Profilbild von Bibliomarie

Bibliomarie

Lesejury Star
offline

Bibliomarie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Bibliomarie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.12.2017

Das Harkness Massaker

Stumme Wut
0

9 Monate hat DCI Matilda Darke nicht gearbeitet, eine schief gelaufene Ermittlung und der plötzliche Tod ihres Mannes warfen sie aus der Bahn. Depressionen und etwas zu viel Alkohol haben sie runtergezogen, ...

9 Monate hat DCI Matilda Darke nicht gearbeitet, eine schief gelaufene Ermittlung und der plötzliche Tod ihres Mannes warfen sie aus der Bahn. Depressionen und etwas zu viel Alkohol haben sie runtergezogen, unsicher und unglücklich gemacht. Nun soll sie allmählich wieder beruflich Fuß fassen, so die Ansicht der Polizeipsychologin, zu deren Sitzungen Matilda „verdonnert“ wurde. Aber ihre Rückkehr ins Dezernat ist nicht erfreulich. Ihr Stellvertreter hat sich in ihrem Büro breit gemacht und empfängt sie mit kaum verhohlenem Spott und Abneigung. Sie bekommt eine Kammer als Büro zugewiesen und einen alten ungeklärten Fall, das sogenannte „Harkness Massaker“ aufs Auge gedrückt.
Das Ehepaar Harkness, gut situierte Stützen der Gesellschaft, wurde brutal in ihrem Haus erstochen. Auf der Treppe, blutverschmiert, der katatonische 11jährige Jonathan, der wohl alles mitansehen musste und verstört verstummte. Der ältere Bruder hielt sich nicht im Haus auf und blieb auch für einige Tage verschwunden. Es gab keine Spuren, die Tatwaffe war nicht auffindabar und nach Monaten wurde der Fall geschlossen. Nun soll das Haus der Harknesses abgerissen werden und das ist auch der Grund für wieder erwachtes Presseinteresse.
Der alte Fall macht Matilda sehr zu schaffen, sie ist immer noch psychisch labil und als sie den erwachsenen Jonathan aufsucht, erkennt sie auch in ihm einen Einzelgänger, der nie mit den Ereignissen von damals fertig geworden ist. Aber dann scheint Bewegung in die alte Geschichte zu kommen, ein weiterer Toter wird gefunden und Matilda gerät immer mehr in das Zentrum des Geschehens.
Der psychologische Hintergrund spielt eine große Rolle in diesem Kriminalroman. Wenn mir auch oft das zu breit ausgewalzte Privatleben der Ermittler nicht gefällt, hier in diesem Buch gehört es einfach zur Handlung und passt ausgezeichnet. Die Figuren sind mit großem Einfühlungsvermögen gezeichnet und ihre Entwicklung ist realistisch und spannend zu verfolgen. Matildas Weg zurück aus der Depression, Rückfällen inklusive und ihr immer stabiler werdendes Selbstvertrauen, ist sehr lebensnah erzählt und hat mich sehr für die Figur eingenommen. Matilda Darke wird einmal mit der TV-Ermittlerin Vera Stanhope verglichen und das Bild hat sich mir als sehr passend eingeprägt.
„Stumme Wut“ ist ein Kriminalroman, der sehr spannend aufgebaut ist und wirklich Tiefgang hat, bis in die Nebenfiguren sind die Protagonisten gut gezeichnet und das macht dieses Buch rund und zu einem echten Page Turner. Michael Wood ist ein Autor, den ich mir merken werde.

Veröffentlicht am 21.12.2017

Schwarz gebrannt

Schwarzwasser
0

Ich muss gestehen – ich bin bekennender Kreuthner und Wallner Fan. Das hat sich auch beim 7. Band gehalten. Die Auftaktszene mit Leo Kreuthner gerät wieder derart skurril, dass sicher manche nur den Kopf ...

Ich muss gestehen – ich bin bekennender Kreuthner und Wallner Fan. Das hat sich auch beim 7. Band gehalten. Die Auftaktszene mit Leo Kreuthner gerät wieder derart skurril, dass sicher manche nur den Kopf schütteln. Aber er gehört mit all seinen Macken und vor allem mit seiner sehr speziellen Auffassung von Recht und Ordnung einfach dazu.
Im Gegensatz zu Kommissar Wallner, der dessen Aktionen nur mit Kopfschütteln zu Kenntnis nehmen kann. Aber da muss er durch, denn sein Streifenpolizist scheint Mordfälle geradezu anzuziehen. So stolpert Kreuthner nach einem sehr feucht-fröhlichen Faschingsball über die Leiche des zurückgezogen lebenden Pensionärs Klaus Wartberg. Doch diesen Mann scheint es nicht zu geben, gut gemachte, aber falsche Papiere und keinerlei Hinweise auf das Leben des Mannes sind zu finden. Eine harte Nuss für Wallner, dessen Ermittlungen ihn 20 Jahre zurück nach Berlin führen.
Eine spannende und toll aufgebaute Geschichte, deren ernste Untertöne im Wechsel zu den humorigen Aktionen Kreuthners stehen. Das macht Spaß zu lesen und ich finde, das hat manchmal schon etwas von Karl Valentins absurdem Humor. Ich mag auch die sparsam dosierten Dialoge Kreuthners in tiefbayrischem Dialekt. Aber Andreas Föhr lässt die Geschichte nie in Klamauk abdriften. Besonders die Berliner Szenen, die im Jahr 1996 spielen, haben mir gefallen. Wie ein engagierter Rechtsanwalt ohne es zu wollen, in die Fänge von organisiertem Verbrechen gerät und sich immer tiefer verstrickt, ist toll und nachvollziehbar dargestellt. Auch wie Föhr die beiden Erzählebenen zusammenfügt hat mir sehr gut gefallen.
Kurz: auch der 7. Band war ein Muss für mich.



Veröffentlicht am 18.12.2017

Meisterköche

Zu viele Köche
0

Nero Wolfe, der ebenso beleibte, wie berühmte Detektiv ist als Ehrengast nach West-Virginia eingeladen. Die namhaftesten Küchenchefs, die „Les Quince Maitres“ treffen sich dort in einem Luxus Resort um ...

Nero Wolfe, der ebenso beleibte, wie berühmte Detektiv ist als Ehrengast nach West-Virginia eingeladen. Die namhaftesten Küchenchefs, die „Les Quince Maitres“ treffen sich dort in einem Luxus Resort um neue Mitglieder zu wählen und sich in ihrer Kunst zu übertreffen. Wolfe soll als Ehrengast eine Rede halten und das Lob der amerikanischen Kochkunst singen. Doch der Aufenthalt wird alles andere als angenehm, die Köche sind einander in herzlicher Abneigung verbunden, Neid, Konkurrenz, Eifersucht – alles spielt eine Rolle. Als beim ersten gemeinsamen Dinner, Phillip Laszio erstochen wird, ist Wolfe gefordert. Denn die der örtliche Sheriff ist ein dummer Rassist und der ermittelnde Staatsanwalt einfach zu unerfahren um all die Ränke zu durchschauen.

Die ganze Geschichte wird von Archie Godwins erzählt, Nero Wolfes Sekretär und Mädchen für alles. Archie ist von seiner Intelligenz sehr überzeugt, das lässt er in seine Erzählung auch gerne einfließen, muss aber immer wieder erkennen, dass er von Wolfe ausgebremst wird.

Das Buch ist bereits in den 30iger Jahren erschienen und da das Resort sehr viele afroamerikanische Bedienstete beschäftigte, merkt man das auch am Jargon, so zum Beispiel spricht der Sheriff grundsätzlich von „Niggern“ und will sie alle an ihren Platz verweisen, egal welche Ausbildung und welchen Beruf sie haben. Wolfe dagegen ist da sehr viel differenzierter wenn er z. B. eine Zeugenaussage erbittet, die sich eventuell gegen einen schwarzen Kollegen richtet, appelliert er an ihre Rechte und Pflichten als gleichberechtigte Bürger: „ Aber dieser Mörder war ein Schwarzer, und Sie sind auch schwarz. Ich gestehe, das macht die Sache verzwickt. Die Vereinbarungen der menschlichen Gesellschaft umfassen nicht nur den Schutz davor, getötet zu werden, sondern Tausende anderer Dinge, und es trifft mit Sicherheit zu, dass in Amerika – von anderen Kontinenten ganz zu schweigen – die Weißen die Schwarzen von einigen der Vorzüge dieser Vereinbarungen ausgeschlossen haben. Es heißt, manchmal sei dieser Ausschluss sogar auf Mord ausgedehnt worden - dass es Gegenden gibt, in denen ein weißer Mann einen schwarzen töten kann und, wenn nicht mit Straffreiheit, so doch mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen kann, der Strafe zu entgehen, die das Verbrechen im Rahmen der Vereinbarung vorsieht.“

Viel hat sich nicht geändert in den Jahrzehnten danach!
In diesem Kontext fand ich es für mich sogar sinnvoll, dass ich das Nachwort gleich zu Anfang gelesen habe. Viele der Feinheiten und Anspielungen, die Rex Stout Nero Wolfe in den Mund legt, wären mir sonst entgangen.

Wie immer lässt der Autor seinen Detektiv die verzwickten Vorgänge allein mit der Hilfe seines Intellekts lösen, was Archie dann doch immer wieder ärgert. Eine stilistische Eigenheit Stouts ist es auch, das gegen Ende des Falles Nero Wolfe seine Erkenntnisse vor den versammelten Beteiligten, einschließlich Staatsanwaltschaft und Polizei zusammenfasst und den Mörder präsentiert, womit er nicht nur Archie Goodwin, sondern auch die Leser überrascht.

Rex Stouts Krimis gehören zu den Klassikern des Genres und ich freue mich, dass Klett Cotta sie nun in dieser sorgfältigen Ausstattung wieder verlegt.

Veröffentlicht am 16.12.2017

Nicht überzeugend

Totengrab
0

„Totengrab“ ist der erste Band einer geplanten Reihe um den DI Solomon Gray.
Gray wird zu einem Selbstmord gerufen, ein 16jähriger ist wohl vom Balkon gesprungen, das trifft den DI tief, denn das ist auch ...

„Totengrab“ ist der erste Band einer geplanten Reihe um den DI Solomon Gray.
Gray wird zu einem Selbstmord gerufen, ein 16jähriger ist wohl vom Balkon gesprungen, das trifft den DI tief, denn das ist auch das Alter seines Sohnes, der vor Jahren spurlos von einem Rummelplatz verschwand. Gray konnte das nie verwinden, an der Trauer zerbrach seine Ehe, seine Frau brachte sich um und innerlich fühlt er sich leer. Er ist ausgebrannt, aggressiv und der Alkohol gibt ihm den Rest.
Damit ist das Szenario fast schon programmiert, die Probleme Grays stehen im Mittelpunkt, der Kriminalfall, denn als solcher entpuppt sich der angebliche Selbstmord, rankt sich drum herum. Wem kann Gray noch trauen? Dann häufen sich die Morde in Grays engerer Umgebung, kein Wunder, dass er selbst in den Fokus der Ermittlungen gerät.
Es scheint, dass alle Beamten etwas zu verbergen haben und ihr eigenes Süppchen kochen. Ganz ehrlich, ich bin nicht immer durchgestiegen, welche Beziehung wer zu wem hat und was der hinzukommende Beamte Pennance eigentlich damit zu tun.

Mir hat der Stil nicht sonderlich gefallen, es wurde für mich zu tief in die Klischeekiste gegriffen. Polizist, Typ einsamer Wolf, am Rande des Zusammenbruchs und immer mit einer Flasche in der Tasche und einer Zote auf den Lippen, man sollte Empathie fühlen. Aber die Figuren blieben mir einfach zu oberflächlich, zu überzogen gezeichnet und das riss dann auch das überraschende Finale nicht mehr raus.

Totengrab – den Titel finde ich auch recht beliebig, vor allem weil die Liste der Krimis, die mit Toten…. beginnen, unendlich ist. Vielleicht wäre eine wortgetreuere Übersetzung des englischen Titels origineller gewesen.

Veröffentlicht am 15.12.2017

Tödliche Kreuzfahrt

Der Drink des Mörders
0

Colin Duffot ist Tanzlehrer und es sich sicher nicht seine Schuld, dass er dauernd über Leichen stolpert und dann natürlich gewieft und mit Hilfe seiner Freunde Jasper und Nora die Fälle löst.
Als Colin ...

Colin Duffot ist Tanzlehrer und es sich sicher nicht seine Schuld, dass er dauernd über Leichen stolpert und dann natürlich gewieft und mit Hilfe seiner Freunde Jasper und Nora die Fälle löst.
Als Colin einem Kollegen aushilft und die Tanzstunden auf dem Kreuzfahrtschifft Mermaid übernimmt, hofft er davon verschont zu werden. Schlimm genug, dass seine Freundin Lucy wieder schmollt, weil sie nicht mit kann. Was würde erst passieren, wenn sie erführe, dass sich Colin die Kabine mit der Partnerin des Kollegen teilen muss!
Aber es kommt wieder einmal anders: Ted Toole, ein jovialer, etwas derber Lakritzfabrikant wird bereits am ersten Abend ermordet und Colin steckt mittendrin. Der Schiffsarzt will sich das Abenteuer natürlich nicht entgehen lassen und bietet eine gut gemeinte, aber nicht unbedingt erfolgreiche Mithilfe an. Aber Colin kann sich ja auf sein Heimteam verlassen, Jasper und Norma machen sich schon nach Schottland auf, um die Teds Familie unter die Lupe zu nehmen.
Eine Schifffahrt, die ist lustig….. Das wusste schon das alte Kinderlied und auf diesen amüsanten Kreuzfahrtkrimi trifft das 100%ig zu. Die Autorin entfaltet ein Feuerwerk von gelungen Gags und Anspielungen. Sie schreibt leicht und locker, unterhaltsam von der ersten Zeile bis hin zum Finale. Die Situationskomik und das ausgezeichnete Timing haben mir gut gefallen. Hier sitzt wirklich jeder Witz.
Ihre Figuren sind voller Spleens und dabei sympathisch. Gern habe ich mich auf diesen witzigen und trotzdem spannenden Krimi eingelassen. Die Suche nach Täter und Motiv hat mir viel Spaß gemacht, vor allem, weil ich lange im Dunkeln tappte. Es ist das dritte Buch in dieser Reihe, die ersten Bände habe ich zu meinem Bedauern verpasst, aber die Fälle sind in sich abgeschlossen, also macht die Reihenfolge nichts aus.