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Veröffentlicht am 14.01.2020

Botschaften eines Mörders

Die Mirabeau-Morde
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Einen Krimi der in Aix-en-Provence spielt mag ich mir nicht entgehen lassen. Die Stadt ist für mich eine der schönsten in der Provence. Das denkt sich auch Stefan Eltjen der im Rahmen von Kollegenhilfe ...

Einen Krimi der in Aix-en-Provence spielt mag ich mir nicht entgehen lassen. Die Stadt ist für mich eine der schönsten in der Provence. Das denkt sich auch Stefan Eltjen der im Rahmen von Kollegenhilfe für einige Tage nach Südfrankreich geschickt wird. Denn die tote junge Frau, die so seltsam ausgestellt in einem Waldstück gefunden wird ist eine deutsche Studentin.

Doch kam ist Eltjen angekommen, gibt es eine zweite Leiche. Wieder ist die Fundsituation besonders auffällig und den französischen Kommissaren und Eltjen ist bald klar, dass es sich um einen Serientäter handeln muss.

So weit, so gut, bzw spannend. Der Krimi punktet wirklich mit toller Atmosphäre, mir wurden die Straßen und Plätze von Aix sofort wieder lebendig. Auch der Plot mit einem wirklich sehr überraschenden und doch ganz schlüssigen Schluss hat mir gut gefallen. Eine große Rolle spielen alte, in provenzalischer Sprache gehaltene Texte, die der Täter bei den Toten platziert. So erfährt der Leser auch gleich ein wenig über die Geschichte der Sprache und der Provinz.

Ein wenig mehr Charme hatte ich mir von der Sprache versprochen, die kommt doch ein wenig dröge daher. Was mir zeitweilig sogar ein nervend auffiel, war der oft besserwisserische Ton Stefan Eltjens. Er klärt seine französischen Kollegen gern über Fallanalyse und Profiling auf. Vielleicht wollte der Autor damit als Gegenpart einen als typischen deutsch verrufenen Charakterzug schaffen. Der kumpelhafte und freundliche Luc Dubarry nimmt es aber durchaus freundlich auf und in Alis, einer jungen Polizistin findet Stefan eine attraktive Kollegin, so beginnt es gleich ein wenig zu knistern.

Ein netter Krimi mit Frankreich-Feeling, der sich allerdings nicht aus der Menge dieses Genre abhebt.

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Veröffentlicht am 13.01.2020

Schön und einfühlsam

Violet
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Violet hat im 1. Weltkrieg ihren Verlobten verloren, genau wie ihren Bruder. Sie lebte sie allein mit ihrer zänkischen und herrschsüchtigen Mutter und als Enddreißigerin wagt sie den Schritt und zieht ...

Violet hat im 1. Weltkrieg ihren Verlobten verloren, genau wie ihren Bruder. Sie lebte sie allein mit ihrer zänkischen und herrschsüchtigen Mutter und als Enddreißigerin wagt sie den Schritt und zieht aus. Sie reiht sich in das Heer der alleinstehenden, berufstätigen Frauen ein, die schlecht bezahlt und mitleidig angesehen werden. Sie genießt ihre Freiheit, auch wenn sie kaum mit Lohn überleben kann. In der Kathedrale von Winchester trifft sie zufällig auf einen Gruppe von Frauen, die Knie- und Sitzkissen besticken. Fasziniert von dieser Arbeit tritt sie dem Stickkreis bei. Auch die Begegnung mit Arthur, einem der Glöckner der Kathedrale, wird ihrem Leben eine neue Richtung geben.

Nach den ersten Seiten war ich zunächst etwas enttäuscht. Ein Roman über ein „spätes Mädchen“, dass ihr Leben zwischen Büro, reichlich Tee und Handarbeiten verbringt – auf den ersten Blick nicht sehr ereignisreich. Aber schon bald hatte mich die Geschichte gefangen. In sehr ruhigem Ton wird die Geschichte einer Frau in den Zwischenkriegsjahren erzählt. Enttäuschte Hoffnungen, zerplatzte Lebensträume und die Schwierigkeit ein selbst bestimmtes Leben zu führen, das alles spornt Violet an, sich nicht unterkriegen zu lassen.

Man kann sagen, es ist eine Emanzipationsgeschichte, gelebt zu einer Zeit, als Emanzipation eher ein Schimpfwort war. Der Krieg hat so viele Opfer gefordert, dass kaltherzig vom „Frauenüberschuss“ gesprochen wurde und diese Frauen mussten sich einen Platz in der Gesellschaft erobern. Das alles in einer Gesellschaft, in der weibliche Berufstätigkeit allenfalls als Übergang zwischen Schule und Eheakzeptiert wurde.

Das zweite Thema ist die Stickerei und es wirklich schön zu lesen, wie diese Handarbeiten entstanden sind und welchen Stellenwert sie im kirchlichen Leben hatte. Violet findet im Sticken nicht nur ein Hobby, sie findet darin auch Ruhe und Bestätigung durch die anderen Stickerinnen. Freundschaften entstehen, die Violet stützen und tragen.

Ein sehr schönes, leises Buch für das man sich Zeit nehmen sollte um die Sprache zu genießen und sich in das Leben dieser Frau zu denken.

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Veröffentlicht am 10.01.2020

Licht und Farben

Die Frauen von Skagen
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Ende des 19. Jahrhunderts: Marie, Tochter aus gutbürgerlichem und wohlhabendem Haus, möchte Malerin werden. Sie bekommt Unterricht an einer Malschule. Immer an ihrer Seite ist ihre Gesellschafterin Asta. ...

Ende des 19. Jahrhunderts: Marie, Tochter aus gutbürgerlichem und wohlhabendem Haus, möchte Malerin werden. Sie bekommt Unterricht an einer Malschule. Immer an ihrer Seite ist ihre Gesellschafterin Asta. Sie kam als junges Mädchen in den Haushalt um als Spielgefährtin für Marie da zu sein. Ein ach so menschenfreundlicher Akt von Maries Eltern, denn Astas Mutter war die Köchin des Hauses, die bei der Explosion des Küchenherds schwer verletzt wurde. Um der nun arbeitsunfähigen und damit mittellosen Frau als Los zu erleichtern wurde eben Asta eingestellt, wobei nie vergessen wurde, Asta auf ihren Stand hinzuweisen. Ist es wirklich Freundschaft was die beiden jungen Mädchen verbindet? In der Malschule lernt Marie den berühmten dänischen Impressionisten Peder Krøyer kennen und wird bald darauf seine Frau.

Immer an ihrer Seite, Marie – nun eher als Hausdame und Wirtschafterin, aber auch sie hegt Gefühle für Krøyer.

Der zweite Handlungsstrang führt in die Gegenwart, Vibeke Weber möchte gerne Malerei studieren. Ihr Vater sähe sie aber gern in seinem Betrieb für Künstlerfarben. Doch Vibeke lässt nicht locker, ein Besuch in Dänemark, bei der berühmten Malerschule in Skagen, bestärkt sie in ihrem Wunsch.

Und hier begegnen sich auch die beiden Handlungsstränge, auch Marie, die junge Ehefrau und Malerin lebte in Skagen.

Das Titelbild – ein Ausschnitt des lichtdurchfluteten Gemäldes „Am Strand von Skagen“ von Michael Ancher, auch einem Mitglied der Skagener Malerschule – hat mich sofort in Bann gezogen. Ein Künstlerroman um eine junge Malerin, die immer im Schatten ihres berühmten und übermächtigen Mannes stand, das klang sehr verheißungsvoll.

Der historische Teil des angenehm und unterhaltsam geschriebenen Romans war ein besonderes Lesevergnügen. Ich habe viel über die nordischen Impressionisten erfahren und wurde neugierig auf ihre Werke.

Hier sind auch die Figuren – allesamt nah an ihren echten Biografien – sehr gelungen. Ein wenig enttäuschend, sowohl von den Personen, wie auch den Ereignissen, fand ich den aktuellen Erzählstrang. Vibeke blieb einfach nur blass. Vielleicht empfand ich auch deshalb das letzte Drittel des Buches schwächer. Es bleibt durchgehend ein flüssig und anregend geschriebenes Buch, aber nach der Beschreibung und dem Beginn, hatte ich mir mehr erwartet. Besonders die Liebesverwicklungen von Vibeke in Skagen sind mir einfach flach gewesen.

Ein kleiner Wermutstropfen war auch, dass der Weg eines Bildes, das Vibeke im Kavehus in Skagen entdeckte und eigentlich der Auslöser für ihren Aufenthalt und ihre Bekanntschaft mit Thore war, so gar nicht mehr thematisiert wurde.

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Veröffentlicht am 08.01.2020

Max Heller muss sich entscheiden

Juni 53
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Wir schreiben den 17. Juni 1953. Es gärt gewaltig im noch jungen Arbeiter- und Bauernstaat. Das Plansoll ist in allen Fabriken gewaltig, die Löhne gleichbleibend niedrig und die Versorgung mit allem lebensnotwendigen ...

Wir schreiben den 17. Juni 1953. Es gärt gewaltig im noch jungen Arbeiter- und Bauernstaat. Das Plansoll ist in allen Fabriken gewaltig, die Löhne gleichbleibend niedrig und die Versorgung mit allem lebensnotwendigen Dingen teuer und schwierig.

In Dresden, Kriminalkommissar Max Heller Wirkungsstätte, eskaliert in einer Fabrik für Isolatoren der Aufstand. Einer der Leiter wird brutal ermordet und Hellers Ermittlungen kollidieren immer wieder mit den Befragungen der Staatssicherheit. Denn Heller kommen immer mehr Zweifel, dass der Aufruhr in der Fabrik der Grund für den Tod des Mannes gewesen ist. Erschwert wird seine Arbeit mit der politischen Zuspitzung. Heller ist immer noch nicht in die Partei eingetreten und er weiß, dass ihn das nicht nur am beruflichen Fortkommen hindert, er ahnt auch, dass er sich damit angreifbar macht. Aber seine Haltung ist eindeutig, er will kein Werkzeug einer Partei werden, das immer mehr die junge Demokratie mit Füssen tritt.

Viele Menschen verlassen den Staat und auch Hellers Ehefrau Karin sieht keine Zukunft mehr für ihre Familie. Sohn Erwin lebt längst im Westen und mit Sohn Klaus, der sich ganz der Partei verschrieben hat, ist keine Verständigung mehr möglich.

Vor diesem Hintergrund hat Frank Goldammer seinen neuesten „Max Heller“-Fall angesiedelt. Ein Kriminalroman, der ganz von den geschichtlichen Ereignissen geprägt ist. Diese zeitgeschichtlichen Bezüge machen für mich auch die Faszination der Bücher aus. Historie aus der Sicht eines kleinen Rädchens in der neuen Republik! Dies führt allerdings auch dazu, dass der reine Krimiplot sich unterordnen muss und das fand ich ein wenig schade.

Allerdings ist das Personal in diesem Krimi wieder ganz lebendig und anschaulich beschrieben worden. Da gibt es die unverbesserlichen alten Nazis, die flugs ihr Fähnchen in den neuen Wind hängen, die stillen Mitläufer und natürlich auch die überzeugten Sozialisten, die ihrem Ziel alles unterordnen. Max Heller selbst und auch seine Frau haben in den vergangenen Jahren ihre Haltung bewahrt, sie wirken in ihrer Unerschütterlichkeit fast zu gut für diese Welt.

Werden Max und Karin Heller nach all den Ereignissen in den Westen gehen? Geschickt lässt Frank Goldammer am Ende diese Entscheidung in der Schwebe und damit die Aussicht auf einen neuen Fall in Dresden offen.

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Veröffentlicht am 07.01.2020

Wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen

Alles Mist? Eine Familie zieht aufs Land
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Wie viele Städter, träumt auch Susanne Veit vom Leben auf dem Land. Sie will ihren Kindern eine Kindheit in der Natur ermöglichen mit realen Abenteuern und Entdeckungen. Am meisten fürchtet sie sich vor ...

Wie viele Städter, träumt auch Susanne Veit vom Leben auf dem Land. Sie will ihren Kindern eine Kindheit in der Natur ermöglichen mit realen Abenteuern und Entdeckungen. Am meisten fürchtet sie sich vor den Gefahren durch die überbordende Präsenz des Internets, von Social Media und überhaupt einer allumfassenden digitalen Welt. Ganz besonders ihr ältester Sohn scheint ihr gefährdet, gibt es doch in seiner Klasse schon Kinder, die ihre ganze Zeit am Computer verbringen und kaum noch ansprechbar sind.

So wird dann letztendlich der Sprung auf’s Land gewagt, ein alleinstehendes Haus inmitten einer Waldlichtung wird das neue Zuhause. Eine große Umstellung für die Familie, die es zu meistern gilt. Das geht natürlich nicht ohne Rückschläge, besonders der Garten erweist sich als widerspenstig und die Schneckenplage übermächtig. Auch bei den Hühnern müssen schmerzhafte Verluste bedauert werden, der Habicht macht auch bei niedlichen Zwerghühnern keine Ausnahme. Weitere Gefahren lauern, der Fuchsbandwurm und Zecken gehören auch zur Natur. Hier verweist sie auf die vielen Artikel zu diesen Themen und ich gewann den Eindruck, dass auch der Wald zuerst ein feindliches Umfeld für Frau Veit und ihre Kinder ist. Aber die Familie geht die Herausforderung mit Humor an.

Ihre Erlebnisse schildert Susanne Veit sehr anschaulich und jede Begebenheit umrahmt sie auch mit entsprechenden Statistiken oder Artikel, sie ist schließlich selbst Journalistin. Da mischt sich allerdings auch manchmal ein belehrender Ton in ihre Erzählung. Die Furcht vor der digitalen Abhängigkeit ihrer Kinder nimmt einen sehr großen Raum ein, offensichtlich sieht sie nur negative Beispiele von computerabhängigen Kindern und Jugendlichen in ihrem Umfeld. Muss man allerdings in den Wald ziehen, um davor gefeit zu sein? Wie machen es Eltern, die diese Möglichkeit nicht haben.

Insgesamt ist ein nett zu lesender Bericht von einer Familie auf dem Land, auch mit unterhaltsamen Szenen, der mich allerdings nicht völlig überzeugen konnte. Aber dass ihre Kinder das reale Leben und reale Freundschaften den Likes und Friends im Profil vorziehen, ist doch das Wichtigste. Und wenn Leser Anregungen finden, wie sie ihre Kinder stark für das Leben machen können, ist das Anliegen der Autorin gelungen.

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