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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2018

Cottage Liebe

Cottage mit Meerblick
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Nach einer kräftezehrenden Krebstherapie und einer gescheiterten Ehe zieht sich Claire für einige Wochen in ein kleines Cottage am Meer zurück. Sie will Ruhe tanken, zu sich selbst finden und gestärkt ...

Nach einer kräftezehrenden Krebstherapie und einer gescheiterten Ehe zieht sich Claire für einige Wochen in ein kleines Cottage am Meer zurück. Sie will Ruhe tanken, zu sich selbst finden und gestärkt in den Alltag zurückkehren. Aber das Cottage steht nicht ganz einsam, direkt nebenan wohnt ein sehr gutaussehender, aber auch abweisender Mann. Claire beobachtet ihn beim frühmorgendlichen Schwimmen und fast gegen ihren Willen, findet sie ihn sexy und anziehend. Wenn er doch nicht so ein Stoffel wäre, eine Bitte um nachbarschaftliche Hilfe, kommt er nur sehr widerstrebend nach. Aber nach und nach taut Ed auf und auch Claire kommt aus ihrem Schneckenhaus. Doch beide schrecken vor einer intimen Begegnung zurück. Claire, weil sie sich ihrer Narben nach dem Brustkrebs schämt und Eds Beweggründe bleiben im Dunklen.
Doch selbst zurück im Alltag, als ihr Berufsleben wieder Fahrt aufnimmt und sie mit vielen neuen Ideen für ihre Zeitungskolumne eine breite Leserschaft findet, kann sie die Zeit im Cottage und vor allem Ed nicht vergessen.
Dieser Roman ist trotz der ernsten Ausgangssituation sehr leicht und unterhaltsam erzählt. Als Leserin war mir beim ersten Zusammentreffen klar, dass es nur in ein Happy End münden konnte. Beim Erzählstil schwankte ich ein wenig. Zwischen einem stimmungsvollen Beginn und einem schönen Ende lagen auch viele Kapitel die ich nur durchschnittlich empfand. Die Wendungen und Schwierigkeiten wirkten aufgesetzt, so als müsste das Ende noch hinausgezögert werden um einen ordentlichen Buchumfang zu garantieren. Dazu kamen sehr viele Wiederholungen, zum Beispiel, wenn Szenen die erlebt wurden dann fast wortgleich der Schwester und den Freundinnen erzählt werden. Auch manche Ausdrücke – vielleicht der Übersetzung geschuldet – fielen mir auf. „Gnädige Dame“ sagt das jemand so?
Mein Fazit: ein schnell gelesener Unterhaltungsroman für zwischendurch, aber ein bisschen mehr Substanz hätte er schon haben dürfen, auch wenn mich die letzten Kapitel wieder positiver gestimmt haben.

Veröffentlicht am 29.08.2018

Eine Hütte am Strand

Miss Olivia und der Geschmack von Gin
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Olivia spürt schon manchmal ihr Alter und gibt deshalb auch nach, als ihr überfürsorglicher Sohn sie zum Umzug in eine Seniorenresidenz überredet. Nur ihre geliebte Strandhütte möchte sie behalten, viele ...

Olivia spürt schon manchmal ihr Alter und gibt deshalb auch nach, als ihr überfürsorglicher Sohn sie zum Umzug in eine Seniorenresidenz überredet. Nur ihre geliebte Strandhütte möchte sie behalten, viele Erinnerungen sind damit verknüpft und sie liebt die frühen Spaziergänge am Strand und das abendliche Gin Ritual.

Aber das Heim erweist sich als rigoros geführt, es gibt zwar erstklassige Versorgung aber keine persönlichen Freiheiten. Sie findet mit Veronica und Randy zwei gleichgesinnte Heimbewohner und sie beschließen sich einfach raus zu schleichen um die Abende mit einen schönen Gin am Strand genießen zu können. Bald finden sich weitere Freunde ein und das Trio beschließt einen Gin Club zu gründen.

Es ist der Lebensmut und der Optimismus von Olivia, die in dieser Geschichte besonders überzeugt. Sie ist eine liebenswerte, aber auch eigensinnige Frau, die nicht mit dem Wechsel der Wohnform auch ihre Freiheit abgeben möchte. Das führt zu vielen unterhaltsamen, ja manchmal richtig spannenden Situationen. Denn das Oakley-West-Trio, wie die Drei bald genannt werden, mischen das Heim so richtig auf.

Durch das ganze Buch ziehen sich Andeutungen um ein dunkles Familiengeheimnis, das bis heute die Beziehung zu ihrem Sohn Richard belastet. Das wurde mir ein wenig zu häufig thematisiert, vor allem da die Auflösung später dann eher beiläufig erfolgt.

Ein turbulentes Ende, das noch von allen Beteiligten den vollen Einsatz verlangt, beschließt mit einem zweifachen Happy End die Geschichte. Auch hier fand ich, dass die Autorin ein wenig übers Ziel hinausgeschossen ist. Trotzdem gehört dieser Roman zu den Geschichten, die man anfängt und einfach nicht mehr aufhören mag, bis die letzte Seite umgeblättert ist. Danach bleibt noch ein wohliges Gefühl und ein Lächeln zurück.

Liebenswert und charmant, damit kann man die gelungene, leichte Lektüre beschreiben.

Veröffentlicht am 28.08.2018

Wenn nichts bleibt

Mit der Faust in die Welt schlagen
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Wir schreiben das Jahr 2000. Aus den versprochenen blühenden Landschaften sind öde, verlassene Gegenden geworden. Dort wachsen die Brüder Philipp und Tobias auf. Zwar hat man den verhassten Plattenbau ...

Wir schreiben das Jahr 2000. Aus den versprochenen blühenden Landschaften sind öde, verlassene Gegenden geworden. Dort wachsen die Brüder Philipp und Tobias auf. Zwar hat man den verhassten Plattenbau am Ortsrand hinter sich gelassen und ein kleines, mit viel Eigenleistung erbautes Einfamilienhaus bezogen, aber das war es dann auch schon an Idylle. Es gibt nichts, was Anregung oder Freizeitgestaltung verspricht, wenn man den verlassenen, überwucherten ehemaligen Steinbruch außen vor lässt. In den Ferien gibt es nur das Fernsehen, die Eltern arbeiten und ein gemeinsamer Urlaub ist nicht im Familienbudget drin.
Die Lehrer und die Erwachsenen schweigen, an einem Plattenbau mit schwarz verrußten Fenstern fährt man schnell vorbei. Wenn mal jemand was sagt, dann ist von „Zecken“ und „Polacken“ die Rede. In dieser hoffnungslosen Umgebung wachsen die Brüder heran, bald üben die Halbwüchsigen, die mit ihren Motorrädern vor der Schule posieren einen großen Reiz auf sie auf. Sie haben einfache Lösungen und große Sprüche parat, während Philipp den Irrweg erkennt, ist Tobias bald ganz in der Faszination der Szene gefangen.
Ganz kühl und sachlich und ohne Emotionen schildert der Autor eine Gegend, die er aus eigenem Erleben kennt. Er ist in Ostsachsen geboren und aufgewachsen. Wenn man verstehen will, wie sich eine Grundhaltung in der Bevölkerung entwickeln konnte, der wir fremd und mit Entsetzen gegenüber stehen, wird in diesem Roman viel Hintergrund finden. Die Trostlosigkeit der Landschaft und der Orte, denen Arbeitsplätze weggebrochen sind, deren Bewohner zwischen Resignation und Trotz schwanken, setzt sich in der Familiengeschichte fort.
Ich konnte wenig Empathie für die beiden Hauptprotagonisten entwickeln, dazu ist Rietzschels Schreibweise zu distanziert. Ich finde aber, dass er genau den Ton getroffen hat, der zu dieser Geschichte passt.
Wenn nichts bleibt, wenn es keine Hoffnung gibt, keine Perspektiven, dann scheinen die, die am lautesten schreien und die griffigsten Parolen haben, doch Recht zu behalten.
Ich hätte mir im Roman manchmal etwas mehr Stringenz gewünscht, die Lektüre war kein Vergnügen, aber ich halte es für ein wichtiges und wahres Buch.

Veröffentlicht am 24.08.2018

Harter Stoff

Dreckiger Schnee
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Aidan Waits war Detective, aber nach einem Griff in die Asservatenkammer und anderen Fehltritten wird er rausgeworfen. So ist die offizielle Version, in Wirklichkeit soll er sich under cover Zutritt zu ...

Aidan Waits war Detective, aber nach einem Griff in die Asservatenkammer und anderen Fehltritten wird er rausgeworfen. So ist die offizielle Version, in Wirklichkeit soll er sich under cover Zutritt zu einem Drogenring und seinem Boss verschaffen, der ein perfektes System des Handels aufgezogen hat. Junge Mädchen sind seine Kuriere und Geldeintreiber. Übrigens bis auf den Rauswurf stimmen die Vorwürfe, Aidan ist ziemlich weit unten, konsumiert Drogen und Alkohol und muss sich gar nicht groß verstellen, er wirkt perfekt.
Doch dann bekommt sein Einsatz eine ganz besondere Wende, Isabelle, die Tochter eines Abgeordneten ist von zu Hause abgehauen und scheint in die Fänge des Drogenbosses geraten zu sein. Aidan Waits soll sie ausfindig machen und zurückbringen.
Die ersten Kapitel haben mich stark herausgefordert. Ich fand sie verwirrend und kompliziert, ständig gab es Anspielungen und Halbsätze, die ich erst wieder nachlesen musste. Erst nach einiger Zeit hatte den Durchblick. Der Thriller - ein Debüt - ist sehr temporeich geschrieben. Manchmal fand ich das fast übertrieben, aber der Autor setzt es als Spannungsmittel ein. Dreckiger Schnee ist eigentlich ein Slangausdruck für unsauberes Heroin, aber hier ist alles dreckig. Dreckig und brutal und direkt! Drogen, Sex und ausufernde Gewalt machen das Buch aus, wer das mag, der kommt bei diesem Thriller wirklich auf seine Kosten. Auch das ich bei Aidan Waits bis zum Schluss nicht wusste, ob er eine Rolle spielt, oder wirklich so tief unten gelandet ist, hat mich irritiert. Es ist nicht mein Buch gewesen, obwohl ich zugeben muss, dass ich nach der Hälfte auch gefesselt war, die Spannung war unglaublich hoch und ich wollte dann doch bis zum Ende durchhalten.
Für Fans von harten Thrillern ist dieser Autor sicher eine Neuentdeckung.

Veröffentlicht am 23.08.2018

Kurve kratzen

Signor Rinaldi kratzt die Kurve
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Der alte und zynisch gewordene Schriftsteller Pietro hat eben sein Abschiedsbrief beendet, alle Vorbereitungen für seinen Selbstmord sind getroffen, die ersten 3 Tabletten bereits mit einem Glas Prosecco ...

Der alte und zynisch gewordene Schriftsteller Pietro hat eben sein Abschiedsbrief beendet, alle Vorbereitungen für seinen Selbstmord sind getroffen, die ersten 3 Tabletten bereits mit einem Glas Prosecco hinabgespült, als seine Tochter Roberta vor der Tür steht. Sie muss mit ihrem Mann zur Beisetzung der Schwiegermutter nach Paris fahren und bittet ihren Vater, Haus, Hund und den 15jährigen Enkel Diego zu hüten. Was für eine Zumutung für Pietro, der sich nach dem Tod seiner Frau immer mehr zum Misanthropen entwickelt hat und kaum weiß, wann er mit seinem Enkel die letzten Sätze gewechselt hat.
Doch Roberta und ihr Mann kommen nicht mehr zurück. Sie wurden auf der Autobahn in einen tödlichen Unfall verwickelt und als Pietro wieder klar denken kann, beschließt er seinen Enkel zu einem Onkel zu bringen. Der war zwar mit seinem Bruder seit Jahrzehnten verstritten, aber er ist bereit, den verwaisten Jungen zu sich zu nehmen. Doch auf der Fahrt geschieht etwas, mit dem niemand gerechnet hätte…..
Was für ein kleiner, besonderer Roman. Der Zynismus und die rabenschwarze Ironie des Alten haben mich tatsächlich amüsiert und dennoch spürt man hinter jedem Satz seine Einsamkeit. Die Verbitterung hat sich ja nur langsam in sein Leben geschlichen. Die Zwiegespräche mit seinem Enkel lassen ihn erkennen, was er mit seiner Ablehnung versäumt hat. Jede Minute mit ihm öffnet seine Verschlossenheit. Es ist ein Road Trip der besonderen Art, der einen Weg in Zukunft zeigen könnte.
Es ist eine warmherzige, sehr emotionale Geschichte, die mich einige Male zu Tränen rührte, aber immer reißt mich Pietro mit einer spitzen Bemerkung aus der traurigen Stimmung. Abschiednehmen, Neubeginn – das sind die Themen und ich fand, der Autor hat dafür eine sehr schöne Sprache gefunden. Lebendig erzählt, so dass ich das Gefühl hatte, ich sitze selbst mit am Tisch und lausche Pietros Geschichte. Auch wenn mich der Roman ein wenig wehmütig zurück ließ, es ist ein wunderschönes Buch, das mich sicher noch länger begleiten wird.