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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.06.2022

Hello World

Der Mann, der vom Himmel fiel
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Thomas Jerome Newton - während seiner Stippvisite auf unserer Erde werden ihm etliche Etiketten verpasst: der Mann vom anderen Stern, von der Venus oder vom Mars. Doch dieser Besucher, der sich ...

Thomas Jerome Newton - während seiner Stippvisite auf unserer Erde werden ihm etliche Etiketten verpasst: der Mann vom anderen Stern, von der Venus oder vom Mars. Doch dieser Besucher, der sich für seine Mission so weit als möglich einem menschlichen Erscheinungsbild angeeignet hat, offenbart sich dem zum Freund gewordenen Mitarbeiter Bryce: er kommt vom Planeten Anthea, um seinen Landsleuten aus der nahezu unbewohnbar gewordenen Heimat auf der Erde eine Überlebenschance zu sichern. Aber der Autor belässt es nicht bei einer Variation der sattsam bekannten, oberflächlichen Science Fiction-Muster. Vielmehr ist es sein Anliegen, in seinem aus den 60iger Jahren stammenden Roman der unserer Menschheit einen Spiegel vorzuhalten. Tieftraurig die Entwicklung, die ihren Lauf nimmt: so wie Newton in seinen Verhaltensweisen sich seinen Gastgebern angleicht, so bleiben sich diese Amerikaner treu, in deren Gesellschaft Newton sein Projekt umsetzen will. Ein umfassendes Scheitern ist das Ergebnis, die Chance für die Erde wie auch den Planeten Anthea ist vertan - ja, diese beiden Lebenswelten erweisen sich geradezu als Spiegelbilder der gleichen Perspektivlosigkeit.

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Veröffentlicht am 30.05.2022

Unsere Welt!

Papyrus
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Bereits in der Vergangenheit unterbreiteten verschiedene Werke dem Leser eine Kulturgeschichte des Buches, etwa die von unserer Autorin Irene Vallejo mit Hochachtung genannte „Geschichte des Lesens“ von ...

Bereits in der Vergangenheit unterbreiteten verschiedene Werke dem Leser eine Kulturgeschichte des Buches, etwa die von unserer Autorin Irene Vallejo mit Hochachtung genannte „Geschichte des Lesens“ von Alberto Manguel. Doch ihr Werk „Papyrus“ öffnet einen wesentlich weiter gespannten Horizont. So betrachtet sie nichts geringeres als die Geschichte unserer Welt und weist nach, dass all diese auf uns gekommenen Entwicklungen, dieses Konglomerat von Fortschritt und Barbarei, allein durch diesen einen Schritt von der mündlichen Überlieferung hin zur schriftlichen Fixierung der Ereignisse, Ideen, Geschichten, mithin durch die Erfindung des Mediums Buch möglich wurde.
Als profunde Kennerin der Antike konfrontiert sie den Leser mit den feinsten Verästelungen der Historie, und durch ihren frischen Zugriff und ihre leichtfüßig-spannende Darstellung folgen wir ihr gerne, auch wenn unsere bisherigen Kenntnisse sich bisher auf bloße Schlagworte wie Papyrus, Mesopotamien oder Alexandria beschränkten. Doch geht Vallejo mit uns einen weiteren Schritt. Beherzt verknüpft sie Überliefertes von vor Tausenden von Jahren mit den Erscheinungen unseren alltäglichen Umwelt. Geschichtliche Werke öffnen die Perspektive auf die Literatur der Neuzeit, und Vallejo spricht begeisterte Leseempfehlungen aus. Unsere Autorin demonstriert eine stupende Gelehrsamkeit, die als ebenso leidenschaftliche Leser uns eine tiefe Verbundenheit mit ihr erleben lässt. „Papyrus“ ist kein Buch, das man ein einem Rutsch verschlingt und dann befriedigt beiseite legt - es wird uns begleiten, immer wieder zur Hand genommen werden. Es wird uns immer wieder vor Augen halten, dass wir in unserer ureigenen Welt der Bücher und der Geschichte zu Hause sind!

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Veröffentlicht am 09.05.2022

Zwei Welten stoßen aufeinander

Die Paradiese von gestern
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Zwei Welten stoßen aufeinander

In Mario Schneiders übermäßig umfangreichen Roman ist alles auf eine fundamentale Konfrontation angelegt. Da ist einmal das junge Liebespaar aus Ostdeutschland, das zu seiner ...

Zwei Welten stoßen aufeinander

In Mario Schneiders übermäßig umfangreichen Roman ist alles auf eine fundamentale Konfrontation angelegt. Da ist einmal das junge Liebespaar aus Ostdeutschland, das zu seiner ersten großen Auslandsreise in den Westen aufbricht. Und da ist die altadelige Familie, die sich als nicht anpassungsfähig an die Erfordernisse einer neuen Zeit erweist. Eigentlich eine großartige Ausgangsidee, deren Ausführung allerdings zu wünschen übrig lässt. So sind Ella und René dafür, dass sie gerade erst den größten Umbruch der deutschen Nachkriegsgeschichte live miterlebt haben, politisch erstaunlich unbeleckt und ausschließlich mit der Seelenzerfleischung innerhalb ihrer anstrengenden und doch recht pubertären Beziehung beschäftigt. Auf der anderen Seite wird Melodram pur serviert, wenn die Gräfin von eigener Hand aus dem Leben scheiden will, da die Erfordernisse einer modernen Welt auf ihren überkommenen Wertekanon keine Rücksicht nehmen. Belastet wird diese aus der Zeit gefallene Figur mit allen nur denkbaren Problemen emotionaler wie auch wirtschaftlicher Art. Der Autor betreibt einen enormen verbalen Aufwand: es wird ungemein viel gesagt, ohne dass die Figuren aus dem Zustand von Pappkameraden hinauskämen. Insgesamt leider eine Enttäuschung!

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Veröffentlicht am 18.04.2022

Interessantes Thema mit gestalterischen Defiziten

Eine andere Zeit
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Diesseits und jenseits der Grenze
Helga Bürsters Ehrgeiz ist groß, will sie doch eine Familiengeschichte ausbreiten, wie sie sich vor der Wende diesseits und jenseits der innerdeutschen Grenze entwickelte, ...

Diesseits und jenseits der Grenze
Helga Bürsters Ehrgeiz ist groß, will sie doch eine Familiengeschichte ausbreiten, wie sie sich vor der Wende diesseits und jenseits der innerdeutschen Grenze entwickelte, um abschließend darzustellen, welche innerfamiliären Veränderungen die große historisch-politische Veränderung unseres Landes hervorgebracht hat. Die Anlage ihrer Familiensaga ist durchaus geschickt: wiederholte Zeitsprünge schärfen den Blick des Lesers auf das Hüben und Drüben, auf das Vorher und Nachher. Zwei Schwestern und ihre Cousine aus dem Ruhrgebiet bilden das Kernpersonal, doch genau hier beginnen Bürsters Schwierigkeiten. Während ihr die Darstellung der no future Perspektive der Christina aus dem Westen in den 70ern durchaus überzeugend gelingt, ist die intendierte Kontrastierung von Enne und Suse nicht unbedingt nachvollziehbar. Warum die versponnene Jüngere als zurückgeblieben eingestuft wird, warum die bodenständige Ältere plötzlich Schauspielerin werden will, bleibt im Dunkeln. Mehr Geschick beweist die Autorin beim Entwurf der zahlreichen Nebenfiguren. Der aufrechte Vater, die Tante in prekären Verhältnissen, die Dorfbewohner, allen voran der treue Eddy, bieten ein aufhellendes Moment in Ennes Verdüsterung, da sie über Suses Verschwinden in den Wirren der Wende nicht hinwegkommt. Allzu viele Details erscheinen nicht wirklich durchdacht, dem geschilderten Naturell der Figuren nicht angemessen - genannt sei nur die Idee einer esoterisch angehauchten Bestattung der Suse nach dreißig Jahren, um sich von diesem Schatten der Vergangenheit zu befreien. Eine derartig gestaltete Zeremonie, auf Ennes Initiative in Angriff genommen, passt in keiner Weise zu dem Menschenschlag im östlichsten Zipfel Vorpommerns. Auch die nur in Andeutungen angerissene Figur der Ilse Pohl ist nicht überzeugend. Weder die realen Lebensverhältnisse nach so langer Zeit, noch die dieser Figur auferlegte Funktion als Auslöser des Ablöseprozesses machen ihr erratisches Auftreten plausibel. Schade - ein hochinteressanter Stoff wurde aufgrund vieler vermeidbarer Defizite auf diese Weise verschenkt. Deshalb nach meinem Urteil nur 3 Sterne

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Veröffentlicht am 21.02.2022

Philosophische Plauderei

Kleine Philosophie der Begegnung
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Der Autor bietet dem Leser in einem unaufdringlichen Parlando eine Vielzahl von Anregungen, dem Wesen der Begegnung durch die Beschäftigung mit mancherlei kulturellen Zeugnissen auf die Spur zu kommen. ...

Der Autor bietet dem Leser in einem unaufdringlichen Parlando eine Vielzahl von Anregungen, dem Wesen der Begegnung durch die Beschäftigung mit mancherlei kulturellen Zeugnissen auf die Spur zu kommen. Wer diese Bücher, Filme, Bilder nicht kennt, wird möglicherweise angeregt, diese Werke kennenlernen zu wollen, die offenbar vom Autor als Türöffner für seine philosophischen Reflexionen intendiert sind.
Wesentlich weniger anregend, ja geradezu ärgerlich ist das wohlfeile Vorgehen, zu dieser oder jener vorgetragenen These seine Zuflucht im Menscheln zu suchen, diesen oder jenen Freund als Zeugen und Demonstrationsobjekt zu berufen, der eine Lebenssituation in dieser oder auch jener Weise bewältigt hat. Das ist allzu billig, das zieht diesen einerseits ambitionierten, andererseits aber auf Lesbarkeit angelegten Band in unstatthafter Weise hinunter auf das öde Niveau eines Rat- und Trostbüchleins.
In dem Bestreben, didaktisch und strukturiert vorgehen zu wollen, kommt es zu mancherlei Wiederholungen, die den Lesefluss und das gedankliche Vorandrängen ausbremsen, mit dem Ergebnis, dass der Leser sich unterfordert fühlt.
Alles in allem also eine Lektüre, die mancherlei Anregung bietet, letztlich aber kein rundherum befriedigendes Leseerlebnis verschafft, so dass das abschließende Urteil nur verhalten positiv ausfällt!

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