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Veröffentlicht am 08.03.2019

Träume…Ziele….Vom Suchen und Finden

Das wilde Herz des Westens
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Nur knapp dem Tod entkommen wirbelt das Schicksal die siebenjährige Briana zu den Harringtons. Dort wächst sie mit der gleichaltrigen Phoebe als Hausangestellte und doch ähnlich einer Schwester auf. Als ...

Nur knapp dem Tod entkommen wirbelt das Schicksal die siebenjährige Briana zu den Harringtons. Dort wächst sie mit der gleichaltrigen Phoebe als Hausangestellte und doch ähnlich einer Schwester auf. Als die Schrecken des Sezessionskrieges über die mittlerweile jungen Frauen hereinbrechen meistert die junge Irin Briana im Gegensatz zur Tochter die Arbeiten im zum Lazarett umfunktionierten Haus klaglos. Phoebe entflieht dem Grauen sooft es ihr möglich ist mit Hilfe ihrer geliebten Groschenromane. Kaum ist der Krieg vorbei macht sich Phoebe auf ihre Träume an der Seite eines Cowboys zu verwirklichen. Nachdrücklich bittet sie die Freundin um Begleitung zum unbekannten Mann ihres Herzens. Ein Foto und ein Brief samt Phoebes Träumen im Gepäck machen sich die beiden auf die Reise in den Westen……

Bereits die ersten Seiten lassen mich in die Erzählung eintauchen. Ängste, Hoffen und Bangen, lautstarke Schreie und erlösende Ruhepausen zeigen das Grauen des Bürgerkrieges. Spannend geht es weiter als Phoebe, gegen Widerstände kämpfend, ihren Traum einen Cowboy zu heiraten in die Realität umzusetzen beginnt. Auf der immer beschwerlicher werdenden Reise begegnen die Frauen dem irischen Paar Frank und Mary. Deren Geschichte beleuchtet die Autorin in einem zweiten Erzählstrang, immer wieder verstrickt mit der Handlung. Die Rückblicke zeigen das harte Leben der irischen Auswanderer hautnah. Auf der Reise erlebe ich mit Phoebe und Briana aufwühlende Gespräche, blutige Kämpfe, träumerische Hoffnungen und traurige Schicksalsschläge. Die Reise quer durch faszinierende Landschaften zaubert die Autorin mit ihren Worten bildlich vor mein Auge. Auf dem Planwagen Treck der Siedler tauche ich ein ins Gefühlschaos von Trauer, Verzweiflung, Angst zu Freude, Hoffnung, Glück und Liebe. Geschickt zusammengestellte Persönlichkeiten geben der Gruppe explosive Stimmung, zeigen Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt untereinander. Die Charaktere entwickeln Tiefe und Stärke, werden von der Vergangenheit verfolgt, besiegen durch innere Kraft ihre Ängste, verändern sich und ihre Sehnsüchte. Die Geschichte fesselt mich und lässt mich nicht mehr los. Das Ziel der Reise, eine Ranch in Montana, wer erreicht diese? Was erwartet Phoebe, Briana und ihre unterschiedlichsten Weggefährten? Träume, Ziele, Erkenntnisse - was bringt das wilde Herz des wilden Westens zum Schlagen?

Diese eindrucksvolle Reise wird mich noch lange beschäftigen. Unterhaltsam, äußerst sorgsam recherchiert und dargestellt. Ein Buch voller Tiefgang, Historie und erzählender Geschichte. Ich konnte mich in der Geschichte „sehen“, habe mitgefiebert und gebangt. Das versöhnliche Ende lässt mich aufatmen.

Veröffentlicht am 08.03.2019

….Tage bis zur Vollstreckung des Urteils

Der Gesang der Bienen
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Der Zeidler Seyfried lebt von und mit den Bienen. Die wichtigsten Menschen in seinem Leben sind jedoch Elsbeth, seine Frau und ihre Kinder. Als diese ein schwerkrankes Mädchen aufnimmt bricht Unglück über ...

Der Zeidler Seyfried lebt von und mit den Bienen. Die wichtigsten Menschen in seinem Leben sind jedoch Elsbeth, seine Frau und ihre Kinder. Als diese ein schwerkrankes Mädchen aufnimmt bricht Unglück über die Familie herein. Der Tod Fronikas wird der Heilerin Elsbeth angelastet. Seyfried handelt einen Aufschub des Todeurteils heraus und macht sich auf schnellstem Wege nach Bingen. Hildegard soll in einem Brief die Unschuld Elsbeths bestätigen und so den Abt überzeugen. Doch der Weg birgt Gefahren und Umwege. Immer wieder muss Seyfried Geduld aufweisen bis er Hildegard überzeugt zu helfen. Zeit, die er nicht mehr hat...

Durch den der Zeit um 1152 angepassten Schreibstil in Rede und Ausdruck bin ich schnell in die Erzählung abgetaucht. Zahlreiche bildhafte Beschreibungen lassen Handlungsorte und Landschaften vor meinem Auge entstehen. Ob Klosterbaustelle oder düsteres Verließ, klappernde Hufe auf einsamen Wegen und tiefe Schluchten. Des Weiteren bin ich z. B. gefangen von der düsteren, ängstlichen Stimmung im Gerichtsverfahren, den Hoffnungen und Sorgen des Zeidlers um seine Familie. Im Verlauf der Handlung treten Charakterstärke und Wandlungen zutage. Sehr bewegend finde ich auch die Figur Anna, Tochter des Zeidlers Seyfried. Mit Mut und Verstand schützt sie sich und ihren Bruder allein gegen allerlei Gräuel. Mit der Novizin Adelheyd samt ihrem Geheimnis weitet sich der Kreis hin zu Hildegard von Bingen. Diese historische Figur wird in dem Roman facettenreich herausgearbeitet. Eine umfassende Recherche des Autors versucht Hildegard und ihr Wesen wirklichkeitsnah zu zeigen. Neben rachelüsternen Rittern, helfenden Freunden, eingreifenden Vierbeinern spielen Machtgier, bedingungsloser Gehorsam der Kirche gegenüber und Politik eine weitere Rolle in dem Roman.
Die aufwühlende Geschichte wird wesentlich von der Arbeit, den Techniken und Werkzeugen eines Zeidlers und der Welt der Bienen begleitet. Bereits als Kind wurde Anna mit dem Lied „ Das Bienlein, das ich liebe….“ beruhigt, mit Honig belohnt, der Geruch von Bienenwachs hat sich eingebrannt. Die Erzählung wird durchflochten von dem Thema Bienen. Dabei konnte ich viel Wissenswertes lernen.

Das bewegende Werk versetzt mich in die Zeit Ende des 12, Jahrhunderts. Die geschilderten Lebensumstände und der verwendete Sprachstil ziehen mich in ihren Bann, reißen mich emotional mit. Eine ausgewogene Aufteilung in sympathische und grausame Figuren bringt von Anfang an viel Potenzial an Möglichkeiten und Spielraum. Immer höher steigt die Spannung, auch durch passende Zitate und „…Tage bis zur Vollstreckung des Urteils“ an jedem Kapitelanfang. Bis auf einige konstruiert wirkende Ausnahmen am Schluss kann ich die Geschichte gut nachvollziehen. Diese Freiheit eines Autors lässt den Leser schlussendlich aufatmen. Im Anschluss finden sich ein aufschlussreiches Personenregister sowie persönliche Anmerkungen zur Entstehung des Romans.

"Der Gesang der Bienen" aus geschichtlich belegten Personen, historischen Ereignissen und Fiktion verwoben mit dem Thema Bienen erhält von mir 4 Sterne. Ich freue mich weitere Abenteuer mit Ralf H. Dorweiler zu erleben.