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Veröffentlicht am 16.04.2020

Passion in Oberammergau

Kreizkruzefix
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Kurz vor der Premiere der Oberammergauer Passionsspiele wird das Unternehmerpaar Thaller grausam ermordet. Gefunden werden die Leichen von der Metzgerin Theres Hack, die zwar Einheimische ist, aber im ...

Kurz vor der Premiere der Oberammergauer Passionsspiele wird das Unternehmerpaar Thaller grausam ermordet. Gefunden werden die Leichen von der Metzgerin Theres Hack, die zwar Einheimische ist, aber im Dorf genauso als Außenseiterin angesehen wird die Thallers. Die haben nämlich ihre alte, unrentable Landwirtschaft aufgegeben und mit der Destillation von Gin einigen Erfolg erzielen können. Das ist natürlich ein Dorn im Auge der Dörfler, genau wie Theres‘ Lebensweg, die nicht nur den Ort zum Studium verlassen hat und nach ihrer Rückkehr die heimische Metzgerei total umkrempelte. Alles Bio und kein Schweinefleisch mehr.

Weil Theres die örtliche Polizei nur allzu gut kennt, verlässt sie sich auf ihren eigenen Riecher und wird tiefer hineingezogen, als sie sich das vorstellen konnte. Zwischen Neid und Gier, Frömmigkeit und Heuchelei spitzt sich die Lage bis zur Premiere zu.

Wer einen Regionalkrimi erwartet, wie man ihn zur Genüge kennt, wird sicher überrascht werden. Monika Pfundmeier bürstet das Genre gründlich gegen den Strich. Das beginnt bei der Sprache, die zwar auch mit Dialekt und ortstypischen Ausdrücken garniert ist, aber gar nichts Volkstümliches hat. Die Dialoge sind kurz, und der Erzählstil wirkt etwas spröde und bruchstückhaft. Nachdem ich mich eingelesen hatte, konnte ich dem auch etwas abgewinnen.

Gleich zu Beginn werden die handelnden Personen genannt und kurz charakterisiert. Das kennt man aus Film und Theater. Auch die Kapitelüberschriften erinnern an ein Drehbuch. Da werden Ort und handelnde Personen genannt und Assoziation mit einem Drehbuch passt. Für den Leser funktioniert mit den einzelnen Szenen auch das Kopfkino.

Der Plot ist ganz raffiniert gestaltet, obwohl ich schon früh einen Verdacht hatte, (der sich auch bestätigte) war ich schon auf Ablauf und Hintergründe gespannt. Nicht ganz so gut gefallen haben mir einige Figuren, die waren mir zu überzeichnet und in ihrer Charakterisierung nicht ganz schlüssig.

Mal ein anderer Regionalkrimi, der auch schon mit der Ausstattung aus der Reihe fällt. Der grüne Farbschnitt korrespondiert mit der Titelgestaltung, das finde ich originell und gelungen.

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Veröffentlicht am 14.04.2020

Neue Liebe am Meer

Dünentraumsommer
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Marieke, eine junge Witwe, lebt mit Sohn Emil im Ruhrgebiet. Emils Asthmaanfälle werden immer stärker, so verlegt sie ihren Lebensmittelpunkt schweren Herzens an die Nordsee. Da in Sankt-Peter-Ording ein ...

Marieke, eine junge Witwe, lebt mit Sohn Emil im Ruhrgebiet. Emils Asthmaanfälle werden immer stärker, so verlegt sie ihren Lebensmittelpunkt schweren Herzens an die Nordsee. Da in Sankt-Peter-Ording ein Pflegedienst personelle Verstärkung braucht, fällt ihre Wahl auf diesen Ort. Eine Wohnung kann die neue Chefin auch vermitteln. Im Haus der älteren, alleinstehenden Berta fühlt sich Marieke sofort wohl und gut aufgehoben.

Auch die Arbeit als Alltagshelferin macht ihr Spaß, sie hatte schon immer einen guten Draht zu älteren Menschen. Die Einsamkeit der Senioren ist auch in einer Kleinstadt wie SPO ein Problem, doch Marieke hat eine spontane Idee, geboren aus den Kuchenspenden zu einem Gemeindefest, gründet sich den Oma-Kuchen-Club um die Menschen zusammenzubringen.

Ein voller Erfolg, lediglich der Besitzer eines Cafès reagiert naturgemäß nicht grade begeistert auf die Konkurrenz. Schade, denn er ist eigentlich sehr nett und Marieke verspürt zum ersten Mal seit langer Zeit und fast gegen ihren Willen wieder Herzklopfen.

Die Friesenromane von Tanja Janz sind sehr leichte, ja man kann sagen, fast seichte Unterhaltung. Aber sie schreibt humor- und temperamentvoll, so dass man sich gern in die Traumwelt entführen lässt. Sommer, Sonne, Strand und Meeresbrisen sind ja auch ein anregender Hintergrund und das Küstenflair hat mich wieder angesprochen. Ein kleiner Kurzurlaub auf dem Balkon zu einer Zeit, da Reiseverbot und Kontaktbeschränkungen herrschen, ist ja auch nicht zu verachten.

Die Figuren der Autoren sind immer sehr sympathisch beschrieben und ihre Charakter alle warmherzig, kleine Probleme, die für Verwicklungen sorgen – das Buch braucht ja auch einen gewissen Spannungsbogen – münden natürlich in ein Happy End.

Aber trotzdem gibt es immer wieder Szenen, die auch nachdenklich stimmen, zum Beispiel, wenn Marieke in Briefen an ihren toten Ehemann von ihrem Gefühlsleben und ihren Sorgen schreibt, oder als sie erkennt, dass Emil einen Vater vermisst.

Ein unterhaltsamer Sommerroman, genug das Richtige für den Urlaub, ob im Strandkorb oder auf dem Balkon mit 3,5 Sternen.

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Veröffentlicht am 13.04.2020

Die Himmelsscheibe

Die Kinder von Nebra
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Die Himmelsscheibe von Nebra ist ein ganz besonderer archäologischer Fund. Seit ihrem Auftauchen beschäftigt sie die Wissenschaft und noch mehr die Fantasie der Menschen. Es scheint ein winziges Fenster ...

Die Himmelsscheibe von Nebra ist ein ganz besonderer archäologischer Fund. Seit ihrem Auftauchen beschäftigt sie die Wissenschaft und noch mehr die Fantasie der Menschen. Es scheint ein winziges Fenster in das Leben unserer Vorfahren, ihr Denken und ihren Glauben.

Ulf Schiewe, der in seinen historischen Büchern immer meisterhaft Realität und Fiktion vermischt und daraus spannende Geschichten webt, hat sich diese Himmelsscheibe als Mittelpunkt seines neuen Romans genommen.

Er führt mich in die Bronzezeit, in die Gegend zwischen Saale und Unstrut und zeichnet das Leben der einfachen Bauern und Handwerker. Wie sie eingebunden mit der Natur leben, ihre Existenz durch frühen Ackerbau und ein wenig Viehzucht fristen. Auch Werkzeuge und natürlich auch Waffen wurden bereits geschmiedet. Das Wissen um die Gestirne brachte Utrik von seinen Reisen mit, die ihn als junger Mann bis in den Nahen Osten führte. Eine Himmelsscheibe zu schmieden war sein Lebensziel.

Die einfachen Leute leiden unter der Willkür des despotischen Fürsten Orkor und seines Sohnes, der die Menschen unterdrückt und versklavt. Das alles im Namen eines neuen Gottes, Hador – ein grausamer und strafender Gott, der nur durch Menschenopfer besänftigt werden kann.

Rana, Utriks und Herdis Tochter, ist als Priesterin für die Göttin Destarte bestimmt und sie will die Ungerechtigkeit nicht länger hinnehmen und nimmt, mit Hilfe der Scheibe und einiger Getreuer, den Kampf gegen die übermächtigen Herrscher auf.

Eine wirklich spannende und mitreißende Geschichte. Ulf Schiewe kann mit seinen Worten farbige Bilder und vergangene Welten auferstehen lassen. Wie immer fließt exakt recherchiertes Wissen ein und gibt den Hintergrund für diesen Roman aus der Bronzezeit. Ich war von Anfang an fasziniert, obwohl ich mit ein bisschen Skepsis an das Buch ging, weil ich fürchtete, dass es vielleicht zu sehr zur Fantasy-Geschichte wird. Aber diese Befürchtung war grundlos. Natürlich muss ein Autor in einen Roman, der in der Frühzeit spielt, viel Fantasie mitbringen um die Geschichte zu füllen. Das ist wirklich hervorragend gelungen. Die Figuren – hier fand ich das Personenverzeichnis mit der Erklärung der einzelnen Stämme und Clans sehr hilfreich – sind lebendig geworden. Allen voran die Frauenfiguren, die mir besonders gut gefallen haben.

Mit großem Interesse bin ich auch in die mystische Welt der Menschen eingetaucht. Ihr Glaube an Götter, die das Schicksal vorbestimmen, eine Naturreligion, in die auch Himmelserscheinungen und die Jahreszeiten einbezogen wurden, denn diese Beobachten beeinflussten die Ernten und damit das Überleben.

Ich muss nur ein kurzes Fazit geben: Ein toller Roman !!

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Veröffentlicht am 12.04.2020

Wenn die Sohle dünn ist, wird das Herz trüb

Die Kunst des stilvollen Wanderns – Ein philosophischer Wegweiser
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Vor gut hundert Jahren begann der englische Journalist und Reiseschriftsteller zu Fuß die Welt zu erkunden. Im Wandern fand er alles, was für ihn zur Freiheit, Charakterbildung und Selbstreflexion gehörte. ...

Vor gut hundert Jahren begann der englische Journalist und Reiseschriftsteller zu Fuß die Welt zu erkunden. Im Wandern fand er alles, was für ihn zur Freiheit, Charakterbildung und Selbstreflexion gehörte. Neben seinen Reiseberichten verfasste er auch eine Art Ratgeber zum richtigen Wandern.
Das mag uns heute vielleicht ein wenig aus der Zeit gefallen erscheinen. Die Wahl des richtigen Stiefels, genagelt oder nicht, spielt in Zeiten von High Tech Ausrüstung keine Rolle mehr. Auch wie eine durchnässte Tweedjacke getrocknet wird, damit sie wieder als wärmende Zudecke gebraucht werden kann, liest man heute eher mit Heiterkeit.
Seine Bemerkungen zu den Erfahrungen des Reisens, zur fremden Kulturen, denen er offen gegenüber tritt, können auch heute noch überzeugen. Wenn er von der Gastfreundschaft nomadischer Völker erzählt und auch wie schnell sie ausgenutzt werden können, kann man das ohne weiteres auch auf heute Abenteuer- und Rucksacktouristen übertragen.
Besonders gefallen haben mir seine Anmerkungen zur richtigen Reiseliteratur, da ist fast ein kleiner Kanon von den antiken Philosophen bis zur Bibel. Lediglich von Krimis rät er ab, die sind zu schnell ausgelesen und beschweren dann nur den Rucksack.
Ja, man kann schon ein wenig Fernweh bekommen und liest neidisch von wunderbaren Nächten unterm Sternenhimmel. Auch wenn er über Wildtiere eher naiv daherkommt, weder Pumas und Bären haben ihn auf seinen Wanderungen in den USA geschreckt, wenn sie sein Camp besuchten. Aber vielleicht war es damals so, dass Bären ein Camp nicht als Nahrungsquelle ansahen. Auch einen menschenleeren, einsamen Yosemite NP kann man sich heute kaum noch vorstellen.
„Die Kunst des stilvollen Wanderns“ ist ein Büchlein, wie in eigentlich nur ein Engländer schreiben konnte. HarperCollins hat es in sehr hübscher Ausstattung neu aufgelegt, eine Wiederentdeckung im Genre „Armchair Travel“.

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Veröffentlicht am 10.04.2020

In der Sauna wartet der Tod

Mordseeluft
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Caro Falk kurt auf Borkum. Schon bei der Erstuntersuchung fällt ihr der Chef der Kurklinik, Dr. Schäfer, nicht grade angenehm auf. Trotzdem hätte sie ihn nicht gern gegart und gesotten in der Strandsauna ...

Caro Falk kurt auf Borkum. Schon bei der Erstuntersuchung fällt ihr der Chef der Kurklinik, Dr. Schäfer, nicht grade angenehm auf. Trotzdem hätte sie ihn nicht gern gegart und gesotten in der Strandsauna gefunden! Wie es scheint, geht die örtliche Polizei von einem Unfall aus, das entspricht ganz und gar nicht Caros Wahrnehmung und so beginnt sie auf eigene Faust zu ermitteln, aber nicht ganz allein. Jan Akkermann, wohlgeformter Türsteher der Borkumer Disco und Strandyogalehrer steht ihr zur Seite.

Dabei hätte Caro genug eigene Probleme und müsste sie nicht noch andere suchen. Die Scheidung von ihrem notorisch untreuen Ehemann ist zu einem schmutzigen Rosenkrieg ausgewachsen. Sie steht nun mit ihrem Sohn und ohne Geld da. Aber ihr Temperament und ihre Energie sind nur zeitweise verloren gegangen. Der Fall bringt eine ganz neue Caro zum Vorschein.

Wer sich dachte, eine Borkumer Mutter-Kind-Kurklinik ist ein höchst beschauliches und gar langweiliges Umfeld, hat sich getäuscht. Es geht hoch her zwischen Gruppentherapie und Walking und Caro steckt mit ihren Ermittlungen mittendrin. Das ist wirklich höchst vergnüglich zu lesen und auch das Mitraten macht so richtig Spaß. Ich habe lange spekuliert und die Spuren die Emmi Johannsen legt, sind ziemlich tricky. So war auch die Auflösung tatsächlich noch eine Überraschung für mich.

Bei Lesen bekam ich ein wunderbares Insel-Feeling. Hätte ich noch im Hintergrund Wellengeräusche gehört, wäre ich komplett abgetaucht. Der angenehm lockere Schreibstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen. Der Krimi punktet mit Spannung und viel Humor, es gab einige Szenen, die ich wohl nicht mehr aus dem Kopf bekomme. So werde ich in Zukunft bei Buffets die gebratenen Hühnerbeinchen meiden.

Da ich Borkum aus Inselurlauben kenne, war das Lokalkolorit noch ein besonderes Tüpfelchen auf dem i. Die Strandsauna, der Leuchtturm, die Kurklinik – das sind alles Orte, bei denen meine Erinnerung die passenden Bilder liefert. So fühlte sich das Lesen wie ein kleiner Urlaub an. Grade jetzt, wo wir alle in der Wohnung festsitzen und Reisepläne in weiter Ferne sind, war das Buch ein kleiner Lichtblick für mich.

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