Das Geheimnis der Schneekirsche ist deren Zähigkeit auch unter widrigsten Umständen zu überleben. Insofern passt der Titel gut zur Hauptfigur Selma, die mit Zähigkeit, Mut und Menschlichkeit viele Hindernisse ...
Das Geheimnis der Schneekirsche ist deren Zähigkeit auch unter widrigsten Umständen zu überleben. Insofern passt der Titel gut zur Hauptfigur Selma, die mit Zähigkeit, Mut und Menschlichkeit viele Hindernisse in ihrem Lebensweg überwinden muss.
Dieser historische Roman ist im China ab 1913 angesiedelt und zwar zur Zeit der deutschen Verwaltung in der Hafenstadt Tsingtau, einem Stützpunkt der kaiserlichen Marine. Interessanterweise hat die Autorin aus den Erinnerungen ihrer Vorfahren schöpfen können. Das ist auch die Stärke dieses Romans, ein Einblick in ein Kolonialgebiet, das fast ganz aus dem Gedächtnis verschwunden ist. Wie sich die deutschen Kaufleute und Militärs ein kleines Stück wilhelminische Biederkeit in China erschaffen haben, klingt in manchen Begebenheiten an. (Einkochwettbewerb, Frau Minger in der deutschen Schule uvm) Sehr interessant fand ich auch die Schilderung der Lage der deutschen Bewohner nach Ausbruch des 1. Weltkriegs.
Die versprochene sinnliche Liebesgeschichte habe ich bis zum Ende des Romans vergeblich gesucht. Überhaupt waren mir die Personen über lange Strecken einfach fremd und zu oberflächlich angelegt. Die geschilderten Charakterzeichnungen änderten sich manchmal von Kapitel zu Kapitel. Tante Mireille zum Beispiel ist mal die kapriziöse, schon überzeichnete komische Alte mit fatalem Hang zu Likör, um dann plötzlich zur patenten Hausfrau zu mutieren. Figuren und Verwicklungen, die theatralisch eingeführt worden (Gödecke, Komaanfall, versteckte Briefe, ) versanden in der Geschichte.
Für mich war die Geschichte leider nicht aus einem Guss, es pendelte zwischen historischem Gesellschaftsroman und Familiendrama und Liebesgeschichte und konnte letztlich keinem Thema gerecht werden. Ich habe das sehr bedauert, denn gerade in den Szenen um Selma in Berlin und in China sind der Autorin sehr schöne Genrebeschreibungen gelungen, von denen ich wirklich gern mehr gelesen hätte.