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Veröffentlicht am 09.08.2023

Ein Märchen vom Suchen und Finden

Paradise Garden
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Das Cover passt. Zum einen zum Diogenes Verlag, zum anderen zu der Geschichte.

Genau so habe ich mir dann die 14jährige Protagonistin Billie, die eigentlich den Namen Erzsébet trägt, beim Lesen vorgestellt. ...

Das Cover passt. Zum einen zum Diogenes Verlag, zum anderen zu der Geschichte.

Genau so habe ich mir dann die 14jährige Protagonistin Billie, die eigentlich den Namen Erzsébet trägt, beim Lesen vorgestellt. Sie verliert früh - viel zu früh - ihre Mutter Marika durch einen schrecklichen Unfall. Nach diesem Verlust und einem nicht gewollten Zusammenleben mit ihrer ungarischen Großmutter macht Billie sich auf die Suche um ihren unbekannten Vater zu finden.

Elena Fischer hat mich schon mit den ersten Seiten in den Bann gezogen. Das Zusammenleben von Billie und Marika ist einprägsam geschrieben. Die Mutter ist ausgesprochen liebevoll, fantasiereich und bereitet ihrer Tochter auch ohne viel Geld ein schönes Leben. So können sie sich am Anfang des Monats einen Eisbecher namens "Paradise Garden" leisten, am Ende reicht es trotz zwei Jobs dann nur noch zu Nudeln mit Ketchup und viel Hingabe.

Die Schilderung der Gefühlswelt der jungen Tochter nach dem Tod ihrer Mutter kann ich bestens nachempfinden. Meine Mutter verstarb, als ich 10 Jahre jung war und die Gedanken am Sarg kommen meinen von damals sehr nah.

Als sich Billie dann auf den Weg macht, um ihren Vater zu suchen wandelt sich der Roman zu einem Märchen, was aber nicht stört, wenn man sich darauf einlassen kann. Wenn ich auch das lange Autofahren, unbemerkt sogar an den Tankstellen, ziemlich unrealistisch finde.

In nicht zu langen Kapiteln erzählt Elena Fischer eine Geschichte voller Wendungen. Der Schreibstil ist dabei emotional, bildreich und umgangssprachlich.

Ich empfehle dieses Buch gerne mit allen fünf Sternen als Sommerbuch 2023, wobei es sehr viel besser ist, als das momentane Sommerwetter.

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Veröffentlicht am 27.07.2023

Den See entlang

Der Frühling ist in den Bäumen
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Das Cover hat mich gedanklich in meine ganz frühe Jugendzeit zurück geführt, denn dort waren solche gemalten Motive absolut gängig. Und so führt das Buch auch tatsächlich in die Vergangenheit, wenn auch ...

Das Cover hat mich gedanklich in meine ganz frühe Jugendzeit zurück geführt, denn dort waren solche gemalten Motive absolut gängig. Und so führt das Buch auch tatsächlich in die Vergangenheit, wenn auch noch weiter, als ich dachte.
1953 um es genau zu sagen.

Und das Buch spielt auch zu einem großen Teil nur an einem einzigen Tag, dem 01. Mai 1953. Und das ist ein sehr heftiger Tag für die Protagonistin Renina, die gerade einmal 24 Jahre jung und verheiratet mit Fred ist. Fred ist aber nicht der liebevolle Ehemann, sondern ein sexsüchtiger, gewalttätiger, drogenabhängiger Doktor der Atomphysik und Neffe von Marlene Dietrich. Klingt heftig? Ist es auch.

So heftig, dass ich nach den ersten Seiten überlegt habe, ob ich die Geschichte wirklich weiter lesen möchte.

Ehrlich gesagt haben mich vor allem die dazu ganz im Gegensatz stehenden schönen Beschreibungen von der Gegend rund um den Bodensee dann inspiriert, dem Buch eine Chance zu geben.

"Der Frühling in den Bäumen" handelt von Missbrauch, häuslicher Gewalt und Frauenfeindlichkeit und ist damit leider immer noch aktuell. Dass Jana Revedin hier die Geschichte ihrer Mutter erzählt, ist verstörend, denn so ist alles nicht fiktiv. Und auch echte Zeitzeugen, wie Adenauer, die Familie Gropius oder auch Hannah Arendt haben im Hintergrund ihre Auftritte.

Renina ist eine starke Frau und so gelingt es ihr dann auch die erste deutsche Frauenzeitung "Lady" auf den Markt zu bringen.

Die Autorin hat einen nicht klischeehaften feministischen Roman von, über und für Frauen geschrieben. Und das mit einem meist flüssigen, intensiven Schreibstil, der nur ab und an etwas holprig ist.

Das Buch ist anfänglich sehr bedrückend, wird dann aber bemerkenswert. Ich vergebe vier Sterne und empfehle es auf jeden Fall weiter, aber nicht mal zum nebenbei zur Unterhaltung zu lesen.

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Veröffentlicht am 09.07.2023

Drei Schwestern und ihre Eltern

Elternhaus
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Ute Mank ... ja, das ist für mich keine unbekannte Autorin. Vor zwei Jahren habe ich ihr Werk "Wildtriebe" gelesen und es zwischenzeitlich auch schon mehrfach verschenkt.

Nun liegt mit "Elternhaus" also ...

Ute Mank ... ja, das ist für mich keine unbekannte Autorin. Vor zwei Jahren habe ich ihr Werk "Wildtriebe" gelesen und es zwischenzeitlich auch schon mehrfach verschenkt.

Nun liegt mit "Elternhaus" also ihr zweiter Roman vor. Und ich habe mich so richtig darauf gefreut.

Das Cover ist nicht so schön, wie das der "Wildtriebe", aber es passt schon recht gut zur Geschichte.

Drei Schwestern und ihre nun gebrechlicher werdenden Eltern sind die wesentlichen Figuren. Sanne, Petra und Gitti stehen sich eh schon nicht mehr sehr nah, wie wird es dann erst sein, wenn sie sich entscheiden müssen, wie es mit Vater und Mutter, aber auch mit deren Haus weiter geht?

Ute Mank hat ein zeitloses, lebensnahes Problem für dieses Buch gewählt. Sehr vielen von uns wird es eines Tages treffen.
Die Autorin beschreibt das Verhältnis der Schwestern untereinander und zu den Eltern ausgesprochen lebensnah. Keine Person wirkt konstruiert. Auch die Gefühle und die Beziehungen untereinander sind absolut realistisch dargestellt. In nicht wenigen Familien werden Dinge verdrängt, nicht angesprochen und schon gar nicht verarbeitet.

Ich bin sehr schnell, sehr tief in den Roman getaucht. Ich kenne das gebrechlicher Werden der Eltern und den Verlust von sogar zwei Elternhäuser. Und in so manch einer Szene habe ich letztendlich auch an mich und meine Schwester gedacht.

Mir hat das Buch richtig gut gefallen. Es ist sprachlich authentisch und auch liebevoll. Und wenn man sich auf diesen Roman einlassen kann, wird man mit einem tollen Leseerlebnis belohnt, das noch eine ganz Zeit nachhallt.

Ich empfehle "Elternhaus" gern mit 5 Sternen.


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Veröffentlicht am 29.05.2023

Diese Geschichte erzählt von Schwestern

Zwischen Himmel und Erde
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Dieses Buch ist in mancherlei Hinsicht ungewöhnlich.

Ungewöhnlich schön ist das Cover. Es ist DER Hingucker im Bücherregal mit der unglaublichen Farbexplosion. Das erregt auf jeden Fall große Aufmerksamkeit.

Ungewöhnlich ...

Dieses Buch ist in mancherlei Hinsicht ungewöhnlich.

Ungewöhnlich schön ist das Cover. Es ist DER Hingucker im Bücherregal mit der unglaublichen Farbexplosion. Das erregt auf jeden Fall große Aufmerksamkeit.

Ungewöhnlich ist der Hinweis, dass auf den Seiten ein Lied erklingen kann und man sich dieses anhören sollte.

Ungewöhnlich ist die Aufforderung, teilweise mit den Handelnden laut mitzusprechen.

Ungewöhnlich ist der hymnenartige Prolog und auch die immer mal wieder auftauchenden Seiten mit oft nur Zweiwortsätzen.

Mich haben diese Ungewöhnlichkeiten zunächst einmal irritiert und aus dem Lesekomfort gerissen.

Die britisch-brasilianische Autorin Yara Rodrigues Fowler erzählt in diesem Buch die Geschichten der nach Liebe und Zuneigung suchenden Londonerin Melissa und der aus Brasilien stammenden Caterina, die beide zusammen eine Wohngemeinschaft im Mile End bilden.
Die in London studierende Caterina öffnet den Lesenden den Blick auf die Politik in Brasilien, dazu gehört auch eine mehrseitige Auflistung aller in Brasilien lebenden indigenen Gruppen, von A - Z. Und Melissa, die ebenfalls brasilianische Wurzeln hat, bringt zudem britische Geschichte wie die Unruhen rund um den Brexit ins Geschehen ein.

Die von der Autorin aufgegriffenen Themen finde ich durchaus spannend und fesselnd.
Allerdings sollte man vor dem Lesen sich auf jeden Fall ein wenig intensiver vor allem mit der brasilianischen Geschichte auseinander setzen.
Die Handlung ist nicht immer einfach zu verfolgen, da es so viele unterschiedliche Erzählstränge und Zeitebenen gibt. Zudem muss man sich an die diversen stilistischen Komponenten gewöhnen. Da muss man wirklich bereit sein, sich darauf einzulassen. Wenn ich im Lesefluss war, gelang mir das recht gut. Probleme gab es dann beim Wiedereinstieg nach einer Pause. Zudem bleibt für mich die Frage, wie die persönliche Entwicklung von den geschichtlichen Ereignissen der Zeit beeinflusst wird, weitestgehend unbeantwortet.

Wer sich auf ein ungewöhnliches Buch einlassen kann und will, wird sicher einen interessanten Roman in "Zwischen Himmel und Erde" finden. Wem das nicht möglich ist, dessen Buchregal ist auf jeden Fall um ein wunderschönes Cover reicher.

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Veröffentlicht am 27.03.2023

Begegnung im Brombeerhain

Morgen und für immer
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Der Brombeerzweig auf dem Cover ist schlicht, aber schön und hat mich neugierig gemacht. Welche zarte oder eher dornige Geschichte mag sich dahinter verbergen?

Es ist die Geschichte von Kajan Dervishi ...

Der Brombeerzweig auf dem Cover ist schlicht, aber schön und hat mich neugierig gemacht. Welche zarte oder eher dornige Geschichte mag sich dahinter verbergen?

Es ist die Geschichte von Kajan Dervishi und sie beginnt im Winter 1943 in Albanien. Dort im Bergdorf Rragam lebt Kajan bei seinem Großvater, seine Eltern sind in den Partisanenkrieg gezogen. Der deutsche Deserteur Cornelius bringt Kajan das Klavierspielen bei und dem Bauernjungen gelingt es, damit zu einem großartigen Pianisten heran zu reifen. Er verliebt sich ausgerechnet in Elizabeta, die Tochter eines Regimekritikers. Das kann Kajans Mutter Sadie nicht ertragen, und schafft es, das Paar zu trennen.
Das bedeutet für Kajan eine Flucht über die DDR, nach Westberlin und schließlich nach Amerika.

Das Buch beginnt schon traurig und zugleich aktuell, als sich Kajan mit seinem Großvater über den Krieg unterhält und dieser sagt: " Der Krieg entsteht zuerst in einigen wenigen Köpfen, dann in vielen Köpfen, von den Köpfen wandert er in die Hände und Beine und von dort in die Augen. Und dort, in den Augen bleibt er, auch nachdem er vorbei ist. Halte dich vom Krieg fern, Kajan, sieh nie hin, der Krieg ist furchtbar."

Ermal Meta, selbst 1981 in Albanien geboren, hat einen bewegenden Debütroman, der sich in sechs Teile gliedert, geschrieben. Er lässt seine Leserschaft an schönen und glücklichen Momenten teilhaben. Aber da gibt es viel mehr auch die tragischen, qualvollen und kaum zu ertragenden Szenen.
Durch den empathischen Schreibstil, der durchaus auch seiner Karriere als Musiker und Songwriter geschuldet sein darf, nimmt man direkt teil und ist tief in das Geschehen gezogen.
Die Personen sind detailreich und lebhaft. Zusammen mit Kajan habe ich gelitten und auch geweint.
Und ich habe viel gelernt über Albanien, diesen Staat auf der Balkanhalbinsel, dessen Historie mir bisher nicht so bekannt war. Aber ich wurde immer wieder dazu gebracht, manche Ereignisse nach zu recherchieren.

Mich hat das Buch sehr bewegt und es wird noch eine ganze Zeit Nachhall finden. Ich empfehle es mit allen 5 Sternen eigentlich jedem und jeder Erwachsenen.

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