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Veröffentlicht am 04.12.2019

Pastorentochter

Unter uns Pastorentöchtern
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Claudia Hagge wuchs in einem Pastorenhaushalt auf. Ein spezielles Umfeld um die Welt zu entdecken, denn in einem Pfarrhaus war man niemals allein, niemals privat. Dies ist die erste Erfahrung, die Claudia ...

Claudia Hagge wuchs in einem Pastorenhaushalt auf. Ein spezielles Umfeld um die Welt zu entdecken, denn in einem Pfarrhaus war man niemals allein, niemals privat. Dies ist die erste Erfahrung, die Claudia macht. Das wird sich durch die ganze Kindheit und Jugend ziehen. Schon bald wird Claudia klar, Pfarrers Töchter müssen immer ein Vorbild sein. Was andere Kinder dürfen, gilt noch lange nicht für sie und sie merkt, dass sie immer unter der Beobachtung des ganzen Dorfes steht.

Aber das sind nur die Erinnerungen der kleinen Claudia, später erkennt sie, was ihr das Elternhaus mitgegeben hat. Eine liebevolle Zuwendung, einen empathischen Blick auf die Welt – der ihr manchmal zu viel wird – denn öfters wünschte sie, dass das Verständnis ihrer Eltern für jeden erwünschten oder unerwünschten Besucher, auch für sie gälte.

Das Buch beginnt in den 50iger Jahren, als die jung verheirateten Eltern die erste Pfarrstelle im hohen Norden bezogen. Die Zeiten waren hart, das Haus dringend renovierungsbedürftig und es fehlte an Vielem. Aber voller Elan und gutem Glauben meisterten sie die Herausforderungen. Es war selbstverständlich, dass die junge Ehefrau einen unbezahlten Vollzeitjob als Kirchensekretärin, Frauen- Kinder- und Bibelkreise leitete und nebenbei natürlich noch ihre Kinder groß zog. Dieser Part wird aus Erinnerungen und Briefen der Eltern rekonstruiert. Dann setzen ihre eigenen Erinnerungen an, zuerst noch auf dem Land, später im Pfarramt in Kiel.

Der im besten Sinne konservative, aber nie reaktionäre Vater und ihre freigeistige Mutter gaben ihr ein Rüstzeug für das Leben mit, sie blickt oft kritisch, aber immer liebevoll auf ihr Elternhaus zurück.

Claudia Hagge erzählt das sehr persönlich und nahe und lässt die Leser an ihrer Jugend teilnehmen. Vieles war mir ganz vertraut, bin ich doch in der gleichen Zeit groß geworden. Mich hat ihre Sprache überzeugt und ich bin ganz in die Welt eines evangelischen Pfarrhauses eingetaucht.

Was mich allerdings immer wieder mal verwirrte, waren die Zeitsprünge. Mal ist Claudia kurz vor ihrer Konfirmation, mal Schülerin in den Anfangsklassen, dann auf der nächsten Seite wieder die 17jährige Abiturientin.

Veröffentlicht am 03.12.2019

Enttäuschend

Das kleine Glück am Weihnachtsabend
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Ein entzückendes Titelbild weckt sofort weihnachtliche Gefühle und Lust auf das Buch von Sheila O’Flanagan „Das kleine Glück am Weihnachtsabend“. Die Autorin entführt ihre Leser in die Sugar Loaf Lodge ...

Ein entzückendes Titelbild weckt sofort weihnachtliche Gefühle und Lust auf das Buch von Sheila O’Flanagan „Das kleine Glück am Weihnachtsabend“. Die Autorin entführt ihre Leser in die Sugar Loaf Lodge im irischen County Wicklow. Die Lodge – eigentlich ein altes Herrenhaus hatte ein trauriges Schicksal: einst im Besitz wohlhabender Adliger, starb das kleine Mädchen Louise während eines Sommeraufenthalts. Danach haben die Eltern das Haus nicht mehr betreten und es verfiel in den nächsten Jahrzehnten immer mehr. Bis Claire und Neil ein wunderschönes Hotel daraus machten, doch auch sie spüren die Wirtschaftskrise und blicken sorgenvoll auf die wenigen Buchungen.

Doch dann häufen sich plötzlich die Buchungen und Weihnachten ist das Hotel gut gefüllt. Es treffen ganz unterschiedliche Menschen und Schicksale aufeinander. Gemeinsam haben sie nur, dass sie ausnahmsweise im Hotel feiern.

Ich hätte jetzt durch Klappentext und Titelbild eine emotionale, meinetwegen auch ein wenig rührselige Weihnachtsgeschichte erwartet, aber nein! Leider reihen sich hier nur Kurzgeschichten aneinander, die einzige Verbindung ist, dass sich die Gäste schon mal Gedanken um die einsame junge Frau machen, die im Foyer sitzt. Die Lebensgeschichten der einzelnen Besucher werden behäbig abgehandelt, ich fand die meisten ziemlich langweilig und einfallslos geschildert. Bei ein – zwei blitzte zwischendurch ein klein wenig Humor auf, aber das reicht nicht für ein ganzes Buch. Die Autorin konnte in mir keinerlei Interesse für ihre Figuren wecken und auch die Atmosphäre des alten Herrenhauses kam überhaupt nicht bei mir an.

Weder war es weihnachtlich, noch warmherzig genug für ein „kleines Glück am Weihnachtsabend“, wie der Klappentext versprach.

Veröffentlicht am 02.12.2019

Tödliche Klinik

Ein reines Wesen
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Willa Stark, die österreichische Polizeiinspektorin, die schon lange in Köln arbeitet, ist endlich aus dem Koma erwacht. Zur physischen und psychischen Rehabilitation schlägt ihr Kollege und Freund Harro ...

Willa Stark, die österreichische Polizeiinspektorin, die schon lange in Köln arbeitet, ist endlich aus dem Koma erwacht. Zur physischen und psychischen Rehabilitation schlägt ihr Kollege und Freund Harro eine renommierte und exklusive Privatklinik im Saarland vor. Schon beim Erstgespräch trifft Willa auf eine Grundschulfreundin aus Graz, die ihr ganz aufgeregt von einem ungeklärten Todesfall in der Klinik erzählt. Einen Todesengel vermutet Nikki unter dem Personal. Obwohl Willa die Schilderungen etwas krude vorkommen, schlägt ihr Bauchgefühl an und sie beginnt zu ermitteln.

Die Klinik wird von Dr. Schmitz und Dr. Stolz geleitet. Die wesentlich ältere Ehefrau von Stolz hat als reiche Erbin das Haus finanziert und ist die unangefochtene Chefin des Hauses. Alles wirkt sehr gediegen und seriös, doch je länger sich Willa umsieht, umso stärker wird ihr Unbehagen.

Willa Stark ist eine außergewöhnliche Frau, sie hat meist den richtigen Riecher, auch wenn sie in ihren Ermittlungen mitunter unkonventionell und spontan vorgeht. Das macht aber auch den Reiz und die Spannung um diese Krimis aus. Es ist bereits der vierte Band dieser Reihe aus dem Conte Verlag, aber auch ein Leser ohne Vorkenntnis kommt sehr gut in diese Geschichte.

Der Ermittlungsort Krankenhaus bietet jede Menge guten Stoff für einen straffen Spannungsbogen und als sich Harro entschließt, Willa zu unterstützen kommt noch eine weitere Komponente ins Spiel. Harro ist schon seit langem sehr in Willa verliebt. Sie allerdings sieht in ihm nur einen guten Freund – eine komplizierte Beziehung zwischen Privatleben und Beruf.

Das ganze Umfeld der Klinik ist gut getroffen, man spürt die Atmosphäre in einem Medizinbetrieb, inklusive der Eifersüchteleien von Schwestern und Pfleger. Als sich dann noch Verbindungen zu einem ungelösten Mordfall in einer Kölner Klinik ergeben, wird die Situation für Willa fast unüberschaubar und nicht ungefährlich.

Die Figuren in Willas Umfeld sind allesamt sehr ausdrucksstark beschrieben. Besonders mit Schwester Nikki ist Isabella Archan eine vielschichtige Charakterisierung gelungen, ich schwankte zwischen Mitleid und Abneigung und teilte damit auch Willas Einschätzung.

Ein rundum gelungener Krimi, der mit viel Einfühlungsvermögen erzählt ist und mich bestens unterhalten und gefesselt hat.

Veröffentlicht am 29.11.2019

Die Fortsetzung ist gelungen

Die Bildermacherin und der böse Wolf
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Endlich hat Amalia auch noch den allerletzten Fotoauftrag in Berlin abgewickelt und kann ihren Umzug nach Südtirol in Angriff nehmen. Sie hat von ihrer verstorbenen Großmutter ein Haus geerbt und bei ihrem ...

Endlich hat Amalia auch noch den allerletzten Fotoauftrag in Berlin abgewickelt und kann ihren Umzug nach Südtirol in Angriff nehmen. Sie hat von ihrer verstorbenen Großmutter ein Haus geerbt und bei ihrem letzten Aufenthalt funkte es zwischen ihr und ihrem alten Kindheitsfreund Felix gewaltig und sie wurden ein Paar. Ungeduldig wartete er auf ihren Umzug und bei jeder neuen Verzögerung wurde er ärgerlicher. Nun hat er sich schon seit Wochen nicht gemeldet und Amalia ahnt, dass sie einiges in Ordnung bringen muss.

Aber sie scheint zu spät zu kommen, denn Felix hat eine neue Liebe. Dr. Beate Sommer ist die neue Frau an seiner Seite, was Amalia erst mal einen Schock versetzt. Die Sommer ist zusammen mit einer weiteren Biologin, Celina Uhlig im Pustertal. Sie sollen dort die Ansiedlung von Wölfen wissenschaftlich begleiten. Ein heikles Thema in der Bevölkerung, die Bauern und Almhirten fürchten um ihr Wild und die Jäger um ihre Reviere. Die charmante und attraktive Celina kümmert sich allerdings nicht nur um die Wölfe. Auch den meisten männlichen Bewohnern des Ortes hat sie den Kopf verdreht und in einigen Ehen hängt der Haussegen gewaltig schief.

Doch dann ist es ausgerechnet Amalia die bei einer Skitour die übel zugerichtete Leiche von Celina Uhlig findet. Ganz offensichtlich wurde sie von Wölfen angegriffen. Amalia beweist ein weiteres Mal, dass sie über detektivischen Spürsinn verfügt und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei lernt sie auch den ausgesprochen charmanten neuen Polizeikommandanten Maresciallo Marchetti kennen.

Ein interessantes Thema bildet den Hintergrund für den neuen Kriminalroman um Amalia Engl. Die Ansiedlung von Wölfen ist in jedem Land sehr umstritten, so sehr die Umweltschützer und Naturfreunde die Rückkehr begrüßen, so sehr stellen sich Bauern und Viehhirten quer. Die Diskussion darüber fand auch Eingang in diese Geschichte und das gefiel mir sehr gut. Auch was ein fremder und frischer Wind in einer eingeschworenen Gemeinde anrichten kann, kommt sehr gut rüber.

Amalia ist eine taffe Frau, erfolgreich als Modefotografin will sie nun wieder in ihrer alten Heimat ansässig werden und merkt aber auch, dass sie schon ein wenig fremd geworden ist. Diesen Kontrast finde ich ebenfalls sehr reizvoll. Dann sorgen die Liebeswirren auch noch für ein turbulentes Durcheinander, was mein Lesevergnügen erhöhte. Die beiden Autorinnen, Christiane Omasreiter und Kathrin Scheck, erzählen farbig und lebendig. Die schöne, winterliche Landschaft des Pustertals bietet einen weiteren Höhepunkt. Man möchte am liebsten in den tiefverschneiten Wäldern – Wölfe hin oder her – Tourengehen und die Gegend erkunden.

Eine gelungene Auflösung, an die ich lange nicht auf dem Schirm hatte, rundet den Krimi ab. Und es gibt Grund sich auf den nächsten Band zu freuen, denn es ist noch nicht klar, wie sich Amalia entscheidet.

Veröffentlicht am 27.11.2019

Heimat im Herzen

Sehnsucht nach St. Kilda
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Die junge Witwe Rachel kämpft in London mit den Widrigkeiten des Alltags. Als alleinerziehende Mutter hangelt sie sich von einem Job zum anderen. Als Sam erkrankt bleibt ihr nur noch die Hilfe ihrer Großmutter ...

Die junge Witwe Rachel kämpft in London mit den Widrigkeiten des Alltags. Als alleinerziehende Mutter hangelt sie sich von einem Job zum anderen. Als Sam erkrankt bleibt ihr nur noch die Hilfe ihrer Großmutter Annie anzunehmen und zu ihr auf die Hebrideninsel Harris zu ziehen. Dort gibt es auch gleich einen kurzfristigen Job. Sie soll für 4 Wochen die Teilnehmer eines Workshops bekochen, der auf der unbewohnten Insel St. Kilda stattfindet.

Zu St. Kilda hat Großmutter Annie eine ganz besondere Beziehung. Sie gehörte als Kind zu den letzten Bewohnern der Insel, aber die Lebensumstände wurden immer härter und so wurden die letzten Siedler von der Regierung auf’s Festland umgesiedelt. Für Annie auch im hohen Alter immer noch ein Sehnsuchtsort, eine magische Erinnerung an ihren Jugendfreund Finlay.

Rachel spürt sehr schnell den besonderen Zauber dieser Insel und möchte ihrer Großmutter einen Wunsch erfüllen. Ein kleines Schatzkästlein mit einer geschnitzten Figur von ihrem Freund Finlay, das auf der Insel zurückgeblieben ist, möchte sie noch einmal in Händen halten. Auch Ailic, ein bekannter Fotograf ist auf die Insel gekommen, um wieder ein Gespür für die Welt zu bekommen.

Wieder hat Isabel Morland einen hinreißenden Schottland Roman geschrieben. Im zweiten Handlungsstrang kann der Leser in die Geschichte dieser abgelegenen Insel eintauchen und ihre Bewohner in den letzten Monaten in ihrer Heimat kennenlernen. Ein hartes und beschwerliches Dasein mit einem täglichen Kampf ums Überleben. Der Boden ist karg, die See rau und oft reichen die Vorräte kaum über den Winter. Aber die Gemeinschaft ist intakt, man hält zusammen, hilft sich und auch die Witwen oder die Alten werden mit versorgt. Es gibt Not, aber auch eine unglaubliche Freiheit und eine tiefe Verwurzelung mit der Scholle.

Diese Geschichte hat mich sehr tief berührt, sie beruht auf wahren Begebenheiten und hat mich in eine untergegangene Welt mitgenommen. Ich konnte nicht aufhören zu lesen und mich auf St. Kilda zu träumen.

In der Gegenwart findet Rachel immer mehr zu sich selbst und kann nach Jahren der Trauer um ihren früh verstorbenen Mann auch wieder neue Gefühle zulassen. Damit bekommt der Roman auch eine romantische Seite, die mir allerdings im Gegensatz zum historischen Teil, ein wenig glatt daher kam.

Aber mit dem Ende des Romans hat die Autorin noch einmal einen wunderschönen und warmherzigen Höhepunkt für ihr Buch gefunden und ich konnte es wirklich nur mit einem Seufzer zur Seite legen.

Wunderschöne Landschaftsbeschreibungen fangen die Atmosphäre von St. Kilda und Harris ein, es entstanden Bilder beim Lesen, die die Sehnsucht weckten. Darin wird die Geschichte von Annie und Rachel eingebettet und das ist wirklich gelungen.