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Veröffentlicht am 10.06.2020

Perchtoldsdorfer Festspiele

Tod in Perchtoldsdorf
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Perchtoldsdorf vor den Toren Wiens – ein Ort wie aus dem Bilderbuch. Sanfte Rebhügel, schöne Weingüter, urige Heurigenlokale und eine zum Festspielort umgebaute Burgruine. Was für ein tolles Ambiente für ...

Perchtoldsdorf vor den Toren Wiens – ein Ort wie aus dem Bilderbuch. Sanfte Rebhügel, schöne Weingüter, urige Heurigenlokale und eine zum Festspielort umgebaute Burgruine. Was für ein tolles Ambiente für die Sommerfestspiele, Shakespeares Sommernachtstraum kommt zur Aufführung. Für Charlotte Nöhrer, die erst vor kurzem das elterliche Weingut übernommen hat, eine tolle Gelegenheit, ihren neuen Wein vorzustellen. Charlotte, die Ex-Polizistin, hat viele Ideen, den Betrieb noch erfolgreicher zu machen. Da sehen naturgemäß nicht alle gern. Vor allem die älteren Winzer beobachten Charlotte voller Misstrauen.

Am Premierenabend ist der Nöhrer-Weinstand gut umlagert, ihr Schüttelwein – den Namenswitz muss sie leider jedem Kunden erklären – kommt gut an. Aber dann stirbt der Oberon, ein bekannter Schauspieler und die Charlotte erkennt sofort: das war Mord.

Gut, dass Cousin Leo der ermittelnde Revierinspektor ist, da kommt sie an Informationen aus erster Hand und Leo nimmt auch ihre Einmischung nicht krumm. Er weiß ja um ihre beruflichen Fähigkeiten.

Der Krimi ist ein weinseliges und amüsantes Vergnügen. Rund um Shakespeares Stück entwickeln sich menschliche Dramen und Abgründe. Dazu kommen die Familienturbulenzen bei den Nöhrers. Charlottes jüngere Schwester präsentiert den italienischen Freund samt Familie und Charlotte gewährt auch noch der nicht sonderlich traurigen Witwe ein Obdach. Auf dem Nöhrerhof geht also recht lebhaft zu.

Mit viel Esprit und sprachlichem Witz entwickelt Christian Schleifer seinen Plot. Dabei muss sich der Leser auch an die Eigenheit gewöhnen, dass Namen immer ein Artikel vorgestellt wird. Aber das fand ich ganz passend. Seinen Figuren hat er ebenfalls – bis auf einige, im Krimi notwendige Ausnahmen – viel Charme mitgegeben. Die „Omama“, der Ankerpunkt der Familie, schließt man sofort ins Herz. Charlotte, die auf der französischen Aussprache ihres Namens besteht, hat als Hauptfigur besonders viel Augenmerk bekommen. Tüchtig, weltoffen und mit ihrer Herzensfreundin Andrea ein tolles Gespann, rockt sie das Weingut und nebenbei auch noch den Kriminalfall, dabei scheut sie auch vor brenzligen Situationen nicht zurück.

Ich habe mich mit diesem Krimi sofort wohlgefühlt, Familie und Weingut nehmen viel Platz in der Geschichte ein und das fand ich hier richtig passend. Auch wenn ich durch den begrenzten Personenkreis schon bald einen Verdacht hatte, bleibt die Geschichte aber bis zum Schluss sehr spannend und mündet auch in eine fulminante Auflösung.

Der Autor hat einen weiteren Band versprochen, wie schön, denn ich würde gern mehr von Charlotte und ihrem Treiben lesen.

Das Titelbild ist übrigens wieder ein richtiger Blickfang. Emons schafft es immer wieder Cover passend zum Inhalt und unverwechselbar für den Verlag zu gestalten.

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Veröffentlicht am 09.06.2020

Schöner Südfrankreich-Krimi

Dunkles Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 6)
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Mit „Dunkles Lavandou“ habe ich bereits den 6. Band von Remy Eyssens Provence Krimis gelesen. Warum ich dieser Reihe treu bin? Weil es perfekte Urlaubskrimis sind!
Hier stimmt die Mischung aus anregenden ...

Mit „Dunkles Lavandou“ habe ich bereits den 6. Band von Remy Eyssens Provence Krimis gelesen. Warum ich dieser Reihe treu bin? Weil es perfekte Urlaubskrimis sind!
Hier stimmt die Mischung aus anregenden Landschaftsbeschreibungen, das ist wie ein Kurzurlaub, zumal ich die Provence und die beschriebenen Orte aus eigener Anschauung kenne. Wenn Leon Ritter in seiner Freizeit über den Wochenmarkt schlendert oder einen Ausflug mit Lebensgefährtin Isabelle unternimmt, habe ich sofort die passenden Bilder vor Augen.

Dazu kommt die Kombination von Polizeiarbeit und unkonventionellen Ermittlungen. Für die Polizei ist Isabelle zuständig, die als Capitaine der Gendarmerie Nationale arbeitet und Leon Ritter, der als Gerichtsmediziner tätig ist und bei Todesfällen seinen eigenen Blick entwickelt hat. Er gibt sich nicht mit einfachen Erklärungen zufrieden und ermittelt schon mal selbst.

Eine junge Frau stürzt von einer Brücke und wird von einem LKW überrollt. Das sieht nach Selbstmord aus, doch Leon Ritter findet Spuren, die etwas ganz anderes erzählen. Von Misshandlungen und einem Martyrium vor dem Tod. Auch einige seltsame Hinweise, denen die Polizei keine Aufmerksamkeit schenkt, sind Indizien für ihn.

Es bleibt nicht bei einem Todesfall und als die Tochter eines Ministers zusammen mit einer Freundin vermisst wird, bekommen die Ermittlungen eine besondere Brisanz.
Le Lavandou, ein in der Saison turbulenter Ferienort mit vielen Touristen und auf der anderen Seite ein typisch südfranzösisches Kleinstädtchen in dem man sich dem Boulespiel zu einem Glas Rosé oder einem Pastis in der Bar trifft und doch gibt es Abgründe und dunkle Stimmungen, denen Leon Ritter auf die Spur kommt.

Remy Eyssen hat mich auch dieses Mal wieder bestens unterhalten. Ich fand den Krimi spannend und die Mischung aus Privatleben, Landschaft und Verbrechen war auch sehr stimmig. Wenn man dieses Jahr nicht den echten Urlaub in der Provence genießen kann, ist das Buch vielleicht ein Trostpflaster.

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Veröffentlicht am 07.06.2020

Ein Fall für August Emmerich

Das schwarze Band
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August Emmerich ist ein Kriminalkommissar der aus dem Rahmen fällt. Nicht nur weil er im Wien in den 20iger Jahren des letzten Jahrhunderts ermittelt, sondern weil er nicht in das gängige Beamtenklischee ...

August Emmerich ist ein Kriminalkommissar der aus dem Rahmen fällt. Nicht nur weil er im Wien in den 20iger Jahren des letzten Jahrhunderts ermittelt, sondern weil er nicht in das gängige Beamtenklischee passt. Aufgewachsen als uneheliches Kind im Waisenhaus, war ihm eher ein proletarischer Werdegang vorherbestimmt. Auch wenn er nun als Kriminalbeamter eine gesicherte Position hat, seine Herkunft will und kann er nicht verleugnen. Und was heißt schon gesichert, wenn die Inflation wütet und er mit seinen drei kleinen Kindern keine Wohnung findet. Das ist der Hintergrund dieses historischen Kriminalromans.

Ein Doppelmord macht der Polizei zu schaffen, es traf zwei junge Frauen aus dem Milieu. Doch statt zu ermitteln, muss Emmerich zu einer Art Benimmkurs. Seine despektierlichen Äußerungen über den neuen Kanzler wurden leider von der falschen Person gehört. Nun sitzt Emmerich in einer Kadettenanstalt fest und muss seinen jungen Mitarbeiter in die Welt der Gangster, Schieber und zwielichtigen Clubs schicken. Eine echte Feuerprobe für den jungen, ehemals adligen, Ferdinand Winter.

Es gibt schon einige Bücher um August Emmerich, aber „Das schwarze Band“ ist mein Einstieg. Ich hatte damit überhaupt keine Probleme und nie das Gefühl, dass mir Vorwissen fehlt. Lediglich der Wunsch, möglichst schnell die anderen Bände aus der Reihe zu lesen, ist immer drängender geworden.

Das stimmungsvolle Zeitbild hat mich gefesselt, die wilden Zwanziger, die auch in Wien, ähnlich wie in der Berlin zu dieser Zeit, zwei Welten zeigen. Die hemmungslose Vergnügungssucht in Bars und diversen Clubs, sexuelle Freizügigkeit wie nie zuvor auf der einen Seite. Aber auch eine zunehmende Verelendung der Bevölkerung, Inflation und Arbeitslosigkeit haben viele Viertel Wiens in Slums verwandelt. Dazu kommt die unsichere politische Führung, das Kaiserreich ist eben erst untergegangen und der alte Adel will sich nicht mit dem Adelsaufhebungsgesetz abfinden.

Ich mag es, wenn mich Bücher mit Spannung unterhalten, ich aber auch sehr viel aus dem Hintergrund erfahren kann. Hier vor allem zeitgeschichtliche Dinge aus der jungen Republik Österreich. Das war eine richtige Zeitreise.

Alex Beer hat eine faszinierende Art zu schreiben, der Krimi ist unglaublich spannend, hart und ungeschminkt, aber auch unterhaltend. Ihre Figuren – allen voran – August Emmerich haben mir in ihrer Charakterisierung sehr gefallen.

Genau der richtige Lesestoff für Fans des historischen Kriminalromans und ich bin sicher, ich werde mir keinen Band entgehen lassen.

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Veröffentlicht am 07.06.2020

Kreis undFisch

Die Oxford-Morde
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Vor knapp 15 Jahren wurde der Krimi „Die Pythagoras-Morde“ des argentinischen Schriftstellers Guillermo Martinez zum ersten Mal veröffentlicht. Nun bringt der Eichborn Verlag das Buch mit dem Titel „Die ...

Vor knapp 15 Jahren wurde der Krimi „Die Pythagoras-Morde“ des argentinischen Schriftstellers Guillermo Martinez zum ersten Mal veröffentlicht. Nun bringt der Eichborn Verlag das Buch mit dem Titel „Die Oxford-Morde“ neu heraus.

Der Krimi spielt in Oxford. Wo sonst? - könnte man fragen. Ein Buch, das Mathematik und Philosophie als Hintergrund für ein raffiniertes Mörderspiel wählt, passt doch ausgezeichnet in die altehrwürdige Universitätsstadt.

Kurz die Handlung: Ein junger argentinischer Doktorand der Mathematik kommt nach Oxford und nimmt Logis bei der Professoren-Witwe Mrs Eagleton, die er kurz darauf ermordet in ihrem Wohnzimmer findet. Eine geheimnisvolle Botschaft wendet sich wohl direkt an den renommierten Professor Seldom, der auch unseren Stipendiaten unter seine Fittiche nimmt. Es bleibt nicht bei einem Todesfall, die kryptischen Zeichen bei den Toten weisen auf ein mathematisches Rätsel, das der Professor für die Polizei entschlüsseln soll.

Zusammen mit dem Erzähler tauchen wir in die Welt der Mathematik ein, Fermats letzter Satz, der Satz des Pythagoras, die Fibonacci-Zahlen und mehr scheinen bei der Auflösung eine Rolle zu spielen. Aber es ist keine trockene Lehrstunde, Gott sei Dank, denn Mathematik war noch nie meine Stärke.

Es ist eine intelligente Spielerei, die fast die Morde aus den Augen verliert. Auch der junge Doktorand verliert sich beinahe im Labyrinth der Lehrsätze, aber dann fällt ihm der entscheidende Hinweis ins Auge.

Ein wenig fühlt man sich beim Ich-Erzähler an den Autor selbst erinnert, der als junger Mathematiker zwei Jahre in Oxford lebte. Wie schön, dass er die Vielzahl an Oxford-Romanen um diesen intelligenten und unterhaltsamen Krimi bereichert hat.

Der Krimi war eine echte Entdeckung für mich, ganz klassisch im Aufbau, bezieht er den Leser in die Lösung mit ein. Ein intelligenter und unterhaltsamer Roman, der mir ausgezeichnet gefallen hat.

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Veröffentlicht am 02.06.2020

Daneben gegriffen

The Secret Book Club – Ein fast perfekter Liebesroman
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Gavin, ein junger, aufstrebender Baseballstar hat Probleme mit seiner Frau. Sie hat ihn vor die Tür gesetzt. Er ist verzweifelt, liebt er Thea und die gemeinsamen Zwillingsmädchen doch von Herzen. Was ...

Gavin, ein junger, aufstrebender Baseballstar hat Probleme mit seiner Frau. Sie hat ihn vor die Tür gesetzt. Er ist verzweifelt, liebt er Thea und die gemeinsamen Zwillingsmädchen doch von Herzen. Was er eigentlich falsch gemacht hat, will ihm nicht ganz einleuchten.
Aber da gibt es die Kumpels, die haben den ultimativen Rat – in Liebesschmonzetten soll er die Sprache der Frauen zu deuten lernen. Deshalb der „ Secret Book Club“ und gleich drücken sie ihm auch eine Regency Romance in die Hand, die er ernsthaft durcharbeiten soll.
Alles was Buchclub, Bücher etc im Titel hat, bekommt Aufmerksamkeit von mir. Auch dieses Buch, obwohl die rosarote Covergestaltung mir vielleicht schon Warnung hätte sein können.
Die Geschichte beginnt ganz witzig und die Autorin kann durchaus Dialoge schreiben. Die sind wirklich ganz gut und erreichen ein-zweimal sogar Screwball-Comedy Qualität. Aber das kann natürlich nicht das ganze Buch tragen. Der Plot ist einfach viel zu schlicht. Das Buch hätte nach einigen Kapiteln eigentlich zu Ende sein können, aber immer wieder beginnt das Drama von neuem. Thea ist unglaublich naiv und gleichzeitig zickig, sie möchte Gavin nicht verlieren, aber was sie sonst will, ist nicht so klar.
Die Figuren sind allesamt wie aus einer Hallmark-Filmproduktion, flach und vorhersehbar. Wenn ich mich anfangs noch, vor allem durch Situationskomik, einigermaßen unterhielt, wurde das Buch nach 150 Seiten immer ärgerlicher. Das große Happy-End durfte dann auch in einer ausgewalzten Soft-Sex-Szene enden.
Statt des im Titel erwähnten Buchclubs gab es nur eingeschobene Kapitel aus der Regency Romance, die langweilig und platt waren, auch wenn sich Autorin und/oder Übersetzerin um einen altertümelnden Sprachstil bemühten.
Ich denke, dieses Buch ist eindeutig für die „OmG“ Generation der Leserinnen, wahrscheinlich bin ich schlicht zu alt dafür.
Den zweiten Stern gibt es für die besser gelungenen Szenen und die Dialoge.

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