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Veröffentlicht am 07.06.2021

Perchtoldsdorfer Vergangenheit

Perchtoldsdorfer Schweigen
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Die Winzerin und Ex-Polizistin Charlotte Nöher hat in ihrem neuen Beruf Erfüllung gefunden. Die Neuerungen, die sie auf dem Familiengut eingeführt hat, sind erfolgreich. Allerdings hat sie sich damit nicht ...

Die Winzerin und Ex-Polizistin Charlotte Nöher hat in ihrem neuen Beruf Erfüllung gefunden. Die Neuerungen, die sie auf dem Familiengut eingeführt hat, sind erfolgreich. Allerdings hat sie sich damit nicht nur Freunde gemacht. Viele Traditionalisten beobachten sie mit Misstrauen. Als im Hof des Weinguts ein Toter gefunden wird, ist das eine üble Überraschung. Kurz danach kommt der Winzer Herbert Zaitler, ihr Erzfeind und Konkurrent, beim traditionellen „Hiataeinzug“ ums Leben. Ein tragischer Unfall wie es scheint. Doch Charlotte wäre nicht Charlotte, wenn sie sich damit zufrieden gäbe. Ihre frühere Profession schlägt durch und sie beginnt an der Seite des örtlichen Polizisten zu ermitteln. Nur gut, dass der auch ihr Cousin ist und Charlottes Riecher schätzt.

Perchtoldsdorf hat nicht nur seine Weinvergangenheit, auch im düsteren Kapitel der neueren Geschichte gibt es Dinge, die nicht ans Licht kommen sollen. Diese Verknüpfung des Krimis mit der Vergangenheit bringt viel Spannung ins Geschehen und bezieht die ganze Familie Nöher mit ein. Wer wusste vom geheimen Weltkriegsbunker in den Weinbergen und wer möchte mit allen Mitteln das Geheimnis wahren? Familienehre, Gier und Hass sind starke Motive mit denen sich Charlotte konfrontiert sieht und die Auswirkung auf ihre Familie haben.

Auch der zweite Band um die umtriebige Winzerin hat mir sehr gut gefallen. Es ist eine in sich geschlossene Geschichte, die keine Vorkenntnisse voraussetzt. Für mich war es ein gelungenes Treffen mit bekannten Figuren aus dem ersten Band, die sich weiter entwickelt haben und ihren Platz im Kosmos des Weinguts gefunden haben. Ja, ich fand die Fortsetzung noch besser als den ersten Teil, besonders der geschichtliche Handlungsstrang und seine Einbindung in die Gegenwart ist sehr gut eingebunden.

So ist der Krimi von der ersten Seite an fesselnd und hat mich richtig gepackt. Da die Geschichte noch nicht auserzählt ist, trotz der schlüssigen Auflösung, lässt mich auf weitere Fälle mit Charlotte hoffen.

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Veröffentlicht am 04.06.2021

Wo ist Jennerwein ?

Bei Föhn brummt selbst dem Tod der Schädel
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Ein Jogger findet einen Toten. Die Spurenlage ist so vielfältig, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Kommissar Jennerwein mit seinem Team den Fall gelöst hat. So scheint es jedenfalls. Es wäre aber ...

Ein Jogger findet einen Toten. Die Spurenlage ist so vielfältig, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Kommissar Jennerwein mit seinem Team den Fall gelöst hat. So scheint es jedenfalls. Es wäre aber kein Krimi von Jörg Maurer, wenn es den Lesern so einfach gemacht würde.

Denn am Nachmittag steht Jennerwein auf, verlässt das Kommissariat und kehrt nicht mehr zurück. Als im Hotel Barbarossa ein weiterer Toter gefunden wird, beschreibt der Portier den mutmaßlichen Mörder sehr genau: es ist Jennerwein!

Eine fieberhafte Suche beginnt, keiner im Team will auch nur eine Sekunde glauben, dass der Chef die Fronten gewechselt hat, aber die Indizien werden immer drückender.In der Zwischenzeit ist Jennerwein verzweifelt auf der Flucht vor seinen Kollegen, er muss ihnen seine Unschuld beweisen und ist dabei völlig auf sich gestellt.

Ich bin bei jedem Band auf’s Neue erstaunt, welche Ideen der Autor in seinen Krimis verarbeitet und wie er es schafft, jeden noch so absurden Einfall schlüssig einzubauen. Natürlich darf das Stammpersonal seine Auftritte haben, ob es die Graseggers sind, der seit langem in Italien lebende Joey Ostler oder gar der Pate, der in einem der ersten Bände Jennerweins Gegenspieler war. Für die langjährigen Fans ist das ein Bonus, ob Neuleser das ebenso witzig finden, kann ich nicht beurteilen. Aber wahrscheinlich gibt es eh nur Fans der Serie.

Es gibt ein witziges durchlaufendes Motto des Buches: es sind die Heldentaten des Herkules und ebenso schwierig, ja grade zu übermenschlich, sind die Herausforderung für Jennerwein und seine Kollegen. Und wieder wachsen sie über sich hinaus.

Ich könnte mir schon vorstellen, dass Jörg Maurer mit seinem Buch polarisiert. Der Leser, der einen klassischen Alpenkrimi erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht werden. Wer sich aber darauf einlässt, den wird auch der 14. Band des Meisters des abgründigen bayrischen Humors überzeugen.

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Veröffentlicht am 03.06.2021

Sehnsucht nach Meer

Am Horizont das Meer
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Im Leben von Sofia gab es immer eine Leerstelle. Aber den Mut ihr auf den Grund zu gehen, bringt sie nicht richtig auf. So begnügt sie sich mit Träumen und der Sehnsucht nach dem Meer. Erst als ihre Großmutter ...

Im Leben von Sofia gab es immer eine Leerstelle. Aber den Mut ihr auf den Grund zu gehen, bringt sie nicht richtig auf. So begnügt sie sich mit Träumen und der Sehnsucht nach dem Meer. Erst als ihre Großmutter stirbt, bei der sie aufwuchs, kommt sie ihrem Geheimnis auf die Spur. Das führt sie in ein kleines Fischerdorf an die Costa Brava und zurück zu einem einschneidenden Erlebnis in ihrer Kindheit.

Das Buch beginnt fast wie ein Märchen: die Geschichte eines kleinen, an den Strand gespülten Meermädchens und die Verzauberung die die Kinder ein Leben lang in sich bewahrten. Und erst nach Jahren der tristen Realität löst sich das Rätsel.

Anfangs gefiel mir die bildreiche Sprache sehr gut und ich freute mich auf diese unterhaltsame Sommergeschichte. Zumal ich die Gegend, in der sie angesiedelt ist, sehr gut kenne. Aber leider konnte mich die Protagonistin nicht überzeugen. Sie blieb mir einfach fremd, zu blass und viel zu zickig, als dass ich Sympathie für sie entwickeln konnte. Und ähnlich erging es mir auch mit den anderen Figuren des Romans.

Mich störte, dass die fast märchenhaften Begebenheiten und die späteren Handlungsweisen nicht recht zusammenpassten. Ohne zu spoilern kann ich das jetzt nicht näher erläutern, aber scheint es realistisch, dass ein 10jähriges Mädchen ein so einschneidendes Erlebnis vergisst oder später nicht versucht die Erinnerungslücken zu schließen?

Aber abgesehen davon, ist es eine leicht zu lesende Sommerlektüre mit zauberhaften Meeresszenen.

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Veröffentlicht am 03.06.2021

Kreta - zwischen Tradition und Moderne

Kretisches Schweigen
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Eine uralte Legende auf Kreta besagt, dass Ende Mai im Morgengrauen die Seelen der tapferen Krieger, die Drousolites, sich aus dem Sand erheben und in Richtung Frangokastello ziehen. Immer sammeln sich ...

Eine uralte Legende auf Kreta besagt, dass Ende Mai im Morgengrauen die Seelen der tapferen Krieger, die Drousolites, sich aus dem Sand erheben und in Richtung Frangokastello ziehen. Immer sammeln sich eine Menge Touristen um dieses Schauspiel zu erwarten. Doch dieses Jahr finden sich keine Seelen, sondern Knochen, als sich einige Zuschauer einen Windschutz in den Sand graben möchten.

Michalis Charisteas wird mit seinem Kollegen nach Sfakia geschickt und trifft auf eine misstrauische, schweigende Bevölkerung. Die Abneigung gegen den Staat und alle seine Organe ist greifbar und wenn nicht der örtliche Revierleiter Alekos Tatsopoulos einen guten Draht zu den Männern hätte, wäre eine ordentliche Untersuchung kaum möglich gewesen.

Aber natürlich sind es nicht die Überreste der mythischen Kämpfer, auch wenn die stolzen Kreter das gerne glauben würden, es ist viel profaner. Die Skelette sind viel jünger und weisen Schussverletzungen auf. Auf Charisteas und Koronaios warten schwierige Ermittlungen.

Tolle Landschaftsbeschreibungen gibt es in vielen Krimis. Aber der Autor hat bei seinen Kreta-Romanen ein Alleinstellungsmerkmal. Nicht nur, dass er kenntnisreich und liebevoll über die Insel berichtet und viele historische Detail einfließen lässt, er bringt auch die besonderen Charakterzüge der Kreter dem Leser nahe. Das wirkt auf mich sehr authentisch und schlüssig. Wenn eine männerdominierte Gesellschaft über Generationen gewöhnt ist, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und Konflikte auf ihre eigene Art zu lösen, kann schon eine Parallel-Justiz entstehen. Athen ist weit und die griechischen Regierungen hatten nicht immer das Wohl ihrer Bürger im Auge, das hat sich fest in den Kretern verankert und macht die Arbeit für Charisteas nicht einfach.

Dazu kommt ein privater Konflikt. Er und seine deutsche Freundin Hannah wissen nicht, wo sie ihren Lebensmittelpunkt haben werden. Hannah, als promovierte Kunsthistorikerin findet auf Kreta kein Wirkungsfeld und so sehr sie die Insel liebt, auch die Familie Charisteas in ihr Herz geschlossen hat, kann sie sich ein Dasein nur als Hausfrau und Mutter nicht vorstellen. Michalis will Hannah entgegenkommen, aber er ist Kreter durch und durch und kann sich für seinen Teil nicht vorstellen in einem anderen Teil der Welt heimisch zu werden. Selbst bei Besuchen bei Hannah in Berlin vermisst er schon bald sein heimisches Umfeld. Auch hier stoßen Tradition und Moderne aufeinander. Aber man wäre nicht in Griechenland, würde man dafür nicht auch eine Lösung finden.

Ein verzwickter Fall mit viel Spannung und viel zwischenmenschlichen Konflikten, der sehr gut aufgebaut ist und mich in Bann zog. Nikos Milonás ( Frank D. Müller) hat seine Liebe zu Kreta in einem sehr guten Kriminalroman zum Ausdruck gebracht und sticht auch deshalb aus der Menge der Landschafts-und Urlaubskrimis heraus.

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Veröffentlicht am 01.06.2021

Da sitzt ein Toter auf dem Deich

Wattenmeermord
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an Benden arbeitet da wo andere Urlaub machen: auf der Insel Pellworm. Er und seine Frau Laura haben nach gefährlichen Einsätzen als Kriminalbeamte beschlossen, einen Gang zurückzuschalten. Laura hat eine ...

an Benden arbeitet da wo andere Urlaub machen: auf der Insel Pellworm. Er und seine Frau Laura haben nach gefährlichen Einsätzen als Kriminalbeamte beschlossen, einen Gang zurückzuschalten. Laura hat eine Pension eröffnet und Jan arbeitet als Inselpolizist.

Doch dann sitzt eines Tages eine Leiche auf einer Bank am Deich und Jan bekommt es wieder mit einem Mordfall zu tun. Unterstützt wird er vom Inseloriginal Tamme. Der sieht sich nämlich als geborenen Sherlock und Jan ist viel zu nett, um ihm diese Illusion zu nehmen.

Doch die Frage, wer den harmlosen pensionierten Arzt, der auf der Insel mittelmäßige Bilder malt, getötet hat, beschäftigt Jan, auch wenn längst Kriminalbeamte vom Festland die Ermittlungen übernommen haben.

Watt, Meer und Pellworm – was will man mehr. Man meint die Nordseebrise zu spüren, die die schönen Landschaftsbeschreibungen heraufbeschwören. Das hat mir an diesem Buch wirklich gut gefallen. Das Inselfeeling ist perfekt eingefangen. Der Krimiplot selbst schien mir zu beschaulich und ließ wenig richtige Spannung aufkommen.

Die Charakterisierung der Figuren, hier besonders Tamme, konnte mich nicht immer überzeugen. Gezeichnet als etwas einfältiges Inseloriginal, passte es im Verlauf der Geschichte immer weniger. Nach meinem Eindruck ist der Krimi ein wenig zu unentschieden, ob es eher in die humorvolle Regio-Richtung gehen oder in einen Ermittlerkrimi münden soll.

Aber es gab genügend gute Szenen und Ansätze die das Lesen unterhaltsam machten und vor allem die Atmosphäre ist so gut getroffen, dass es die ideale Urlaubslektüre ergibt.

Wer sich durch das gelungene Cover – man achte auch auf kleine Details – zu diesem Buch verführen lässt, hat sicher keinen Fehlgriff gemacht.

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