Sommerfrische auf Norderney
Die Tote in der SommerfrischeAnfang des Zwanzigsten Jahrhunderts ist Norderney ein mondänes Seebad. Dort trifft sich der Adel, wohlhabendes Bürgertum und Industrielle zur Sommerfrische. Auch Viktoria Berg genießt dort einen Urlaub, ...
Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts ist Norderney ein mondänes Seebad. Dort trifft sich der Adel, wohlhabendes Bürgertum und Industrielle zur Sommerfrische. Auch Viktoria Berg genießt dort einen Urlaub, bevor sie eine Stelle als Lehrerin antritt. Sie hat sich erfolgreich einer Verheiratung widersetzt und möchte ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben führen. Bei einem Spaziergang am Strand beobachtet sie, wie ein junger Mann eine Tote aus dem Wasser birgt. Sie kannte die junge Frau, deren Mutter im Dienst ihrer Eltern stand. Christian Hinrichs, ein junger Journalist, weist Viktoria auf eine Verletzung an der Schläfe der jungen Frau hin. Doch die Polizei will davon nichts wissen. Ein Dienstmädchen, das ins Wasser geht – die gibt es nur eine Schlussfolgerung. Außerdem sollen die wohlhabenden Sommerfrischler nicht unnötig belästig werden.
So beginnen Christian und Viktoria mit eigenen Nachforschungen, die bald einiges an Ungereimtheiten zu Tage fördert und beider näher, aber auch in Gefahr bringt.
Seebad und Sommerfrische – bei diesen Worten hat man sofort Bilder im Kopf. Elegante Damen, die mit Sonnenschirm und in Begleitung von Herren in leichten Sommeranzügen und Strohhut auf der Promenade flanieren, Badekarren und Strandkörbe im Sonnenschein und leichter Brise. In dieser heiteren Atmosphäre hat Elsa Dix ihren historischen Kriminalroman angesiedelt und ihr gelingt es spielend, dieses Flair einzufangen.
Ihre Figuren sind plastisch und farbig gezeichnet, ob schnöseliger Adliger oder einflussreicher Industrieller, sie wirken absolut lebendig auf mich. Das Augenmerk liegt natürlich auf Christian und Viktoria, die beide ein wenig am Rand dieser Gesellschaft stehen. Christian, der sich aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet hat und Viktoria, die ganz bewusst einen anderen Lebensweg geplant hat. Bei ihnen verspürt man ein gewisses Prickeln, aber die gesellschaftlichen Hürden sind hoch.
Da von einem „ersten Fall“ die Rede ist, bin ich neugierig, wie sich das Verhältnis der Beiden in diesem Spannungsfeld entwickeln wird.
Die Autorin hat sich einen sehr spannenden Handlungsablauf ausgedacht, der den Leser lange im Unklaren über Motiv und Möglichkeiten lässt. Aber allmählich schält sich ein Verdacht heraus und die Art, wie Christian und Viktoria zu ihren Erkenntnissen kommen, lässt mich auch manchmal schmunzeln. Ganz besonders den Mut und die Tatkraft von Viktoria gefällt mir.
In diesen Krimi ist viel historisches Wissen um die Frühzeit des Badetourismus eingeflossen, ebenso wie um die gesellschaftlichen Normen dieser Zeit. Mir gefällt es gut, wenn ein kenntnisreicher Hintergrund mit einer angenehmen und locker zu lesenden Sprache vereint wird.
Ein wirklich spannender und unterhaltsamer Krimi, der mich schon neugierig auf eine eventuelle Fortsetzung macht.