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Veröffentlicht am 11.03.2020

Ein Leben für die Mode

Die Kleider der Frauen
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Estella wächst inmitten von Mode und Design auf. Ihre Mutter arbeitet als Näherin in einem bekannten Atelier und Estella zeigt schon von klein an Begabung für Schnitte und Design. Aber es ist das Paris ...

Estella wächst inmitten von Mode und Design auf. Ihre Mutter arbeitet als Näherin in einem bekannten Atelier und Estella zeigt schon von klein an Begabung für Schnitte und Design. Aber es ist das Paris der 40iger Jahre. Besatzung und Krieg lassen wenig Platz für Mode und als Estella bei einer Mission für Widerstand einspringt, bringt sie sich in große Gefahr. Ihre Mutter besteht darauf, dass sie Paris in Richtung New York verlässt und präsentiert ihr auch gleich ihre Geburtsurkunde. Estella hat einen amerikanischen Vater und wurde auch in den USA geboren, so dass sie ohne Schwierigkeiten das Land verlassen kann.

In New York beginnt eine steiniger Weg für Estella, bis sie für ihre Mode anerkannt und gefeiert wird.

Ein zweiter Handlungsstrang beleuchtet das Leben Fabiennes, Estellas Enkelin. Sie lebt in Australien, aber auch New York und Paris sind vertraute Familienorte für sie. Doch ihre Großmutter ist inzwischen hochbetagt und gibt Fabienne noch eine Aufgabe für ihren Paris Aufenthalt mit. Damit erfährt auch sie von einem Familiengeheimnis, dass sie unmittelbar betrifft.

Durch den Kunstgriff, die Handlung zu unterbrechen und mehrere Jahrzehnte in die Zukunft zu springen, bin ich natürlich sehr gespannt auf die Jahre dazwischen geworden und ganz allmählich wird die Geschichte aufgerollt. Zwei sehr gegensätzliche Motive – die Mode und der Widerstand während der Besatzungsjahre – ergänzen sich dabei sehr schön und machen das Lesen farbig und spannend.

Ganz besonders gut hat mir Estellas Schicksal gefallen. Eine junge, selbstbewusste Frau, die an sich glaubt und sich auch nicht verbiegen lässt, wenn das Schicksal sie herausfordert. Die Geschichte ihrer Mode, ihres Erfolgs habe in einem Zug gelesen. Eigentlich hätte mir das Thema für einen Roman sogar gereicht.

Naturgemäß bleibt die junge Fabienne dagegen etwas blasser, auch wenn ihr Part schön und romantisch zu lesen ist, mich aber nicht völlig überzeugte.

Der Roman ist sehr schön zu lesen und hielt mich wirklich für Stunden gefangen. Die Mischung aus Familiengeschichte samt vieler Geheimnisse, Liebesgeschichte und historischem Hintergrund, der sehr lebendig wurde, hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 11.03.2020

Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt

Das Glück wartet am Wegesrand
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Ein jähes Beziehungsende führt Diana in eine Sinnkrise. Spontan beschließt sie auf dem Jakobsweg zu pilgern. Es sind keine spirituellen Gründe, eher eine Flucht vor anstehenden Entscheidungen. So bricht ...

Ein jähes Beziehungsende führt Diana in eine Sinnkrise. Spontan beschließt sie auf dem Jakobsweg zu pilgern. Es sind keine spirituellen Gründe, eher eine Flucht vor anstehenden Entscheidungen. So bricht sie also kurzentschlossen auf und ich begleite sie als Leserin.

Gefallen hat mir das Wiedererkennen mancher Orte und Plätze, zwar bin ich nicht gepilgert, aber auf einer Reise habe ich viele der Schauplätze selbst kennengelernt. Diana, die sich selbst Didi nennt – was ich nebenbei ziemlich albern finde – macht sich ganz unbedarft auf den Weg und trifft auch gleich am ersten Tag zwei beeindruckende Männer. Vom Jakobsweg als Partnerbörse hat man ja schon öfters gelesen. Aber es ist nicht ganz so einfach, Diana muss er lernen, was sie selber möchte, bevor sie sich wieder auf eine Beziehung einlassen kann. Außerdem begegnen ihr auf dem Weg immer wieder Menschen, die sie erkennen lassen, dass ihre Probleme klein im Vergleich zu anderen sind.

Diana beginnt allmählich zu reflektieren und – wie es so schön heißt: ihr Herz zu öffnen.

Das ist wirklich ein sehr hübsch und gefällig geschriebener Roman, der Jakobsweg gibt den bekannten Hintergrund dazu ab und dient immer wieder als interessante Kulisse. Es ist allerdings nicht neu, was Diana erlebt. Eigene Rückschläge, wie einen verstauchten Knöchel nimmt sie dann schon sehr gelassen hin. Die Begegnung mit kranken Pilgern, mit trauernden Eltern, mit Aussteigern – das alles berichten auch andere Pilger. Aber das empfand ich gar nicht als Manko, denn es sind nun genau die Personen, auf die wahrscheinlich jeder Pilger treffen wird und der Weg wird wohl auch jeden dafür empfänglicher machen. Diese Wandlung bei Diana ist schön zu verfolgen.

Dass es bei einem Roman der mit einem Beziehungsaus beginnt, natürlich auch um neu verlieben geht, ist auch klar. Es gibt also ein hübsches Happy End für Diana und für mich waren es einige sehr unterhaltsame und entspannende Stunden.

Ich sehe das Buch nicht so sehr als Jakobsweg-Roman, sondern als die Geschichte einer Frau, die spät, aber nicht zu spät erkennt, was für sie selbst wichtig ist.

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Veröffentlicht am 08.03.2020

Der freie Hund beißt wieder zu

Der freie Hund
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Antonio Morello gelang in Sizilien ein Schlag gegen die Mafia. Danach hatte er die Wahl zwischen einem bewachten Leben in einer Kaserne oder die Versetzung ans andere Ende Italiens. Venedig gefällt ihm ...

Antonio Morello gelang in Sizilien ein Schlag gegen die Mafia. Danach hatte er die Wahl zwischen einem bewachten Leben in einer Kaserne oder die Versetzung ans andere Ende Italiens. Venedig gefällt ihm nicht, die Menschenmassen, die stinkenden Kanäle, die Vorurteile, die ihm an seiner Dienststelle entgegen gebracht werden, aber da muss er durch.
Gleich sein erster Fall hat es in sich, ein Student wurde erstochen. Er hat sich vehement gegen die Gefährdung der Lagunenstadt durch die Kreuzfahrtriesen ausgesprochen. Francesco Grittieri stammte aus einer vermögenden Familie und wie weit deren Einfluss reicht, erkennt Morello schon daran, dass der Questore die Freigabe der Leiche an die Familie verfügte, bevor eine pathologische Untersuchung erfolgen konnte. Aber der Commissario hat nicht umsonst den Namen „Der freie Hund“, Weisungen haben Morello noch nie aufgehalten, wenn er Verflechtungen zwischen Politik und Mafia vermutete.
Der Krimi ist ohne Zweifel spannend. Er greift auch ganz aktuelle Probleme auf, wie die Kreuzfahrtschiffe, die die Luft verpesten und die Stadt mit Tagestouristen überschwemmen. Wie der immer weniger werdende Wohnraum, der alt eingesessene Venezianer ins Umland zwingt und die steigenden Preise überall. Das macht den Plot aktuell.
Geschrieben ist der Roman sehr flott, fast würde ich sagen: zu gefällig. Kurze Sätze und viele Dialoge machen das Lesen wirklich einfach. Manchmal ist es mir fast mit Klischee überfrachtet. Der junge Taschendieb, der durch Morello geläutert und anschließend für ihn durchs Feuer geht, ist schon nah am Kitsch. Die sympathische Nachbarin, die in Morello wieder Gefühle weckt und ihn den Tod seiner Frau leichter werden lässt, bedient die Romantik.
Dass für die taffe und wehrhafte Kollegin, die nicht grade wie eine Elfe gebaut ist, der Name Anna Klotze gewählt wurde, finde ich etwas unpassend. Im Gegensatz dazu lese ich den Namen der Journalistin, die Morello für sich einnehmen kann, als eine kleine Geste an die Journalistin Petra Reski, die auch im Nachwort erwähnt wird.
Kleine eingestreute italienische Redewendungen, Grüße und Flüche sorgen für das Ambiente, genauso wie die abgedruckten Songtexte, die Morello ganz besonders gern hört.
Das alles ist nicht neu und originell, aber gut gemacht und im Ergebnis ein unterhaltsamer Venedig-Krimi, der wohl der Auftakt einer Reihe sein wird. Der freie Hund wird also wieder beißen.

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Veröffentlicht am 07.03.2020

Holland Krimi

Mord auf Vlieland
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Ihre neue Dienststelle in Friesland soll auch ein Neuanfang für die Kommissarin Griet Gerritsen werden. Allerdings wird sie nicht mit offenen Armen empfangen. Sie gilt als eigenwillig und teamunfähig und ...

Ihre neue Dienststelle in Friesland soll auch ein Neuanfang für die Kommissarin Griet Gerritsen werden. Allerdings wird sie nicht mit offenen Armen empfangen. Sie gilt als eigenwillig und teamunfähig und einer ihrer Alleingänge kostete auch einem Kollegen und Freund das Leben. Das hat Griet aus der Bahn geworfen.


Als auf Vlieland die Leiche des bekannten Hoteliers Vincent Bakker angespült wird, hat sie ihren ersten Fall. Zusammen mit den zugeteilten Kollegen, einer jungen, übereifrigen Anfängerin und dem „Pfannkuchenmann“, einem Mitarbeiter, der schon lange den Schreibtisch nicht mehr verlassen hat und mehr Wert auf regelmäßige Mahlzeiten als auf Fahndungserfolge legt, soll sie ermitteln.

Für Griet wird dieser Fall zur Bewährungsprobe.

Die Insel Vlieland als Schauplatz für einen Debütkrimi hat mich sofort angesprochen und Jan Jacobs schafft es mit Leichtigkeit die Atmosphäre einzufangen. Die friesische Provinz mit ihren Eigenheiten und Eigenbrötlern ist eine tolle Kulisse. Das Flair wird noch durch eingestreute niederländische Ausdrücke verstärkt.

Seine Figuren hat Jan Jacobs vielschichtig angelegt, die privaten Probleme von Griet wirken nicht überzogen, sondern sind wichtig für ihre Entwicklung und ihre Entscheidungen. Deshalb gehören sie auch zu den Ermittlungen und runden ihre Charakterzeichnung ab. Das gilt auch für die beiden Kollegen im Team.

Auch wenn es Griet nicht leicht hat, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen, merkt sie schon bald, dass Vincent Bakker auch eine umstrittene Figur ist. Nicht jeder Bewohner ist mit seinen Expansionsplänen einverstanden gewesen und er hatte viele Feinde. Besonders in der Familie gibt es Spannungen. Gut, dass Griet mit Henk van der Waal einen sympathischen Ortspolizisten zur Seite hat.

Mir hat der Auftakt zu der neuen Serie sehr gut gefallen, er lässt auch Raum für die weitere Entwicklung der Figuren und ich bin schon gespannt, wie Griet an neue Fälle herangehen wird.

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Veröffentlicht am 06.03.2020

Carola Neher - fast vergessen

Die Königin von Berlin
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Karoline Neher, geboren in der pfälzischen Provinz, hat nur ein Lebensziel: raus aus der Enge. Sie ist Schauspielerin, Sängerin und auch eine Femme fatale. Sie nimmt sich in den frühen Zwanziger Jahren, ...

Karoline Neher, geboren in der pfälzischen Provinz, hat nur ein Lebensziel: raus aus der Enge. Sie ist Schauspielerin, Sängerin und auch eine Femme fatale. Sie nimmt sich in den frühen Zwanziger Jahren, dass was ihr zusteht und für Sentimentalitäten hat sie keine Ader.
Ihr Aufstieg ist kometenhaft. Sie verkehrt in den Kreisen Feuchtwanger, Wedekind, Weill, Brecht und Klabund, der wird ihr Ehemann, eine komplizierte und turbulente Zeit, für Brecht wird sie Muse und Geliebte. Er schrieb Rollen für sie und versagte doch kläglich, als sie Hilfe gebraucht hätte.
Die Zwanziger Jahre waren auch ein politisch unruhige Zeit, Neher engagierte sich als Kommunistin und nach der Machtergreifung Hitlers ging sie mit ihrem zweiten Ehemann Anatol Becker zuerst nach Prag, später nach Moskau. Als Schauspielerin konnte sie nicht mehr arbeiten, im Zuge der „Säuberungen“ wurde Carola Neher verhaftet. Sie starb in einem Gefangenenlager in Russland an Typhus.
Wie ein Theaterstück präsentiert Charlotte Roth ihren Roman um eine außergewöhnliche Frau, damit stellt sie auch klar, dass sie keine Biografie vorlegt, sondern sich erzählerische Freiheit nimmt und die historisch belegten Ereignisse die Folie für ihren Roman sind.
Charlotte Roth hat eine unglaublich mitreißende Art zu erzählen und ihr gelingt es, mich nach wenigen Seiten völlig in Bann zu ziehen. Auch wenn ich vorher nur sehr wenig über die Schauspielerin wusste, hat mich ihre Persönlichkeit fasziniert. Wäre Carola Neher 50 Jahre später geboren, sie wäre eine der großen Figuren der Frauenbewegung geworden. Sie machte sich um Gleichberechtigung keine Gedanken – sie lebte sie, auch wenn der Preis dafür hoch war. Die Autorin hat die vielen Facetten dieser Frau in ihrem Roman gebündelt und damit eine Hauptfigur geschaffen, an der man sich auch reiben kann. Nur gleichgültig bleibt Carola Neher den Lesern nie.
Eingebettet hat sie Carolas Geschichte in eine Rahmenhandlung, die zurück in die Pfalz führt. Dort taucht eines Tages Georg Becker auf, der sich für die Wurzeln der Familie Neher interessiert und mit der Bibliothekarin Anette Kontakt aufnimmt. Diese Einschübe sind ein Ruhepol und rundet diesen Roman ab.

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