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Veröffentlicht am 26.03.2021

Familiengeheimnisse

Das Haus am Himmelsrand
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Am Sterbebett ihres Großvaters gibt sie ihm ein Versprechen, sie wird für Gerechtigkeit sorgen, ein altes Unrecht der Familie sühnen. Lizzy weiß anfangs nicht, was ihr Großvater meinte und wen sie fragen ...

Am Sterbebett ihres Großvaters gibt sie ihm ein Versprechen, sie wird für Gerechtigkeit sorgen, ein altes Unrecht der Familie sühnen. Lizzy weiß anfangs nicht, was ihr Großvater meinte und wen sie fragen kann. Die Großmutter lebt schon seit Jahren in ihrer eigenen dementen Welt, in der übrigen Familie stößt sie eher auf Distanz und Ablehnung. Als dann die Testamentseröffnung enthüllt, dass die Familienvilla den Nachkommen der Familie Bloch vererbt werden soll, ist die Familie schockiert und will das Testament anfechten.

Nur Lizzy besteht auf der Erfüllung und beginnt mit ihren Nachforschungen zur Familie Bloch. Schnell muss sie feststellen, dass diese Familie eng mit der Vergangenheit der eigenen Familie verbunden ist. So war doch ein Bloch bis Anfang der 40iger Jahre Teilhaber der Firma, der die Familie ihren heutigen Wohlstand verdankt.

Schnell muss Lizzy erfahren, dass auch ihre Vorfahren nicht frei von Schuld sind, denn sie nutzten eiskalt den Vorteil der arischen Abstammung gegen die jüdischen Blochs. So kam auch das Haus Rossleiten in Familienbesitz. Es liegt nun an der dritten Generation, an Lizzy, sich der Wahrheit zu stellen und alte Schuld gut zu machen.

Die Autorin greift ein Thema auf, das nicht ohne Brisanz ist: die Übereignung und gezwungen Verkäufe von Geschäften und Firmen an Arier, ohne dass sich die jüdischen Besitzer wehren, oder auch nur einen angemessenen Verkaufspreis erzielen konnten. Sie bettet das in eine Familiengeschichte ein, in der die Hauptperson Lizzy sich mit der Familiengeschichte auseinandersetzt und daran reift. Es ist wunderschön geschrieben und lässt die Leserin nicht mehr los. Ein toller Familienroman mit geschichtlichem Hintergrund, den ich nur empfehlen kann.

Die wunderschöne Ausstattung des Buches ist noch ein besonderes I Tüpfelchen.

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Veröffentlicht am 26.03.2021

Reise oder Flucht

Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek
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Vorab, das Titelbild spiegelt nicht den Inhalt wieder. So farbig und fröhlich ist das Leben der Hauptpersonen in diesem Buch nicht.
Eigentlich gibt es gar keine heile und glückliche Welt. Nicht für Bobby ...

Vorab, das Titelbild spiegelt nicht den Inhalt wieder. So farbig und fröhlich ist das Leben der Hauptpersonen in diesem Buch nicht.
Eigentlich gibt es gar keine heile und glückliche Welt. Nicht für Bobby Nusku, der unter seinem gewalttätigen Vater leidet und sich in den brüchigen Trost flüchtet, Erinnerungsstücke an seine Mutter zu archivieren.

Sein Freund Sunny will unbedingt ein Cyborg werden und verletzt sich mit Hilfe von Bobby immer wieder absichtlich um möglich viel Metall in seinen Körper zu bekommen. Sunnys letzter Plan ist eine Metallplatte im Schädel, deswegen stürzt er sich von einem Baugerüst in die Tiefe.

Dann sind da noch Rosa und ihre Mutter Val. Rosa hat leicht autistische Züge und ist in der Schule immer wieder Mobbingopfer, genau wie es Bobby erlebt. Nach einer besonders brutalen Prügelattacke seines Vaters kümmert sie Val um den Jungen, das führt zu hässlichen Gerüchten, wie überhaupt die Umwelt diesen Menschen nur Übles will.

Eine Kurzschlussreaktion bringt Val dazu, den Bücherbus, den sie regelmäßig putzt, zu stehlen und mit den beiden Kindern zu flüchten. Diese Zeit auf der Flucht wird fast die schönste Zeit der kleinen Ersatzfamilie. Val liest den Beiden vor und erschließt ihnen die Welt der Literatur, sie erleben Abenteuer, finden Trost und Freundschaft. Unterwegs gabeln sie noch einen Mann auf, der als Verbrecher von der Polizei gesucht wird. Immer auf der Flucht vor der Polizei, die Val inzwischen wegen Kidnappings sucht, wird die Lage immer schwieriger. Auch wenn der Polizist, der den Bus letztendlich vor den Klippen stellt, viel Mitgefühl zeigt, ist das Ende der Flucht unausweichlich.

Die letzte Szene steht übrigens am Anfang, sie erinnert sehr an die Schlusseinstellung von „Thelma und Louise“ und legt den melancholisch traurigen Grundton des Romans fest. Mir persönlich war das einfach zu viel Elend, zu viel Brutalität und Bosheit, auch wenn es immer wieder durch den exzellenten Stil des Autors gemildert wird.

Nach Klappentext, Titel und Umschlagillustration hatte ich ein anderes Buch erwartet, vielleicht erklärt das einen Teil der Enttäuschung.

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Veröffentlicht am 26.03.2021

Spreewald-Krimi

Verfehlt
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In Lübbenau steigt das große Spreewaldfest. Touristen und Einheimische drängen sich auf dem Festplatz, Fahrgeschäfte und Schausteller hoffen auf Umsatz. Klaudia Wagner und ihre Kollegen vom Kriminalkommissariat ...

In Lübbenau steigt das große Spreewaldfest. Touristen und Einheimische drängen sich auf dem Festplatz, Fahrgeschäfte und Schausteller hoffen auf Umsatz. Klaudia Wagner und ihre Kollegen vom Kriminalkommissariat zeigen in Uniform Präsenz. Dann gleiten die geschmückten Kähne vorüber. Der diesjährige Schützenkönig grüßt jovial nach allen Seiten, bis er plötzlich ins Wasser stürzt – ein Messer im Rücken.

Zeugen haben sogar einen tatverdächtigen Messerwerfer gesehen, eine Spreewald-Gurke auf Stelzen. Dann wird ein zweites Opfer gefunden, der alte Schiebschick, ein stadtbekannter Fährmann und Klaudias väterlicher Freund, liegt schwerverletzt zwischen den Schausteller-Wagen.

Christiane Dieckerhoff hat einfach ein Gespür für die richtige Spreewald Atmosphäre. Die Landschaft, der typische Menschenlag – sie kann das alles wunderbar einfangen. Das Team um Klaudia, die aus dem Ruhrgebiet kam, hat sich im Lauf der Zeit zusammengerauft. Das war nicht immer ganz einfach und ab und zu spürt Klaudia immer noch gewisse Vorurteile. Das mag auch daran liegen, dass sie zur Zeit die Dienststelle leitet, da der Chef auf Fortbildung ist. Das macht Klaudia noch mehr Druck als sonst.

Der Plot ist spannungs- und temporeich. Je mehr sie die Ermittler mit den Opfern auseinandersetzen, umso mehr weisen die Hinweise auf die Vergangenheit. Dazu kommen die internen Probleme, die man aus Klaudias früheren Fällen kennt. Sie ist ja kein einfacher Charakter und ich habe auch ein – zwei Bände gebraucht, bis ich mit der Figur so richtig warm geworden bin. Inzwischen schätze ich ihre Eigenarten, sie bilden einen reizvollen Gegensatz zum romantischen Spreewald. Aber auch die anderen Charaktere sind schön ausgestaltet, manchmal ein wenig verschroben, aber immer wirken sie echt.

Ein gelungener Band aus der Spreewald-Reihe.

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Veröffentlicht am 25.03.2021

Katz und Maus

Böse Absichten
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Kunihiko Hidaka wird am Vorabend einer Auslandsreise tot in seinem Arbeitszimmer aufgefunden. Seine Ehefrau und sein Freund und Schriftstellerkollege Nonoguchi haben die Leiche gefunden. Die Polizei steht ...

Kunihiko Hidaka wird am Vorabend einer Auslandsreise tot in seinem Arbeitszimmer aufgefunden. Seine Ehefrau und sein Freund und Schriftstellerkollege Nonoguchi haben die Leiche gefunden. Die Polizei steht vor einem Rätsel, Haus und Arbeitszimmer waren von innen verschlossen, es gibt keine Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens oder eines Raubs. Der Kommissar ist auf die beiden Zeugen angewiesen, die zudem noch ein wasserdichtes Alibi haben, Kommissar Kaga ist froh, in Nonoguchi einen ehemaligen Kollegen wiederzuerkennen. Beide haben einige Jahre gemeinsam als Lehrer gearbeitet. Nonoguchi ist ein penibler Zeuge. Als Schriftsteller ist er gewohnt, genau zu beobachten und sich Notizen zu machen. Geschmeichelt stellt er seine Notizen der Polizei zur Verfügung. Aus seinen Eindrücken erfährt die Polizei, dass das Opfer kein ganz angenehmer Zeitgenosse war, so hat er die Nachbarskatze vergiftet, die immer seinen Garten als Toilette missbrauchte. Einen ehemaligen Mitschüler hat er als Hauptfigur eines Romans genommen und ihn ehrverletzend und abwertend portraitiert

Die Suche nach dem Täter ist für Polizist Kaga eine diffizile Angelegenheit, es gibt kaum Anhaltspunkte, jede neue Erkenntnis gibt dem Vorfall eine neue und andere Bedeutung, vor allem die Aufzeichnungen Nonoguchis werfen immer neue Schlaglichter auf den Mord. Als Schriftsteller war Nonoguchi zwar erfolglos und immer wieder auf die Unterstützung und Hilfe seines Freundes Hidaka angewiesen, aber als Beobachter erweist er sich als schlauer und gewiefter Taktiker.

Dieser Kriminalroman ist fast wie ein Kammerspiel aufgebaut, es gibt nur wenige handelnde Personen. Hauptsächlich beschränkt sich das Buch auf die Aufzeichnungen Nonoguchis und die Ermittlungen Kagas. Aber wie in einem Labyrinth wird der Leser mit jeder Wendung in die Irre geschickt. Wie die Katze mit der Maus spielt der Kommissar mit dem Täter und der Autor mit dem Leser. Der Täter ist schnell erkannt, aber das Wie und Warum macht den Reiz dieses Buches aus.

Ein wirklich raffinierter Kriminalroman, der aus dem Rahmen fällt.

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Veröffentlicht am 24.03.2021

Dr. Siri wird älter und besser

Dr. Siri und der explodierende Drache
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Die Kommunisten herrschen nun schon einige Jahre in Laos und es ist ihnen gelungen, fast alle Posten mit verdienten Kadern zu besetzen. Was anderes gibt es nicht mehr, jeder der über Ausbildung und ein ...

Die Kommunisten herrschen nun schon einige Jahre in Laos und es ist ihnen gelungen, fast alle Posten mit verdienten Kadern zu besetzen. Was anderes gibt es nicht mehr, jeder der über Ausbildung und ein wenig Mut besitzt, ist längst über den Fluss nach Thailand gegangen. Dr. Siri, inzwischen 76 Jahre alt, möchte endlich seinen Ruhestand antreten und mit seiner Frau Daeng die letzten Jahre genießen. Viel Zeit scheint ihm nicht zu bleiben, seine Intimfeindin, die Wahrsagerin Tante Bpoo hat seinen baldigen Tod gesehen und Siri weiß, das Bhoo sich selten irrt.

Nun will ausgerechnet die Regierung, dass Dr. Siri an einer Delegation teilnimmt, die in den Dschungel führt. Die Amerikaner haben eine üppige Lebensmittelspende an eine Bedingung geknüpft: Unter dem Motto "wir holen die Jungs heim" soll ein abgestürzter Hubschrauber und die Leiche eines Soldaten geborgen werden, klar das die Regierung der amerikanischen Delegation etwas gleichrangiges entgegensetzen will und Siri als einziger Pathologe des Landes soll mit. Es gelingt ihm zwar bei Richter Haeng seine Truppe mit Herrn Geung, Schwester Dtuti, Inspektor Phosy und dem alten Freund Civilai als Begleitung durchzusetzen, aber der Sinn der Expedition ist Dr. Siri nicht ganz klar.

Ich möchte nichts weiter über die Handlung verraten, als dass Siri und seine Truppe über sich hinaus wachsen müssen, um alle Abenteuer zu bestehen und nicht zuletzt die Kochkünste von Madame Daeng erweisen sich als Schlüssel zum Erfolg.

Das ist jetzt der 8. Band der hinreißenden Serie um den Pathologen wider Willen Dr. Siri Paiboun und er wird jedes Mal besser. Feiner Humor und konfuzianische Weisheit mit einer ordentlichen Portion Bauernschlauheit schlagen jeden Feind, ob real oder aus der Geisterwelt.

Hier kann ich nur empfehlen: lesen, unbedingt lesen!

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