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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.10.2018

Leseempfehlung für Dystopie-Fans!

Die Vereinten
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Bei "Die Vereinten" handelt es sich um den zweiten Teil der Dilogie von Caroline Brinkmann. Man sollte den ersten Teil "Die Perfekten" unbedingt vorher gelesen haben, denn die Handlung wird direkt weitergeführt ...

Bei "Die Vereinten" handelt es sich um den zweiten Teil der Dilogie von Caroline Brinkmann. Man sollte den ersten Teil "Die Perfekten" unbedingt vorher gelesen haben, denn die Handlung wird direkt weitergeführt und baut auf den bisherigen Ereignissen auf. Das Land Hope wurde von einer Rebellion stark erschüttert und es gab viele Verluste auf beiden Seiten. In der streng gegliederten Gesellschaft, in der die Menschen nach ihren Genen in verschiedene Klassen eingeteilt werden, herrschen nun Misstrauen und Ausgrenzung. Die Gesegneten, die genetisch als perfekt gelten, fühlen sich zunehmend von den niederen Genklassen bedroht und begegnen ihnen sehr abweisend. Das schürt natürlich noch mehr Unmut und Unzufriedenheit und die Rebellen bekommen immer größeren Zulauf. Doch von außerhalb der Mauer von Hope droht eine weitere Gefahr, von der nur wenige Eingeweihte wissen...

Mich hat die Geschichte schon ab der ersten Seite wieder gepackt. Die mysteriöse Bedrohung, über die man zu Anfang nur spekulieren kann, bringt zusätzliche Spannung in die Ereignisse. Man begegnet den bisher bekannten Charakteren wieder, wobei Rain und Lark zunächst etwas blass bleiben, da sie beide in ihrer Trauer gefangen sind und kaum etwas unternehmen. Sie stehen wiederum zwischen den Fronten und werden wie Spielfiguren für die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber eingesetzt und ausgenutzt. Mir haben Nebenfiguren, wie Larks Schwester Rose und die Rebellin Wren fast besser gefallen, da sie frischen Wind und buchstäblich Farbe in die Handlung bringen.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr anschaulich und fesselnd und mich hat wieder beeindruckt, wie sie die Grenzen zwischen Freund und Feind verschwimmen lässt. Sie zeigt schonungslos die Neigung von uns Menschen auf, alles zu katalogisieren und in Schubladen zu stecken. Die angesprochene Problematik kann man durchaus auch auf unsere heutige Welt übertragen. Die Ausgrenzung von allen, die nicht ins übliche Weltbild passen und die mangelnde Kommunikation führen zu vorschneller Verurteilung. Außerdem wird man bis zum Schluss immer wieder von unerwarteten Wendungen überrascht. Das macht diesen Roman so interessant und lesenswert.

Mir hat diese Dilogie ausgesprochen gut gefallen und gerade dieser zweite Band bringt mit dem Blick über die Mauer noch mehr Spannung und sogar Science Fiction Elemente in die unterhaltsame Handlung. Für Dystopie-Fans sehr zu empfehlen!

Veröffentlicht am 15.10.2018

Beeindruckende Tagebücher

Verloren in Eis und Schnee
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Die 13-jährigen Zwillinge Nadja und Viktor werden 1941 zur Sicherheit aus Leningrad evakuiert. Doch statt wie geplant zusammen zu bleiben, werden sie voneinander getrennt und landen an verschiedenen Orten. ...

Die 13-jährigen Zwillinge Nadja und Viktor werden 1941 zur Sicherheit aus Leningrad evakuiert. Doch statt wie geplant zusammen zu bleiben, werden sie voneinander getrennt und landen an verschiedenen Orten. Viktor muss sogar befürchten, dass seine Schwester bei einem Unglück gestorben ist. Doch instinktiv spürt er, dass sie noch am Leben ist und es beginnt eine Odyssee durch Russland, in der die beiden versuchen, sich wieder zu finden.

In spannenden und lebendigen Tagebucheinträgen werden die Erlebnisse der Geschwister jeweils von ihnen selbst geschildert. Die Hefte von Nadja und Viktor sind sehr abwechslungsreich mit Fotos, Land- und Postkarten, Zeitungsausschnitten, Zeichnungen sowie den handschriftlichen Randbemerkungen eines Oberst Smirnow vom Volkskommissariat für innere Angelegenheiten versehen. Diesem liegen sie als Beweisstücke zur Beurteilung vor, ob die Kinder während dieser Zeit gegen Gesetze verstoßen haben und deshalb für schuldig befunden werden sollen. Eine überaus ungewöhnliche, aber zugleich packende Rahmenhandlung, die neben den gefährlichen Herausforderungen, die die Kinder zu bestehen haben, auch noch die nachträglich drohende Verurteilung beinhaltet.

Mich haben die sehr eindringlichen Beschreibungen der Schwierigkeiten, die die Kinder zu meistern hatten, sehr beeindruckt. Mit viel Mut und Herz trotzen sie der erbarmungslosen Winterkälte, dem fortwährenden Hunger und der allgegenwärtigen Gewalt und lassen sich davon nicht unterkriegen. Außerdem werden hier die geschichtlichen Ereignisse des Russlandfeldzuges im 2. Weltkrieg sehr authentisch aus einer ganz anderen Sicht dargestellt. So bekommt man als Leser noch nebenbei Geschichtsunterricht aus einer neuen Perspektive, die mir sehr gut gefallen hat. Das wirklich gelungene Layout trägt ebenso dazu bei, dass man die Geschichte nie als langweilig oder trocken empfindet, sondern das Gefühl hat, hautnah dabei gewesen zu sein.

Dieses Buch ist nicht nur für Jugendliche interessant und bereichernd. Es spricht Erwachsene wie mich ebenso an und ich kann nur empfehlen, sich mit den Geschwistern Danilow auf die gefahrvolle Reise zu begeben.

Veröffentlicht am 10.10.2018

Das Spiegelei auf dem Panzer

Piccola Sicilia
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Die Archäologin Nina steckt gerade in einer deprimierenden Scheidung, als ihr Jugendfreund Patrice sie zu einem sensationellen Fund nach Sizilien einlädt. Das entdeckte Flugzeugwrack könnte das Geheimnis ...

Die Archäologin Nina steckt gerade in einer deprimierenden Scheidung, als ihr Jugendfreund Patrice sie zu einem sensationellen Fund nach Sizilien einlädt. Das entdeckte Flugzeugwrack könnte das Geheimnis ihres seit dem Krieg verschollenen Großvaters Moritz lüften. Als sie dort auf die sympathische Joelle trifft, taucht sie durch deren Erzählungen ganz tief in die damalige Zeit ein und erfährt nach und nach, was mit ihrem Großvater geschehen ist. Als Fotograf war er mit dafür verantwortlich, welche Bilder aus Tunis in den Wochenschauen zu Hause gezeigt wurden. Ein immer wiederkehrendes Motiv waren dabei Soldaten, die ein Spiegelei auf einem Panzer braten - harmlos und unterhaltsam - doch wie war es wirklich?

Der Roman wechselt zwischen zwei Zeitebenen, wobei mir Joelles Erzählungen von Yasmina, Victor und Moritz aus der Vergangenheit besser gefallen haben, als die Gegenwart. Doch als Brücke zwischen den Generationen und den Verknüpfungen der Familie hat sie natürlich eine wichtige Funktion. Piccola Sicilia war damals ein buntes, italienisches Viertel in Tunis, in dem die doch so unterschiedlichen Kulturen und Religionen vor dem Krieg friedlich zusammen gelebt haben. Davon zu lesen hat mich erstaunt und begeistert, da ich das bisher noch nicht wusste. Auch vom Vorgehen der Deutschen gegen die Juden in Afrika hatte ich noch nie gehört. In der Schule wurden immer nur die Gräueltaten in Europa erwähnt. So bringt das Buch auch noch ganz nebenbei geschichtliches Wissen nahe.

Der Schreibstil des Autors ist angenehm und doch fesselnd zu lesen, obwohl ich eigentlich Bücher, die mit Krieg zu tun haben, nicht mag. Das Geschehen ist hier so spannend und greifbar dargestellt, dass ich trotz einiger Längen und manchen unverständlichen Reaktionen der Charaktere froh bin, dieses Buch gelesen zu haben. Es war sehr interessant, die Geschichte des 2. Weltkriegs mal aus einer anderen Perspektive erzählt zu bekommen und erschreckend zu erfahren, wie die Wahrheit verdreht wurde. Ebenso die traurige Erkenntnis, dass sich damals wie heute, durch den gezielten Einsatz der Medien die Meinung der Menschen beeinflussen und manipulieren lässt.

Insgesamt konnte mich der Roman überzeugen und ich finde es gut, dass zum Schluss noch einige Fragen offen blieben und es kein komplettes Happy End gab. So kann man sich noch seine eigenen Gedanken darüber machen.

Veröffentlicht am 19.09.2018

Schatten der Vergangenheit

Heute schon für morgen träumen
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Emilia ist fest in ihre traditionsbewusste, italienische Familie integriert. Sie lebt und arbeitet mit ihnen zusammen in der familieneigenen Feinkosthandlung in New York. Dass sie mit ihren fast 30 Jahren ...

Emilia ist fest in ihre traditionsbewusste, italienische Familie integriert. Sie lebt und arbeitet mit ihnen zusammen in der familieneigenen Feinkosthandlung in New York. Dass sie mit ihren fast 30 Jahren von ihrer älteren Schwester und ihrer Großmutter ausgenutzt und bevormundet wird, nimmt sie als gegeben hin. Denn als zweitgeborene Tochter lastet sowieso ein alter Fluch auf ihr, den sie glaubt, nicht besiegen zu können. Doch als sie einen Brief ihrer unkonventionellen Tante Poppy mit der Einladung zu einer Reise nach Italien erhält, beginnt sich ihr Widerstandsgeist zu regen, obwohl sie damit riskiert, wie ihre Tante, von der Familie verstoßen zu werden...

Mir hat von Anfang an die heimelige und durch Tante Poppy lebhafte und bunte Atmosphäre der Geschichte sehr gut gefallen. Durch immer wieder eingeschobene Rückblicke in Poppys Vergangenheit erfährt man, wie die Beziehungen der Charaktere zueinander sich entwickelt haben und wie es zu dem Glauben an einen Familienfluch kam, laut dem zweitgeborene Töchter nie heiraten werden. Dieser Fluch ist eine schöne, mystische Zugabe und macht die Handlung auch ein wenig spannend.

Die Vor- und Nachteile in einer Großfamilie zu leben und zu arbeiten, kann man mit Emilia hautnah miterleben. Ihre allmähliche Entwicklung zu einer selbstbewussteren Frau hat sie vor allem Tante Poppy mit ihrer Weisheit und Lebensfreude zu verdanken und es macht Spaß, sie dabei zu begleiten. Die weiteren Charaktere der Geschichte sind durchweg glaubwürdig und authentisch beschrieben und sorgen für einige Überraschungen im Verlauf der Handlung. Ein dunkles Familiengeheimnis, dessen Schatten aus der Vergangenheit bis in die Gegenwart reicht, verleiht dem Roman die nötige Würze und hält den Leser bis zum stimmigen und befriedigenden Schluss in Atem.

Insgesamt hat mich der anschauliche Schreibstil der Autorin begeistert, der dem Leser das Gefühl gibt, hautnah dabei zu sein. Zum Träumen schön! Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung für diesen herzerwärmenden und emotionalen Roman, der mich bewegt, überzeugt und rundum sehr gut unterhalten hat!

Veröffentlicht am 11.09.2018

Von Herrschern und Sklaven

Dark Palace – Zehn Jahre musst du opfern
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In einem fiktiven Groß-Britannien führt Luke mit seinen beiden Schwestern und seinen Eltern ein relativ sorgloses und normales Leben. Ein Gesetz zwingt sie jedoch dazu, als "Gewöhnliche" eine Sklavenzeit ...

In einem fiktiven Groß-Britannien führt Luke mit seinen beiden Schwestern und seinen Eltern ein relativ sorgloses und normales Leben. Ein Gesetz zwingt sie jedoch dazu, als "Gewöhnliche" eine Sklavenzeit von 10 Jahren abzuleisten. Im Gegensatz zu den "Ebenbürtigen", die über magisches Geschick verfügen und deshalb von dieser Regelung befreit sind, verlieren sie in dieser Zeit jegliche Rechte und ihren Besitz. Damit die Familie wenigstens zusammen bleiben kann, arrangiert Abigail, die älteste Tochter, einen gemeinsamen Arbeitseinsatz auf dem Anwesen der mächtigen Herrscherfamilie Jardine, in der Hoffnung, dass sie dort bessere Bedingungen erwarten, als in der verrufenen Sklavenstadt Millmoor. Aber die Planung geht schrecklich schief, denn am Tag der Abholung wird Luke brutal von ihnen getrennt und muss nun alleine in Millmoor schuften. Doch auch auf dem noblen Anwesen der Jardines passieren erschreckende und ungewöhnliche Dinge...

Die Idee einer Sklavenzeit, die diesem Buch zu Grunde liegt, hat mich gleich sehr begeistert, weil sie neuartig und ungewöhnlich ist und ich noch nie in dieser Form darüber gelesen habe. Schon der Prolog hat mich direkt in eine grausame und trotzdem faszinierende Welt katapultiert, die so verschieden von unserer heutigen Zeit scheint und doch erschreckend vorstellbar ist.

Mir fiel der Einstieg in die Handlung sehr leicht, da ich mich sehr gut in die einzelnen Familienmitglieder hineinversetzen konnte. Die Beschreibung der Sorgen und die Überlegungen der Eltern, was das Beste für sie und die Kinder ist, waren aus der Sicht von Luke lebhaft und eindringlich geschildert. Jegliche Zukunftsplanung wird über den Haufen geworfen und gerade für Kinder sind zehn Jahre eine unvorstellbare und ewig lange Zeitspanne. Die Spaltung der Gesellschaft in die mit magischem Geschick geborene Menschen, die über die gewöhnlichen Menschen herrschen, wird hier mit aller Deutlichkeit und Härte dargestellt.

Doch es gibt auch Lichtblicke in der scheinbar ausweglosen Situation, in der sich Luke und seine Familie befinden. Neue Bekanntschaften werden gemacht und sorgen für Spannung, denn es ist nicht immer gleich ersichtlich, wer auf wessen Seite steht. Gerade die drei Brüder der Familie Jardine sind undurchschaubar und geheimnisvoll. Unerwartete Wendungen und überraschende Enthüllungen beleben die Szenerie dieser von magischem Geschick und alten Geschichten geprägten Welt.

Mir haben die verschiedenen Beschreibungen und Auswirkungen der Magie am besten gefallen. Zwar wird sie hauptsächlich zum Schutz und Wohl der Ebenbürtigen bis hin zu menschenunwürdiger Bestrafung von Gesetzesbrechern eingesetzt, aber auch zur Heilung von Verletzungen und Krankheiten bis hin zur Wiederherstellung von zerstörten Gebäuden.

Leider wird nicht erklärt, in welcher Zeit die Handlung spielt. Oder ist es vielleicht eine Parallelwelt zu unserer eigenen, in der die Menschen leben? Ich hoffe sehr, dass dies im Folgeband noch erwähnt wird. Auch die Beschreibung der Charaktere der Protagonisten (besonders der Jardine-Brüder) ist für meinen Geschmack zu oberflächlich ausgefallen und hätte etwas ausführlicher sein können.

Insgesamt ist es aber der gelungene Auftakt einer interessanten und neuartigen Reihe, der mit seinem offenen Ende noch viel fantastischen Spielraum für eine weiterhin spannende und abwechslungsreiche Handlung lässt.