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Veröffentlicht am 05.05.2020

Licht der Provence

Die Richterin und der Kreis der Toten
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Liliane Fontaine ist der Geburtsname der Autorin Liliane Skalecki. Unter diesem Namen veröffentlicht sie Krimis, die sie im Süden Frankreichs ansiedelt.

Zweimal in kurzer Zeit fiel in Mathildes de Boncourts ...

Liliane Fontaine ist der Geburtsname der Autorin Liliane Skalecki. Unter diesem Namen veröffentlicht sie Krimis, die sie im Süden Frankreichs ansiedelt.

Zweimal in kurzer Zeit fiel in Mathildes de Boncourts Umgebung der Name der ehemaligen Templerkomturei von Montauban-sur-Vidourle, inzwischen eine luxuriöse Seniorenresidenz und Zentrum kultureller Aktivitäten. Geleitet wird es von einer Gruppe engagierten Menschen, die sich die Lichttempler nennen und eine Art religiöse Gemeinschaft bilden. Im Ort wegen der Vielfalt ihrer gemeinnützigen Aktivitäten wohl angesehen, bei manchen Hinterbliebenen weniger, denn einige der verstorbenen alten Damen vermachten ihren ganzen Besitz der Gemeinschaft.
Als der bekannte Enthüllungsjournalist Luc Maille unweit des Anwesens tödlich verunglückt und der Unfall Zweifel der Spurensicherung weckt, ergeben erste Untersuchungen, dass Maille über die Sekte recherchierte. Wohl auch aus persönlichem Interesse, denn seine Tochter schloss sich dem charismatischen Jourdain Cabasse an und nur wenige Monate später nahm sie sich das Leben.

Der Autorin ist wieder ein stimmungsvoller Provence Krimi gelungen. Es ist der dritte Band um die Ermittlungsrichterin Mathilde de Boncourt und Comandant Rachid Bouraada. Mathilde ist eine attraktive, aber recht eigenwillige Frau, weder einem guten Wein, noch ihren Gauloise abgeneigt und Bouraada ist ihr ruhiger, besonnener Gegenpart. Man braucht wirklich keine Vorkenntnisse um in das Buch einzusteigen, kleine fortlaufende Handlungsstränge fließen in kurzen Rückblenden ein.

Der Krimiplot entwickelt sich eher gemächlich, aber nicht ohne Spannung. Die Autorin lenkt den Verdacht des Lesers in eine Richtung, nur ihn immer wieder mit einer Wendung zweifeln zu lassen. Da macht mir das Rätseln um Motiv und Täter richtig Spaß. Aber wichtiger sind noch die Figuren, denen Liliane Fontaine viel Aufmerksamkeit schenkt. Sie wirken dadurch sehr vertraut und vielschichtig. Natürlich spielt auch die Landschaft eine große Rolle, man spürt die herbstliche Luft der Provence, meint die Gerüche wahrzunehmen. Dieses Flair eines Landstrichs ist mir bei dieser Art Krimi auch immer wichtig.

Der Schreibstil ist flüssig und angenehm, es ist ein Krimi für Leser, die weniger den Thrill, als eher die Unterhaltung suchen. Ein Urlaubskrimi eben und damit genau das richtige für Zeit der Reiseeinschränkungen. So kann ich mich wenigstens per Buch in die Provence versetzen lassen.

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Veröffentlicht am 05.05.2020

Der Geschichte kann man sich nicht entziehen

Das Museum der Welt
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Das „Museum der Welt“ erzählt von der großen Indienreise der bayerischen Brüder Schlagintweit. 1854 bis 1857 dauerte die Forschungsexpedition, die größte ihrer Zeit übrigens, die die Brüder durch Indien ...

Das „Museum der Welt“ erzählt von der großen Indienreise der bayerischen Brüder Schlagintweit. 1854 bis 1857 dauerte die Forschungsexpedition, die größte ihrer Zeit übrigens, die die Brüder durch Indien und Nepal führte. Unterstützt wurden sie von Alexander von Humboldt, der die Reise nicht selbst durchführen konnte. Kritische Bemerkungen über die Kolonialmacht England verhinderten, dass er die notwendigen Genehmigungen und Unterstützung bekam.

In Bombay lebt im Waisenhaus des katholischen Priesters Vater Fuchs ein kleiner Junge, Bartholomäus, 12 Jahre alt – mindestens, wie er selbst immer betont. Denn als seinen Geburtstag wurde der Tag seiner Ankunft im Waisenhaus genommen. Der Junge ist klein von Wuchs und von schmächtiger Gestalt, aber umso gewitzter und naseweis. Durch Vater Fuchs lernte er hervorragend Deutsch, verstand auch den bayerischen Dialekt des Priesters und außerdem sprach er eine ganze Reihe von indischen Sprachen. So wird er auf Vermittlung seines väterlichen Freundes und Mentors zum Dolmetscher dieser Expedition.

Aber Bartholomäus hat ein ganz anderes Lebensziel, er will ein Museum der Welt erschaffen. Die ersten Gegenstände haben keine lange Lebensdauer, in einem Waisenhaus herrscht ein rauer Umgang und kein Kind gönnt einem anderen einen noch so kleinen Besitz. So entsteht das Museum in einer Kladde, in die Bartholomäus seine Funde, Erkenntnisse und Gedanken schreibt.

Und diese Kladde macht diesen wunderbaren, sprachmächtigen Roman aus. Die nummerierten Fundstücke sind die Kapitel des Buches.

Christopher Kloeble lässt den Leser an dieser Reise teilhaben, als würde er selbst an der Seite des Jungen reisen. Wir sehen alles aus seiner kindlichen Sicht. Dabei fand ich es besonders gelungen, dass der Autor das im Erzählton des Romans deutlich macht, aber nie in einen anbiedernd-kindlichen Ton erzählt. Ein Kontinent im Erwachen wird geschildert, noch ganz in den Fängen der Kolonialherren, der europäischen Geschäftsleute, der Firengi und der englischen Herren, den Vickis, wie sie Bartholomäus in Anspielung auf die ferne Herrscherin Victoria nennt.

Der geschichtliche Hintergrund und die Dokumentationen der Schlagintweits sind die Folie dieses Romans, der die Reise aus einem ganz anderen Blickwinkel schreibt. Das ist eine Abenteuergeschichte, eine spannende Reiseerzählung, ein sorgfältig recherchierter Bericht und nicht zuletzt auch die Geschichte eines Kindes, das zu sich und seinen Platz in der Gesellschaft findet. So ist auch die abschließende Entscheidung Bartholomäus für seinen weiteren Weg nur folgerichtig.

Man kann diesen Jungen im Lauf dieses wunderschönen Buches nur lieb gewinnen, selten konnte ich mich so in einen Protagonisten einfühlen.

Dieser Roman wird noch lange in meinem Kopf bleiben.

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Veröffentlicht am 03.05.2020

Schöner Urlaubskrimi

Mitten im August
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Mit „Mitten im August“ von Luca Ventura kommt ein neuer Krimischauplatz bei Diogenes dazu. Die malerische Insel Capri ist die Heimat von Polizist Rizzi. Ein bodenständiger und sympathischer Charakter, ...

Mit „Mitten im August“ von Luca Ventura kommt ein neuer Krimischauplatz bei Diogenes dazu. Die malerische Insel Capri ist die Heimat von Polizist Rizzi. Ein bodenständiger und sympathischer Charakter, der sehr mit der Landschaft verbunden ist. In seiner Freizeit hilft er seinem Vater auf dem bäuerlichen Anwesen und versucht ihn vom naturnahen Anbau zu überzeugen.

Auch beruflich ist er herausgefordert. In einem Boot, das vor der Küste treibt, wird die von Stichwunden gezeichnete Leiche eines jungen Mannes gefunden. Es ist Jack Milani, Sohn eines Industriellen aus dem Norden, der sich als Straßenmusiker sein Geld verdiente. Jack spielte Hits von Cat Stevens und gab sich ganz als Lebenskünstler und Späthippie. Die junge Sofie, Studentin der Ozeanografie verliebt sich ihn und sie verbringen schöne Monate im Süden. Aber nun ist Jack tot und Sofie verschwunden. Sie ist ebenfalls tot oder ist sie vielleicht die Mörderin?

Zwar übernimmt die Mordkommission in Neapel als übergeordnete Behörde die Ermittlungen, aber Rizzi ist damit nicht zufrieden, zu oberflächlich laufen die Untersuchungen für seinen Geschmack und er lässt nicht locker.

Mit so einer malerischen Location ist bei einem Urlaubskrimi schon die halbe Miete drin und die Figur des Ermittlers Rizzi ist ebenfalls passend entworfen. Ein junger, ehrgeiziger Mann, der sich Gedanken um die Umwelt macht und auch sich auch beruflich nicht nur auf die einfachsten Lösungen verlässt. Ihm zur Seite steht Antonia Cirillo eine Frau, die nach privaten Problemen in den Süden strafversetzt wurde. Natürlich darf auch nicht der polternde und dümmliche Vorgesetzte nicht fehlen, der sich allein um die gute Presse und den Tourismus sorgt und ansonsten unsinnige Befehle erteilt. Hier rutscht die ansonsten ganz gut komponierte Geschichte ein wenig ins Klischeehafte ab.

Ökologie und Umweltgedanken spielen nicht nur bei Rizzis bäuerlichen Aktivitäten eine Rolle, auch über die Meeresverschmutzung macht sich der Autor Gedanken und lässt sie in die Handlung einfließen. Das ist ein aktueller und interessanter Ansatz.

Insgesamt passt der Krimi perfekt ins Genre der Bücher, die an malerischen Orten spielen und ein wenig Land und Leute als perfekten Hintergrund portraitieren, für mich selbst nenne ich sie „Urlaubskrimis“. Allerdings kann Luca Ventura – ich nehme an, es ist ein Pseudonym, das Authentizität vermitteln soll – keine neuen Akzente in diesem Genre setzen.

Aber spannende und entspannende Stunden bietet der schön gestaltete Krimi auf jeden Fall und ich könnte mir weitere Folgen durchaus vorstellen. Entwicklungspotential ist jedenfalls da.

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Veröffentlicht am 30.04.2020

Unterhaltsamer Inselkrimi

Inselaffäre
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Als sich Martin Ziegler nach einem Burn-Out nach Norderney versetzen ließ, hatte er etwas mehr Ruhe und weniger Mordfälle erhofft. Aber ausgerechnet an diesem Wochenende geht es hoch her: seine Freunde ...

Als sich Martin Ziegler nach einem Burn-Out nach Norderney versetzen ließ, hatte er etwas mehr Ruhe und weniger Mordfälle erhofft. Aber ausgerechnet an diesem Wochenende geht es hoch her: seine Freunde Frank und Daniela heiraten und ein Fotoshooting lockt unzählige junge Cosplayer auf die Insel. Als dann in einem Schrebergarten ein Toter gefunden wird, ist es endgültig vorbei mit den Wochenendplänen, aber wenigstens ist auch Ruth Keiser, Polizeipsychologin und frühere Kollegin von Ziegler ebenfalls als Hochzeitsgast auf der Insel.

Norderney ist eine Insel mit Gegensätzen. Von Partygängern und Cluburlaubern geliebt und besonders zur Saison überschwemmt, gibt es auch eine andere Seite. Die alteingesessenen Insulaner sehen das Treiben mit gemischten Gefühlen. Sie leben zwar von den Touristen, aber es fühlt sich oft nicht mehr wie „ihre“ Insel an und auch vor langer Zeit Zugezogene werden immer noch ein wenig beäugt. Da bleiben Konflikte nicht aus und werden oft über Jahre ausgetragen. Das spürt auch Martin Ziegler, auch wenn er die meiste Zeit gut mit seinem Team klar kommt.

Der Handlung ist auf ein Wochenende verdichtet und der Leser folgt chronologisch den Ereignissen aus den verschiedenen Handlungssträngen. Angefangen vom Junggesellinnenabschied der Braut, der arg aus dem Ruder läuft und für Turbulenzen sorgt, bis zu den Hoffnungen der jungen Melli, für die das Fotoshooting mit ihrem Mangakostüm ein Höhepunkt ihres wirklich schwierigen Teenagerleben sein soll.

Mir gefällt der trockene friesische Humor – ein Insulaner meldet den Leichenfund im Schrebergarten nach der obligatorischen Tasse Tee mit den Worten: „Also, ich bin sicher, dass da nichts mehr zu machen ist. Nur noch die Beine gucken oben raus.“

Es ist ein richtiger „Inselkrimi“ – das heißt, es gibt jede Menge Norderney Flair, mit viel Interessantem über die Insel, das so ganz nebenbei eingeflochten wird. Die Atmosphäre ist stimmig und macht richtig Lust, Norderney zu erkunden. Zur Zeit ist das ja nur mit einem Buch möglich, umso schöner, dass es hier so gut passt.

Die Handlung ist richtig spannend und mischt ernste Töne mit dem schon erwähnten Humor und das macht das Buch zu einem gelungenen Krimi, einschließlich einer überraschenden Auflösung.
Schon der Vorgängerband von Aja Eichbaum hat mich überzeugt und meine Erwartungen an das Buch wurden erfüllt. Vielleicht als kleine Anmerkung: von Ruth Keiser hätte ich gern mehr gelesen, nicht nur im Bezug auf Hochzeitsoutfits.

Mein Fazit: eine überaus gelungene Mischung aus Inselatmosphäre und spannendem Krimi, aus herbem Ostfriesen-Charme und quirliger Cosplayer-Stimmung.


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Veröffentlicht am 28.04.2020

Wo ist Carole?

Die Patientin
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Der blinde Nathaniel rettete vor vier Jahren Carole Stein und ihrem neugeborenen Sohn das Leben, doch Carole liegt seitdem im Wachkoma. Monat für Monat besucht Nathaniel mit Silas die Mutter. Doch nun ...

Der blinde Nathaniel rettete vor vier Jahren Carole Stein und ihrem neugeborenen Sohn das Leben, doch Carole liegt seitdem im Wachkoma. Monat für Monat besucht Nathaniel mit Silas die Mutter. Doch nun ist Carole verschwunden, die Auskünfte der Klinik sind diffus. Carole soll verstorben sein. Doch es gibt keine Dokumente, kein Grab – Nathaniel bittet die im bekannte Journalistin Milla Nova um Mithilfe.
Milla ist grade an einem spektakulären Fall und hat eigentlich keine Zeit für Nathaniel, doch sie lässt sich auf einige Nachforschungen ein.
Derweil wird am Ufer der Aare ein Selbstmörder gefunden, aber die Rechtsmedizin weist einen Mord nach und eine weitere unbekannte Tote wird angeschwemmt. Einige Spuren weisen auf die Pharmaindustrie und allmählich wächst auch in Milla ein ungeheurer Verdacht.
Das Buch ist eine direkte Fortsetzung von „Blind“ und ich war wirklich sehr gespannt darauf, da für mich die Geschichte von Carole Stein noch nicht zu Ende war. Auch dieses Mal spannt die Autorin einen fesselnden Bogen zwischen verschiedenen Handlungssträngen. Es ist eigentlich kein Ermittlerkrimi, obwohl auch die Polizeiarbeit mit einbezogen wird. Das Gespann Milla und der blinde Nathaniel, der seine Einschränkung nicht als Hindernis sieht und schon mal zu unüberlegtem Aktionismus neigt, ist schon besonders. Aus diesem Grund hätte ich mir Nathaniel, so wie im letzten Buch, mit einem größeren Anteil am Geschehen gewünscht. Da Milla mit dem ermittelnden Beamten Sandro Bandini liiert ist, bringt das immer auch einen Interessenskonflikt mit sich und eine weitere Sicht auf die Ereignisse. In diesem Band liegt der Schwerpunkt der Autorin mehr auf der Journalistin, sie bekommt mehr Raum und auch mehr Tiefe. Auch einige ganz persönliche und private Verwicklungen tragen dazu bei, dass Milla zur Hauptfigur wird.
Der Krimi entwickelte eine besondere Faszination auf mich, weil ich mir gut vorstellen konnte, dass es nah an der Realität bleibt. Man hat schon zu oft von Skandalen im Medizin-und Pharmabereich gelesen. Christine Brand schreibt sehr temporeich, die Story hat mich von Anfang in Bann gezogen – vielleicht auch deshalb, weil sie mit Nathaniel und Milla echte Sympathieträger als Protagonisten erdachte. Die Spannung bleibt bis Ende nervenaufreibend und ich mochte das Buch kaum aus der Hand legen. Ein klasse Krimi, den ich wirklich empfehlen mag.

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