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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2017

Solider Krimi

Finster ist die Nacht
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Philip Long, ein bekannter Radiomoderator wurde entführt. Es gelingt ihm, in einem unbewachten Augenblick einen Notruf abzusetzen. Bis die Polizei eintrifft, ist das Haus leer. Macy Greeley ist in dichtem ...

Philip Long, ein bekannter Radiomoderator wurde entführt. Es gelingt ihm, in einem unbewachten Augenblick einen Notruf abzusetzen. Bis die Polizei eintrifft, ist das Haus leer. Macy Greeley ist in dichtem Regen auf dem Weg zum Schauplatz als ihr plötzlich ein Fußgänger vors Auto läuft. Es ist Philip Long, sie gerät ins Schleudern, der Wagen überschlägt sich. Hilflos muss sie mit ansehen, wie ein Motorradfahrer bremst, sich ihrer Dienstwaffe bemächtigt und Long erschießt. Sie kann sich im überfluteten Straßengraben verbergen.
Kurz danach werden zwei Leichen gefunden, Junkies, die aber offensichtlich Philip Longs Entführer waren, denn ihre Fingerabdrücke wurden auch im Haus gefunden, in dem Long gefangen gehalten wurde. Aber wer hatte ein Interesse daran Philip zu töten und wer hat die Entführer getötet. Es gibt viele Fragen in diesem Fall, die Macy nicht beantworten kann. Die Spuren und Verdachtsmomente führen in viele Richtungen.
Macy, in diesem 3. Band nun Mutter eines Kindes, die Geschichte ihres Privatlebens wird in den Bänden kontinuierlich weitererzählt, wird durch den Fall auch privat gefordert. Sie hat ständig ein schlechtes Gefühl, wenn sie ihr Kind allein lassen muss und auch gegenüber Aiden, ihrer neuen Beziehung muss sie sich ständig rechtfertigen.
Als Emma, Philip Longs Tochter zur Beerdigung anreist, erfährt Macy auch von Philip Longs Tagebuch, in dem er akribisch notierte, was er an Verfehlungen und Geheimnissen von Mitmenschen wusste. Ist das der Grund für seinen Tod?
Der Fall hat unglaublich viele Aspekte, immer wieder ergeben sich neue Spuren für Macy und auch für den Leser. Das ist gut geschrieben und die Atmosphäre gefällt mir gut mit ihren düsteren Anklängen. Obwohl der Auftakt mit Entführung und Mord sehr fulminant ist, entwickelt sich die Spannung erst allmählich. Als Leser musste ich, genau wie Macy, die einzelnen Spuren erst langsam aufdröseln, manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte dabei etwas abdriftet. Aber immer wieder gelingt es der Autorin mit einem gekonnten Dreh und einer neuen Entwicklung mich festzunageln.
Mir hat besonders gut die Entwicklung von Macy Greeley im Verlauf der drei Bücher gefallen. Ich finde sie als Ermittlerin und Hauptfigur besonders gelungen. Ich weiß nicht, wie es Lesern geht, die neu einsteigen, ich denke aber, die Kenntnis eines Vorläufers ist von Vorteil.
Insgesamt finde ich „Finster ist die Nacht“ einen wirklich gelungenen Thriller, solide aufgebaut, mit einem spannenden Plot. Die kleinen Längen, die ich manchmal empfunden habe, tun dem keinen Abbruch.

Veröffentlicht am 30.08.2017

Abgründe

Totenkalt
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Logan Macrea ist Sergeant bei der schottischen Polizei. Er ist das, was man einen „harten Hund“ nennt, der sich aber einen Blick für Gerechtigkeit bewahrt hat. Was seltsam anmutet, denn er hat eine verhängnisvolle ...

Logan Macrea ist Sergeant bei der schottischen Polizei. Er ist das, was man einen „harten Hund“ nennt, der sich aber einen Blick für Gerechtigkeit bewahrt hat. Was seltsam anmutet, denn er hat eine verhängnisvolle Nähe zum Chef einer Bande, die den Drogenhandel und andere lukrative Unterweltgeschäfte in der schottischen Stadt fest in der Hand hält.
Sein Verhältnis zu Vorgesetzten ist gespalten, ganz besonders zu Roberta Steel, einer Frau, die auf wirkte wie ein Dobermann auf Drogen: angriffslustig, sexistisch und vulgär. Dass Logan per Samenspende Roberta und ihrer Frau zu Nachwuchs verholfen hat, ist ein aberwitziger Dreh in der Beziehung.
Ein Toter wird im Wald gefunden, sein Mord trägt die Handschrift eines Killers, doch Logans Bauchgefühl lässt ihn nicht an so eine einfache Lösung glauben. Vor allem, da der Tote Geschäftspartner des seit Tagen vermissten Martin Milnes war. Aber bei der Sonderermittlungstruppe steht er mit seinen Vermutungen allein, außerdem hat er an mehreren privaten Fronten zu kämpfen.
Meine Schwierigkeiten hatte ich mit dem Sprachstil. Vulgarität ist ein häufig eingesetztes Stilmittel. Die sexistischen Bemerkungen der Vorgesetzten zu ihren Mitarbeitern sind grundsätzlich im genitalen Bereich angesiedelt. Einzig, dass es sich um weibliche Chefs handelt, die ihre männlichen Kollegen so runterputzen, könnte man als Augenzwinkern ansehen. Der Autor liebt außerdem lautmalerische Einsprengsel, die mich durch die ständigen Wiederholungen nervten. Die „Aaaaarghs“ konnte ich bald nicht mehr zählen.
Die Handlung des backsteinschweren Thrillers rast geradezu durch die Geschichte. Wer die Vorgängerbände kennt, ist bei der Vielzahl von Personen und deren Verflechtungen klar von Vorteil. Nach dem ersten Drittel ist mir erst klar geworden, dass ich irgendwann auch mal einen Band gelesen hatte, der mir allerdings nicht sonderlich im Gedächtnis geblieben ist. Die Handlung nimmt im zweiten Teil der Geschichte noch einmal rasant an Tempo auf und die Handlungsstränge werden genial verbunden. Ein rabenschwarzer und böser Thriller, der mich trotz meinen Kritikpunkten bis zum Schluss in Bann gehalten hat.

Veröffentlicht am 29.08.2017

Subtiler Thrill

Dann schlaf auch du
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Myriam und Paul sind ein Elternpaar wie aus dem Bilderbuch. Die Kinder waren Wunschkinder, aber der Alltag holt die Familie ein. Myriam fühlt sich allein in der Mutterrolle unterfordert und als sie ein ...

Myriam und Paul sind ein Elternpaar wie aus dem Bilderbuch. Die Kinder waren Wunschkinder, aber der Alltag holt die Familie ein. Myriam fühlt sich allein in der Mutterrolle unterfordert und als sie ein attraktives Angebot ihrer Kanzlei erhält, wird der Wunsch wieder als Anwältin zu arbeiten übermächtig. Auch Paul steht vor einem Karrieresprung. Sie entscheiden sich, eine Nanny ins Haus zu holen.
Die Entscheidung wird sorgfältig abgewogen, sie wählen mit Louise eine Frau aus, die sympathisch und verantwortungsvoll erscheint. Die Nounou, wie sie genannt wird, nimmt ganz allmählich die Fäden in die Hand.
Das Buch beginnt mit einem Paukenschlag, die Kinder sind tot. Erst nach und nach wird in wechselnden Perspektiven von Myriam und Louise und in kleinen Rückblenden, das Ausmaß des Dramas sichtbar. War es vorhersehbar? Da ich als Leserin gleich zu Beginn mit dem Tod der Kinder konfrontiert werde, sind mir die feinen Risse in Louises Leben sichtbar. Wie sie allmählich in die Familie drängt und ihre Regeln festlegt. Wie Myriam und Paul ihr Missbehagen zwar wahrnehmen aber nicht aussprechen wollen, um die Versorgung der Kinder nicht zu gefährden – und vor allem auch ihre berufliche Situation nicht zu ändern. Wie weit sie auch Louise entgegenkommen, der Abstand bleibt. Louise selbst fühlt sich ausgeschlossen, eine Angestellte, die sich in ihre innere Einsamkeit zurückzieht, ihr Verhalten lässt sich nicht ignorieren, weist allmählich bedrohliche Züge auf, doch die Eltern schweigen. Zu bequem ist die Rundumversorgung, zu wichtig ihr berufliches Fortkommen. Die Frage nach der Vereinbarkeit von Elternschaft und Karriere, von Emanzipation und gesellschaftlichen Erwartungen stehen im Raum.
Die Atmosphäre, die dieses Buch durchzieht, lässt mich frösteln, ein Psychodrama, das mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagt. So subtil, so fein beobachtet, wie die Autorin dieses Drama beschreibt, die Hauptfiguren entwickelt und die Unausweichlichkeit der Tat angekündigt, kann kein Thriller mithalten.
Die Autorin wurde in Frankreich mit dem berühmten Prix Goncourt ausgezeichnet. Eine sehr gute Entscheidung der Jury.

Veröffentlicht am 29.08.2017

Der Tod ist ein Geschäft

Wildeule
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Gesine Cordes arbeitet seit 10 Jahren als Friedhofsgärtnerin. Nach einer schweren persönlichen Krise hat sie damals ihre Arbeit als Polizeikommissarin aufgegeben, ihre Instinkte als Ermittlerin sind ihr ...

Gesine Cordes arbeitet seit 10 Jahren als Friedhofsgärtnerin. Nach einer schweren persönlichen Krise hat sie damals ihre Arbeit als Polizeikommissarin aufgegeben, ihre Instinkte als Ermittlerin sind ihr aber geblieben. Als ihr bei der Bestattung der hochbetagten Madelaine Jablin Unregelmäßigkeiten am Sarg auffallen, öffnet sie ihn trotz des Protests der Sargträger und des Pfarrers. Sie blicken nicht auf den Leichnam der alten Frau, sondern auf die des Bestatters Schellhorn.
Schellhorn hat sich in den letzten Jahren mit seinem Geschäftsgebaren viel Feine gemacht, vor allem die Berufskollegen sind über sein unethisches Vorgehen mehr als sauer. Ausgerechnet einer der wenigen Menschen die Gesine an sich heranlässt, Bestatter Hannes van Deest, ihr Freund und Vertrauter, gerät unter Mordverdacht. Sein Verhalten lässt selbst Gesine zweifeln….
Wildeule ist nun der dritte Fall um die ungewöhnliche, aber sympathische Gesine Cordes. Ich denke, es ist von Vorteil, wenn man die Vorläufer kennt, so kann man Gesines Handlungen und Gedanken besser einordnen. Mir fehlte in diesem Band etwas an Spannung, die Handlung war zwar gekonnt angelegt, aber trotz aller Nebengeschichten war mir schon sehr früh der Täter klar. Vielleicht hat das mein Lesevergnügen etwas geschmälert.
Dabei versteht es die Autorin einen Kreis von besonderen Mitwirkenden zu erschaffen, die allesamt gut und dicht charakterisiert sind. Ich mag auch ihren ganz besonderen Schreibstil und den Schauplatz ihrer Krimis. Der Friedhof, mit seinen herbstlichen Stimmungen wirkt immer ganz besonders passend zur melancholischen Grundstimmung der Protagonistin.
Auch wenn mir dieser Band nicht ganz so gut wie die Vorgängerbücher gefallen hat, freue ich mich auf neue Fälle mit Gesine und neue Ideen der Autorin.

Veröffentlicht am 20.08.2017

Zwischen Dublin und München

Harte Landung
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Patsy Logan ist Kommissarin bei der Münchner Polizei mit deutsch-irischem Familienhintergrund. Bei ihrem neuen Fall kann das von Vorteil sein. Die Eröffnungsparty des deutschen Büros der großen hippen ...

Patsy Logan ist Kommissarin bei der Münchner Polizei mit deutsch-irischem Familienhintergrund. Bei ihrem neuen Fall kann das von Vorteil sein. Die Eröffnungsparty des deutschen Büros der großen hippen Internetfirma Skiller ist für die Managerin Carolin Höller tödlich verlaufen, sie stürzte aus dem Fenster. War es ein Unfall, Selbstmord oder gar Mord? Es gibt viele Spuren, vor allem scheint hinter der Fassade des ach so mitarbeiterfreundlichen Konzerns ein enormer Druck zu herrschen. So groß, dass Carolin ihre Doppelrolle als Familienmutter und Managerin nur noch mit Aufputschmitteln bewältigen konnte.

Die sympathische Ermittlerin Patsy Logan hat hier ihren ersten Auftritt und der ist wirklich gelungen. Ellen Dunne hat eine Figur geschaffen, die mitten im Leben steht. Sie kennt alle Vorbehalte gegen Frauen in Männerdomänen, sie weiß sich durchzusetzen, auch wenn es manchmal sehr schwer ist, Familienleben und Beruf unter einen Hut zu bringen. Diese Frau war mir schon nach wenigen Seiten richtig vertraut geworden. Auch der Blick hinter die Kulissen einer Onlinefirma war toll gezeichnet. Ob da eigene Erfahrungen eingeflossen sind? Die Autorin war einige Jahre in verschiedenen Positionen bei Google tätig. Der Fall scheint schwierig zu werden, wie immer wenn bilaterale Interessen berührt werden. Dublin hat kein besonderes Interesse einen großen Steuerzahler zu verärgern, so hat die Münchner Kommissarin bei Recherchen in Dublin keinen guten Stand. Sie zwar bekommt einen Beamten für einige Stunden am Tag zur Seite gestellt, kann aber nicht eigenständig ermitteln. Die Dubliner Spur ist schwierig und der Druck der Vorgesetzten aus München steigt täglich.

Nicht nur das der Kriminalfall sehr spannend ausgedacht war und mich mit vielen Spuren und Verdächtigen zum Miträtseln verführte, der Blick hinter die Kulissen eines erfolgreichen Start Up Unternehmens kurz vor dem Börsengang, war besonders interessant. Wenn kostenlose Müsliriegel und Edelwässer darüber weg täuschen sollen, dass Mitarbeiter subtil unter Druck und Beobachtung stehen und ausgenützt werden, wird die Verdächtigtenliste lang.

Ein klasse Krimi zwischen München und Dublin, der mir sehr gefallen hat. Ich hoffe, dass Patsy Logan bald wieder auf Spurensuche geschickt wird. Ich möchte jedenfalls sehr gern mehr von ihr lesen.