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Veröffentlicht am 16.07.2019

Mörderjagd mit Häkelnadel

Leichenschmaus im Herrenhaus (Bee Merryweather ermittelt 2)
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South Pendrick im malerischen Cornwall hat in der letzten Zeit einige Bewohner verloren. Aber das neu hinzugezogene Ehepaar Percy und Lavinia Sheldrake ist nicht sehr angesehen. Arrogant und neureich lautet ...

South Pendrick im malerischen Cornwall hat in der letzten Zeit einige Bewohner verloren. Aber das neu hinzugezogene Ehepaar Percy und Lavinia Sheldrake ist nicht sehr angesehen. Arrogant und neureich lautet das Urteil der Dörfler. Lediglich Bee Merryweather bemüht sich um Lavinia, sie ist selbst erst einige Zeit ansässig und weiß wie schwer es ist heimisch zu werden. Wäre nicht ihr Engagement im Kirchenchor und ihre Spürnase für Ungemach, sie wäre immer noch isoliert.


Eines Tages – sie bringt grade eine Lieferung gehäkelter Eierwärmer zur Post – sieht sie einen Fremden vor dem Anwesen der Sheldrakes rumlungern. Und dieser Fremde wird einige Tage später im Park tot aufgefunden, nur unzureichend vergraben, der Nachbarshund hat ihn beim Spielen aufgespürt. Das lässt Bee keine Ruhe, vor allem weil sich die Sheldrakes plötzlich sehr seltsam verhalten.


Die Krimis von Karin Kehrer sind gemütliche Landhausgeschichten. Sie spielen in malerischen Dörfern – richtigen Postkartenidyllen – und ihre Figuren sind ähnlich gezeichnet. So ist die Teestubenbesitzerin eine Tratschtante und Giftspritze, die Polizisten gemütlich und die Dörfler kauzig. Da der Untertitel einen Cornwall - Krimi ankündigt, hätte ich mir etwas mehr Landschaftsbeschreibung gewünscht.


Die Hobbydetektivin und Häkelfan Bee Merryweather ist schon im Pensionsalter und hofft noch auf ein spätes Glück mit dem Arzt Marcus, der leider noch an seine manisch-depressive Ehefrau gebunden ist und dessen Scheidungspläne immer wieder verschoben werden. Dann nimmt Bee seufzend die Häkelnadel und produziert Eierwärmer im Dutzend oder wendet sich ihren Ermittlungen zu, die meist im Beobachten oder geschickt-aushorchenden Plaudereien bestehen.


Das ist nett und beschaulich erzählt, eine schöne Tasse Tee und ein flackerndes Kaminfeuer passen zum gemütlichen Stil der Autorin. Die Handlung ist ein wenig vorhersehbar, aber das ist in diesem Genre durchaus üblich. Der Leser weiß, was ihn erwartet und wird auch nicht enttäuscht.


Die Geschichten wenden sich eindeutig an ältere Leserinnen, zu denen ich mich nach Lebensjahren auch zähle, aber trotzdem wünschte ich mir auch in diesem Cosy Crime ein wenig mehr Tempo und Pep.

Veröffentlicht am 15.07.2019

Ein tolles Buch

Die geheime Mission des Kardinals
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Syrien 2010/2011 – noch herrscht ein brüchiger Frieden im Land, obwohl man spürt, dass es an vielen Ecken schon gärt. Die italienische Botschaft erhält eine sonderbare Lieferung: ein Fass mit Olivenöl, ...

Syrien 2010/2011 – noch herrscht ein brüchiger Frieden im Land, obwohl man spürt, dass es an vielen Ecken schon gärt. Die italienische Botschaft erhält eine sonderbare Lieferung: ein Fass mit Olivenöl, darin eingelegt die Leiche des Kardinals Cornaro. Kommissar Barudi, der kurz vor seiner langersehnten Pensionierung steht, wird mit dem Fall konfrontiert. Er weiß, dass er nur verlieren kann. Politische Verwicklungen sind vorprogrammiert und Recht und Gesetz sind in Syrien schon lange in der Hand des Geheimdienstes und seiner Günstlinge.

Barudi lässt sich allerdings nicht schrecken. Schon bald entdeckt er besondere Zeichen am Leichnam des Kirchenmannes: Goldmünzen unter den geschlossenen Augen und den Kardinalsring am falschen Finge. Bald steht im der italienische Beamte Mancini zur Seite – der Fall hat schließlich eine internationale Bedeutung.

Rafik Schami hat in diesem wunderschönen Roman den Hintergrund einer Kriminalhandlung gewählt um ein farbiges und realistisches Bild von Damaskus kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs zu zeichnen. Kenntnisreich, wie ich finde und sehr persönlich. Das Alltagsleben in Damaskus ist farbig und exotisch und doch spürt man, dass überall die Staatsmacht und die Geheimdienste lauern. Trotzdem pulsiert die Stadt, man trifft sich in Kaffeehäusern und kleinen Lokalen, der Duft von Kaffee und Kardamom und Gewürzen wird lebendig.

Wie immer spürt man den geborenen Erzähler Schami, er schweift ab, fügt kleine Episoden und Exkursionen zu allen möglichen Themen zu und doch haben all diese Abschweifungen eine Bedeutung für die Geschichte. Wir erfahren viel über Barudis Ehe, sein Leben, die Hoffnungen und Enttäuschungen die es ihm gebracht hat. Daraus resultiert eine Altersweisheit und Gelassenheit die sämtliche Widrigkeiten im korrupten Polizeiapparat an ihm abprallen lassen. Ich habe den Mann sofort ins Herz geschlossen.

Der Roman bietet Schami die Möglichkeit viel über die verschiedenen Religionen Syriens in die Handlung einfließen zu lassen. Das fand ich sehr interessant und füllte auch einige meiner Wissenslücken.
Dazu kommt Schamis Sprache, die mich immer wieder aufs Neue bezaubert, ich habe mich einfach von der Geschichte einfangen lassen und die Zeit über der Lektüre vergessen. Ich meine fast, jeder neue Roman von ihm übertrifft seine vorherigen Bücher.

Veröffentlicht am 15.07.2019

Von Gegnern zu Verbündeten

Fünf Sterne für dich
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Von Gegnern zu Verbündeten, so scheint es Pia und Konrad zu gehen. Pia ist als Seiteneinsteigerin Lehrerin geworden und bekommt nun ihre erste Klassenleitung, zusammen mit Tom Wohlfahrt, der ihr als pädagogischer ...

Von Gegnern zu Verbündeten, so scheint es Pia und Konrad zu gehen. Pia ist als Seiteneinsteigerin Lehrerin geworden und bekommt nun ihre erste Klassenleitung, zusammen mit Tom Wohlfahrt, der ihr als pädagogischer Mentor zur Seite gestellt wurde. Konrads Tochter ist in Pias Klasse und so trifft er sie am ersten Elternabend. Pia ist engagiert, will neue Konzepte ausprobieren, agiert aber noch manchmal unsicher. Das entgeht Konrad nicht, der ein einfaches Weltbild aufgebaut hat. Er vergibt für alles und jeden Sterne, im Geist formuliert er seine Bewertungen – und das macht er auch beruflich. Er schreibt professionelle Rezensionen für Online Shops, meist euphorische, denn schließlich wird er von den Herstellern bezahlt. Pia kommt nicht so gut weg, obwohl er sie recht ansehnlich findet. Aber er lässt sich übertölpeln und sieht sich plötzlich zum Elternsprecher gewählt.
Als Pia zufällig Konrads Notizen findet, sinnt sie auf Rache und überhäuft ihn mit unsinnigen Aufgaben, aber als ein Schüler gemobbt wird, wird ausgerechnet Konrad zu ihrem Verbündeten.
Charlotte Lucas hat ihre Geschichte hübsch ausgedacht, gerade die Szenen am Elternabend sind komisch und dem Leben abgeschaut. Konrad muss natürlich erst noch einmal richtig wachgerüttelt werden, dabei merkt er, dass seine Tochter Mathilda längst nicht mehr das kleine Kind ist, wie er es immer gern hätte. Es macht Spaß zu lesen, wie Konrad aus seiner Komfortzone gerissen wird und wie aus der unsicheren Pia eine selbstbewusste junge Frau wird.
Die Figuren sind allesamt sehr sympathisch und liebenswert, selbst die als Gegenpart notwendigen nervigen oder unangenehmen Charaktere haben Potential. Nebenbei wird auch das Thema Mobbing sehr gut geschildert, wie schnell aus einem Schüler ein Außenseiter werden kann, ist realistisch und deshalb auch erschreckend. Gleichzeitig zeigt die Autorin auch, wie Jugendlichen damit umgehen können. Das bleibt aber alles im Rahmen einer flufflig leichten Liebesgeschichte, wie der Titel schon verrät.
Ein richtiges Wohlfühlbuch mit vielen komischen Szenen und einem gelungenen Happy End.

Veröffentlicht am 14.07.2019

Habe ich gern gelesen

Ostseeangst
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Erzieherin Becca Merthien unternimmt mit ihrer Wohngruppe eine mehrtägige Kajakfahrt. Die Jugendlichen sollen Vertrauen fassen und noch mehr als Team zusammen finden. Aber das wird schwierig, schon während ...

Erzieherin Becca Merthien unternimmt mit ihrer Wohngruppe eine mehrtägige Kajakfahrt. Die Jugendlichen sollen Vertrauen fassen und noch mehr als Team zusammen finden. Aber das wird schwierig, schon während dem ersten Tag merkt Becca, dass sie sich zu viel vorgenommen hat. Als am Abend in der Asche des Lagerfeuers eine menschliche Hand gefunden wird, ist die Situation kaum noch unter Kontrolle.

Pia Korittke von der Lübecker Mordkommission beginnt mit ihren Ermittlungen. Am nächsten Tag ist die Erzieherin verschwunden und weitere Leichenteile tauchen auf. Die Jugendlichen mauern und die Ermittlungen sind schwierig, vor allem weil Pia ziemlich auf sich allein gestellt ist. Ihr Vorgesetzter will sie aus den Ermittlungen ausschließen, weil sie ihm nach einem privaten Trauerfall zu labil erscheint und zieht auch die Kollegen auf seine Seite.

Ich hatte am Anfang einige Startschwierigkeiten, aber das lag sicher nicht am Reihencharakter, auch wenn es der 14. Band mit der Protagonistin ist. Obwohl ich nur einen oder zwei der Vorgänger gelesen hatte, bin ich mit den Personen gleich wieder vertraut geworden und hatte nie das Gefühl, dass mir Basiswissen fehlt. Erst beim zweiten Anlauf bin ich über den Prolog hinausgekommen, aber dann hat mich die Geschichte richtig gepackt.

Bald schon stellt sich heraus, dass Pia tief in der Vergangenheit der Personen graben muss um Antwort auf viele Fragen zu bekommen und das nicht alles so ist, wie es den Anschein hat. Der Plot ist wirklich sehr spannend aufgebaut und nimmt immer wieder eine trickreiche Wendung, nie ist die Lösung vorhersehbar. Ein zweiter Handlungsstrang führt auf einen Bauernhof. Die zwei Söhne des Landwirts könnten unterschiedlicher nicht sein und auch hier spürt Pia, dass es viele Ungereimtheiten gibt. Raffiniert führt die Autorin die beiden Teile zusammen und lässt ihre Leser sehr lange rätseln, bis sich der Fall sehr schlüssig löst.

Wie immer hat mir der Erzählton gefallen. Überwiegend wird aus der Sicht von Pia Korittke erzählt, die mit Widerständen im Kommissariat kämpfen muss, als sich ihr Fall mit LKA Ermittlungen überschneidet und sich der Kollege anfangs auch noch als Ekelpaket entpuppt. Da sie auch die Bedürfnisse ihres kleinen Sohnes nicht vernachlässigen will, steht sie immer unter Rechtfertigungszwang, wenn sie ihre Arbeitszeiten einhalten will. Diese Frauenfigur ist wirklich wie aus dem realen Leben geschnitten und das hat mir besonders gut gefallen.

Ein empfehlenswerter Krimi, auch für Neueinsteiger.

Veröffentlicht am 09.07.2019

Zweiter Fall für Eddie Beelitz

Jenseits von schwarz
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„Jenseits von Schwarz“ ist der zweite Band der geplanten Trilogie um die junge, alleinerziehende Kommissarin Edith ,Eddie‘ Beelitz. Sie lebt in Bochum in einer Sozialsiedlung und was an Komfort fehlt, ...

„Jenseits von Schwarz“ ist der zweite Band der geplanten Trilogie um die junge, alleinerziehende Kommissarin Edith ,Eddie‘ Beelitz. Sie lebt in Bochum in einer Sozialsiedlung und was an Komfort fehlt, macht die herzliche Nachbarschaft wieder wett. Nachbarin Mütze ist jederzeit bereit als Kindermädchen für die kleine Lotti einzuspringen und im Gegenzug hilft Eddie bei Formularen fürs Amt.

Schon einmal ist sie mit dem ehemaligen Boxer Zombie Rheinhardt in Konflikt geraten und ausgerechnet er stellt sich als Vater der kleinen Jo heraus, die Lottis beste Freundin geworden ist. Zombie, der seinen Spitznamen seinen Tätowierungen und seinen Aggressionen zu verdanken hat, arbeitet als Wachmann in einer Suchtklinik und wird eines Abends überfallen und niedergeschlagen, den Angriff meldet er der Polizei. Beim nächsten nächtlichen Rundgang wird er wieder von zwei bewaffneten Männern angegriffen, er wehrt sich und tötet sie in Notwehr, so seine Aussage bei der Polizei.
Eddie glaubt seiner Version und lässt ihn anfangs bei sich untertauchen, später schleicht sich Zombie unter falschen Namen als Patient in die Suchtklinik und unterstützt ihre Spurensuche. Derweil scheinen sich in ihrem Privatleben die Ereignisse zu überschlagen.

Der ganze Krimi ist auf die außergewöhnliche Hauptfigur Eddie zugeschnitten. Außergewöhnlich – weil sie mit einer für sie völlig neuen Situation zurechtkommen muss und auch weil sie eigentlich überhaupt nicht gerne Polizistin ist. Aber sie nimmt jede Situation an und versucht das Beste daraus zu machen. Sie ist selbstbewusst und trotzdem manchmal unsicher, sie verbeißt sich in ihren Fall, auch wenn ihr Vorgesetzter die Sache längst zu den Akten legen möchte und sie lässt keine Vorurteile gelten. Das betrifft ganz besonders Zombie, dessen andere, weitaus sanftere Seite sie auch kennengelernt hat.

Abwechselnd lässt Lucie Flebbe beide Figuren in der Ich-Form zu Wort kommen und so lernt man das Innenleben der Protagonisten sehr gut kennen. Das Zwischenmenschliche ihrer Figuren macht einen wichtigen Teil des Krimis aus und trägt den ganzen Plot. Es ist nicht nur ein Kriminalfall der sich sehr vielschichtig entwickelt, sondern auch eine Beziehungsgeschichte, die sehr ausgefallen ist und lebendig ist. Die Autorin hat mit Zombie Rheinhardt einen interessanten und widersprüchlichen Charakter geschaffen und obwohl sie ihn mit vielen abschreckenden Details ausgestattet hat, kann der Leser gar nicht anders, als Sympathie zu entwickeln.
Außerordentlich gut gelungen fand ich die Beschreibung der Klinik und der Patienten, Alkohol- und Spielsucht werden dort behandelt und hier merkt man ganz deutlich, dass die Autorin da viel Recherche einfließen ließ.

Auch wenn der eigentliche Kriminalfall manchmal zur Nebensache wird, ist das Buch spannend und authentisch und ich bin jetzt schon sehr auf die abschließende Folge gespannt.