Profilbild von Bibliomarie

Bibliomarie

Lesejury Star
offline

Bibliomarie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Bibliomarie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.10.2021

Ein königliches Rätsel

Die unhöfliche Tote
0

Als gäbe es nicht schon genug Ärger mit dem Brexit, wird im Schwimmbad des Buckingham Palace eine tote Frau gefunden. Es ist die langjährige Haushälterin, die wohl beim Aufräumen einen Unfall hatte. Außerdem ...

Als gäbe es nicht schon genug Ärger mit dem Brexit, wird im Schwimmbad des Buckingham Palace eine tote Frau gefunden. Es ist die langjährige Haushälterin, die wohl beim Aufräumen einen Unfall hatte. Außerdem nerven die öffentlichen Auftritte, besonders als die Queen bei einer Ausstellung ein kleines Bild entdeckt, dass unzweifelhaft ihr gehört. Es ist kein wertvolles, ja noch nicht mal gelungenes Gemälde der HMS Britannia, aber Elizabeth verbindet damit die Erinnerung an ihre geliebte Yacht.

Wie schon im ersten Band, steht die stellvertretende Privatsekretärin Rozie für die Aktionen, während die Queen im Hintergrund ihre Fäden zieht.

Ich mag die entspannten Krimis um Queen Elizabeth die J.S. Bennett mit liebenswertem Stil in Szene setzt. Ein klein wenig Spott darf dabei nicht fehlen, Höflinge, Premierministerinnen mit Vorliebe für Schuhe im Leopardenlook, aber auch Prince Charles und Philipp sind dabei nicht ausgenommen. Aber das serviert die Autorin mit Respekt und spürbarer Sympathie für ihre Figuren.

Der Krimi ist natürlich schon sehr cosy, auch wenn sich noch eine zweite Leiche einstellt, so bleibt die Spannung eher verhalten. Ich habe das Buch eh weniger für die Krimispannung, sondern mehr als skurrilen Blick hinter die Fassaden eines Königshauses gelesen. Wenn die Queen über die Fledermäuse in ihrem Palast seufzt, Charles aber ihre Ausscheidungen als hervorragenden Dünger lobt oder als die Queen trotz morscher Knie in einen riesigen Kleiderschrank klettert, als kleine Erinnerung an die Spiele mit Margaret und dabei ein interessantes Gespräch belauscht, habe ich mich amüsiert.

Das gelungene Titelbild ist ein richtiger Hingucker!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.10.2021

Für mich ein Fehlgriff

Poesie des Mordens
0

Tóki Narvason, ein bekannter faröischer Schriftsteller wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Der Kommissar Jákup á Trom befindet sich zufällig auf einer Schulung in Kopenhagen und wird in die Untersuchung ...

Tóki Narvason, ein bekannter faröischer Schriftsteller wird tot in seiner Wohnung aufgefunden. Der Kommissar Jákup á Trom befindet sich zufällig auf einer Schulung in Kopenhagen und wird in die Untersuchung der Todesursache seines Landsmann mit eingebunden. War es ein Unfall oder ein Suizid?

Jákup wollte eigentlich mit seiner Frau am jährlichen Treffen und Ball des faröischen Strickclubs teilnehmen, als Gastrednerin ist die bekannte Literatur- und Kulturschaffende Inga Eínarsdottir, Narvasons Geliebte eingeladen. Am nächsten Tag wird auch ihre Leiche gefunden, das kann kein Zufall sein. Schnell sind alle Insulaner überzeugt, dass es sich um zwei Morde handeln muss.

Ich habe diesen Krimi gewählt, weil ich die Faröer Inseln so interessant finde und gerne einen Autor von dort kennenlernen wollte.

Vielleicht lag es am unglücklichen Schriftbild des Epubs, keine Gliederung, kaum Absätze, was mir das Lesen auch schon optisch erschwerte.
Auch mit dem Stil des Autors Rasmussen konnte ich mich nicht recht anfreunden. Auf den Faröern nicht nur als Autor, sondern auch als Musiker bekannt, schreibt er zwar poetisch, aber manche Sprachbilder fand ich daneben.
So die Gedanken des sterbenden Narvason an seine Geliebte Inga „:Eine vaginale Rhythmusbox, durch die die Poesie ihren Sinn bekam. Seine unersättliche Lesenymphomanin. Das intellektuelle Brunstaroma für die Männerwelt. Sie würde seinen Tod in Vorlesungen und Abhandlungen verarbeiten und ihm so innerhalb der Literaturgeschichte das ewige Leben schenken.“ Was für eine verschwurbelte Ausdrucksform!

Zwar gibt es im Buch eine Personenliste, sehr hilfreich bei den vielen Mitwirkenden, aber das ständige Zurückblättern war dem Lesefluss auch nicht dienlich.
Ich habe leider keinen rechten Spannungsbogen gefunden, so dass ich in der Mitte des Romans merkte, dass ich anfing den Text zu überfliegen.

Positiv waren die schönen Landschaftsbeschreibungen und das Eingehen auf die Besonderheiten der Faröer, immer auch im Vergleich zur Vergangenheit, als die Bewohner mit der rauer Umwelt und kargen Lebensbedingungen zu kämpfen hatten.

Insgesamt war es leider kein Buch für mich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.10.2021

Geht unter die Haut

Herrgottsacker
0

Eine verlassene Kleingartensiedlung wird zu Bauland erschlossen. Bei den Abrissarbeiten der Gartenhütten finden sich menschliche Knochen. Aber der Bürgermeister möchte keine Komplikationen, also sollen ...

Eine verlassene Kleingartensiedlung wird zu Bauland erschlossen. Bei den Abrissarbeiten der Gartenhütten finden sich menschliche Knochen. Aber der Bürgermeister möchte keine Komplikationen, also sollen die Gemeindemitarbeiter die Knochen stillschweigend verschwinden lassen. Doch ein neugieriger Hund macht die Pläne zunichte.

Die Kripo – Kommissar Harro Betz und die Kollegen Ravi Bingenheimer und Tobias Schmahl haben wenige Anhaltspunkte. Keine Identifizierungsmerkmale, kein passender Vermisstenfall, zerstörte Spuren machen die Suche fast unmöglich.

Herrgottsacker ließ mich gleich zu Beginn schaudern. Der Fall geht unter die Haut und je mehr ans Licht kommt, umso spannender wird es. Der Leser hat nämlich eine Stimme den Kommissaren voraus: die Gedankengänge eines todkranken Mannes, der sehr genau um die Vorgänge weiß und auf seine Art für Gerechtigkeit sorgen will.

Sehr eindrücklich werden die Beamten geschildert. Das Team harmoniert und arbeitet gut zusammen, auch oder weil man um die Schwächen der Kollegen weiß. Betz scheint am persönlichen Tiefpunkt angekommen zu sein, ohne Flachmann verlässt er nicht mehr das Haus und nur noch die Arbeit scheint ihn zu stützen. Tobias, ein junger Familienvater ist von der häuslichen Situation überfordert und bei Ravi ist es die Ungewissheit seiner Herkunft, die ihn als Adoptivkind umtreibt.

Das ist sehr realistisch in die Handlung eingebunden und macht die Figuren auch über die reine Ermittlungsarbeit hinaus sehr interessant.

Der Plot ist ebenfalls sehr nahe an der Realität und auch von erschreckender Aktualität. Das hat für mich eine Spannung erzeugt, der ich mich nicht entziehen konnte und die mich nachhaltig beschäftigte.

In einem Satz: ein fesselnder Krimi, den man nicht aus der Hand legen mag.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.10.2021

Echter Honig

Goldenes Gift
0

Xavier Kieffer, ehemaliger Sternekoch aus Luxemburg, kommt einem Schwindel mit Honig auf die Spur. Seit einiger Zeit hat er Bienenstöcke bei einem Stadtimker gemietet und verkauft den Honig an seine Gäste. ...

Xavier Kieffer, ehemaliger Sternekoch aus Luxemburg, kommt einem Schwindel mit Honig auf die Spur. Seit einiger Zeit hat er Bienenstöcke bei einem Stadtimker gemietet und verkauft den Honig an seine Gäste. Doch dann stirbt der Imker und Kieffers Bienenstöcke sind verschwunden. Das lässt ihm keine Ruhe und er beginnt nachzuforschen.

Gleichzeitig beobachtet seine Freundin, die Gastrokritikerin und Gastrojournalistin Valerie in Kalifornien einen „Hive heist“, einen Raub von Bienenstöcken. Sie will das anzeigen, aber die Bienenstöcke sind am nächsten Tag wieder an Ort und Stelle.

Nun beginnen beide, zwar getrennt aber in der gleichen Sache zu recherchieren und kommen einem Lebensmittelskandal auf die Spur.

Vorab, ich kannte bisher die Reihe um den luxemburgischen Koch nicht und hatte trotzdem keinerlei Mühe in die Geschichte zu finden. Das Thema ist hochaktuell, über Bienensterben, gepanschten Honig und Fälschungen wird häufig berichtet und der Autor nimmt das zum Thema für seinen durchaus originellen Krimi.

Mit Kieffer kann man Luxemburg erkunden, man begleitet ihn straßengenau durch die Stadt und bekommt nebenbei noch eine ganze Menge Geschichte geboten. Auch der deftigen Küche wird gehuldigt, das anhängende Küchenglossar hat mich amüsiert.

Allerdings hat sich für mich dadurch die Handlung schon ein bisschen in die Länge gezogen, auch wenn es mit immer wieder spannende und temporeiche Szenen gibt. Besonders Valerie lässt sich auf manche gefährliche Aktion ein.

Der Autor hat das Thema wohl sehr gründlich recherchiert und diese Kenntnisse fließen in den Krimi ein und haben mich an einigen Punkten sehr nachdenklich gemacht. Monokulturen, Herbizide, Pestizide – wir machen es den Bienen wirklich schwer.

Ein solider Krimi um ein aktuelles Thema.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.10.2021

Die Abservierten in Hochform

Spook Street
0

Nun schon zum vierten Mal lässt Mick Herron die abservierten Geheimdienstleute aus Slough House ermitteln.

Der Roman beginnt mit einer grandiosen Idee: an Hand der alten, maroden Heizungsrohre die sich ...

Nun schon zum vierten Mal lässt Mick Herron die abservierten Geheimdienstleute aus Slough House ermitteln.

Der Roman beginnt mit einer grandiosen Idee: an Hand der alten, maroden Heizungsrohre die sich durch das Haus ziehen, geht der Leser mit auf Entdeckungsreise durch die leeren Büros und lernt die Leute kennen. Mal sind es die vertrauten, mal neue Mitarbeiter, denn auch im Slough House gibt es immer wieder ungewollte Abgänge, aber es gibt genügend Nachschub von Geheimdienstlern, die einen Fehler machten oder aus anderen Gründen abserviert wurden und nun auf dem Abstellgleis auf eine Chance warten, so wie der junge River Cartwright. Sein Großvater war in seiner aktiven Zeit eine der Legenden des britischen Geheimdiensts. Aber nun beginnt sein Gedächtnis zu bröckeln, er wird gebrechlich. Aber nicht so hilflos, dass er nicht darauf reagiert, als ein Fremder sich als sein Enkel ausgibt. River findet den Toten bei seinem Großvater, er ist über die Ähnlichkeit erstaunt und als er eine Fahrkarte nach Frankreich in der Tasche des Toten findet, zufällig zu dem Ort, an dem der Großvater immer Urlaub machte, riskiert River einen Alleingang.

Die Spionageromane von Mick Herron sind einfach Klasse. Wenn jemand dem großen Le Carré das Wasser reichen kann, dann ist es Herron. Der Plot ist reichlich verzwickt, aber intelligent und sein Sarkasmus bringt reichlich Unterhaltungspotenzial in den Roman.

Ganz besonders liebe ich seine Protagonisten. Alle sind vom Beruf gezeichnet und tragen eine schwere Last mit sich, aber wenn sie gefordert werden, laufen sie wieder zur Hochform auf, egal welchen Ruf sie im „Park“, haben. Geführt werden sie von Lamb, der sein abgewracktes Image mit Hingabe pflegt. Ungepflegt, ungerecht und ignorant – damit verbirgt er geschickt seinen messerscharfen Verstand. Vor allem weiß er um die Intrigen in den Führungsetagen des Geheimdiensts und der politischen Verstrickungen um Macht und Einfluss. Lamb mit seiner Truppe, die „Lahmen Gäule“ (so der Titel des ersten Romans) weiß sie zu nutzen.

Herron schreibt bissig und temporeich und immer stellt sich das Gefühl ein, so könnte sich das Geschäft um Spionage auch abspielen. Die Wirklichkeit hat schon manchen ausgefallenen Plot eingeholt.

Spook Street hat alles, was ein Spionageroman braucht. Vielschichtige Charaktere, spannende Wendungen und dazu der unnachahmlich bissig-sarkastische Schreibstil und die pointierten Dialoge – einfach Spitze.

Schade nur, dass der Diogenes Verlag sich nun für eine Paperback-Ausgabe entschieden hat, ich hätte gern die gleiche Ausstattung der Vorläufer im Regal gehabt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere