionen, denn selbst, wenn der Autor in einer Fantasiewelt schreibt, ist vieles 1:1 in die Realität übertragbar. Und vorgelesen gefällt mir die Geschichte beinahe noch besser, als wenn ich sie still für mich lese. Denn laut gelesen hat sie noch eher diesen Touch von direkter Erzählung.

Das Buch ist robust und hat festere Seiten. So übersteht es auch das häufige Anfassen von Kinderhänden unbeschadet. Das gefällt mir ausgesprochen gut. Denn gerade, wenn man es vielleicht in kürzeren Abschnitten vorliest, könnten gerade der Rücken und die Ecken der Seiten vielleicht leiden. Somit ist m.M. nach auch der Preis gerechtfertigt.

Fazit:
Auch nach dem dritten Abenteuer bin ich noch begeistert vom Snöfrid und werde vermutlich noch das ein oder andere mehr lesen. Besonders gefällt mir die überhaupt nicht vordergründige Erklärung des Zusammenspiels in der Natur und was passiert, wenn nur eine Winzigkeit verändert wird. Mit diesem Buch gibt es viel Spaß für Selbst- und Vorleser und von mir 5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2020

Gelungener Auftakt einer Familiensaga rund um die Welt

Die sieben Schwestern
0

Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den ersten Teil einer 7teiligen Reihe von Büchern. Jedes der Bücher kann, laut der Autorin, ohne Kenntnis der anderen gelesen werden. In jedem Teil wird das ...

Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den ersten Teil einer 7teiligen Reihe von Büchern. Jedes der Bücher kann, laut der Autorin, ohne Kenntnis der anderen gelesen werden. In jedem Teil wird das Leben einer der Schwestern beleuchtet. Innerhalb der einzelnen Romane streut die Autorin, ebenfalls nach eigener Aussage, Hinweise, die im letzten Teil zu einer großen Aufklärung bzw. Zusammenführung werden sollen. Mir gefällt diese Idee sehr, weil sie neugierig auf die anderen Geschichten macht und man vielleicht etwas aufmerksamer liest – in der Hoffnung, die angedeuteten Hinweise zu entdecken. In diesem Roman begleitet der Leser Maia d’Apliese nach Brasilien.
Die Geschichte wird auf 2 Zeitebenen erzählt – Maias Geschichte in 2007, Izabelas Geschichte – Maias Vorfahrin – in den späten 1920er Jahren.

Worum geht’s?
Maia ist eine von 7 Adoptivschwestern, die gemeinsam mit Pa Salt – ihrem Adoptivvater – und seiner Haushälterin Marina – die alle nur Ma nennen – auf Atlantis aufwachsen. Alle Schwestern haben ein behütetes Leben, können sich ganz nach ihren Vorlieben entfalten und später ihrer eigenen Wege gehen. Maia ist die Einzige, die auch als Erwachsene noch auf Atlantis lebt. Eines Tages stirbt Pa Salt, was für alle ein schwerer Schock ist. Aber jeder der Schwestern hinterlässt er einen Hinweis auf ihre Herkunft.
Maia, die von Berufs wegen Bücher ins Französische übersetzt, macht sich auf den Weg nach Brasilien auf die Spuren ihrer Vorfahren und trifft dort das erste Mal den Autor der Bücher, die sie übersetzt. Floriano entpuppt sich nicht nur als guter Fremdenführer, sondern ist auch in der Historie seines Landes bewandert. Er hilft Maia nur allzu gern, ihre Geschichte zu finden…

Die Charaktere:
Maia und Floriano sind die Hauptakteure in der Gegenwart. Maia ist anfangs eine sehr zurückhaltende Frau, die die Sympathie des Lesers definitiv auf sich zieht. Floriano hingegen ist eher der offene, vielleicht etwas quirlige Typ. Er ist charmant und hilfsbereit. Von Anfang an bietet er sich als Fremdenführer an, der Maia auch dabei hilft, in ihre eigene Vergangenheit einzutauchen und sie immer wieder ermutigt, weiter zu suchen. Darüber hinaus zeigt er ihr ein Leben, das völlig anders ist, als das, welches sie von zu Hause kennt. Im Laufe der Zeit taut Maia langsam auf und öffnet sich für Floriano. Am Ende vertraut sie ihm sogar ihr Geheimnis an, von dem nicht einmal ihr Vater wusste.

In der Vergangenheit wird die Geschichte von Izabela und Laurent und die der Entstehung des Christo erzählt. Izabela soll nach dem Willen ihres Vaters einen Erben des brasilianischen Adels – Gustavo – heiraten, den sie jedoch nicht liebt. Dennoch beugt sie sich dem Wunsch. Gustavo – voll der Liebe für Izabela – gesteht ihr eine Reise nach Paris zu, auf der sie Laurent kennen lernt. Und damit ist ihr persönliches Fiasko vorprogrammiert. Vor diesem Hintergrund erklärt die Autorin herrlich leicht und verständlich die Zusammenhänge in der gehobenen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts und der Leser muss einfach mit Izabela lachen und weinen. Die Liebesgeschichte zwischen Laurent und Izabela ist zart, aber keineswegs kitschig. Das hat mir sehr gut gefallen. Izabela ist eine verantwortungsbewusste junge Frau, die sich ihrer Pflichten stets bewusst ist und dafür auch ihr eigenes Glück opfert.

Weniger sympathisch ist dagegen Gustavo. Seiner Familie blieb außer dem Namen und ihrer schier endlosen Überheblichkeit nicht viel. Die Verbindung mit Izabela – Tochter portugisischer Einwanderer – gutheißen seine Eltern lediglich deshalb, weil ihr Vater erfolgreich im Kaffeegeschäft tätig ist und sie damit genügend Geld in die Ehe bringt. Gustavo kann sich nur schwer gegen seine Mutter durchsetzen, obwohl er merkt, dass diese Izabela das Leben zur Hölle macht. Dazu kommt ein schweres Alkoholproblem, mit dem er sich vor seinem eigenen Versagen flüchtet. Die Beziehung zwischen ihm und Izabela hat bei mir offen gestanden hin und wieder einen gewissen Ekel hervorgerufen, weil ich mir Gustavo als einen kleinen widerwärtigen Mann vorstellte.

Die Verknüpfung zwischen der Vergangenheit und Gegenwart stellen Seniora Beatrix und ihre Hausdame Yara da. Sie sind im Grunde der aufklärende Mittelpart. Stück für Stück lässt die Autorin sie die Familiengeschichte erzählen und stellt auch hier wieder wunderbar verständlich die gesellschaftlichen Verbindungen dar. Mit der letztlichen Auflösung lässt sie sich sehr lange Zeit, was die Geschichte bis zum Schluss spannend hält, obwohl der Leser schon recht früh eine Ahnung hat. Und auch, dass sich die Geschichte eigentlich wiederholt, aber durch Maias Entschluss zu einem anderen Ende als damals bei Izabela kam, gefiel mir gut – selbst wenn es etwas vorhersehbar war.

Schreibstil:
Lucinda Riley schreibt in der Gegenwart in der Ich-Form, in der Vergangenheit in der 3. Person. Damit erreicht sie, dass sich der Leser auf die Perspektive der Protagonistin stellt und mit ihr die Geschichte von Izabela erkundet. Stück für Stück – gerade so, als wäre man selbst auf den Fährten der Vergangenheit unterwegs – setzt sich das Puzzle um die Christos Statue und Izabelas persönliche Geschichte zusammen. Der Leser taucht ein in die Dramen, die bedingt durch die damalige Gesellschaft auf der zwischenmenschlichen Ebene entstanden, ohne dass es kitschig wirken würde. Und durch die Erzählung über Brasiliens Wahrzeichen rutscht das Buch nicht in einen ausschließlichen Liebesroman ab. Eher ist es so, dass die Geschichte zwischen Izabela und Laurent ein Bestandteil dieser Geschichte ist, das Buch aber nicht dominiert.

Rileys Schreibstil ist locker und flüssig und lässt sich gut lesen. Obwohl das vorliegende Buch knapp 600 Seiten umfasst, wird es nicht langweilig oder zäh. Immer wieder wartet die Autorin mit neuen, spannenden Situationen und Wendungen auf. Besonders gefallen hat mir der Wechsel zwischen den Zeitebenen. Je weiter die Geschichte fortschreitet, desto deutlicher wird, inwieweit diese miteinander verwoben sind und man hat das Gefühl sich tatsächlich auf eine Reise in die Vergangenheit begeben zu haben.

Etwas Schwierigkeiten hatte ich mit den Namen der Schwestern, da diese doch recht ungewöhnlich sind. Aber die Erklärung der Autorin, nach der sie die Schwestern in der Mythologie fand, ist schlüssig. Darüber hinaus lehnt sie ihre Geschichte an eben diese Mythologie an, schreibt sie am Ende des Buches. Ob der geneigte Mythologie-Kenner dies entdeckt oder nicht, muss ich anderen überlassen. Ich kenne mich hier nicht aus und habe mich demnach auf die Geschichte als solche eingelassen.

Historischer Hintergrund:
Wie gut die Autorin recherchiert hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Für mich aber klingt die Geschichte schlüssig, wie die Statue des Christo auf den Corcovado kam. Darüber hinaus schreibt die Autorin einige Fragen / Antworten im Anhang, die Leser ihrer Bücher immer wieder stellen und erzählt hier u.a. auch über ihre Recherchen. Dies ist durchaus aufschlussreich und bringt zusätzliche Aha-Effekte.

Fazit:
Für Leser, die Geschichten mögen, in denen sich die Vergangenheit mit der Gegenwart vermischt, die Lust haben, über das Wahrzeichen eines Landes zu lesen und das Ganze mit einer zarten Liebesgeschichte garniert haben möchten, ist dies das perfekte Buch. Mir hat es Freude gemacht, deshalb 4 Sterne.