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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2020

Gelungener Regio-Krimi

Frankenstich
1

Georg Neuner ist ein erfolgreicher Autor von Regio-Krimis aus Franken. Seine Lesungen sind Publikumsmagneten und Buchhändlerin Felicitas Reichelsdörfer freut sich über den guten Umsatz. Die Freude währt ...

Georg Neuner ist ein erfolgreicher Autor von Regio-Krimis aus Franken. Seine Lesungen sind Publikumsmagneten und Buchhändlerin Felicitas Reichelsdörfer freut sich über den guten Umsatz. Die Freude währt nicht lange, am nächsten Morgen liegt Neuner erstochen im Hinterzimmer und Kommissar Clemens Satorius scheint Feli gleich zur Hauptverdächtigen zu machen. Klar, dass ihr da nichts anderes übrigbleibt als selbst ein wenig zu stochern und zu forschen.

Das Krimi-Debüt des Autorinnen – Duos Drüppel und Heinlein ist wirklich gelungen. Bonuspunkte gibt es bei mir immer, wenn eine Buchhandlung zum Schauplatz wird, schließlich bin ich ein Bücherwurm. Auch die regionalen Beschreibungen von Erlangen und der Fränkischen Schweiz kommen nicht zu kurz, das hat mir gut gefallen.

An den Kommissar Satorius und seine Marotten musste ich mich erst gewöhnen, aber er gewann im Lauf der Geschichte an Profil und auch meine Sympathie. Ein witziger Kontrapunkt zu den offiziellen Ermittlern sind Felicitas, ein rothaariges Temperamentbündel und ihr Mitarbeiter Bosch, der in der Buchhandlung auch seine Styling- und Modeambitionen ausleben darf. Bei ihren eigenen Ermittlungen kommt Feli immer wieder mal Satorius in die Quere, was den immer mehr in Rage bringt.

Der Krimi ist mit Herz und Humor geschrieben, die Spannung kommt dabei ebenfalls nicht zu kurz. Ihre Figuren sind wirklich liebevoll ausgedacht und beschrieben, auch das ganze private Drumherum sowohl bei Satorius, wie auch bei Feli und ihrer Familie haben mir Spaß gemacht.

Das Ende ist eine echte Überraschung und hat mich lange und geschickt im Unklaren gelassen. Was mich freut: es wird einen zweiten Band geben und darauf bin ich gespannt.

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Veröffentlicht am 05.02.2020

Empfehlenswerter Krimi

Doggerland. Tiefer Fall (Ein Doggerland-Krimi 2)
2

„Tiefer Fall“ ist der zweite Band von Maria Adolfssons Doggerland Krimis. Wieder hat Kommissarin Karen Eiken Hornby einen Fall, der sie persönlich mehr betreffen wird, als sie ahnt.
Am Weihnachtstag findet ...

„Tiefer Fall“ ist der zweite Band von Maria Adolfssons Doggerland Krimis. Wieder hat Kommissarin Karen Eiken Hornby einen Fall, der sie persönlich mehr betreffen wird, als sie ahnt.
Am Weihnachtstag findet eine Gertrud Stuub ihren Bruder Frederik, einen emeritierten Hochschullehrer, tot am Rande einer aufgelassenen, inzwischen mit Wasser gefüllten Kohlegrube. Bald stellt sich heraus, es war kein Unfall und Kommissarin Eiken Hornby wird mit den Ermittlungen betraut, obwohl sie immer noch an den Folgen ihrer letzten Einsatzes laboriert. Wem ist der alte Mann zu nahe gekommen? Eine persönliche Herausforderung für die Kommissarin, denn sie selbst hat familiäre Verbindungen zur Insel und es scheint, dass eine Spur zu ihrer Familie führt.
Ich bin leider erst mit dem zweiten Band auf diese Reihe aufmerksam geworden und bedaure sehr, dass ich die Autorin nicht schon früher kennengelernt habe. Zwar hatte ich überhaupt keine Schwierigkeiten in den Krimi einzusteigen, die Vorgeschichte wird am Rand erwähnt und in Rückblenden kurz erklärt, aber ich habe das Gefühl, dass ich einen tollen Einstieg verpasst habe, den ich sicher nachholen werden.
Sehr gut gefallen hat mir das Setting. Die Autorin entwirft mit Doggerland eine Inselgruppe, die es in der Realität nicht mehr gibt, zwischen Dänemark und England breitet sich heute die knapp unter dem Meeresspiegel Sandbank Doggerbank aus. Aber Maria Adolfsson erfüllt die Inseln mit Leben, eine Mischung aus England und Skandinavien, mit einem rauen Menschenschlag der früher von den Kohleminen lebte, während heute die knappen Arbeitsplätze nur noch auf einer Bohrinsel und einer Whiskeybrennerei zu finden sind. Ihre Figuren sind authentisch und vielschichtig angelegt. Bis in die Nebenstränge wurden mir alle Protagonisten lebendig. Ganz besonders Karen Eiken Hornby, sie ist die Figur, die die ganze Handlung trägt, eine sehr gelungen gezeichnete Persönlichkeit mit eisernem Willen und ständigen Selbstzweifeln. Dadurch wird sie sehr menschlich und nah.
Der Roman ist eine gelungene Mischung aus skandinavischem und englischem Krimi, auf der einen Seite mit den typischen sozialpolitischen und gesellschaftlichen Hintergründen und auf der anderen Seite ein spannender Ermittlerkrimi.
Ein klarer, flüssiger Erzählstil und die temporeiche Handlung, die den Spannungsbogen nie abflachen lässt, hat mein Leseerlebnis abgerundet.
Eine klare Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 04.02.2020

Das Leben bejahen

Alle Tage, die wir leben
1

Ihrem Geburtstag sieht Tilda eher mit Schrecken entgegen. Es wird ein neues Lebensjahrzehnt und die 6 davor gefällt ihr gar nicht. Sie hat Angst vor dem älter werden und auch Angst vor der Zukunft. Gerade ...

Ihrem Geburtstag sieht Tilda eher mit Schrecken entgegen. Es wird ein neues Lebensjahrzehnt und die 6 davor gefällt ihr gar nicht. Sie hat Angst vor dem älter werden und auch Angst vor der Zukunft. Gerade hat ihr kleines Schreibbüro einen wichtigen Kunden verloren und all das verstärkt ihre Unsicherheit. Ihre Freundinnen machen ihr Mut, die regelmäßigen Kochtreffen sind immer ein Lichtblick für Tina. Um ihren Verdienstausfall zu kompensieren, sucht sie einen Minijob. Eine Anzeige fällt ihr ins Auge, eine betagte Dame sucht eine Privatsekretärin, um nach dem Muster des schwedischen Dödstädning ihre Angelegenheiten zu regeln.

Ruth ist eine bemerkenswerte Frau und wie es scheint, ganz mit sich im Reinen. Aber bald merkt Tilda, Ruth möchte nicht nur angesammelte Dinge loswerden, auch Beziehungen sollen geordnet und abgeschlossen werden. So ist die Beziehung mit ihrer Schwester seit Jahren angespannt und auch ihre Tochter hat sich abgewandt.

Eine ganz hervorragende Idee für ein Buch, dass auch viele Denkanstöße für das eigene Leben vermitteln kann. Ich bin voller Vorfreude an das Buch herangegangen. Dagmar Hansen schreibt recht unterhaltsam, aber ganz besonders im ersten Drittel des Texts fiel mir auf, dass oft ellenlange Beschreibungen das Erzählen ersetzen. Natürlich gehören Beschreibungen dazu, sie sollen die Atmosphäre eines Raums, eines Hauses oder einer Beziehung illustrieren. Wenn es allerdings zu einer Aufzählung gerät, mindert das - zumindest meinen - Lesegenuss.

Mit Ruth hat die Autorin eine sehr eindrucksvolle Persönlichkeit gezeichnet, die sehr lebendig und stimmig wirkt. Im Gegensatz zu Tilda, die seltsam farblos und unentschlossen daher kommt. Obwohl schon viele Jahrzehnte verwitwet, hält sie immer noch Zwiesprache mit dem toten Ehemann, ließ eigentlich auch nie ernsthaft eine neue Beziehung zu und außer ihren drei Freundinnen scheint es keine Vertrauten in ihrem Leben zu geben.

Durch die Begegnung mit Ruth erkennt sie, wie viel mehr Lebensfreude und Energie in der so viel älteren Frau steckt und das auch sie aus ihrem Schneckenhaus kommen muss. Dieser Prozess ist unterhaltsam geschildert und wie ich finde, auch lebensnah.

Ich habe mich ganz gut unterhalten, aber auch immer das Gefühl gehabt, dass die Autorin das Potential der Geschichte nicht ganz ausgeschöpft hat.

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Veröffentlicht am 03.02.2020

Mord auf dem Gäubodenfest

Tod eines Bierdimpfls
1

Es ist ein bunt gemischter Stammtisch der sich jeden Freitag zu einer oder mehreren Maß Bier trifft. Der Sepp erzählt immer die gleichen Witze und der Poldi bezeugt mit den unzähligen Bildern in seiner ...

Es ist ein bunt gemischter Stammtisch der sich jeden Freitag zu einer oder mehreren Maß Bier trifft. Der Sepp erzählt immer die gleichen Witze und der Poldi bezeugt mit den unzähligen Bildern in seiner Brieftasche, wem er schon mal begegnet ist (der junge Söder) und was er alles erlebt hat. Der Schosl, ein zugereister Schriftsteller will Regionialkolorit schnuppern und der Rest ist eh immer da. Da trifft es sich gut, dass das Gäubodenfest in Straubing vor der Tür steht, natürlich verabredet man sich im Festzelt. Doch nach dem Abend ist der Stammtisch nicht mehr vollzählig.

Kommissar Quirin Kammermeier hat zu ermitteln und da die Kollegin auf Hochzeitsreise ist, muss er sich mit Christel Postler herumschlagen. Die junge, etwas übereifrige Beamtin sieht zu viel amerikanische TV Serien und Quirin hat viel Mühe ihr zu erklären, dass die Verhörmethoden ins Fernsehen aber nicht nach Straubing passen.

Was für ein witziger Niederbayern Krimi, mit viel Gespür für Situationskomik und einer gelungenen Mischung aus Heimatliebe und einem ausgefuchsten Kriminalfall. Ruth M. Fuchs lässt ihre Leser am berühmten Straubinger Gäubodenfest teilhaben, (mindestens so schön wie die Wies’n, bloß weniger Kommerz und Touristen) und ihre Figuren sind richtig erdverbunden, was in Niederbayern schon mal einen richtigen Sturschädel bedeuten kann.

Die polizeilichen Ermittlungen werden durch Christels Aktionen gehörig aufgelockert und Quirin muss sie einige Male bremsen und wieder in die richtige Spur setzen, das ergibt immer wieder humorvolle Situationen. Bis zum, für mich absolut überraschendem, aber schlüssigem Ende, ein Krimi zu Miträtseln.

Der Niederbayern-Krimi von Ruth M. Fuchs ist ein gelungenes Beispiel für einen unterhaltsamen und humorvollen Regionalkrimi mit liebenswert ausgedachten Figuren.

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Veröffentlicht am 01.02.2020

Faszinierend und poetisch

Das Evangelium der Aale
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Am Buch „Das Evangelium der Aale“ hat mich nicht nur der ungewöhnliche Titel angesprochen, auch das Cover hat meinen Blick auf sich gezogen. Blautöne, sich windende Aale in grau-gelblich-weiß, vielleicht ...

Am Buch „Das Evangelium der Aale“ hat mich nicht nur der ungewöhnliche Titel angesprochen, auch das Cover hat meinen Blick auf sich gezogen. Blautöne, sich windende Aale in grau-gelblich-weiß, vielleicht war es die faszinierende und gleichzeitig ein wenig abstoßende Assoziation mit Schlangen, die meine Aufmerksamkeit erregten.
Der Text selbst ist ungewöhnlich. Patrik Svensson spürt seinem Vater nach und gleichzeitig dem geheimnisvollen Leben der Aale, der bis heute der Wissenschaft noch Rätsel aufgibt. Dabei spannt er in den Kapiteln, die er dem Fisch widmet, einen weiten Bogen von Aristoteles bis hin zu den Fangquoten der EU. Natürlich darf auch die Erwähnung der Blechtrommel von Grass nicht fehlen, denn die Szene des nächtlichen Aalfischens mit dem Pferdekopf hat sich wohl allen Lesern und Kinobesuchern eingeprägt.
Fast hatte ich das Gefühl, dass Svensson in seinem Buch dem Aal mehr Aufmerksamkeit widmet, als seinem Vater. In den Kapiteln, in denen er sich an die gemeinsamen Angelabende erinnert, fühlt man aber viel vom unsichtbaren Band zwischen ihnen. Auch wenn der Junge größer wird und andere Interessen in den Vordergrund rücken, die gemeinsamen Unternehmungen nur noch sporadisch stattfinden – es bleibt eine Verbundenheit mit dem einfachen und wortkargen Mann.
Über das Geheimnis des Aals kommt Svensson auch den Spuren seines Vaters nahe und das beschreibt er einfach wunderbar. Es ist eine poetische und klare Sprache, die mir sehr gut gefallen hat. Natürlich ist es ein leises Buch und durch die Ausflüge in die Geschichte und die Naturwissenschaften vielleicht auch nicht für jeden Leser etwas, mich hat es jedenfalls fasziniert und hatte bisher wirklich keine Neigung zur Ichthyologie.
Es ist schon ein besonderes Buch und man sollte sich darauf einlassen, dann kann man die Mischung aus Kultur- und Naturgeschichte und Roman sicher genießen.

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