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Veröffentlicht am 04.11.2021

Familiennöte

Wir sind schließlich wer
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Anna und Maria sind Schwestern und schon von klein auf verschieden wie Feuer und Wasser. Maria ist Mutters kleines Prinzesschen, verwöhnt und verhätschelt. Die Mutter bildet sich auch viel auf ihren adligen ...

Anna und Maria sind Schwestern und schon von klein auf verschieden wie Feuer und Wasser. Maria ist Mutters kleines Prinzesschen, verwöhnt und verhätschelt. Die Mutter bildet sich auch viel auf ihren adligen Namen, sie lebt ihren Standesdünkel aus. Anna ist wesentlich handfester und lehnt sich schon früh gegen den mütterlichen Zwang auf. Sie konvertiert und wird letztendlich sogar evangelische Pastorin.

Nun hat Anna ihre erste Gemeinde am Niederrhein und die Bevölkerung, inclusive der Pfarrhaushälterin macht ihr das Leben nicht einfach. Als dann Maria über Nacht vor den Trümmern ihrer Existenz steht und mit ihren Lebenslügen konfrontiert wird, bringt das auch für Anna viele Erkenntnisse mit.

Anne Gesthuysens Stil ist erfrischend und oft sehr lebensnah. Das mag ich bei ihren Büchern, allerdings sind mir bei ihrem neuen Roman einige Figuren zu holzschnittartig geraten. Die Mutter von Betteray ist fast schon eine Karikatur einer aus der Zeit gefallenen standesdünkeligen Adligen. Ebenso die Haushälterin in Pastorin Annas Haushalt scheint direkt einer Posse entsprungen. Ihr nimmt man auch später den Wandel zu herzlich zupackenden Helferin nicht mehr ab. Bösartiger Tratsch und handfeste Ausgrenzung im Dorf lösen sich schnell in Idylle auf, auch das ging mir etwas zu schnell und unrealistisch.

Der Niederrhein ist der landschaftliche Hintergrund der Gesthuysen-Romane und sie kann die Gegend und ihre Menschen sehr schön schildern. Das weckt schon fast heimatliche Gefühle.

Eine turbulente Familiengeschichte, in der wirklich alles passiert, was man sich vorstellen kann und die sich manchmal ins Klischee verirrt hat

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Veröffentlicht am 02.11.2021

Würzige Rezepte für Ehemänner

Todsichere Rezepte für die moderne Hausfrau
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Alice und Nate sind ein modernes New Yorker Ehepaar, als Alice ihren Job aufgibt, dass sie gekündigt wurde verschweigt sie ihrem Ehemann, möchte sie einen Roman schreiben. Nate träumt vom Umzug in ein ...

Alice und Nate sind ein modernes New Yorker Ehepaar, als Alice ihren Job aufgibt, dass sie gekündigt wurde verschweigt sie ihrem Ehemann, möchte sie einen Roman schreiben. Nate träumt vom Umzug in ein geräumiges Haus in einer Vorstadt, er wünscht sich auch ein Kind und geht davon aus, dass auch Alice dafür bereit ist. Aber er sollte sich täuschen. Alice steht dem Haus anfangs sehr skeptisch gegenüber, sie fühlt sie absolut nicht heimisch. Erst als sie Kartons mit Büchern und Zeitschriften der Vorbesitzerin findet und mit der Nachbarin in Kontakt kommt, ist ihr Interesse geweckt. Es sind nämlich die Bücher von Nellie, die bis zu ihrem Tod in diesem Haus lebte.

Nellie und Richard waren nur nach außen das perfekte amerikanische Ehepaar. Schon kurz nach der Heirat zeigt Richard seine wahres Gesicht: er verlangt absoluten Gehorsam von Nellie. Sie soll eine perfekte Hausfrau und Mutter werden, keine eigenen Interessen haben, außer ihm das Leben als Familienoberhaupt so angenehm wie möglich zu machen. Auch vor Schlägen schreckt er nicht zurück. Nellies Fluchtort ist der Garten, er ist ein blühendes Paradies geworden, aber auch im Paradies gibt es giftige Pflanzen.

Jedem Kapitel stellt die Autorin ein Zitat eines historischen Eheratgebers voran. Im ersten Augenblick musste ich darüber schmunzeln, aber schon nach wenigen Augenblicken ging mir auf, welche Unterdrückung da gesellschaftlich propagiert wurde.

Aber so ganz hat mich der Roman nicht abgeholt. Besonders die Figur der Alice blieb mir rätselhaft und durch ihre ständigen Lügen auch unsympathisch. Mir war bei dieser Protagonistin nie klar, was sie eigentlich will. Tatsächlich haben mich die Kapitel um Nellie sehr viel mehr angesprochen.

Der Roman liest sich unterhaltsam und spannend. Je mehr Alice in die Vergangenheit abtaucht, umso schwärzer werden meine Ahnungen, denn Nellies Kochbuch ist mehr als eine Rezeptsammlung.

Das Buch zeigt ein stimmiges Frauenbild aus den 50ger Jahren und wieviel Wegstrecke zu richtigen Emanzipation noch bleibt, auch wenn vieles schon erreicht wurde.

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Veröffentlicht am 24.10.2021

Echter Honig

Goldenes Gift
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Xavier Kieffer, ehemaliger Sternekoch aus Luxemburg, kommt einem Schwindel mit Honig auf die Spur. Seit einiger Zeit hat er Bienenstöcke bei einem Stadtimker gemietet und verkauft den Honig an seine Gäste. ...

Xavier Kieffer, ehemaliger Sternekoch aus Luxemburg, kommt einem Schwindel mit Honig auf die Spur. Seit einiger Zeit hat er Bienenstöcke bei einem Stadtimker gemietet und verkauft den Honig an seine Gäste. Doch dann stirbt der Imker und Kieffers Bienenstöcke sind verschwunden. Das lässt ihm keine Ruhe und er beginnt nachzuforschen.

Gleichzeitig beobachtet seine Freundin, die Gastrokritikerin und Gastrojournalistin Valerie in Kalifornien einen „Hive heist“, einen Raub von Bienenstöcken. Sie will das anzeigen, aber die Bienenstöcke sind am nächsten Tag wieder an Ort und Stelle.

Nun beginnen beide, zwar getrennt aber in der gleichen Sache zu recherchieren und kommen einem Lebensmittelskandal auf die Spur.

Vorab, ich kannte bisher die Reihe um den luxemburgischen Koch nicht und hatte trotzdem keinerlei Mühe in die Geschichte zu finden. Das Thema ist hochaktuell, über Bienensterben, gepanschten Honig und Fälschungen wird häufig berichtet und der Autor nimmt das zum Thema für seinen durchaus originellen Krimi.

Mit Kieffer kann man Luxemburg erkunden, man begleitet ihn straßengenau durch die Stadt und bekommt nebenbei noch eine ganze Menge Geschichte geboten. Auch der deftigen Küche wird gehuldigt, das anhängende Küchenglossar hat mich amüsiert.

Allerdings hat sich für mich dadurch die Handlung schon ein bisschen in die Länge gezogen, auch wenn es mit immer wieder spannende und temporeiche Szenen gibt. Besonders Valerie lässt sich auf manche gefährliche Aktion ein.

Der Autor hat das Thema wohl sehr gründlich recherchiert und diese Kenntnisse fließen in den Krimi ein und haben mich an einigen Punkten sehr nachdenklich gemacht. Monokulturen, Herbizide, Pestizide – wir machen es den Bienen wirklich schwer.

Ein solider Krimi um ein aktuelles Thema.

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Veröffentlicht am 22.09.2021

Ein Pseudonym wird enttarnt

Fischland-Fluch
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Alexander Hardenberg soll mit einem bedeutenden Literaturpreis ausgezeichnet werden. Der blanke Horror für Paul Freese, der sein Pseudonym nie lüften wollte. Er schätzt einfach seine Ruhe auf dem Fischland.

Hätte ...

Alexander Hardenberg soll mit einem bedeutenden Literaturpreis ausgezeichnet werden. Der blanke Horror für Paul Freese, der sein Pseudonym nie lüften wollte. Er schätzt einfach seine Ruhe auf dem Fischland.

Hätte er gewusst, was er mit seiner Ablehnung auslöst, wären einige Pressetermine das reinste Zuckerschlecken gewesen. Es erscheinen widerliche Schmähartikel, immer knapp unter der Grenze zum Justizablen. So wird angedeutet, seine Großmutter sei eine Erpresserin, Diebin und Mörderin gewesen.

Nun beginnt Paul, zusammen mit den alten verlässlichen Freunden zu ermitteln und muss sich einigen Rätseln seiner Geschichte stellen.

Corinna Kastner hat mit ihren Fischland-Romanen meine Liebe geweckt und ich war seit dem schon zweimal dort in Urlaub. Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, einige Schauplätze aufzusuchen und meine Fantasie schweifen zu lassen.

Dieses Mal hat mich der Plot aber nicht restlos überzeugt. Ich fragte mich wirklich, ob eine Straftat – wenn die Andeutungen stimmen – die fast 100 Jahre her sind, noch ein großes Interesse in der Öffentlichkeit hervorruft. Die Handlungsstränge, die sich mit der Vergangenheit beschäftigen, waren mir im wahrsten Sinn des Wortes zu theatralisch.

Aber davon abgesehen, hat die Autorin wieder einen Krimi geschrieben, der ihren vertrauten Figuren Raum gibt und die Sehnsucht nach dem Fischland neu entfacht.

Ein Krimi mit viel Familientragödie und sicher auch ein Versprechen auf weitere Fälle von Paul und Kassandra.

3,5 Sterne

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Veröffentlicht am 18.08.2021

Wenn aus Liebe Alltag wird

Der Brand
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Rahel und Peter sind 30 Jahre verheiratet, als Psychotherapeutin und Uni-Professor wohlsituiert, aber die Beziehung ist in die Jahre gekommen. Eigentlich haben sie sich nicht mehr viel zu sagen, die Gespräche ...

Rahel und Peter sind 30 Jahre verheiratet, als Psychotherapeutin und Uni-Professor wohlsituiert, aber die Beziehung ist in die Jahre gekommen. Eigentlich haben sie sich nicht mehr viel zu sagen, die Gespräche sind kurz, immer freundlich, aber distanziert. Rahel vermisst zudem die körperliche Nähe, der sich Peter seit Jahren immer deutlicher entzieht. Ein Urlaub soll eine Veränderung anstoßen.

Die gewählte einsame Berghütte steht wegen des titelgebenden Brandes nicht mehr zur Verfügung, so reisen sie in die Uckermark in das Haus einer mütterlichen Freundin Rahels. Die bat um Hilfe für Haus und Garten, da sie ihren Mann, einen bekannten Künstler, zur Reha begleiten will. Dann taucht auch noch Tochter Selma mit den Kindern auf, die ihre Probleme mitbringt.

Daniela Krien, über die ich schon sehr viel Positives gehört und gelesen habe, erzählt die Geschichte einer Ehe und zweier Menschen, die sich im Lauf der Jahre unterschiedlich entwickelt haben. Obwohl ihre Protagonisten im besten Alter sind (49 und 55), wirken sie viel älter und eingefahrener auf mich. Beide scheinen von den gesellschaftlichen Entwicklungen überfordert. Rahel als Psychotherapeutin sieht alle ihre Patienten nur noch negativ und ihre Probleme rechnet sie dem Zeitgeist und überzogenen Ansprüchen zu. Peter zieht sich nach einem Vorfall bei einer seiner Vorlesungen ganz zurück.

Von der Charakterzeichnung konnten mich weder Peter noch Rahel überzeugen. Besonders Rahel fand ich unsympathisch und oberflächlich. Allerdings ist Kriens Sprachstil sehr schön zu lesen und sie erzählt in nur scheinbar einfachen Worten, man muss schon sehr genau lesen um die Zwischentöne zu erfassen.

Es ist mein erstes Buch der Autorin und nach all den positiven Besprechungen ihres früheren Schaffens, war ich sehr gespannt auf das Buch. Der Roman hat mir insgesamt gut gefallen, aber auch nicht mehr. Da kommt ein bisschen Gesellschaftskritik, ein bisschen Ossi-Wessi-Gefühl, ein bisschen Ehekrise. So bleibt auch zum Ende der Fortbestand der Beziehung unentschieden.

3,5 Sterne

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