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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.12.2017

Rheinisch-Provencalische Ermittlungen

Der Nebel von Avignon
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Der Bonner Kommissar Krüger verbringt mit Freundin Carmen seine Ferien in der Provence. Es scheint, er wäre viel lieber nach England gefahren, trauert er doch immer den gemütlichen Pubs nach. Aber die ...

Der Bonner Kommissar Krüger verbringt mit Freundin Carmen seine Ferien in der Provence. Es scheint, er wäre viel lieber nach England gefahren, trauert er doch immer den gemütlichen Pubs nach. Aber die wunderschöne Provence versöhnt ihn schon bald, vor allem als er Ohrenzeuge einer Schießerei wird.
Krügers Neugier ist geweckt, als er tags drauf den Tatort besichtigt, fallen ihm nicht nur ein – zwei Indizien auf, er trifft auch zufällig auf Untersuchungsrichter Bonnefoy, der den deutschen Touristen sogleich zu Mitarbeit einlädt.
Gleichzeitig und ohne dass sie voneinander wissen, urlaubt auch Kollege Schneider ganz in der Nähe. Auch er wird durch einen Urlaubsflirt in einen Kriminalfall gezogen. Haben beide Fälle etwas gemeinsam?
Der Autor kennt die Provence wie seine Westentasche. Das merkt man den schönen und detailreichen Landschaftsbeschreibungen an. Seine Figuren sind allerdings hauptsächlich durch ihre Marotten charakterisiert, das fand ich anfangs witzig, verliert aber durch häufige Wiederholungen. Wie überhaupt der ganze Krimi unentschieden zwischen einer Krimipersiflage und einem Spannungsroman pendelt. Damit wird er allerdings keinem der beiden Genres gerecht. Die Polizei- und Ermittlungsarbeit wirkt dilettantisch, vor allem die französischen Kollegen werden doch sehr amateurhaft dargestellt. Einzelne Szenen sind ideenreich und toll geschildert, vor allem der filmreife Schluss ist gelungen.
Aber im Ganzen war es doch eher ein durchwachsenes Lesevergnügen.

Veröffentlicht am 12.12.2017

Anette fährt los

Highway to heaven
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Anette steht auf dem Balkon und voller Verzweiflung ruft sie: Warte, verlass mich nicht, habe ich etwas Falsches gesagt….
So dramatisch beginnt dieser Roman und drei Sätze weiter erfahre ich, dass Anette ...

Anette steht auf dem Balkon und voller Verzweiflung ruft sie: Warte, verlass mich nicht, habe ich etwas Falsches gesagt….
So dramatisch beginnt dieser Roman und drei Sätze weiter erfahre ich, dass Anette das ihrer Tochter nachruft, die zum Studium in die Stadt zieht. Aber für Anette ändert sich so viel, ihr ganzes Leben drehte sich um ihre Tochter, die schon als Teenager bekommen hat und das Loslassen fällt ihr so unglaublich schwer. Aber dann erinnert sie sich an Dinge, die sie sich immer erträumte, bevor sie so früh Mutter wurde und meldet sich zu Motorrad Fahrstunden an. Es beginnt immer mit einem ersten Schritt.
Dieses Buch strahlt auf jeder Seite Lebensfreude aus. Sicher spricht es mich auch deshalb so stark an, weil Anette eine durch und durch liebenswerte und sympathische Frau ist. Katarina Bivald hat mit ihr einen Charakter geschaffen, der aus dem Leben gegriffen ist und dem ich mich sofort verbunden fühlte. Anette muss einige Rückschläge einstecken, privat und auch in Liebesdingen, aber sie wird von Monat zu Monat stärker. Mit dieser Entwicklung habe ich mitgelebt und mitgelitten.
Die Autorin hat es geschafft, mich einzufangen. Ich wollte nicht aufhören zu lesen, die Sprache, die warmherzigen Figuren, der ganze Kosmos einer schwedischen Kleinstadt hat mich gepackt. Eine kurzweilige, amüsante und auch anrührende Geschichte. Man hätte Anette gern zur Freundin.
So kann ich das Buch nur allen Leserinnen ans Herz legen.

Veröffentlicht am 11.12.2017

Stürmisches Meer

Das Wüten der Stille
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DI Collin Brown sucht eine verschwundene Schülerin. Anfangs scheint es nur die Polizei und ein paar Freundinnen zu sein, die sich Sorgen um Carla Wellington machen. Die Lehrer und auch die Eltern, die ...

DI Collin Brown sucht eine verschwundene Schülerin. Anfangs scheint es nur die Polizei und ein paar Freundinnen zu sein, die sich Sorgen um Carla Wellington machen. Die Lehrer und auch die Eltern, die seit Wochen verreist waren, sehen das gelassener. Schließlich ist die 16jährige Carla außerordentlich selbstständig und selbstbewusst.
Nur dass vor 8 Jahren genau an diesem Ort und von dieser Schule schon mal ein 16jähriges Mädchen verschwand, lässt nicht nur bei Brown ein seltsames Gefühl zurück.
Der Cornwall Krimi von Iris Grädler ist ein klassisch aufgebauter Krimi, der bestens in die Landschaft passt. Stürmische Küsten, Wellengang, spritzende Gischt – man spürt das Wetter und das Meer in ihren bildhaften Beschreibungen fast real. Die Handlung entwickelt sich langsam aber mit Sogwirkung. Die Suche nach Carla wird immer wieder unterbrochen vom Blick auf die Eltern des ersten verschwundenen Mädchens, die sehr darunter leiden, dass ihre Tochter nie gefunden wurde und sich nun wieder Hoffnungen machen, dass auch die Suche nach Jenifer wieder aufgenommen wird. Ein eigener Menschenschlag lebt an diesem recht einsamen Ort an der cornischen Küste, viele Ungereimtheiten und Verdächtige fallen Collin Brown auf und diese Spuren verfolgte ich mit großer Spannung. Die Figuren sind bis hin zu den Nebendarstellern gut beschrieben, sehr unterschiedliche Charaktere, von denen mich einige in ihrer Gefühlskälte fassungslos machten.
Das ist ein gut geschriebener, klassischer Krimi, der zwar in einer Reihe um DI Brown steht, aber völlig eigenständig gelesen werden kann.

Veröffentlicht am 06.12.2017

Gelungener Münsterland Krimi

Galgenhügel
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Der Galgenhügel ist ein schlechter Ort für die Schwestern Eva, Ellen und Anne. Vor Jahren kam beim winterlichen „Tütenrutschen“ Eva durch einen schrecklichen Unfall ums Leben. Ellen wurde eine bekannte ...

Der Galgenhügel ist ein schlechter Ort für die Schwestern Eva, Ellen und Anne. Vor Jahren kam beim winterlichen „Tütenrutschen“ Eva durch einen schrecklichen Unfall ums Leben. Ellen wurde eine bekannte Schauspielerin und hat dem Ort den Rücken gekehrt. Nur Anne, das Mauerblümchen unter den Schwestern blieb und hat den elterlichen Hof zu einem angesagten Wellness-Hotel ausgebaut.
Nun kommt Ellen zurück und wird nach einigen Tagen am Galgen gefunden, Selbstmord an der gleichen Stelle, an der sie ihre Zwillingsschwester verlor? Kommissar Tenbrink glaubt nicht daran. Sein Kollege Bertram steht ihm loyal zur Seite, als Tenbrink sich wie der sprichwörtliche Münsterländer Jagdhund in den Fall verbohrt.
Mit Tenbrink und Bertram hat Tom Finnek ein interessantes Ermittlerpaar zusammengestellt. Der Alte, ein bisschen verbohrt und seit dem Tod seiner Frau deutlich neben der Spur, ist ein typischer Münsterländer, kantig und wortkarg. Der junge Kollege kommt aus dem Osten, ist eigentlich immer noch nicht angekommen und hat seine Versetzung einem Fehlverhalten zu verdanken. Dieser Karriereknick ist schmerzhaft, trotzdem akzeptiert er Tenbrink und seine Macken.
Die Figuren haben mir gut gefallen, der Autor findet für jeden den richtigen Ton. Münsterländer Platt für die Dorfbewohner, wenn sie denn mal ihre Wortkargheit durchbrechen. Nachdenklich und unsicher für Bertram und vor allem für die junge Staatsanwältin, die gerne alle Fäden in ihrer Hand hält.
Der Krimi ist gut aufgebaut, angefangen vom Gänsehaut-Prolog entwickelt sich Spannung, die immer weiter ansteigt, je tiefer in der Vergangenheit gebohrt wird. Kleine Indizien können sehr aufmerksamen Leser schon eine Spur aufzeigen, aber bis zum überraschenden Ende gibt es noch viele Wendungen.
Der Krimi hat mir ausgesprochen Spaß gemacht, es passt alles: Sprache, Spannung, Witz und der gut ausgedachte Plot ergeben einen gelungenen Regionalkrimi.

Veröffentlicht am 05.12.2017

Norderney im Herbst

Inselcocktail
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Norderney im Herbst – Zeit für Neues und für Erholung. So wünschen es sich die Frauen aus, die gleichzeitig auf der Insel ankommen. Daniela möchte nach dem Ende einer Beziehung etwas Ruhe finden und mietet ...

Norderney im Herbst – Zeit für Neues und für Erholung. So wünschen es sich die Frauen aus, die gleichzeitig auf der Insel ankommen. Daniela möchte nach dem Ende einer Beziehung etwas Ruhe finden und mietet sich in der Pension ein, in der sie als Kind jahrelang Familienferien verbrachte.
Constanze, Dörte, Juliane und Merle haben jeweils im Internet einen Mann kennengelernt und hier auf der Insel soll das erste persönliche Treffen stattfinden. Alle Vier reisen mit großen Hoffnungen und romantischen Träumen an, ohne zu wissen, dass ihr Traummann nicht ihnen allein Hoffnungen macht.
Ruth Keiser, Polizeipsychologin, ist beruflich auf der Insel.
Schon von Anfang an gibt es einen Erzähler aus dem Off – Johannes, der ganz besondere Pläne hat und den Leser schon sehr bald um die Frauen fürchten lässt. Als dann eine Tote in den Dünen gefunden wird, ist die örtliche Polizei froh, mit Ruth Keiser eine kompetente Unterstützung zu haben, zumal ein heftiger Sturm die Insel isoliert.
Der Krimi beginnt verhalten, die ersten Kapitel sind wie Ankommen auf dieser Insel, deren herbe Schönheit mit viel Liebe zum Detail beschrieben wird. Kenner werden viele Plätze wiedererkennen. Viel Raum nimmt auch die Charakterisierung der Frauen ein, ihre Wünsche, Hoffnungen und Enttäuschungen. Das ist mir manchmal zu viel gewesen, zumal manche Beschreibung und Abschweifung nicht sehr viel mit der Krimihandlung zu tun hatten. Aber die Autorin bringt die Fäden wieder gut zusammen und ihr Plot ist wirklich raffiniert ausgedacht. Die Spuren sind findig gelegt und ich musste lange rätseln und war dann vom Ende wirklich überrascht.
Anja Eichbaum hat ihren ersten Krimi vorgelegt und das Ergebnis ist beachtlich. Die Sprache gefiel mir, sie war flott und locker zu lesen.
Insgesamt ein solides Debüt, das schon erkennen lässt, dass die Autorin das Potential zu tollen Regionalkrimis hat.
Da ich Sterne nicht halbieren kann, runde ich meine gefühlten 3,5 zu 4 Sternen auf.