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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.07.2017

Nicht mein Buch

Dunkels Gesetz
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Die Handlung ist kurz erzählt: Achim, Tankstellenbesitzer und skrupelloser Kleinkrimineller will das schnelle Geld im Drogenhandel verdienen. Er dient seine Geschäftsidee Falco an, der überall mitmischt, ...

Die Handlung ist kurz erzählt: Achim, Tankstellenbesitzer und skrupelloser Kleinkrimineller will das schnelle Geld im Drogenhandel verdienen. Er dient seine Geschäftsidee Falco an, der überall mitmischt, wo es um krumme Dinger geht. Richard Dunkel, Ex-Söldner, desillusioniert und abgebrannt, stolpert bei einem Securityjob über das Drogenversteck und setzt ungewollt eine Spirale von Gewalt in Gang.
Heuchert bedient sich einer knappen, harten, oft auch gewollt platzierter Gossensprache um das Milieu zu beschreiben und um die Härte seines Krimis zu betonen. Die Sätze sind kurz und lakonisch. Das Tempo wird hochgehalten. Trotzdem wollte sich bei mir keine rechte Spannung einstellen. Der Kurzkrimi war mir zu vorhersehbar, zu sehr auf Wirkung kalkuliert. Seine Typen aus dem Milieu waren sehr klischeehaft gestaltet, eindimensionale Charaktere, die mich überhaupt nicht berührten.
Ja, als Drehbuch für einen Fernsehfilm, für eine Folge einer Vorabendserie könnte ich mir das gut vorstellen, aber als Kriminalroman, der ein Kopfkino in Gang setzen sollte, reichte mir das nicht aus.
Schade, es war wirklich nicht mein Buch.

Veröffentlicht am 17.07.2017

Ein gelungenes Debüt

Libori-Lüge
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Keine gute Zeit für Kommissar Bela Aßmann, seit seine Frau ihn verlassen hat. Die Tatsache, dass sie nun mit einer Frau zusammenlebt, hat sein Selbstwertgefühl ganz schön angekratzt, so sucht er öfters ...

Keine gute Zeit für Kommissar Bela Aßmann, seit seine Frau ihn verlassen hat. Die Tatsache, dass sie nun mit einer Frau zusammenlebt, hat sein Selbstwertgefühl ganz schön angekratzt, so sucht er öfters Trost im Alkohol. Der morgendliche Anruf seines Kollegen Dominic Gerke trifft ihn besonders schwer. Der Einsatz führt zu einer Frauenleiche, die aufgespießt in den Zweigen eines Strauches hängt. Ein Sprung oder Sturz aus großer Höhe, Unfall – Suizid oder gar Mord? Aber warum sollte die Krankenpflegerin Louisa in den Tod springen, alle Bekannte und Kollegen waren über ihr Liebesglück informiert, denn Freund Benni sollte gerade von einem längeren Auslandsaufenthalt zurückkommen.
Ludgera Vogt hat ihren ersten Kriminalroman veröffentlicht und das Debüt ist gelungen. Sie legt einen Regionalkrimi vor, der alles hat, was ich mir von diesem Genre erhoffe.
Die Schauplätze sind kenntnisreich beschrieben, es gelingt ihr Paderborn und die Bedeutung der Liborikirmes auch Ortsfremden nahe zu bringen. Mit Gehrke und Aßmann hat sie außerdem ein Kollegengespann auf den Weg gebracht, von dem ich gern noch mehr lesen möchte. Die Figuren sind gut gestaltet, sie kommen auch ohne die inzwischen schon klischeehaften Beziehungsquerelen aus.
Die Spannung ist durchgehend hoch, was sicher auch an den eingestreuten Kapiteln liegt, die die Einsamkeit und die Vernachlässigung eines Kindes beschreibt, man rätselt natürlich mit, wie dieser Handlungsstrang mit dem aktuellen Fall verbunden wird.
Die Sprache hat mir ebenfalls sehr gut gefallen, die kleinen Episoden um die entwischten Rennmäuse von Aßmann lockern den Krimi auf, ohne dass es aufgesetzt oder gewollt witzig wirkt. Ich finde die Mischung ganz einfach gelungen und das Buch hat mir sehr großen Spaß gemacht.
Ganz nebenbei ein Lob an den Emons Verlag, der wieder ein gutes Händchen für gelungene Regionalkrimis beweist.
Auf neue Fälle mit dem Ermittlerduo bin ich schon sehr gespannt.

Veröffentlicht am 15.07.2017

Dr. Kardiff bohrt nach

Auch Killer haben Karies
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„Auch Killer haben Karies“ ist der zweite Kriminalfall in den die Zahnärztin Dr. Leocardia Kardiff stolpert. Schon bei ihrem ersten Auftritt konnte sie entscheidend bei der Aufklärung mithelfen und zwischen ...

„Auch Killer haben Karies“ ist der zweite Kriminalfall in den die Zahnärztin Dr. Leocardia Kardiff stolpert. Schon bei ihrem ersten Auftritt konnte sie entscheidend bei der Aufklärung mithelfen und zwischen ihr und dem Kommissar Jakob Zimmer begann es heftig zu knistern. Leider sind sie in darauf folgenden sechs Dates noch nicht weiter gekommen. Jetzt soll es ein gemütlicher Brunch werden , doch ausgerechnet beim Milchkaffee stürzt genau gegenüber eine Frau aus dem Fenster.

Leo und Jakob eilen zum Unglücksort und müssen feststellen, dass die attraktive Frau ein Mann war und dass es sich um Mord handelt. Zwar verbietet sich die Polizei eine weitere „Hilfe“ von Leo, aber was kann sie dafür, wenn sie in den nächsten Tagen vier neue Patienten bekommt, die alle Zeugen des Unglücks waren. Und es scheint, dass auf dem Zahnarztstuhl alle sehr viel mehr preisgeben, als bei der polizeilichen Vernehmung. Da kann es nicht ausbleiben, dass Leo wieder eine maßgebliche Rolle spielt. Aus Leos Perspektive ist auch der Hauptteil der Handlung geschrieben und ihr „Kopfkino“ hält auch den Leser in Atem. In einigen Szenen lernen wir auch den Mörder und seine Gedankenwelt kennen, was das Rätselraten noch spannender macht.

Dieser Köln Krimi punktet mit einer Vielzahl von skurrilen Typen, ist reich an Wortwitz und Ironie. Grade Leo, die als Zahnärztin kompetent und sicher agiert, ist im Privatleben eher schusselig und chaotisch. Da bleiben auch Reibereien mit Jakob Zimmer nicht aus, man kann nur hoffen, dass es noch zu einem weiteren Date kommt. Die Zahl der Verdächtigen ist überschaubar, aber es gibt immer wieder eine geschickte Wendung, die mich überraschte und die die Spannung hoch hält
.
Ich finde es einen gelungenen, locker und flott geschriebenen Krimi mit viel Humor, genau was ich mir von einem unterhaltsamen Regionalkrimi erwarte. Genau richtig für Sommer- und Urlaubstage.

Ebenso gelungen finde ich das Cover, viele kleine Backenzähnchen bilden die Silhouette eines Zahns und als Blickfang ein kleiner grüner Zahn. Da ist dem Verlag eine gute Umsetzung gelungen.

Veröffentlicht am 13.07.2017

Witziger Dorfkrimi

Mordsacker
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Klara Himmel lebt mit ihrem Mann Paul im Nirgendwo in Mecklenburg. Hier sagen sich Fuchs und Hase tatsächlich Gute Nacht. Die Beiden sind nicht ganz freiwillig hier. Paul war als verdeckt ermittelnder ...

Klara Himmel lebt mit ihrem Mann Paul im Nirgendwo in Mecklenburg. Hier sagen sich Fuchs und Hase tatsächlich Gute Nacht. Die Beiden sind nicht ganz freiwillig hier. Paul war als verdeckt ermittelnder Polizist ganz nah an der Lösung eines Falles, als Klara, schusselig wie sie ist und von Eifersucht getrieben, seine Deckung auffliegen lässt. Für Beide bedeutet das eine neue Identität, Klara vermisst ihren kleinen Ruhm als Schauspielerin ganz besonders, wo doch die Leute im Dorf so stur sind und sie vor Langweile fast umkommt.
Aber nur fast – als der Schweinemäster Schönkamp im Gülletank erstickt, ihr Mann Paul nörgelnd und krank im Bett liegt, beginnt sie zu ermitteln. Denn dass der Todesfall als Unfall angesehen wird, liegt sicher nur an Pauls fieberbedingtem Fehlurteil. Schließlich war eine ihrer erfolgreicheren Rollen ja die einer TV Kommissarin.

Mordsacker sagt schon im Titel zu welchem Genre das Buch gehört. Es ist ein Landkrimi und der Leser fühlt sich sauwohl zwischen Klischees von tratschenden Bäuerinnen, Dorfschönen und eitlen Gockeln und dem unvermeidlichen Tortenbackwettbewerb. Witzig und überzeichnet geschildert, immer mit einer großen Portion Selbstironie darf Klara in der Ich – Perspektive von ihren Ermittlungen berichten, denn eins macht sie gleich klar, sie schreckt vor keinem Einsatz zurück, auch wenn sie selbst fast in den Focus der Revierkollegin ihres Mannes gerät.

Der Krimi liest sich flott und unterhaltsam, die Slapstick Elemente, die als Running Gag um Klaras Begegnung mit einer Warnbake den Roman durchziehen, haben mich köstlich amüsiert. Dass zu guter Letzt auch noch eine Prise Eifersucht zur Gesundung von Paul beiträgt, zeigt dass Klara das Landleben nicht mehr ganz so langweilig findet.

Veröffentlicht am 11.07.2017

Phantastische Reise ins All

Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt
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Als eine seltsame Wolke im All sichtbar wird, besinnt sich die tschechische Nation auf ihre Größe. Ein Tscheche soll mit dem schnell gebauten Raumschiff „Jan Hus“ dieses Phänomen erforschen und zum Ruhm ...

Als eine seltsame Wolke im All sichtbar wird, besinnt sich die tschechische Nation auf ihre Größe. Ein Tscheche soll mit dem schnell gebauten Raumschiff „Jan Hus“ dieses Phänomen erforschen und zum Ruhm der Nation beitragen. Jakub Procházka, ein junger Astrophysiker ist für diese Mission ausgewählt. Anfangs erfüllt er noch brav seine Pflichten, testet allerlei technisches Gerät, das Sponsoren zur Verfügung gestellt haben und wartet auf den wöchentlichen Videochat mit seiner Frau. Doch immer mehr Technik fällt aus, seine Frau hat ihn verlassen und er selbst überlässt sich seiner Verzweiflung, seiner Einsamkeit und seinen Phantasien. Oder sollte das Wesen, das nun seine Einsamkeit teilt und mit ihm über Gott und die Welt diskutiert etwa real sein?
Der junge amerikanische Autor Jaroslav Kalfar, der aus Tschechien stammt, nimmt den Leser mit auf eine schwindelerregende Reise ins All. Er sprüht vor Einfällen, lässt seinen Protagnisten wie im Fieberwahn über Philosophie, Gott und die Politik sinnieren. Erinnert sich an seine Kindheit, an den Vater, der ein willfähriger Parteigenosse war, an die liebevollen Großeltern und an seine Jugend, während die „Jan Hus“ durchs All saust. Die Absurdität seiner Mission und seiner Situation ist mit hintergründigem Witz geschildert, die Geschichte hat genau so viel Tempo wie die Raumfähre und immer wenn ich dachte, mehr geht nicht, verblüfft und fesselt eine neue Wendung. Selbstreflexion, politische und geschichtliche Rückblenden, Liebesleben, Kindheitserinnerungen, Raumfahrt – kaum ein Thema lässt der Autor aus und das ergibt eine wirbelnde Geschichte, in der ich mich manchmal fast verloren hätte.
Ein tolles Debüt, das wohltuend vom Mainstream abweicht und mich sehr neugierig auf die Entwicklung des Autors macht.
Übrigens finde ich das Cover außerordentlich gut gelungen.