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Veröffentlicht am 15.09.2016

En wunderbares Buch

Und damit fing es an
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….. weil er er war, weil ich ich war. (Montaigne)

Jedes Buch von Rose Tremain ist für mich etwas Besonderes. Ihre Geschichten sind leise, oft von einer stillen Traurigkeit umhüllt, aber immer liebe-und ...

….. weil er er war, weil ich ich war. (Montaigne)

Jedes Buch von Rose Tremain ist für mich etwas Besonderes. Ihre Geschichten sind leise, oft von einer stillen Traurigkeit umhüllt, aber immer liebe-und hoffnungsvoll.
Ich kenne kaum eine andere Autorin, die es schafft mit wenigen Sätzen ein Leben, einen Charakter oder eine Situation lebendig werden zu lassen. Hier nur ein Satz, der das bestätigt: „………zaubert ein verstecktes Lächeln in das Vogelgesicht des Managers. Er sieht es gern, wenn Frauen sich bei schwerer Arbeit abmühen, es macht sie begehrenswert und gleichzeitig erbärmlich“. Hier sieht man den Charakter des Mannes schon allein durch diesen Satz bloßgelegt. Bei Rose Tremain genügen nur wenige Abschnitte und man taucht in das Leben der Protagonisten, steht an ihrer Seite, ob in Sympathie oder Abneigung.

Sehr gelungen fand ich auch die Schilderung der Schweiz in den Kriegs-und Nachkriegsjahren, der Makel der undurchlässigen Grenzen und die unterschwelligen Vorurteile der Schweizer Bürger und Behörden und den latent vorhandenen Antisemitismus.

Gustav wächst in der Schweiz späten 40iger Jahre heran, vom beginnenden Wohlstand ist bei ihm und der verbitterten Mutter nicht viel angekommen. Liebe und Geborgenheit sucht er bei Mutter Emilie Perle vergeblich, aber wie könnte sie ihm diese Gefühle geben, sie hat sie doch selbst nie erfahren, auch wenn sie sich bei Gustavs Vater kurze Zeit sich dieser Täuschung hingibt.

Dann gibt es den einen Augenblick im Leben Gustavs, der alles ändert: in der Vorschule wird ein weinender Junge zu ihm gesetzt, zwei kleine Außenseiter sollen sich gegenseitig stützen. Mit der Begegnung wird sich beginnt eine lebenslange Freundschaft.

Der erste Teil, der Gustavs Kindheit beschreibt ist melancholisch, aber der zweite Teil, der seinen Eltern gewidmet ist, ist tragisch. Beide suchen sie Liebe, aber sie finden sie nicht. Im Gegenteil, die Selbsttäuschung schlägt bei beiden Ehepartnern in Verachtung und Mitleid um. Der letzte Teil, schildert Anton und Gustav als Erwachsene, die beide an den seelischen Verletzungen ihrer Kindheit gewachsen sind.

Rose Tremain schildert ihre Geschichte mit unglaublicher Empathie für ihre Figuren, sie verurteilt sie nicht, sie ergreift keine Partei. Sie akzeptiert sie mit ihren Schwächen und Fehlern. Ihre Sprache ist feinsinnig, sensibel, nuanciert und reif. Obwohl es keine großen Ereignisse sind, die das Leben ihrer Hauptfiguren prägen, ist ein ganzer Kosmos von Schicksalen und Sehnsüchten enthalten. Dieses Buch lege ich nur ungern zur Seite, es lässt mich nicht so schnell los und die Geschichte klingt lange nach.
Für mich ist Rose Tremain eine der wichtigsten Stimmen der englischen Literatur und ich wünsche dem Buch viele begeisterte Leser.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Turbulente, rasante Krimikomödie

Glitzer, Glamour, Wasserleiche
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Krimis – Opern – Tatjana Kruse.

Mit diesen drei Zutaten bin ich schon neugierig geworden. Ich liebe die Seifferheld-Serie und hatte wohl den ersten Band mit Pauline verpasst. Aber egal, auch ohne Vorkenntnisse ...

Krimis – Opern – Tatjana Kruse.

Mit diesen drei Zutaten bin ich schon neugierig geworden. Ich liebe die Seifferheld-Serie und hatte wohl den ersten Band mit Pauline verpasst. Aber egal, auch ohne Vorkenntnisse wird man augenblicklich in das turbulente Geschehen hineingezogen.


Pauline Miller, die Opernsängerin mit fülliger Figur und blitzenden Augen ist eine Diva! Aber eine sympathische, auch wenn ihr Leben und ihre Umgebung recht chaotisch sind. Sie ist mit ihrer Entourage, bestehend aus einem Hippie-Papa, einem Chauffeur mit übergroßer Libido, einer kleinwüchsigen Agentin, einem Hundeenergetiker und seine Schwester und natürlich ihrem Hund Radames unterwegs. Dass es in diesem Haushalt manchmal drunter und drüber geht, versteht sich von selbst.

Aber dann ist Radames verschwunden, eine Lösegeldforderung trudelt ein und egal wie wichtig die Vorbereitung auf ihre Turandot bei den Bregenzer Opernfestspielen ist, ihr Hund ist wichtiger und so stürzt sich Pauline in den Fall. Pauline stolpert in ihre Ermittlungen und da sie meist erst handelt und dann denkt, sind die Resultate für den Leser immer sehr kurzweilig.
Dieses Buch ist weniger ein Krimi, auch wenn es eine Leiche gibt, über deren Auftauchen auch sehr witzig und anschaulich erzählt wird. (ich finde, es sind fast die besten Szenen im Buch) Es überwiegt der Komödienanteil. Situationskomik und unglaubliche viele absurd-witzige Einfälle jagen den Leser durch die Seiten. Auch wenn der Krimi in Akte eingeteilt ist, ein bisschen mehr Oper und etwas weniger Klamauk hätte es für mich schon sein dürfen.


Glitzer, Glamour, Wasserleiche ist eine spritzig – leichte Krimikomödie, genau die richtige frische Sommerunterhaltung mit vielen Einfällen und komischen Personen, dazu eine Hundepersönlichkeit, die jeder Hundefreund ganz schnell ins Herz schließt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Jane Austen hätte sich amüsiert

Jane Austens Ratgeber für moderne Lebenskrisen
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In diesem Ratgeber will die Autorin Rebecca Smith, die als Stipendiatin in Chawton war - zeigen dass Janes Lebensweisheit auch in unsere heutige Zeit passen kann.

In Kapiteln, die Liebe & Beziehung, ...

In diesem Ratgeber will die Autorin Rebecca Smith, die als Stipendiatin in Chawton war - zeigen dass Janes Lebensweisheit auch in unsere heutige Zeit passen kann.

In Kapiteln, die Liebe & Beziehung, Freunde & Familie, Arbeit & Karriere usw genannt sind, stellt sie eine Frage aus unserer Lebenswirklichkeit und findet in ihren Büchern und Briefen die passenden Zitate dazu. Das ist eine nette Idee und liebevoll umgesetzt.

Man sollte das Wort „Ratgeber“ dabei aber nicht zu ernst nehmen. Es ist ein kurzweiliges Wiederentdecken von wunderschönen Passagen und Abschnitten aus ihrem Werk, das dazu animiert, Jane Austen selbst im Original wieder zur Hand zu nehmen, den Ratschläge aber mit einem Augenzwinkern zu begegnen.
Manchmal finde ich es zu weit hergeholt, zum Beispiel wenn ein Bewerbungsgespräch in Bezug zu „Stolz und Vorurteil“ gesetzt wird, oder der richtige Umgang mit Kind und Karriere an Jane Austen festgemacht wird, wirkt das wirklich sehr bemüht. Hier hatte ich öfters das Gefühl, da wird mit Macht etwas passend gemacht.

Am besten gefallen mir die Abschnitte, die den Bezug auf menschliches Verhalten haben. Da sieht man, dass Tugenden wie Geduld, Verständnis und Mitgefühl immer Gültigkeit haben.

Besonders erwähnenswert ist die hübsche Gestaltung des Buches, mit den zartlila Seiten und den vielen kleinen Illustrationen, den abgesetzten Zitaten und Ausschnitten aus Jane Austens Werk. Allein für diese Sorgfalt addiere ich den 4. Stern.

Ein schönes Buch für Jane Austen Fans, die ihrem Bücherschrank noch Platz für Souvenirs haben.



Veröffentlicht am 15.09.2016

Umweg ins Glück

Mit Flipflops ins Glück
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Nina und Samy sind schon lange ein Paar. Seit der Schulzeit sind sie zusammen, sie leben anscheinend glücklich im Reihenhäuschen und das Leben geht seinen Gang und dass sie zusammen bleiben, scheint ausgemacht. ...

Nina und Samy sind schon lange ein Paar. Seit der Schulzeit sind sie zusammen, sie leben anscheinend glücklich im Reihenhäuschen und das Leben geht seinen Gang und dass sie zusammen bleiben, scheint ausgemacht.
Bis ein ganz besonderes Jobangebot für Samy, den ausgewiesenen Computerexperten, eintrudelt. Eine Herausforderung in Sao Paulo. Aber möchte Nina wirklich mit? Ein fremdes Land dessen Sprache sie nicht spricht, was soll sie dort tun? Ein Probeaufenthalt soll es entscheiden. Während Samy die neue Firma besucht, sich mit Kollegen trifft, begeistert von der Herausforderung ist, läuft Nina verloren durch die Stadt, fühlt sich einsam und fast krank vor Zukunftsangst. Eine Begegnung mit einem Hotelgast und viele Bahnen im Hotelschwimmbad braucht sie, um ihre eigenen Wünsche und Sehnsüchte zu erkennen.
Nina und Samy in Sao Paulo und zwölf Jahre früher eine Klassenfahrt nach Sylt, wo Nina Gero aus Hamburg kennenlernt und sich verliebt. Doch Gero ist nach 3 Tagen abgereist und für Nina bleibt nur ein Zettel mit einer Telefonnummer und Samy, der sich liebevoll um sie kümmert, als sich die Nummer als falsch erweist. Aber Gero und Nina werden sich wieder begegnen.
Die Idee des Romans ist reizvoll, die Geschichte besteht aus zwei parallelen Handlungen die sich aufeinander zubewegen. Das ist wunderbar geschrieben, leicht wie eine Urlaubslektüre, aber nie flach oder zu vordergründig. Ich konnte mich immer wieder in beide, in Samy und Nina, hineinversetzen und ihre Sicht der Beziehung nachvollziehen. Was ist Liebe und was ist Glück? Reicht schon Geborgenheit, eine gemeinsames Haus und sichere Zukunft? Das sind elementare Fragen des Lebens, oder gibt es vielleicht noch etwas mehr, was man sich vom Leben wünscht und das nicht nur ein Satz zwischen Formeln im Moleskine-Notizbuch ist?
Mir gefällt der Stil, mir gefallen die Personen, auch die Beschreibung Sao Paulos lässt Fernweh aufkommen. Es ist ein amüsantes Buch mit Tiefgang, das man kaum aus der Hand legen mag, so sehr fiebert man Ninas Entscheidung entgegen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schönes Kinderbuch über die Freundschaft

Die Nussknacker-Bande
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Ein sehr schön gestaltetes Buch mit liebevoll, detailreichen kleinen Zeichnungen von Philip Waechter, das sich zum Selberlesen für 8-9jährige genauso eignet, wie zum Vorlesen in kleinen Gruppen.

DieEichhörnchen ...

Ein sehr schön gestaltetes Buch mit liebevoll, detailreichen kleinen Zeichnungen von Philip Waechter, das sich zum Selberlesen für 8-9jährige genauso eignet, wie zum Vorlesen in kleinen Gruppen.

DieEichhörnchen Jed, Chai und Tschk Tschk sind eine verschworene Gemeinschaft, als dann Jed von einem Habicht gepackt und weggetragen wird, zögern sie nicht, ihn zu suchen. Antreiberin ist die mutige Tschk Tschk. Auf ihrem Weg begegnen sie nicht nur anderen Eichhörnchen, großen Tieren wie dem Luchs, auch Menschenkinder kreuzen ihren Weg. Es ist ein großes Abenteuer, das sie zum Schluss zu Jed führt. Sie erkennen den Wert von Freundschaft, Treue, und dass eine Gemeinschaft auch stark machen kann um Ziele zu erreichen.

Das ist eine rundum gelungene Geschichte, die ich gern laut vorgelesen habe und nun im Kinderkreis reihum geht.
Auch als Erwachsene hatte ich an diesem - mit leichter Ironie - gespicktem Text Spaß. Die Kinder haben die Ironie nicht immer erkannt, aber amüsiert haben sie sich alle.
Sehr schön waren die kursiv gedruckten Erklärungen, wenn Chai oder Tschk Tschk über über Summpfade (Stromleitungen) erzählen. Diese Erklärungen wenden sich, genau wie die Fußnoten direkt an die Leser.

Einen Stern habe ich allerdings abgezogen, ich finde die umgangssprachlichen Einschübe nicht so gut, auch wenn sie hier ein Tier charakterisieren sollen. (Tschuldige, ne, nich, abern echt breiter Spalt.., was fürn Haufen.., wir sin nur...)
Gut, dass sie nicht so oft verwendet werden.

Mein Fazit: ein sehr schön gestaltetes Vor- und Selbstlesebuch, das ich gern im Kollegenkreis empfehle.