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Veröffentlicht am 10.11.2017

Zeitsprünge

Vier Morde und ein Weihnachtsbraten
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Sabrina, doppelt belastet mit Beruf und Familie, lebt ganz im Heute. Allerdings mit einer kleinen Besonderheit: seit einiger Zeit bekommt sie Besuch einer Vorfahrin, ihrer Ururgroßmutter Luise, die immer ...

Sabrina, doppelt belastet mit Beruf und Familie, lebt ganz im Heute. Allerdings mit einer kleinen Besonderheit: seit einiger Zeit bekommt sie Besuch einer Vorfahrin, ihrer Ururgroßmutter Luise, die immer dann den Zeitsprung wagt, wenn sie Hilfe aus der Zukunft braucht. Inzwischen hat sich Sabrina schon ganz an diese besondere Verwandte gewöhnt, auch wenn ihr Lebensgefährte Karsten als durch und durch rationaler Mensch, das mit Skepsis betrachtet.
Granny, so nennt Sabrina ihre Vorfahrin, ist in Nöten, nicht nur dass ihr kleiner Sohn an Diphterie erkrankt ist, auch ihr Verlobter hat Schwierigkeiten. Als geheimer Ermittler des Kaisers soll er einen Mordanschlag klären und kommt durch allerlei Intrigen selbst in Verdacht. Dem kleinen Jungen kann mit einer Packung Antibiotika geholfen werden, lassen wir den Arzt eben an ein Wunder glauben, das zweite Problem wird von Sabrina und Granny mit Mut und Eigensinn angegangen. Selbst als ein weiterer Mord geschieht und Granny in Lebensgefahr gerät, lassen sie sich nicht aufhalten.
Den Krimi von Angelika Godau muss man mit einem Augenzwinkern lesen. Aber die Sprünge ins Kaiserreich und die damaligen Lebensumstände in Verbindung mit Heute zu bringen, macht der Autorin und auch mir als Leserin Spaß. Manches ist natürlich überspitzt, da ist zum einem Granny mit ihren Vorstellungen von Moral und Sitte, die sie aber nicht hindern, bei ihrer Ururenkelin verschämt um eine Packung Kondome zu bitten, schließlich schätzt sie die heimlichen, innigen Stunden mit ihrem Verlobten. Manchmal scheint nicht jede Reaktion ganz logisch, aber bei diesem Plot steht eine straffe Krimihandlung auch nicht im Vordergrund. Locker geschrieben und amüsant zu lesen, bietet der Krimi gute Unterhaltung gleich auf zwei Zeitebenen.
Lediglich auf den angekündigten Weihnachtsbraten müssen alle verzichten, die Vierbeiner der Familie waren schneller.

Veröffentlicht am 05.11.2017

Verlorene Heimat

Die Jahre der Schwalben
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Erst kurz nach der Hochzeit erfährt Frederike, dass ihr Ehemann schwer erkrankt ist. Ihre Mutter, die sie sehr zu dieser vorteilhaften Ehe mit Ax, dem sehr vermögenden und älteren Gutsbesitzer ...


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Erst kurz nach der Hochzeit erfährt Frederike, dass ihr Ehemann schwer erkrankt ist. Ihre Mutter, die sie sehr zu dieser vorteilhaften Ehe mit Ax, dem sehr vermögenden und älteren Gutsbesitzer gedrängt hat, wusste offenbar davon. Die junge Frau ist fassungslos, nachdem sie ihren Mann nach Davos zur Kur brachte, lastet nun die ganze Verantwortung über das riesige Gut Sobotka auf ihren Schultern. Einsame Jahre werden nun folgen, denn ihr Mann wird keine Heilung finden.

Als junger Witwe bleiben ihr nur Gut, Pferdezucht und harte Arbeit bis sie Gebhard zu Mansfeld kennenlernt. Ihre Zukunft scheint in einem schöneren Licht, aber dann beginnt auch schon die Machtergreifung Hitlers seine Schatten zu werfen.

Die Romane um das Leben von Frederike basieren auf echten Begebenheiten, vielleicht geht mir das Schicksal der jungen Frau deshalb so nah. Romanhandlung und wahre Ereignisse werden geschickt miteinander verwoben, dadurch entsteht eine ganz dichte Geschichte, die mich tief berührte und in die Vergangenheit mitgenommen hat. Es ist eine verschwundene Welt, die hier beschrieben wird. Die großen Güter sind Vergangenheit, die Herrenhäuser meist in Hotels umgewandelt. Aber hier wird diese Zeit noch einmal lebendig, das Leben im Wechsel der Jahreszeiten, die harte Arbeit der Gutsbewirtschaftung, aber auch die unglaubliche Weite der Natur.

Es ist eine Zeit des Umbruchs, als junge Frau erlebt Frederike das Aufkommen der Nazis, sieht das Unrecht und die Gefahr, die auch sie und ihre Familie bedrohen. Diese Zeitschilderung machte für mich einen ganz besonderen Reiz aus. Das ist Geschichtsschreibung aus ganz persönlicher Sicht, aber es steht trotzdem für das Geschehen einer ganzen Epoche. Menschlichkeit und Unmenschlichkeit finden sich selbst in kleinsten Dörfern eng nebeneinander. Der Figurenkosmos in diesen Büchern wird nicht nur lebendig, sie wurden mir fast zu echten Menschen. So vielschichtig und echt sind sie geschildert. Die Autorin hat es wieder geschafft, mich völlig in Bann zu ziehen. Ich hätte einfach immer nur weiterlesen können, habe jede Seite aufgesogen und mit Frederike gelebt und gelitten und bin ganz tief in den Roman eingetaucht.
Ich fiebere dem letzten Teil der Geschichte entgegen und möchte unbedingt mehr aus dem Leben Frederikes und ihrer Familie erfahren.

Veröffentlicht am 03.11.2017

Fehlentscheidungen

Preiselbeertage
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Das Verhältnis von Ariane zu ihrer Mutter Ina war immer schwierig und unterkühlt. Deshalb verlässt sie gleich nach dem Schulabschluss Schweden, wo die aus Leipzig stammenden Eltern seit vielen Jahren leben, ...

Das Verhältnis von Ariane zu ihrer Mutter Ina war immer schwierig und unterkühlt. Deshalb verlässt sie gleich nach dem Schulabschluss Schweden, wo die aus Leipzig stammenden Eltern seit vielen Jahren leben, um in Deutschland zu studieren und zu arbeiten. Sie hängt sehr an ihren Großeltern und sucht auch die räumliche Nähe zu ihnen. Erst der Tod des Vaters Jörg, bringt Ariane zurück nach Schweden. Bei der Testamentseröffnung erfährt sie, dass er ein Manuskript an sie und ihre Schwester vererbt hat. Doch Ina will davon nichts wissen, es bleibt unauffindbar. Berufliche und private Unzufriedenheit bestärken Ariane einige Zeit in Schweden zu bleiben und ihr Leben neu zu organisieren.
Im Wechsel mit Ereignissen in Schweden führt ein zweiter Handlungsstrang zurück in die DDR der Vorwendezeit. Wir lernen eine junge Musikstudentin und ihre Hoffnungen auf die Zukunft kennen, ihre Vorfreude auf einen Choraustausch ins Ausland und ihre familiäre Situation.
Gegenwart und Vergangenheit sind untrennbar miteinander verbunden und bevor Ariane diese Ereignisse nicht entschlüsseln wird, kann sie auch nicht mit Schwester und Mutter eine Bindung aufbauen.
Das Buch von Stina Lund hat mich von der ersten Seite an in Bann geschlagen, ganz besonders die Vergangenheit und die Alltagsbegebenheiten in Leipzig von den 80iger Jahren an, hat mich fasziniert.
Ein egoistischer Augenblick, eine Fehlentscheidung verändert das Leben über drei Generationen, das wird sehr einfühlsam geschildert, die Handlungen der handelnden Personen sind menschlich nachvollziehbar und lebensecht. Überhaupt spürt man die große Empathie der Autorin für ihre Charaktere, ihre Fehler und Lebenswege.
Mir hat auch die Sprache der Autorin gefallen und der Wechsel der Perspektiven und Zeiten, das erschloss mir die Dramatik und auch die geschichtliche Dimension des Romans. Ob es das Alltagsleben in der DDR vor der Wende ist, familiäre Bindungen und Verletzungen – das alles ist mir sehr nahe gegangen.
Auch wenn es ein versöhnliches Ende gibt, sogar ein Happy End, die Geschichte wirkt nach und bietet viel Nachdenkenswertes.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen und ich wünsche ihm sehr viele Leser.

Veröffentlicht am 01.11.2017

Ein totes Mädchen

Fildermädchen
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Die Soko ToM ist ein bunter Haufen, die Leiterin Marga Kronthaler hoffnungslos nikotinsüchtig, Sebastian Franck – auf das c besteht er – ein sehr eigenwilliger und überaus korrekter Typ, Cem findet seine ...

Die Soko ToM ist ein bunter Haufen, die Leiterin Marga Kronthaler hoffnungslos nikotinsüchtig, Sebastian Franck – auf das c besteht er – ein sehr eigenwilliger und überaus korrekter Typ, Cem findet seine Erfüllung als Elvis-Double und Franziska, die Auszubildende bringt frischen Wind in das Team. Man sollte es nicht glauben, aber diese Mischung funktioniert prächtig.
Die Soko ist auf die Klärung von Altfällen spezialisiert, hier bearbeiten sie einen ungelösten Mordfall ohne Leiche. Jasmin, eine Gymnasiastin ist verschwunden, lediglich zerfetzte, blutgetränkte Kleidung konnte gefunden werden. Jasmin war sehr in ihren Lehrer verliebt, der sich auch in viele Widersprüche verstrickte. Nun hat die damalige Alibizeugin den Hauptverdächtigen geehelicht, was einen neuen Ermittlungsansatz bedeuten könnte.
Das bedeutet einen Undercover-Einsatz für Franck am Gymnasium, an dem der Verdächtige immer noch unterrichtet. Höchststrafe könnte man meinen, aber Franck stellt sich auch dieser Herausforderung. Seine korrekte und pedantische Art scheint wie geschaffen, um als Lehrer zu überzeugen.
Der Krimi punktet mit Spannung, die auch nicht nachlässt, als sich mir schon bald ein vager Verdacht auftat. Besonders gefallen hat mir der intelligente Humor und Sprachwitz. Die Situationskomik ergibt sich aus der Zusammensetzung der Gruppe. Dazu ergeben die Reibungspunkte - besonders bei den zwei Hauptprotagonisten Franck und Kronthaler - interessente, vielschichtige Charaktere. Der Plot ist gut ausgedacht und bietet interessante und spannende Wendungen.
Ich habe den Autor erst mit diesem Buch kennengelernt und bin immer wieder überrascht, welche Entdeckungen ich im Programm des Emons Verlags machen kann.
Ein empfehlenswerter Krimi und ein Autor von dem ich sicher noch mehr lesen werde.

Veröffentlicht am 31.10.2017

Turbulenzen in der Einkehr

Umkehrschuss
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Kehr in der Südeifel ist ein besonderer Ort. Ein Grenzort – zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland Pfalz und die belgische Grenze verläuft direkt durch das Dorf mit seinen 3-4 Dutzend Einwohnern. Grenzorte ...

Kehr in der Südeifel ist ein besonderer Ort. Ein Grenzort – zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland Pfalz und die belgische Grenze verläuft direkt durch das Dorf mit seinen 3-4 Dutzend Einwohnern. Grenzorte bringen immer einen ganz besonderen Menschenschlag hervor, ganz besonders wenn sie von Krieg und Teilungen betroffen sind. Diese ganz eigenwilligen Menschen spielen auch eine Hauptrolle in Martina Kempffs 8. Krimi aus Kehr.
Vielleicht fehlte mir das Vorwissen aus diesen Büchern, die Figuren, die sich ja über die Zeit entwickeln, befremdeten mich anfangs etwas. Ihre Handlungen blieben mir einfach nicht so recht erklärlich. Ich muss gestehen, dass ich mit ihnen nie so ganz warm wurde, wie ich das sonst so schätze.
Gudrun, eine Mitarbeiterin des Restaurants „Einkehr“ findet einen Toten auf dem Friedhof, was ja nur dann ungewöhnlich ist, wenn er am Weg liegt und eine Schusswunde aufweist.
Da Katja, die Wirtin der Einkehr, mit einem belgischen Polizisten verbandelt ist, der in seiner Freizeit bei ihr kellnert und gleichzeitig ermittelt und der deutsche Polizist ebenfalls Stammgast in ihrem Lokal ist, wird eben dieses Gasthaus zum Zentrum der Handlung. Da nebenbei auch noch der Küchenablauf organisiert werden muss, und die Verdächtigen ebenfalls unter dem Personal und den Stammgästen zu verorten ist, geht es also sehr turbulent zu im gar nicht so beschaulichen Kehr. Während also Goldene Hochzeiten, Runde Geburtstage und andere Feiern mit vielen Gästen organisiert werden müssen, Menüfolgen erdacht werden – die Rezepte sind abgedruckt und sind wirklich ausgefallen – rauchen auch gleichzeitig die Köpfe. Denn Katja kann nicht glauben, dass ihre Freunde, Mitarbeiter oder Stammgäste in den Todesfall verwickelt sind.
Interessant fand ich die vielen Einschübe zur Geschichte und geografischen Besonderheit dieses Flecken in der Eifel, besonders die Grenzgängergeschichten aus der Nachkriegszeit. Allerdings haben mich diese Exkurse auch immer wieder vom Krimi abgelenkt, dessen Handlung nicht unbedingt stringent aufgebaut ist.
Ich bin nicht warm geworden mit diesem Eifelkrimi, schade, es lag wohl bei meinem späten Einstieg in die Reihe.