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Veröffentlicht am 05.11.2021

78°

78° tödliche Breite
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Trond Lie ist ein seit wenigen Monaten pensionierter Kommissar aus Bergen. Er möchte mehr Zeit mit seinem Enkel verbringen und seiner Tochter ein wenig zu helfen, die in Spitzbergen hoch im Norden arbeitet.

Kurz ...

Trond Lie ist ein seit wenigen Monaten pensionierter Kommissar aus Bergen. Er möchte mehr Zeit mit seinem Enkel verbringen und seiner Tochter ein wenig zu helfen, die in Spitzbergen hoch im Norden arbeitet.

Kurz nach seiner Ankunft geschieht ein Mord. Ein Mitglied einer internationalen Forschungsgruppe wird erschossen aufgefunden. Die erste Gewalttat seit mehr als 80 Jahren in Svalbard, der nördlichsten norwegischen Provinz mit der bekannten Insel Spitzbergen. Die Gouverneurin bittet Trond um Ermittlungen, den bei den Wetteraussichten wird ein offizieller Beamter erst in einigen Tagen eintreffen.

Zusammen mit der Niederländerin Frida van Namen, die schon seit Jahren mit ihren Huskys als Musherin in Spitzbergen lebt und die auch den Toten gefunden hat, beginnt er mit den Ermittlungen. Schon bald fallen ihnen seltsame Ungereimtheiten bei der internationalen Geologengruppe auf und es scheint sehr viel mehr hinter dem Mord zu stecken. Klar wird das auch, als Arvid Kristoffersen vom Festland eintrifft und offensichtlich ein ganz spezielles Interesse an der Aufklärung in seinem Sinn hat.

Trond Lie ist zum ersten Mal mit der Polarnacht konfrontiert und die ewige, undurchdringliche Dunkelheit macht ihm sehr zu schaffen, trotzdem fühlt er sich von den Ermittlungen herausgefordert.

Der Klimawandel hat aber viele Auswirkungen, die spürbar werden. Die Eisdecke wird dünner, Bodenschätze erreichbar und die Schifffahrtspassagen durch das Eismeer möglich und plötzlich findet sich Svalbard in Mittelpunkt von vielen geopolitischen Interessen.

Schon der Schauplatz dieses Kriminalromans ist außergewöhnlich und hat mir ausnehmend gut gefallen und ebenso gut fand ich den Hintergrund, der den Plot des Krimis so aktuell macht. Die Autorin bringt die Atmosphäre des Polarkreises sehr gut in ihrem Buch rüber und ihre Beschreibung der Polarlichter macht mich sehnsüchtig. Wie gern würde ich das farbige Leuchten einmal sehen.

Wer in dieser extremen Umgebung leben mag, ist oft auch eine besondere Persönlichkeit, das spürt man in den Beschreibungen der Protagonisten.

Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. die Spannung ist durchgehend hoch und die Autorin bringt viel geschichtlichen und wissenschaftlichen Hintergrund in der Handlung unter.

Sehr gelungen!

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Veröffentlicht am 04.11.2021

Familiennöte

Wir sind schließlich wer
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Anna und Maria sind Schwestern und schon von klein auf verschieden wie Feuer und Wasser. Maria ist Mutters kleines Prinzesschen, verwöhnt und verhätschelt. Die Mutter bildet sich auch viel auf ihren adligen ...

Anna und Maria sind Schwestern und schon von klein auf verschieden wie Feuer und Wasser. Maria ist Mutters kleines Prinzesschen, verwöhnt und verhätschelt. Die Mutter bildet sich auch viel auf ihren adligen Namen, sie lebt ihren Standesdünkel aus. Anna ist wesentlich handfester und lehnt sich schon früh gegen den mütterlichen Zwang auf. Sie konvertiert und wird letztendlich sogar evangelische Pastorin.

Nun hat Anna ihre erste Gemeinde am Niederrhein und die Bevölkerung, inclusive der Pfarrhaushälterin macht ihr das Leben nicht einfach. Als dann Maria über Nacht vor den Trümmern ihrer Existenz steht und mit ihren Lebenslügen konfrontiert wird, bringt das auch für Anna viele Erkenntnisse mit.

Anne Gesthuysens Stil ist erfrischend und oft sehr lebensnah. Das mag ich bei ihren Büchern, allerdings sind mir bei ihrem neuen Roman einige Figuren zu holzschnittartig geraten. Die Mutter von Betteray ist fast schon eine Karikatur einer aus der Zeit gefallenen standesdünkeligen Adligen. Ebenso die Haushälterin in Pastorin Annas Haushalt scheint direkt einer Posse entsprungen. Ihr nimmt man auch später den Wandel zu herzlich zupackenden Helferin nicht mehr ab. Bösartiger Tratsch und handfeste Ausgrenzung im Dorf lösen sich schnell in Idylle auf, auch das ging mir etwas zu schnell und unrealistisch.

Der Niederrhein ist der landschaftliche Hintergrund der Gesthuysen-Romane und sie kann die Gegend und ihre Menschen sehr schön schildern. Das weckt schon fast heimatliche Gefühle.

Eine turbulente Familiengeschichte, in der wirklich alles passiert, was man sich vorstellen kann und die sich manchmal ins Klischee verirrt hat

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Veröffentlicht am 03.11.2021

Die Stille der Berge

Das Glück des Wolfes
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In seinem neuen Roman „Das Glück des Wolfes“ ist die grandiose Bergwelt des Aostatals Hintergrund und Hauptsache zugleich.

Fausto und Silvias Wege kreuzen sich in dem kleinen Bergdorf Fontana Fredda in ...

In seinem neuen Roman „Das Glück des Wolfes“ ist die grandiose Bergwelt des Aostatals Hintergrund und Hauptsache zugleich.

Fausto und Silvias Wege kreuzen sich in dem kleinen Bergdorf Fontana Fredda in der winterlichen Skisaison. Beide sind Suchende, die sich neu orientieren wollen. Fausta langjährige Beziehung scheiterte, die Wohnung in Mailand steht zum Verkauf und die Sehnsucht nach Stille hat ihn in seine geliebte Bergwelt getrieben. Silvia scheint familiäre Probleme zu haben, aber das wird eigentlich nie richtig thematisiert und treibt noch ein wenig ziellos in die Zukunft. Auch sie liebt die Herausforderung der alpinen Welt.

Wie immer hat mich die poetische Sprache und wunderbare Beschreibung einer grandiosen Bergwelt begeistert. Vor dieser Kulisse scheinen die Menschen mit ihren Nöten fast unscheinbar. Trotzdem hätte ich gern mehr über die Schicksale der Protagonisten erfahren. Es gibt durchaus interessante Persönlichkeiten in diesem Buch, die es wert gewesen wären, sie ein wenig in den Vordergrund zu stellen. Zum Beispiel der knorrig-knurrige Pistenraupenfahrer Santorso und die Wirtin Babette, in deren Lokal Fausto und Silvia als Saisonkräfte arbeiten. Doch menschliche Schicksale streift Cognetti nur oder lässt allenfalls zwischen den Zeilen etwas aus ihrem Leben durchschimmern.

Aber der Stil des Autors, voller Poesie und Sprachmelodie hat mich wieder sehr begeistert. Wenn er einen Gipfelanstieg beschreibt, war ich gedanklich mit auf dem Weg. Habe die Luft, die Kälte, das Eis gespürt und wunderbare Bilder im Kopf. Dabei gibt es nicht einen Hauch von Kitsch oder Naturüberhöhung. Er verschweigt nicht die Gefahren des Tourismus auf die fragile Landschaft oder die harten Lebens-und Arbeitsbedingungen der Bewohner.

Hätte Cognetti seinen Protagonisten ein wenig mehr Raum gegeben, hätte ich den kurzen Roman noch intensiver gefunden.

Die Covergestaltung finde ich sehr gelungen.

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Veröffentlicht am 02.11.2021

Würzige Rezepte für Ehemänner

Todsichere Rezepte für die moderne Hausfrau
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Alice und Nate sind ein modernes New Yorker Ehepaar, als Alice ihren Job aufgibt, dass sie gekündigt wurde verschweigt sie ihrem Ehemann, möchte sie einen Roman schreiben. Nate träumt vom Umzug in ein ...

Alice und Nate sind ein modernes New Yorker Ehepaar, als Alice ihren Job aufgibt, dass sie gekündigt wurde verschweigt sie ihrem Ehemann, möchte sie einen Roman schreiben. Nate träumt vom Umzug in ein geräumiges Haus in einer Vorstadt, er wünscht sich auch ein Kind und geht davon aus, dass auch Alice dafür bereit ist. Aber er sollte sich täuschen. Alice steht dem Haus anfangs sehr skeptisch gegenüber, sie fühlt sie absolut nicht heimisch. Erst als sie Kartons mit Büchern und Zeitschriften der Vorbesitzerin findet und mit der Nachbarin in Kontakt kommt, ist ihr Interesse geweckt. Es sind nämlich die Bücher von Nellie, die bis zu ihrem Tod in diesem Haus lebte.

Nellie und Richard waren nur nach außen das perfekte amerikanische Ehepaar. Schon kurz nach der Heirat zeigt Richard seine wahres Gesicht: er verlangt absoluten Gehorsam von Nellie. Sie soll eine perfekte Hausfrau und Mutter werden, keine eigenen Interessen haben, außer ihm das Leben als Familienoberhaupt so angenehm wie möglich zu machen. Auch vor Schlägen schreckt er nicht zurück. Nellies Fluchtort ist der Garten, er ist ein blühendes Paradies geworden, aber auch im Paradies gibt es giftige Pflanzen.

Jedem Kapitel stellt die Autorin ein Zitat eines historischen Eheratgebers voran. Im ersten Augenblick musste ich darüber schmunzeln, aber schon nach wenigen Augenblicken ging mir auf, welche Unterdrückung da gesellschaftlich propagiert wurde.

Aber so ganz hat mich der Roman nicht abgeholt. Besonders die Figur der Alice blieb mir rätselhaft und durch ihre ständigen Lügen auch unsympathisch. Mir war bei dieser Protagonistin nie klar, was sie eigentlich will. Tatsächlich haben mich die Kapitel um Nellie sehr viel mehr angesprochen.

Der Roman liest sich unterhaltsam und spannend. Je mehr Alice in die Vergangenheit abtaucht, umso schwärzer werden meine Ahnungen, denn Nellies Kochbuch ist mehr als eine Rezeptsammlung.

Das Buch zeigt ein stimmiges Frauenbild aus den 50ger Jahren und wieviel Wegstrecke zu richtigen Emanzipation noch bleibt, auch wenn vieles schon erreicht wurde.

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Veröffentlicht am 30.10.2021

Weisheit und Humor

Der Flug des Raben
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Richard Wagamese (1955-2017) ist eine wichtige indigene Stimme Kanadas. Geboren als Angehöriger des Ojibwe Stammes wurde er als Kind, wie so viele andere Kinder, seinen Eltern weggenommen, um in den berüchtigten ...

Richard Wagamese (1955-2017) ist eine wichtige indigene Stimme Kanadas. Geboren als Angehöriger des Ojibwe Stammes wurde er als Kind, wie so viele andere Kinder, seinen Eltern weggenommen, um in den berüchtigten Heimen und bei Pflegefamilien aufzuwachsen. So sollte die indianische Kultur, Religion und Sprache der First Nations ausgerottet werden. Erst als junger Mann mit 23 Jahren konnte er mit seiner Familie wieder vereinigt werden.

In seinem Erstlingswerk „Der Flug des Raben“ hat der Protagonist Garnet Raven ein ganz ähnliches Schicksal. Die Kinder der Ravens wurden den Eltern entzogen und Garnet, als Dreijähriger von seinen Geschwistern getrennt. Er wächst in ständig wechselnden Familien auf, ist entwurzelt und schließt sich, nach seiner Volljährigkeit einer schwarzen Familie an, R&B und Blues ist die Musik, in der er sich wiederfindet. Schließlich landet er als Kleinkrimineller im Gefängnis. Dort wird er von seinem Bruder Stanley ausfindig gemacht, der ihn nach der Entlassung nach Hause holen will.

Doch was ist Zuhause für Garnet? Er spricht weder die Sprache, noch kennt er das Leben der Ojiewe, er fühlt sich wie ein Exot, der er auch ist, als er mit Afro und grüner Schlaghose im Reservat eintrifft.

Die Wiedervereinigung mit der Familie, das Suchen und Finden der Wurzeln und seiner Zugehörigkeit zu Volk und Kultur beschreibt Wagamese mit einfachen, aber zu Herzen gehenden Worte. Garnet findet in Keeper, einem trockenen Alkoholiker, einen Führer. Keeper wurde von Garnets Großvater, einem alten, ganz traditionell lebenden „Medizinmann“ ausgewählt, das alte Wissen weiterzugeben, konnte aber letztendlich den Verlockungen des Alkohols nicht widerstehen. Mit Garnets Rückkehr wird er an diese Verpflichtung erinnert und wie er dem Jungen hilft, sich zurecht zu finden, gibt ihm Garnet unbewusst die Stärke, dem Alkohol zu entsagen.

Sprachlich ist der Roman von einer Einfachheit, die man nicht mit Kunstlosigkeit verwechseln sollte. Seine Worte sprachen mich unmittelbar an, herzhaftes Lachen wechselte sich mit Traurigkeit und manchmal feuchten Augen ab.

Es ist an der Zeit die Stimme der First Nations zu hören. Richard Wagamese ist dazu ein guter Weg.

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