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Veröffentlicht am 09.10.2019

Dreizehn Särge

Der dreizehnte Sarg
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In einem alten Atombunker, der seit Jahren wie vergessen scheint, wird die Leiche eines Obdachlosen gefunden. Die Kriminalpolizei wird eingeschaltet um ein Verbrechen auszuschließen. Als DCI Mark Lapslie ...

In einem alten Atombunker, der seit Jahren wie vergessen scheint, wird die Leiche eines Obdachlosen gefunden. Die Kriminalpolizei wird eingeschaltet um ein Verbrechen auszuschließen. Als DCI Mark Lapslie dazu gerufen wurde, macht er eine makabre Entdeckung. Weiter hinter im Bunker stehen Miniatursärge, 9 mit geschlossenen Deckeln und 3 offene Särge, bei denen Puppen in unterschiedlicher Kleidung davorstehen. Eine Braut in weißem Kleid, ein Armeeangehöriger in Uniform und ein Lehrer. Das weckt in Lapslie dunkle Vorahnungen, die prompt bestätigt werden, als eine junge Braut beim Verlassen der Kirche erschossen wird.
In der Höhle ist jetzt ein weiterer Puppensarg geschlossen, darin die Brautpuppe mit einem blutigen Kleid und einem Loch in der Brust!
Kleinteilige Polizeiarbeit und die Suche nach einem Motiv machen Lapslie zu schaffen, vor allem als ihm klar wird, dass auch er im Visier des Serienmörders steht.
Neben der durchgehenden Handlung geben Rückblenden aus dem Leben der noch unbekannten, früheren Opfer und den Gedankensplittern des Täters dem Plot eine ganz besondere Faszination. Die Spannung steigert sich kontinuierlich und die mysteriöse Geschichte der Puppen hat mich richtig gefangen genommen. Ganz besonders, als ich nachlesen konnte, dass es den Fund der Puppensärge tatsächlich gab und ihr Geheimnis bis heute nicht gelöst ist.
Die Interpretation des Autors ergibt einen fesselnden Krimi, der mich von der ersten Seite an überzeugte.
Ganz besonders gelungen charakterisiert fand ich die Hauptfigur. DCI Lapslie leidet an Synästhesie, seine Sinneseindrücke vermischen sich. Er nimmt Geräusche als Aromen wahr. So schmeckt er Stimmen fast unmittelbar im Gaumen, laute Geräuschkulissen brechen wie eine Geschmacksorgie auf ihn ein, die ihn bis zur Übelkeit reizt. Eine Einschränkung, die er nicht unterdrücken kann und die ihm im Polizeialltag auch zu schaffen macht.
Die Sprache des Buches liest sich flüssig und fesselnd und die Idee der Geschichte hat mich vollkommen überzeugt. Ein empfehlenswerter Krimi.

Veröffentlicht am 02.10.2019

Schätzles Schatz

Totentracht
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Nach einem privaten und beruflichen Reinfall beschließt Marie Kaltenbach sich vom turbulenten Berlin wieder zurück in ihre Heimat Schwarzwald versetzen zu lassen. Aber schon der Dienstbeginn steht unter ...

Nach einem privaten und beruflichen Reinfall beschließt Marie Kaltenbach sich vom turbulenten Berlin wieder zurück in ihre Heimat Schwarzwald versetzen zu lassen. Aber schon der Dienstbeginn steht unter keinem guten Stern, ihr passiert ein Wildunfall und der grobschlächtige Bauer, der als erster am Unfallort ist, stellt sich nur wenige Zeit später als der Kollege Winterhalder heraus. Zwei Kollegen wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, müssen nun an einem Strang ziehen. Denn der erste Fall lässt nicht lange auf sich warten.

Geocacher haben in einer Gruft die Leiche eines Mannes gefunden, der in Schwarzwälder Tracht samt Schäpel gesteckt wurde. Da Winterhalders Sohn zu den Geocachern gehört, ist klar, dass er gleich „Bapa“ anruft.

Der Tote handelte mit „Antiquitäten“, aber was in seinem Laden zu finden ist, ist eher ein buntes Sammelsurium. Hat der Tod wirklich etwas mit dem geheimnisvollen verschollenen Wartenberger Schatz zu tun?

Winterhalder, im Nebenerwerb tatsächlich noch Bauer und Freund von Selbstgeschlachtetem kommt immer ein wenig derb und ungeschlacht daher. Kaltenbach dagegen ist Veganerin und aus Berlin ganz andere Dinge als ein gleichgeschlechtliches Ehepaar gewöhnt. Da stoßen zwei Weltbilder aufeinander, was natürlich auch zu vielen saukomischen Szenen führt, die das Autorenteam auch genüsslich zelebrieren.

Winterhalders ungeschickte Kommunikation führt auch daheim beim trauten Eheglück zu Problemen, an denen Marie Kaltenbach nicht ganz unschuldig ist.

Schon das Titelbild verspricht einen Regionalkrimi, bei dem der Humor und Witz an erster Stelle stehen. So tritt auch der eigentliche Mordfall schon mal in den Hintergrund. Aber trotzdem bleibt die Suche nach dem Täter spannend und nimmt auch im letzten Teil des Buchs wieder richtig an Fahrt auf. Gelungen fand ich die Mischung von Humor und Regionalität mit der Kirmihandlung. Das Timing der Gags und der witzigen, teils ins Absurde tendierenden Dialoge – ich denke da an die Befragung des Fürsten – passt punktgenau und man merkt den Spaß den die Autoren damit hatten.

Ich lese gerne Regionlkrimis mit Dialekteinsprengseln und bin hier auf meine Kosten gekommen. Mir hat das Buch richtig Spaß gemacht und ich freue mich schon auf weitere Bände und die weitere Zusammenarbeit von Winterhalder und Kaltenbach.

Veröffentlicht am 28.09.2019

Der Scherbenbaum

Der Geschmack unseres Lebens
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Ella ist 5 Jahre alt, als sie ihre Mutter verliert, in ihrer Erinnerung bleibt sie lebendig, der Duft von Kuchen und Schokolade ist untrennbar mit ihr verbunden. Jahre später stirbt ihr Vater, ihre geplante ...

Ella ist 5 Jahre alt, als sie ihre Mutter verliert, in ihrer Erinnerung bleibt sie lebendig, der Duft von Kuchen und Schokolade ist untrennbar mit ihr verbunden. Jahre später stirbt ihr Vater, ihre geplante Heirat ist geplatzt, weil sie den Vater in der letzten Zeit pflegte und deshalb nicht mit ihrem Verlobten in die USA gehen konnte. Sie zieht die Zwillinge allein auf. Auch ihr Bruder hat die Familie verlassen, nach einem Zerwürfnis mit dem Vater ging er zum Militär und kehrt auch danach nicht mehr in die Heimat zurück. Ella konnte die hochverschuldete Haselnussplantage nicht mehr halten, mit Wehmut geht sie einen neuen Schritt und eröffnet im nahegelegenen Alba eine Chocolaterie, ein kleines Juwel für das sie auf die alten Rezepte ihrer Mutter zurückgreift.

Doch die Vergangenheit ist noch nicht abgeschlossen, Ella muss sich einem Familiengeheimnis stellen.

„Der Geschmack unseres Lebens“ ist ein wunderschöner, einfühlsamer Frauenroman. Die Autorin lässt ihre Leserinnen tief in die Seele ihrer Protagonisten blicken und nimmt sie damit gleich von Anfang an gefangen. Viele kleine Rückblenden führen – Erinnerungen gleich – in die Vergangenheit und Schicht für Schicht enthüllen sich die Geheimnisse und die Ereignisse von früher. Das ist alles sehr emotional erzählt, die Geschichte bleibt dabei anmutig und zauberhaft und punktet mit einer wunderbaren Landschaft - das Piemont. Mit allen Sinnen will der Roman seine Leserinnen ansprechen und man spürt die Düfte und den Geschmack von Nüssen, Schokolade und Trüffeln.

Kleine Nebenhandlungen in Gegenwart und Vergangenheit runden das Handlungsgerüst ab. Der Fund von alten Briefen einer historischen, unglücklichen Liebesgeschichte oder die aufkeimende Zuneigung von Andrea und Mahesh, die viele Hindernisse überwinden müssen oder die zauberhafte Altersliebe von Sophia und Salvatore, alles zusammen macht diesen Roman rund und lesenswert.


Meine Empfehlung: lasst Euch ins Piemont entführen

Veröffentlicht am 26.09.2019

Der Tote im Eis

Der Tote am Gletscher
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Ein roter Punkt auf dem Titelbild signalisiert „Südtirol Krimi“. Aber diesen Debütroman von Lenz Koppelstätter als Regionalkrimi einzuordnen ist zu wenig.
Commissario Grauner ist selbst so ein echter Charakter. ...

Ein roter Punkt auf dem Titelbild signalisiert „Südtirol Krimi“. Aber diesen Debütroman von Lenz Koppelstätter als Regionalkrimi einzuordnen ist zu wenig.
Commissario Grauner ist selbst so ein echter Charakter. Südtiroler von Geburt, fühlt er sich dem heimischen Bauernhof und seinen Kühen oft näher als seinem Beruf. Er liebt seine Heimat, die Berge, die Täler und den ganz besonderen, schweigsamen Menschenschlag. Das macht Polizeiarbeit nicht immer einfach, aber mit Beharrungsvermögen sind ihm schon viele Ermittlungserfolge gelungen. Ihm zur Seite gestellt ist Claudio Saltapepe aus Sizilien. Nun gibt es häufig in Südtirol den alten Konflikt zwischen Einheimischen und italienischer Verwaltung und Amtsträgern. Aber das allein ist es nicht, was die Zusammenarbeit der Beiden schwierig macht. Es sind die konträren Charaktere, die sich an einander reiben. Allerdings haben beide wohl mehr gemeinsam, als sie sich eingestehen wollen. Aus dieser Reibung entsteht eine Spannung im Ermittlungsablauf, die den Reiz für den Leser noch erhöht.
Ein Sonderling wird ermordet auf einem Gletscher gefunden. Fast Augenzeuge des Delikts ist der Skipistentoni, auch ein Sonderling, der abends und nachts mit seinem Raupenfahrzeug die Skipisten präpariert. Die Nächte verbringt er oft mit seiner Brotzeit in einer der Lifthütten, so fallen ihm in dieser Sturmnacht auch Lichter auf und in der Annahme ein verirrter Skitourengeher sei in Not, setzt er seine Pistenraupe in Bewegung. Dabei stört er den Mörder, kommt aber mit einer Kopfverletzung davon. Grauner und sein Inspektor machen sich auf die Tätersuche, wohl wissend, dass ohne diesen Zufall die Leiche auf Nimmerwiedersehen in einer Gletscherspalte verschwunden wäre und niemand den Toten, der wie ein Waldmensch allein in einer Höhle hauste, vermisst hätte. Das Opfer ist durch einen Pfeil ums Leben gekommen, seine Kleidung scheint selbst gefertigt zu sein, ein steinzeitlich anmutendes Tattoo findet sich auf seinem Knöchel und die Ähnlichkeiten zur Gletscherleiche „Ötzi“ drängen sich dem Leser auf. Erst recht, als der Pfeil als Steinzeitpfeil aus dem Ötzimuseum identifiziert wird.
Der Roman bleibt von der ersten bis zur letzten Seite spannend, obwohl viele Spuren gelegt sind, bleibt der Leser lange bis zur überraschenden Aufklärung über die Motive im Dunkeln. Es ist ein spannender komplexer Kriminalroman mit vielschichtigen Figuren und echten Charakteren.
Auf dem Cover steht als Untertitel „Ein Fall für Commissario Grauner“, das lässt hoffen, dass Lenz Koppelstätter schon bald an einem neuen Kriminalfall schreibt.

Veröffentlicht am 25.09.2019

Die Friesen Detektei

Nordseenebel
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Raphael Freersen ist das schwarze Schaf in der Familie der Kaffeedynastie. Sein Interesse gilt in erster Linie Frauen und schnellen Autos. Das Geld wirft er mit beiden Händen zum Fenster raus. Doch damit ...

Raphael Freersen ist das schwarze Schaf in der Familie der Kaffeedynastie. Sein Interesse gilt in erster Linie Frauen und schnellen Autos. Das Geld wirft er mit beiden Händen zum Fenster raus. Doch damit ist jetzt Schluss – sein Vater hat ihm endgültig den Geldhahn zugedreht. Da kommt das Erbe von Onkel Georg gerade zur richtigen Zeit, auch wenn das Haus auf Föhr ziemlich spießig ist, dazu erbt er eine Privatdetektei und einen ungelösten Fall. Man liebsten würde er auf der Stelle abhauen, aber dann fühlt er sich doch in seiner Ehre gepackt.

Selten war mir ein Schnösel so schnell sympathisch wie Raphael. Das liegt auch an der augenzwinkernden Charakterisierung. Bald wird klar, dass er zwar bellt, aber nicht beißt. Ganz im Gegenteil, dafür sorgen dann auch seine zwei Assistentinnen, die er zusammen mit der Detektei „geerbt“ hat. Ein ungelöster Fall liegt noch auf dem Schreibtisch, die Auftraggeberin möchte wissen, ob ihre Tochter wirklich bei einem Badeunfall ums Leben kam, denn ihre Leiche wurde nie gefunden. Für sie ist ihr Schwiegersohn verdächtig.

Die Recherche beginnt recht mühselig, Raphael hat es eben nicht so sehr mit subtilen Befragungen oder Observierungen. Da macht er schon bald einige unliebsame Erfahrungen. Das hat Heike Denzau wirklich mit viel Humor und Freude an skurrilen Szenen aufs Papier gebracht. Dabei ist die Geschichte kein Schmunzelkrimi, im Gegenteil. Die Recherchen führen Raphael schon bald zu einem schrecklichen Verdacht.

Es macht wirklich viel Freude sich von Raphaels Detektivspiel anstecken zu lassen und mitzurätseln. Der Krimi ist spannend und humorvoll und die Mischung ist dabei perfekt. Der kurzweilige Stil von Heike Denzau hat mir sehr gut gefallen und Föhr ist der perfekte Hintergrund.

Die Figuren dieses Krimis haben mir, bis hin zu kleinen Nebenfiguren sehr gut gefallen. Sie wirken frisch und lebendig und brachten sofort das Kopfkino in Schwung.

Das Buch soll der Auftakt einer Serie mit Raphael werden, da darf man schon gespannt auf die weiteren Entwicklungen sein.